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BERLIN/POTSDAM (26.01.2012) - Die Bundeswehr rechnet mit der Notwendigkeit künftiger Evakuierungen deutscher Staatsbürger aus Kriegsgebieten. Zuständig hierfür ist die "Division Spezielle Operationen" (DSO), zu der auch das für gezielte Tötungen verantwortliche "Kommando Spezialkräfte" (KSK) zählt. Die Fallschirmjägereinheiten der DSO sind innerhalb kürzester Zeit mobilisierbar und trainieren regelmäßig sogenannte militärische Evakuierungsoperationen. Die entsprechenden Manöverszenarien gehen dabei stets von einem Einsatz in einem vom Bürgerkrieg zerrissenen Entwicklungsland aus. Den Fallschirmjägern der DSO fällt hierbei die Aufgabe zu, unter Androhung oder Anwendung von Gewalt einen Flugplatz zu besetzen und den Abtransport der Deutschen zu gewährleisten. Um zu verhindern, dass unerwünschte Flüchtlinge evakuiert werden, selektieren die Soldaten der DSO die potenziellen Passagiere anhand akribischer Personenkontrollen. Die letzte Evakuierungsoperation eines Einsatzverbandes der DSO fand im Februar vergangenen Jahres in Libyen statt. Unter dem Codenamen "Pegasus" organisierten Fallschirmjäger den Abtransport von Mitarbeitern der BASF-Tochtergesellschaft Wintershall aus Nafurah im Südosten des Landes.

Schneller Adler

Wie die Bundeswehr mitteilt, hat ihre "Division Spezielle Operationen" (DSO) Ende vergangenen Jahres erfolgreich das Manöver "Schneller Adler 2011" absolviert. Trainiert wurde die militärische Evakuierung deutscher Staatsbürger aus einem fiktiven Land der sogenannten Dritten Welt. Der Übung lag folgendes Szenario zugrunde: In dem vom Bürgerkrieg zerrissenen Staat "Atrea" ist die "öffentliche Ordnung (...) bereits in weiten Teilen zusammengebrochen", während es gleichzeitig "vermehrt zu Übergriffen auf Ausländer" kommt. Da außerdem der Flugbetrieb eingestellt ist und das Nachbarland "Sware" seine Grenzübergänge geschlossen hat, sind rund 450 Deutsche nicht mehr in der Lage, "das Land aus eigener Kraft zu verlassen".1 Ihnen gilt die daraufhin befohlene Operation eines Einsatzverbandes der DSO, der aus 1.100 Soldaten der Luftlandebrigade 26 "Saarland" besteht. Die sogenannte Saarlandbrigade hat sich in der Vergangenheit nicht nur durch schikanöse Ausbildungspraktiken hervorgetan, sondern vor allem durch ein ungebrochenes Bekenntnis zu Vorbildern der NS-Zeit.2

Passkontrolle

Im Rahmen von "Schneller Adler 2011" hatten die Fallschirmjäger der "Saarlandbrigade" laut Bundeswehr zunächst die Aufgabe, "im freien Fall" auf einem Flugplatz im Kriegsgebiet zu landen und diesen militärisch zu "sichern". Bevor die "deutschen Staatsbürger" dann von dort ins fiktive Nachbarland ausgeflogen wurden, waren sie an speziellen "Sammelpunkten" akribisch erfasst worden. Hier kontrollierten Feldjäger, ob die für die Evakuierungsoperation in Frage kommenden Flüchtlinge einen deutschen Pass besitzen. Durchgespielt wurde dabei unter anderem der Fall eines "jungen Mann(es), der zwar gebrochenes Deutsch spricht, aber keinen Ausweis bei sich trägt", weshalb fraglich schien, dass es sich bei ihm "wirklich um einen deutschen Staatsbürger" handelt. Parallel zu diesen Selektionsmaßnahmen beinhaltete das Übungsszenario die Auseinandersetzung mit einer Bürgerkriegspartei: Der DSO-Einsatzverband sah sich mit einer "militanten Gruppe" konfrontiert, die gedroht hatte, die Evakuierungsoperation zu "behindern".3 Den Kampf gegen Aufständische wiederum trainiert die DSO bereits seit etlichen Jahren - ebenfalls im Rahmen der Manöverreihe "Schneller Adler" (german-foreign-policy.com berichtete4).

