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Wie auch die französische Revolution von 1789 läutete die Große Sozialistische Oktoberrevolution eine neue Epoche der Menschheitsgeschichte ein. Der 90. Jahrestag am 7. November 20071 gibt Anlass zu Reflexion und Rückschau, aber auch zu perspektivischer Betrachtung eines Auswegs aus den himmelschreienden Ungerechtigkeiten des sich unbezwingbar wähnenden Kapitalismus.

- von Hanno Wisiak und Redaktion www.secarts.org. -



Die Epoche des Imperialismus

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Alle Macht ist in den Händen der Sowjets!
Um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert trat der Kapitalismus der freien Konkurrenz auf eine neue Stufe seiner Entwicklung, den Imperialismus2. Die Produktion konzentrierte sich immer stärker in den Händen weniger, die zueinander in erbitterter Konkurrenz um Absatzmärkte und Rohstoffquellen standen. An die Stelle von hunderten oder tausenden Klein- und Mittelbetrieben traten immer weniger große Firmen, die die kleineren in ihre Abhängigkeit brachten oder sie ruinierten. Um sich größtmögliche Profite zu sichern, schlossen sich die wenigen verbliebenen Großkapitale zu Kartellen und Konzernen zusammen. Durch die so entstandenen Monopole3 wurde die Konkurrenz untereinander keineswegs beseitigt, sie wurde im Gegenteil viel erbitterter.
Wenige imperialistische Großmächte hatten um die Jahrhundertwende die Welt unter sich aufgeteilt, wobei England zunächst das größte Stück des Kuchens zugefallen war. Hinzu kam, dass die Entwicklung der einzelnen kapitalistischen Staaten ungleichmäßig vonstatten ging und sich so die Kräfteverhältnisse ständig veränderten. So fiel das früher so mächtige England bald hinter die Vereinigten Staaten und Deutschland zurück.
Die wesentlichen Widersprüche des Imperialismus sind also der zwischen Kapital und Arbeit, also das kapitalistische Prinzip von gesellschaftlicher Produktion und privater Aneignung des Produktes; der zwischen den sich ungleich entwickelnden Ländern; der zwischen den Kolonien und abhängigen Ländern auf der einen und den imperialistischen Staaten auf der anderen Seite; sowie der zwischen den imperialistischen Zentren selbst. Diese Widersprüche verdichten sich so weit, dass sie antagonistisch werden und so eine Epoche von (Verteilungs- oder Umverteilung-)Kriegen und sozialen bzw. antikolonialen Revolutionen einleiten.

Internationalismus oder Handlangerdienste für die Kriegstreiber?

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Das Banner Marx', Engels', Lenins und Stalins höher erheben!
Die sozialdemokratischen Parteien, die in der II. Internationale zusammengeschlossen waren, beschäftigen sich seit 1900 in einer Reihe von Kongressen mit den Problemen des Militarismus und des Krieges. Am Stuttgarter Kongress 1907 verabschiedete die – damals noch revolutionäre – II. Internationale eine in ihren entscheidenden Punkten von W.I.Lenin und Rosa Luxemburg vorgeschlagene Resolution, die die Richtlinien des Kampfes gegen den imperialistischen Krieg festlegte. (siehe Kasten!) Der Baseler Kongress von 1912 bekräftigte die Linie der internationalen Sozialdemokratie, den Krieg mit allen zu Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern.4
Doch es bildeten sich „schon vor Beginn des ersten Weltkrieges immer deutlicher drei Strömungen heraus: die Sozialchauvinisten, die offen und unverhüllt die imperialistischen Kriegsvorbereitungen verteidigten und begrüßten, die Zentristen, die nach außen hin zwischen Rechten und Linken standen, in der Praxis jedoch versuchten, hinter scheinrevolutionären und pazifistischen Phrasen die Politik der rechten Opportunisten zu rechtfertigen, und schließlich die Linken, die dem Marxismus treu geblieben waren und an deren Spitze die [russischen] Bolschewiki standen.“5

