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Von gr

Kriege brechen nicht über uns herein wie Naturkatastrophen, Kriege werden gemacht. Weder waren der Grund für den Ersten Weltkrieg unfähige Politiker, die in den Krieg schlitterten, wie behauptet wird, noch waren die Ursache des Zweiten Weltkrieges ein größenwahnsinniger Verbrecher und seine faschistische Partei. Beide Kriege wurden vorbereitet und geführt im Interesse der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts groß und mächtig gewordenen deutschen Monopole. Es war der Kampf um Absatzmärkte, Rohstoffquellen und Einflusssphären, um eine Neuaufteilung der Welt zugunsten von Siemens, Krupp, BASF, Deutsche Bank …, der diese unsägliche Barbarei hervorbrachte. Doch die Herrschenden können nur Krieg führen, wenn es ihnen gelingt, den Widerstand der Arbeiterklasse und ihrer Organisationen auf irgendeine Weise zu brechen. Auch das zeigt die Geschichte der beiden Weltkriege.

Kriegsvorbereitungen im Inneren

Denn mit der Entstehung der großen Banken und Konzerne waren auch die Arbeiterorganisationen entstanden. Wie es dem Kapital so eigen ist, wurden die damals modernen Maschinen nicht dazu verwandt, die Arbeitstage zu verkürzen und das Leben von Millionen von Arbeitern erträglicher zu machen. Frauen, Männer, Kinder, mussten 12/13/14 Stunden am Tag für einen Hungerlohn in den Fabriken und Bergwerken schuften. Die Kapitalisten erzielten traumhafte Profite, mit denen sie die Konkurrenz zurückdrängten. Doch die Arbeiter schlossen sich zusammen, gründeten Gewerkschaften und ihre Partei, die Sozialdemokratische Partei, um den Kampf gegen die Kapitalistenklasse aufzunehmen.

So erwuchs den Kapitalisten ein innerer Feind, den sie mehr fürchteten als die ausländische Konkurrenz. Verbote und Schikanen durch die Sozialistengesetze des Reichskanzlers Bismarck halfen nichts. Die revolutionäre Partei der Arbeiter wurde im Kampf gegen Kapital und Staat nur stärker. Da griffen die deutschen Kapitalisten zu einer Methode, die sie sich von den alteingesessenen Kapitalherren in England abschauten. Sie begannen, mit Teilen der Extraprofite, die sie aus der Auspressung anderer Länder zogen - wie z.B. beim Bau der Bagdad-Bahn in der Türkei -, eine gehobene Schicht in Arbeiterklasse und -bewegung besser zu stellen. So wuchs innerhalb der Sozialdemokratischen Partei eine Schicht von Arbeiterführern heran, die ihr Wohlergehen mit dem der Kapitalistenklasse verbunden sah, statt durch den Kampf gegen sie.

Der Verrat

Und so kam es vor dem 1. Weltkrieg zu dem wohl folgenschwersten Verrat für die weitere Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung. Während in den letzten Julitagen des Jahres 1914 hunderttausende Arbeiter im ganzen Reich gegen den drohenden Krieg demonstrierten, verhandelten Führer der Sozialdemokratie mit Regierungsstellen. Sie sagten zu, keinerlei Klassenkampfaktionen im Krieg einzuleiten. Während viele Arbeiter noch darauf warteten, von ihren Führern zum Kampf gegen den Krieg und die Kriegstreiber aufgerufen zu werden, fasste die Mehrheit der sozialdemokratischen Abgeordneten bereits den Beschluss, den Kriegskrediten zuzustimmen. Die Vertreter der Gewerkschaftsvorstände beschlossen, sofort alle Streiks abzubrechen und die Streikgelder für die Kriegsfürsorge auszugeben. Den Arbeitern wurde nun propagiert, man müsse den Krieg gegen das russische Zarentum führen, um den unterdrückten Klassengenossen in Russland zu Hilfe zu eilen.

Krieg den Kriegstreibern

Nur eine kleine Minderheit von Sozialdemokraten wie Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg hielt am so bitter notwendig gewordenem Kampf gegen die Kriegstreiber fest. Unter der Losung „Der Hauptfeind steht im eigenen Land und heißt deutscher Imperialismus“ begannen sie den Widerstand im Krieg zu organisieren.

Weder Verfolgung noch Gefängnis konnten sie daran hindern, bis schließlich vier Jahre später die Matrosen, Soldaten und Arbeiter, ermutigt durch das Vorbild der russischen Arbeiter und Bauern, auf die Barrikaden stiegen und die Waffen gegen diejenigen richteten, die sie in dieses mörderische Schlachten geschickt hatten. Die Novemberrevolution 1918 trug mit dazu bei, diesem Krieg ein Ende zu bereiten, auch wenn sie mit einer Niederlage für die Arbeiterklasse endete. Führenden Sozialdemokraten wie Friedrich Ebert war es gelungen, die Mehrheit der kämpfenden Arbeiter davon zu überzeugen, ihre Waffen abzugeben. Die Revolution konnte so von der Reaktion niedergeschlagen werden.

Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht wurden hinterrücks ermordet und mit ihnen viele andere Revolutionäre. Die Macht der Besitzer der Monopole und ihrer politischen Handlanger war erstmal gesichert. Die Saat für den nächsten Krieg konnte wieder aufgehen, auch wenn nun das erste Mal in der Geschichte des deutschen Imperialismus Sozialdemokraten mit in der Regierung saßen für die Arbeiterklasse.

„Wer Hitler wählt, wählt den Krieg“

[file-periodicals#179]Doch den Herrschenden steckte der Schreck in den Knochen. Sie wussten nun, mit was sie spätestens beim nächsten Waffengang zu rechnen haben. Sie konnten sich durchaus nicht mehr sicher sein, ob diejenigen Kräfte innerhalb der Arbeiterbewegung, die ihr Wohl mit dem der Kapitalistenklasse verbanden, sich noch einmal würden durchsetzen können. Und so wurden die aus den Konterrevolutionen nach dem 1. Weltkrieg hervorkriechenden faschistischen Banden vom Staat, wenn überhaupt, nur sehr halbherzig bekämpft und die sich schließlich bildende NSDAP Hitlers von Teilen des großen Kapitals, wie z.B. Thyssen, finanziell unterstützt.

Hitlers Programm war klar: Offener Terror gegen alle Arbeiterorganisationen und demokratischen Kräfte, Konzentration der Wirtschaft auf die Interessen der Monopole, Aufrüstung und Krieg. „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler. Wer Hitler wählt, wählt den Krieg“ schrieb die KPD während der Reichspräsidentenwahl 1932 auf ihre Plakate. Kampf gegen den Krieg hieß nun als Erstes zu verhindern, dass dieses Faschistenpack an die Macht gebracht werden konnte. Unabhängig von der parteipolitischen Zugehörigkeit kämpften viele sozialdemokratische, kommunistische und parteilose Arbeiter in kleinen und großen Aktionen unermüdlich gegen die faschistische Gefahr.
Doch die Aufforderungen der KPD an die Führungen der Sozialdemokraten und der Gewerkschaften, eine einheitliche Front gegen den Faschismus zu bilden, wurden von diesen zurückgewiesen. So war die Arbeiterbewegung letztendlich zu schwach, um das Blatt noch zu wenden. Ende 1932/Anfang 1933 wurde in Geheimabsprachen zwischen Vertretern der Monopole, Hitler und konservativen Politikern beschlossen, Hitler und seine faschistische Partei durch eine Koalitionsregierung an die Macht zu bringen. Als es am 30. Januar 1933 so weit war, wandte sich die KPD noch einmal an die Führungen aller Arbeiterorganisationen mit der Aufforderung, die faschistische Regierung durch einen Generalstreik zum Rücktritt zu zwingen – erfolglos. Die faschistische Diktatur wurde errichtet, die Organisationen der Arbeiter zerschlagen und jeder mit Konzentrationslager, Folter und Tod bedroht, der noch versuchte, Widerstand zu leisten. Unglaublicher Terror schuf die Voraussetzungen im Inneren, den nächsten Krieg vorbereiten und schließlich führen zu können.

Nie wieder Faschismus,
nie wieder Krieg!


Das alles erscheint heute vielen in der Arbeiterbewegung als Vergangenheit, die mit der Gegenwart nichts mehr zu tun hat. Jahrzehnte, in denen wir hier von Krieg verschont geblieben sind, sehen sie als Beweis dafür, dass sie mit dem Kapital, mit Siemens, BASF, Deutsche Bank usw., eine Zukunft ohne Weltkriege haben. Was nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus durch die Anti-Hitler-Koalition, nach den Erfahrungen der unsagbaren Gräueltaten, die der Zweite Weltkrieg über die Völker ganz Europas brachte, jedem klassenbewussten Arbeiter und jedem Demokraten klar war, ist heute in den Gewerkschaften, wenn überhaupt, oft nur noch ein Lippenbekenntnis.

Doch es war nicht zuletzt die Existenz der Sowjetunion, die Existenz der anderen sozialistischen Staaten, der DDR, die Befreiungskämpfe der unterdrückten Völker Afrikas, Südamerikas und Asiens, denen wir die jahrzehntelange Abwesenheit von Krieg zu verdanken haben. Es war international gesehen die Stärke der Arbeiterbewegung, die es die Herrschenden hier nicht wagen ließ, einen neuen Weltkrieg vom Zaun zu brechen. Dieses internationale Kräfteverhältnis hat sich in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten drastisch verändert. Nicht zuletzt die Vorgänge in und um die Ukraine zeigen, dass sich die Herrschaften hier jetzt wieder stark genug fühlen zu zündeln. Die Losung: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg! ist also aktuell wie eh und je. Sie Wirklichkeit werden zu lassen heißt aber, den Kampf gegen Regierung und Kapital aufzunehmen. Unser Feind sitzt nicht irgendwo, sondern hier.


 
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