Kernfähigkeiten

Im Zusammenhang mit Evakuierungsoperationen steht auch die im September vergangenen Jahres von der DSO durchgeführte Übung "Condor". Analog zu "Schneller Adler 2011" hatten mit Freifallschirmen abgesetzte Fallschirmjäger zunächst eine bestimmte "Landezone für die nachfolgenden Kräfte zu erkunden und zu sichern". Gemeinsam mit diesen "Hauptkräften" bestand ihre anschließende Aufgabe dann darin, den eigentlichen Flugplatz "schnell und schlagkräftig dem Feind zu entreißen". Den weiteren Ablauf des Manövers schildert ein Berichterstatter der Bundeswehr: "Verbissen kämpften sie den Wald um den Flugplatz frei. Stellung um Stellung konnten sie gewinnen. Sie drängten den Feind zurück, richteten einen Sicherungsring ein." Die mit "Condor" befasste Luftlandebrigade 31 war bis Anfang 2011 in Afghanistan eingesetzt und wird voraussichtlich 2013 wieder dorthin geschickt. Ihrem Kommandeur Brigadegeneral Reinhardt Zudrop zufolge bot die Übung seiner Truppe die Möglichkeit, in der Zwischenzeit die "Kernfähigkeiten zur Durchführung von Luftlandeoperationen" zu vertiefen.5 Man habe einmal mehr "die hohe Schule der Infanterie durchlaufen", erklärte ein an "Condor" beteiligter Offizier der Fallschirmjäger.6


Nicht unkritisch

Manöver wie "Condor" und "Schneller Adler" lassen die Bereitschaft der politisch-militärischen Führung in Deutschland erkennen, im Rahmen von Evakuierungsoperationen direkte Kriegshandlungen vorzunehmen. Dies dürfte auch der Fall gewesen sein, als Fallschirmjäger der DSO am 26. Februar vergangenen Jahres den Lufttransport von 132 Mitarbeitern der BASF-Tochter Wintershall aus dem südostlibyschen Nafurah militärisch absicherten. Wie der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam, Generalleutnant Rainer Glatz, danach ausführte, sei die Evakuierungsoperation unter der Tarnbezeichnung "Pegasus" "nicht unkritisch" gewesen: Die eingesetzten Truppen hätten sich "in einer durchaus unübersichtlichen Situation" befunden.7

Grüße aus der Grundschule

Gleichzeitig nutzt die Führung der DSO Evakuierungsoperationen in Kriegsgebieten für die eigene Imagewerbung. Die Divisionsangehörigen hätten "Gefahr für Leib und Leben deutscher und ausländischer Staatsbürgerinnen und -bürger abgewendet", erklärte etwa General Glatz im Anschluss an das Unternehmen "Pegasus".8 Ein Anwohner des Truppenübungsplatzes Stendal, auf dem "Schneller Adler 2011" stattfand, wird mit den Worten zitiert: "Die Gewissheit, dass man bei solchen Notlagen nicht allein gelassen wird, hilft. Das kann ja jeden treffen, der sich als Tourist in einem solchen Land befindet."9 In die Imagekampagne einbezogen wird offenbar auch das zur DSO gehörige "Kommando Spezialkräfte" (KSK), das für gezielte Tötungen verantwortlich ist. An den vergangenen Weihnachtsfeiertagen erhielten die in Afghanistan eingesetzten Angehörigen der Spezialeinheit eigenen Angaben zufolge Grußkarten mit "Zeichnungen, Gedichten und bunten Basteleien" von Grundschülern aus dem baden-württembergischen Calw.10


Anmerkungen:
1 Jederzeit weltweit einsatzbereit - DSO übt für den Ernstfall; www.deutschesheer.de 07.12.2011
2 s. dazu Rot scheint die Sonne im Kongo
3 Jederzeit weltweit einsatzbereit - DSO übt für den Ernstfall; www.deutschesheer.de 07.12.2011
4 s. dazu Einsatzbereit, jederzeit, weltweit
5 Der Himmel voller Schirme: Fallschirmjäger landen an; www.deutschesheer.de
6 Ãœbung "Condor" Teil 3: Die hohe Schule der Infanterie durchlaufen; www.deutschesheer.de
7 , 8 "Pegasus" zurück in Deutschland; www.einsatz.bundeswehr.de 05.03.2011
9 Jederzeit weltweit einsatzbereit - DSO übt für den Ernstfall; www.deutschesheer.de 07.12.2011
10 KSK: Schüler schreiben an Soldaten in Afghanistan; www.deutschesheer.de 19.01.2012


 
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