„Die Kapitalisten wollen keinen Krieg, sie müssen ihn wollen“
(Bertolt Brecht)


„Droht der Ausbruch des Krieges, so sind die arbeitenden Klassen und deren parlamentarische Vertretungen in den beteiligten Ländern verpflichtet, unterstützt durch die zusammenfassende Tätigkeit des Internationalen Büros, alles aufzubieten, um durch die Anwendung der ihnen am wirksamsten erscheinenden Mittel den Ausbruch des Krieges zu verhindern, die sich je nach Verschärfung des Klassenkampfes und der Verschärfung der allgemeinen politischen Situation naturgemäß ändern. Falls der Krieg dennoch ausbrechen sollte, ist es die Pflicht, für dessen rasche Beendigung einzutreten und mit allen Kräften dahin zu streben, die durch den Krieg herbeigeführte wirtschaftliche und politische Krise zur Aufrüttelung des Volkes auszunutzen und dadurch die Beseitigung der kapitalistischen Klassenherrschaft zu beschleunigen.“
zitiert nach Franz Strobl, a.a.O. S. 58
Im Sommer 1914 brach der erste Weltkrieg aus. In ihm standen sich zwei Gruppen imperialistischer Staaten gegenüber: auf der einen Seite die Achsenmächte mit Deutschland an der Spitze und Österreich-Ungarn, der Türkei und anderen Länden als Bündnispartnern, auf der anderen bildeten England, Frankreich und Russland die Entente, der sich 1915 Italien und 1917 die USA anschlossen. Für die Sozialdemokratien war er die „historische Bewährungsprobe“6. Fast alle sozialdemokratischen Parteien traten die Beschlüsse der Kongresse in Stuttgart und Basel, die sie selbst noch euphorisch beschlossen hatten, mit Füßen. Nur die russischen Bolschewiki lehnten den Krieg von Anfang an ab. Die II. Internationale war zusammengebrochen.
In Deutschland stimmte nur der damalige sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete und spätere KPD-Gründer Karl Liebknecht gegen die Bewilligung der Kriegskredite. In Österreich kam die Sozialdemokratie nicht in die Verlegenheit, für die Kriegskredite zu stimmen, da das Parlament schon vor Ausbruch des Krieges aufgelöst wurde.
„Der erste Weltkrieg hatte alle Gegensätze, die im Habsburgerreich seit langem bestanden, extrem verschärft. Die Massen litten im dritten Kriegsjahr an katastrophalem Lebensmittelmangel, Teuerung und Desorganisation der Versorgung sowie an der Knebelung ihrer Rechte, die sich in der Beseitigung des Parlaments, der Unterstellung kriegswichtiger Betriebe unter militärisches Kommando und Ausdehnung der Militärgerichtsbarkeit auf alle politischen Delikte äußerte. Die nationalen und sozialen Spannungen spitzten sich im berüchtigten Hungerwinter 1916/17 immer mehr zu.“7

