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Der Erfolg der faschistischen AfD ist ein Meilenstein und Ausdruck der Lage. Der als stete Drohung der Herrschenden bereitgehaltene Faschismus blitzt hier auf: Auch wenn diese Partei wieder verschwinden oder mutieren kann, selbst in kürzerer Zeit. Sie beweist die alte Erkenntnis: Der Faschismus kommt aus der Mitte dieser Gesellschaft. Ehemalige CDU-Rechte wie Alexander Gauland oder Martin Hohmann aus Hessen mischen sich mit früheren FDP-Mitgliedern und schon immer offenen Neonazis.

Aber: Die gefährlichste Partei im Land ist die CSU. Inhaltlich weitgehend deckungsgleich mit der AfD, sitzt sie seit Jahrzehnten in beinahe jeder Bundes- und bayrischen Landesregierung und kann damit ein perfektes Deckmänntelchen tragen. In Bayern ist mit dem sogenannten Integrationsgesetz der »Halb- und Viertelzuwanderer« definiert, die Nürnberger Rassegesetze, die natürlich in der Ausführung unvergleichlich schlimmer waren, sind inhaltlich nicht wirklich anders. In Bayern kann – nach der letzten Gesetzesänderung – jeder »Gefährder« auf unbestimmte Zeit ohne Gerichtsprozess in Haft genommen werden, das ist: die Wiedereinführung der faschistischen Schutzhaft. Völlig unbedrängt für diese Taten kann die CSU nun weiter verkünden, »die rechte Flanke zu schließen«. Die Flanke ist da, keine Frage. Nur schließen muss sie niemand.

Nun will man irgendwann Gespräche führen. Erstmal die CSU mit der CDU, danach vielleicht auch mit FDP und den Günen. Dass Letztere sich in den Selbstmord einer solchen Koalition begeben, ist nicht auszuschließen. Immerhin hat die Partei in Hessen mit der dortigen, Jahrzehnte alten Rechtsaußen-CDU eine solche geschlossen.

Markanter festzustellen ist aber das Auseinanderdriften von CDU und CSU. Die FAZ überschreibt am Dienstag: »Ein Hauch von Kreuth«. In Kreuth wurde 1976 durch Franz Josef Strauß beschlossen, die Gemeinschaft mit der CDU aufzukündigen und bundesweit als (damals) vierte Partei (neben CDU, SPD und FDP) anzutreten. Dies wurde nach einigen Zugeständnissen und vermutlich auch Drohungen der CDU später zurückgenommen. Doch die Option blieb spürbar und wurde damals auch verstanden von den Wählern. In der unbeachteten inhaltlichen Verbindung von AfD und CSU steckt trotz aller Widersprüchlichkeit des Wahlergebnisses in Bayern der eigentliche Sprengstoff. Es braucht keine »stabile« Regierung oder »Realpolitik«, um das Land weiter nach rechts zu treiben. Es war die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD, die in der nun zu Ende gehenden Legislatur etliche »Ideen« der AfD zum Regierungsprogramm erhob: Die endgültige Vernichtung des Asylrechts, die Dauer-Außerkraftsetzung des innereuropäischen Systems der Freizügigkeit, des Schengen-Abkommens.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Die in den letzten Tag auffällig unwichtig erscheinende »stabile Regierung« liegt uns natürlich keineswegs am Herzen. Wenn aber die Herrschenden gut ohne eine klare, sozusagen offizielle Mehrheit leben können, sollte dies unter derzeitigen Voraussetzungen Sorgen bereiten, es deutet auf die Entwertung des bürgerlichen Parlamentarismus hin. Dies ist Fortsetzung des Wahlkampfes, in dem die AfD durch die meisten »inhaltlichen« Plakate auffiel. Wenn die »Demokraten« dem noch nicht einmal zum Schein etwas entgegen setzen wollen, dann wird es gefährlich.

Nicht unwahrscheinlich, dass die formelle Lage irgendwann zu Neuwahlen führt. Bis dahin besteht die Regierung der »GroKo« fort, als Sachverwalter und für nötige Maßnahmen wie weitere Kriegseinsätze oder weitere Vernichtung des Asylrechts. Derweil werden weiter Neonazis in Talkshows präsentiert und die Truppen neu geordnet: Die CSU will und wird machen, was die AfD verspricht.

Aufwachen!


 
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