Ein neues Kapitel der Weltgeschichte wird aufgeschlagen

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Junge Erbauer des Kommunismus, vorwärts zu neuen Erfolgen in Arbeit und Studium!
Schon im Februar wurde der Zar gestürzt und eine provisorische Regierung unter Alexander Kerenski etabliert, die versprach, die russische Beteiligung am Krieg zu beenden; aber Außenminister Miljukov erklärte den Verbündeten in einer Note, „das ganze Volk sei bestrebt, den Weltkrieg bis zum entscheidenden Sieg weiterzuführen, und die Provisorische Regierung beabsichtige, die unseren Verbündeten gegenüber übernommenen Verpflichtungen in vollem Umfange einzuhalten.“8 Im Mai musste Minister Miljukov aufgrund des Drucks der Massen zurücktreten.
Die Leiden und Entbehrungen des Krieges führten zur Radikalisierung der russischen Gesellschaft, die Menschen begannen zu verstehen, dass ein Ende des Krieges mit dem Ende des Kapitalismus untrennbar verknüpft war. Die Losung der Bolschewiki „Alle Macht den Sowjets“ brachte dieses Streben nach Land, Brot und Frieden auf den Punkt.
Am 7. November 1917 begann die Oktoberrevolution. Sie „[...] begründet einen neuen Staatstypus, den sozialistischen Sowjetstaat, hebt das Eigentum der Gutsbesitzer an Grund und Boden auf und übergibt den Boden der Bauernschaft zur Nutzung [...], expropriiert die Kapitalisten, erkämpft den Ausweg aus dem Krieg, den Frieden, gewinnt die notwendige Atempause und schafft auf diese Weise die Voraussetzungen zur Entfaltung des sozialistischen Aufbaus.“9

Die revolutionären Ereignisse übten auch auf die anderen Krieg führenden Mächte im Allgemeinen und Deutschland wie Österreich im Besonderen eine bedeutende Wirkung aus. „Die größte Wirkung auf die Österreichischen ArbeiterInnen erzielte jedoch die Oktoberrevolution im Jahr 1917. Besonders das Dekret über den Frieden, das Lenin formulierte, fand breite Zustimmung in der kriegsmüden Bevölkerung der Westmächte. Bereits am 1. 11. 1917 fand deshalb in Wien eine große Friedenskundgebung statt.“10
Die deutsche Novemberrevolution 1918, ihrem Charakter nach proletarisch, vermochte das deutsche Kaiserreich zu zerschlagen - für eine Überwindung des Kapitalismus fehlte ihr die Kraft. Ihr führender Part, der später zur KPD gewordene "Spartakusbund", entstand unter dem Eindruck der erfolgreichen russischen Revolution; die schnelle Massenmobilisierung, die Streiks der Industriearbeiter und die Meutereien der Matrosen in der kaiserlichen Flotte wurden durch das russische Signal begünstigt: es ist machbar, und es kann Bestand haben!

„Die russische Revolution hat das Signal einer besseren Zukunft gegeben.“11

Soziale Errungenschaften als Nebeneffekt des real existierenden Sozialismus

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Genosse Lenin reinigt die Welt von Unrat
Als der Sozialismus nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges durch die Gründung der Volksdemokratien in Osteuropa, der VR China etc. einen massiven Aufschwung erlebte und sein Ansehen weltweit auf dem Höhepunkt war, reichten antikommunistische Hetze und Repression nicht mehr aus, um das politische System der westlichen Länder stabil zu halten. Der Kapitalismus hatte nach den Gräueln des Zweiten Weltkrieges seine Akzeptanz bei den Menschen verloren. Trotz des KPD-Verbots und der Berufsverbote in Deutschland, der McCarthy-Ära in den USA, den Repressionen rund um den Oktoberstreik 1950 in Österreich, waren die Herrschenden zu Zugeständnissen gezwungen.

Die Konfrontation mit einer "anderen Welt" nahm in der BRD ganz reale Formen an: die Existenz der Deutschen Demokratischen Republik12, ihre Grenze zur BRD - also die Grenze zweier Gesellschaftssysteme -, brachte die BRD in die Situation, als "Schaufenster" des Kapitalismus dienen zu müssen: Nach Ende des Zweiten Weltkriegs, mit der Sowjetunion auf dem Zenit ihres internationalen Ansehens, war die Frage "wer-wen", also die Frage nach dem Sieg des Sozialismus oder der Behauptung des Kapitalismus, wohl global am wenigsten entschieden. Der Kampf um das Bewußtsein, um die Sympathien, und um die Köpfe wurde nicht zuletzt ökonomisch geführt; und die herrschende Klasse der BRD, geschwächt durch die Niederlage im Weltkrieg und die deutliche Verkleinerung ihrer nationalen Basis, war zu außerordentlichen Zugeständnissen bereit, was die Lebensverhältnisse der Arbeiterklasse betraf. Die Erfolge der deutschen Arbeiterbewegung, die über starke Gewerkschaften in den späten sechziger und frühen siebziger Jahren errungen werden konnten (und heute sukzessive und ohne wirklichen Widerstand abgebaut werden) waren vor allem aufgrund der damaligen Kräfteverhältnisse, mit einem von der UdSSR geführten Lager des Sozialismus in Europa, möglich. In Österreich waren eine starke und kampfbereite Arbeiterschaft und die bloße Existenz des sozialistischen Lagers Voraussetzung für den Aufbau der verstaatlichten Industrie.13
Der real existierende Sozialismus begünstigte - trotz Fehlentwicklungen - bis zu seinem Ende die sozialen Errungenschaften im „Westen“.

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„Sozialismus oder Barbarei!“
(Rosa Luxemburg)


90 Jahre nach der Oktoberrevolution und 16 nach der Konterrevolution in Osteuropa sieht sich die Menschheit – durchaus vergleichbar mit der Situation um 1900 – mit einem System stetig zunehmender Widersprüche konfrontiert. „Der Widerspruch zwischen der Entfaltung der Produktivkräfte und Unterwerfung unter die bornierten Verhältnisse der Kapitalverwertung ist allgegenwärtig.“14 Der Reichtum, der tagtäglich gesellschaftlich geschaffen wird, wächst ständig; die finanziellen Zuwendungen für Schulen und Universitäten schrumpfen, die Sozialleistungen und Löhne sinken und Armut sowie Arbeits- und somit Perspektivlosigkeit nehmen zu.

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Was die Oktoberrevolution den Arbeitern gab
„Geschichtlich abgetreten ist mit der historischen Zäsur 1989/90 nämlich nicht allein das sowjetische Sozialismusmodell. Zusammengebrochen ist zugleich in den alten Zentren das von einem großen gesellschaftlichen Kompromiss zwischen Kapital und Arbeit gezügelte und kontrollierte kapitalistische Modell.“15 Mit dem Wegfall der Systemalternative erfuhr auch der Clausewitz-Gedanke, dass der Krieg die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln ist, eine Renaissance.

Österreich ist heute Teil eines imperialistischen Zweckbündnisses mit Namen EU, das sich nach innen – dem ganzen geheuchelten Gerede von Sozialcharta zum Trotz – aller Beschränkungen für das Kapital entledigt. Nach außen ist die EU auf dem Weg, sich zu einem Militärbündnis zu entwickeln, das eigenständig – also ohne den langjährigen Weggefährten USA – in aller Welt militärisch operieren können soll, um neokoloniale Bestrebungen zur Sicherung von Märkten und Einflusssphären zu sichern.16 In dieser Hinsicht waren es wahre Worte, die der Klubobmann der steirischen ÖVP, Christopher Drexler, in Bezug auf die Neutralität Österreichs fand: Sie sei spätestens seit dem Beitritt zur EU 1995 entsorgt.
Neben der „NATO-Partnerschaft für den Frieden“ beteiligt Österreich sich an den „Battle Groups“, den schnell verfügbaren Eingreiftruppen der EU, die – das hat Außenministerin Plassnik schon verlautbart –, sogar ohne Mandat der UNO in den Krieg ziehen. „Sicherheitspolitische Eigenverantwortung der EU“ nennt sich das dann im militaristischen Neusprech.

Deutschland, in Form der BRD selbst "Kind" der Erschütterungen des vergangenen Jahrhunderts, in dem die UdSSR den deutschen Faschismus niederwerfen konnte, ist seit 1990 rein territorial wieder in der Lage, von einstigen Größenverhältnissen aus den dritten Anlauf um den "sonnigsten Platz auf Erden" zu wagen: die "Europäische Union", also Europa, nach deutscher Lesart, dient dabei als Vehikel - unter Dominanz der beiden imperialistischen Führungsmächte BRD und Frankreich wird der Kontinent - zum guten Teil "besitzlos" geworden nach Untergang des europäischen Sozialismus - aufgerollt, neu verteilt.
Dass die EU nicht das letzte Wort der Herrschenden ist und sein muss, beweist die jüngste Entwicklung mit Scheitern der EU-Verfassung, zunehmender Konfrontation mit Frankreich und Widersprüchen zwischen den imperialistischen Mächten beim Rollback in Osteuropa. Imperialismus benötigt eine nationale Basis, und die Widersprüche werden durch das Zweckbündnis EU nicht gelöst, sondern nur verschoben: Nach Ende der Zwangspause, dem deutschen Imperialismus durch die Auswirkungen des Roten Oktober auferlegt, gibt es keine Fesseln mehr. Die Räuber balgen sich erneut, und nur ihre endgültige Entmachtung wird in der Lage sein, ihr Abenteurertum, das immer mit einem Fuß im bewaffneten Konflikt und Weltkrieg steht, zu stoppen.

die Große Sozialistische Oktoberrevolution
Auf Grund des Wirkens des Gesetzes der ungleichmäßigen ökonomischen und politischen Entwicklung im Kapitalismus war Rußland um die Jahrhundertwende zum Knotenpunkt aller imperialistischen Widersprüche geworden. Im Ergebnis des ersten Weltkrieges bildete sich in den kriegsführenden Ländern eine revolutionäre Situation heraus. In Rußland wuchs die Krise schneller als in anderen Ländern. Im Februar 1917 erlebte Rußland die zweite bürgerlich-demokratische Revolution (Februarrevolution 1917). Der Zarismus wurde gestürzt. Nach dem Sieg der bürgerlich-demokratischen Februarrevolution 1917 entstand im Lande eine Doppelherrschaft: die bürgerliche Provisorische Regierung und die Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten. Eine eigenartige Verschlingung zweier Diktaturen hatte sich herausgebildet: der Diktatur der Bourgeoisie und der revolutionär-demokratischen Diktatur der Arbeiterklasse und der Bauern. Die Mehrheit in den Sowjets hatten die kleinbürgerlichen Parteien - die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre - an sich gerissen. Das erklärte sich aus der ungenügenden Organisiertheit und der unzureichenden politischen Bewußtheit des Proletariats und der Bauernschaft. Die Menschewiki und die Sozialrevolutionäre nutzten einerseits die Leichtgläubigkeit der unerfahrenen, vom Sieg über den Zarismus trunkenen Massen und andererseits dieTatsache, daß die bolschewistischen Parteiorganisationen in den Kriegsjahren ausgeblutet und geschwächt waren, daß die aktivsten Funktionäre der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands (Bolschewiki) in Gefängnissen saßen,in der Verbannung oder der Emigration weilten. Die Menschewiki und dieSozialrevolutionäre halfen der Bourgeoisie, ihre Macht in Gestalt der Provisorischen Regierung zu errichten.
[aus: Wörterbuch der Geschichte, Dietz Verlag Berlin/DDR 1984]

Der Rote Oktober war der erste Versuch zum Kommunismus - er dauerte 90 Jahre. Dieser erste Versuch begann unter denkbar ungünstigen Bedingungen und war quasi über Jahrzehnte in permanenten Kriegszustand begriffen. Dennoch bestand er weiter und setzte sich lange Jahre durch. Ein Sechstel der Erde war 9 Jahrzehnte rot. Seit der Konterrevolution 1989/ 1990 werden die Kapitalisten und ihre Schreiberlinge nicht müde, das Ende des ersten kommunistischen Anfangs als endgültiges Scheiterns des Kommunismus darzustellen. Dass wir ihnen das Recht absprechen, überhaupt über den Sozialismus zu urteilen ist dabei das Eine (das ist die Sache der Arbeiter, des Volkes, der Kommunisten, nicht aber der Verlierer von 1917!). Vorallem erinnern wir aber an die langen Phasen, die Irrungen und Rückschläge die es schon brauchte, damit der Kapitalismus sich voll gegen die vorherigen feudalistischen Zustände durchsetzen konnte, dies umfasste einen weit längeren Zeitraum. 90 Jahre sind welthistorisch somit nicht viel und was in diesen 90 Jahren erreicht wurde, war mehr als ein zarter Versuch, es war die konkrete Alternative und Perspektive nach mehreren Tausend Jahren Herrschaft weniger Unterdrücker über die Mehrheit, es war die Konkretisierung der eigentlichen Menschwerdung.

Der Kommunismus als „integraler Humanismus“
(Antonio Gramsci)


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die Kommunistische Partei der Sowjetunion führt die Revolution!
Die Oktoberrevolution war radikal – und: „Radikal sein ist die Sache an der Wurzel fassen“17 –, und sie trug „dem kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen“18 sei, Rechnung. In der Praxis wurde der Beweis der Richtigkeit der marxistischen Theorie angetreten, die W.I.Lenin in den neuen Verhältnissen der Epoche des Imperialismus weiterentwickelt und sie auf eine neue Stufe gehoben hat. In seinem Werk „Was tun?“19 begründete Lenin das Konzept der revolutionären Avantgardepartei, dessen Richtigkeit sich in vielen Revolutionen erwiesen hat, denn: „Einem funktional auf Repression ausgerichteten Apparat stünde eine amorphe Masse hilflos gegenüber, wenn sie nicht eine eigene Kampfordnung bilden würde. Die Organisiertheit ist Voraussetzung, dass der Protest zu Klassenkampf, dass die Rebellion zur Revolution werden kann.“20
Die Analogien gesellschaftlicher Widersprüche – heute und vor 90 Jahren – lassen sich ebenso wenig bestreiten wie die Tatsache, dass sie dem Kapitalismus inhärent sind. Der Kommunismus als „die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt“21 hat also nicht nur nichts an Aktualität verloren, sondern im Gegenteil seine historische Notwendigkeit, seine humanistische Unabdingbarkeit unter Beweis gestellt und tut dies jeden Tag aufs Neue.

Der Rote Oktober legte auf einem Sechstel der Erde den Grundstein für eine andere, eine bessere Gesellschaftsordnung. Er bewies die Möglichkeit eines Auswegs aus Ausbeutung und Unterdrückung. „In der Geschichte, die als eine Geschichte von Klassenkämpfen abläuft, ist die Partei jener Klasse, die die bestehenden Herrschaftsverhältnisse in emanzipatorischer Absicht bekämpft, die Trägerin des historischen Fortschritts; sie ersetzt Unfreiheit durch größere Freiheit – und selbst wenn sie unterliegt, sind die von ihr in die Welt gesetzten Gedanken doch zumindest ein ‚Fortschritt im Bewusstsein der Freiheit’, weil diese Gedanken, einmal geäußert und niedergelegt, nicht verloren gehen und in späteren Zeiten weiterwirken.“22



Hinweis der Redaktion:
Dieser Artikel entstand auf Grundlage des gleichnamigen Artikels des Genossen Hanno Wisiak, der in der Zeitschrift "rotcrowd" des KSV Graz, Ausgabe #11, erschien. Mit Übernahme und Ergänzung dieses Artikels zum 90. Jahrestag der Oktoberrevolution will die Redaktion secarts.org die Auswirkungen des Roten Oktobers auf Deutschland und Österreich in diesem österreichisch-deutschen Gemeinschafts-Internetprojekt aufzeigen. Wir bedanken uns für Überlassung des Artikels!
Anmerkungen:
1 Nach dem alten russischen Kalender fand die Revolution am 25. Oktober statt. Erst 1918 wurde der gregorianische Kalender auch in Sowjetrussland eingeführt und der Jahrestag der Revolution ab dann am 7. November begangen.
2 W. I. Lenin arbeitete die grundlegenden Merkmale dieser monopolistischen Stufe des Kapitalismus in seiner Schrift „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ heraus: „Der Imperialismus ist der Kapitalismus auf jener Entwicklungsstufe, wo die Herrschaft der Monopole und des Finanzkapitals sich herausbildet, der Kapitalexport hervorragende Bedeutung gewonnen, die Aufteilung der Welt durch die internationalen Trusts begonnen hat und die Aufteilung des gesamten Territoriums der Erde durch die größten kapitalistischen Länder abgeschlossen ist.“ (W.I.Lenin, Werke, Bd. 23, Berlin (DDR), 1973, S. 271)
3 Ein Monopol im leninschen Sinn meint – im Gegensatz zur bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft, die eher von Oligopol sprechen würde – nicht, dass es nur eine Firma gibt, die eine bestimmte Ware anbietet.
4 Vgl.: Franz Strobl, Lehrheft zur Geschichte der österreichischen Arbeiterbewegung. Bd.1: Bis zum ersten Weltkrieg. Wien, 1952, S. 58f
5 Ebenda. S. 59
6 Ebenda. S. 65
7 Hans Hautmann, Die Oktoberrevolution und Österreich. Siehe: http://www.klahrgesellschaft.at/Mitteilungen/Hautmann_4_97.html
8 Geschichte der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (Bolschewiki). Kurzer Lehrgang. Berlin, 1952, S. 234
9 Ebenda S. 279
10 Oktoberrevolution und Kriegsende in Österreich, In: ZAK – Zeitung der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark Nr.7/September 2007. Graz, S. 17
11 Franz Mehring am 31. Dezember 1917. zitiert nach Kommunistische Arbeiterzeitung (KAZ) Nr. 286/November 1997, Nürnberg, S. 10
12 Hinweis der Redaktion: zum 7. Oktober, des Jahrestages der Gründung der DDR, haben wir auf www.secarts.org einen Themendossier veröffentlicht - Direktlink zum Dossier.
13 Vgl. Hans Hautmann, Verstaatlichungen in Österreich nach 1945, In: Manfred Mugrauer (Hg.), Öffentliches Eigentum – eine Frage von gestern? 60 Jahre österreichische Verstaatlichungsgesetzgebung. = Alfred Klahr Gesellschaft, Quellen und Studien, Sonderband 8. Wien, 2007, S. 9f
14 Landesprogramm der KPÖ Steiermark, In: argument, August 2002. Wien, S. 4
15 Ebenda, S. 3
16 Vgl. Gerald Oberansmayr, Auf dem Weg zur Supermacht. Die Militarisierung der Europäischen Union. Wien, 2004
17 Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie. Einleitung, In: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke Bd. 1, Berlin (DDR), 1961, S. 385
18 Ebenda
19 W.I.Lenin, Was tun? Brennende Fragen unserer Bewegung, In: LW Bd. 5, S. 355 551
20 Hans Heinz Holz, Revolutionäre Theorie für revolutionäre Praxis, In: Marxistische Blätter 5/2007. Essen, S. 70
21 Karl Marx/Friedrich Engels, Die deutsche Ideologie. In: Werke a.a.O., Bd. 3, S. 35
22 Hans Heinz Holz, Revolutionäre Theorie… a.a.O. S. 72



 
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  Kommentar zum Artikel von Comandante:
Sonntag, 11.11.2007 - 23:53

juhu, schön das des wer lest. habs heute online gstellt und de befürchtung ghabt, des is jedem z´lang.

ich halte das statement für ausgezeichnet, ist alles drinnen was in so einer "kurzen" zusammenfassung rein geht.


  Kommentar zum Artikel von hw:
Sonntag, 11.11.2007 - 17:16

Lesenswert ist das Statement des ZK der KKE!