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Trotz der antirussischen medialen Dauerbeschallung lehnen größere Teile der Bevölkerung in Deutschland das Vorgehen von NATO, EU und Bundesregierung ab. Dennoch gelingt es kaum, Proteste gegen den Krieg zu organisieren und die skandalöse Zusammenarbeit des Westens mit den ukrainischen Nazibanden öffentlich anzuprangern. Angesichts erfolgreicher Mobilisierungen gegen Naziaufmärsche, der Ostermärsche mit tausenden Teilnehmern oder auch der jüngsten Gaza-Solidaritätsdemos ist es zunächst schwer verständlich, warum zur Ukraine weitgehend Schweigen herrscht.

Die Ursache ist nicht allgemeine Hilflosigkeit angesichts der schrecklichen Ereignisse wie in Odessa, Kiew und dem Terror des Kiewer Regimes in der Ostukraine. Auch fehlende oder falsche Informationen in den bürgerlichen Medien können als Erklärung nicht herhalten. Tatsächlich sind es divergierende Bewertungen der Ursache des Konflikts, die zu gegensätzlichen Praxisorientierungen im Ukraine-Konflikt führen – und häufig Tatenlosigkeit nach sich ziehen.

Berechtigte Sorgen der Linken

Eine Schlüsselfrage ist die nach den ökonomischen und geostrategischen Ursachen des Konflikts. Häufig ist – auch in Organen kommunistischer und sozialistischer Organisationen und Gruppen – die Rede von innerimperialistischen Widersprüchen zwischen Russland, EU und USA. Da wird von einem „Mächtekampf“ und von „Blockkonfrontation“ geredet. Suggeriert wird, dass es um Verteilungskämpfe innerhalb der globalen imperialistischen Bourgeoisie gehe; um eine Neuaufteilung der Ukraine unter den Großmächten.
Erkennbar ist, dass die Anhänger dieser Position die Sorge umtreibt, angesichts eines Konflikts zwischen kapitalistischen Ländern sich auf eine der Seiten zu schlagen. Eine berechtigte Sorge, denn schon oft hat dies in der Geschichte der Arbeiterbewegung den Übergang zu opportunistischen Positionen markiert. Hinzu kommt die Befürchtung, die Kriegsgefahr, die durch zwischenimperialistische Konkurrenz hervorgerufen wird, könne unterschlagen werden. Anstelle von Lenins Imperialismus-Analyse könne eine Unterscheidung in „gute“ und „schlechte“ kapitalistische bzw. imperialistische Länder treten, an die Stelle des antiimperialistischen Kampfes der Anschluss an eine Konfliktpartei. Diese Sorgen sind alle berechtigt.

Konkrete Analyse

Doch was hat es nun tatsächlich mit dem Konflikt zwischen Russland und dem Westen auf sich? Kaum zu bestreiten ist, dass es Russland unter Putin gelungen ist, den Ausverkauf der Wirtschaftan das ausländische Kapital zu stoppen und eine Entwicklung hin zu einer eigenständigen kapitalistischen Macht einzuleiten. Willi Gerns schrieb dazu in der UZ vom 27. Juni 2014: „Das Russland Putins ist ein kapitalistisches Land, in dem die ökonomischen Grundlagen des Monopolkapitalismus/Imperialismus mit gewissen Besonderheiten durchaus gegeben sind.“

[file-periodicals#180]Die Beurteilung der Rolle eines Landes in der Welt, seiner Beziehungen zu den verschiedenen in- und ausländischen Klassen und Staaten sind immer konkret in einer gegebenen Zeit zu betrachten. Eine Analyse, die sich darin erschöpft, ein Land als „imperialistisch“ zu charakterisieren, ohne sämtliche seiner klassenmäßigen Interessen und Beziehungen zu untersuchen, läuft Gefahr, in Dogmatismus zu verfallen und einer falschen Taktik Vorschub zu leisten. Denn eine korrekte Taktik muss nicht nur den Grundwiderspruch des Kapitalismus, sondern auch die Verhältnisse der stärksten und aggressivsten Monopolgruppen und imperialistischen Staaten zu jeglichen anderen Staaten und Klassen beachten, um auf die Kriegsgefahr adäquat antworten zu können. Willi Gerns kommt daher folgerichtig zu dem Schluss: „Die konkrete Analyse der heutigen konkreten historischen Situation in der Welt muss uns – meiner Überzeugung nach – dazu veranlassen, auf dem Gebiet der internationalen Politik – in klarer Erkenntnis, dass auch Russland ein kapitalistisches, von Oligarchen und der mit diesen verflochtenen Staatsbürokratie beherrschtes Land ist – deutlich zwischen Russland und den imperialistischen Hauptmächten zu differenzieren und die Hauptgefahr für Frieden und gesellschaftlichen Fortschritt in der Weltherrschaftspolitik des US-Imperialismus und seinem imperialistischen NATO- und EU-Gefolge zu erkennen.“ Ergänzt werden muss, dass auch der deutsche Imperialismus – durchaus in Konkurrenz zu den USA – in der Ukraine bzw. in seiner Russland-Politik eigene Ziele verfolgt.

Differenzierung nötig

Der Unterschied zwischen Russland und der NATO/EU muss nicht nur aufgrund der Aggressivität des Westens und der derzeitigen deeskalierenden Außenpolitik Russlands gemacht werden. Auch in Bezug auf die ökonomische und militärische Stärke aller beteiligten Staaten muss differenziert werden. Russlands derzeitiger Status in der weltweiten kapitalistischen Konkurrenz reicht nicht ansatzweise an den der USA und der EU heran, wenngleich diese mit allen Mitteln einen weiteren Aufstieg des BRICS-Bündnisses verhindern wollen. Das Bruttoinlandsprodukt Russlands betrug im letzten Jahr 2,1 Billionen US-Dollar; das des antirussischen Blocks USA–EU zusammen 34,1 Billionen. Das Militärbudget Russlands betrug 87,8 Mio. US-Dollar; das von USA, GB, BRD und Frankreich zusammen 807,9 Mio. [1]. Russlands Politik ist von einer geostrategischen Defensive geprägt. Seine wirtschaftliche Einflusssphäre ist vor allem eine Pufferzone gegen die Aggressionen von NATO und EU. Angesichts dieser Kräfteverhältnisse von einer zwischenimperialistischen Rivalität zu sprechen, die eine ernsthafte Herausforderung des Westens durch Russland suggeriert, verkennt das derzeitige internationale Kräfteverhältnis.

Auch wenn die Beherrschung der Ukraine durch europäische, vor allem deutsche Konzerne als Arbeitskräfte und Absatzmarkt ein Ziel der derzeitigen Offensive gegen den russischen Einfluss ist, so wird die Auseinandersetzung als Ganzes von einem anderen, übergeordneten Ziel bestimmt. Es ist die seit Ende des Kalten Krieges verstärkte Umkreisung Russlands durch die NATO, die zum Ziel mindestens seine Schwächung als Rohstofflieferant hat. Und eine geschichtliche Lehre ist, dass der westliche Imperialismus nie bei einer Schwächung stehen blieb, sondern Russland stets als koloniales Beuteziel betrachtet hat – ungeachtet der jeweiligen Gesellschaftsformation. Auch heute spricht einiges dafür, dass die historisch nie dauerhaft geglückte Unterwerfung Russlands erneut angegangen werden soll.

Kampf um die Ukraine – gegen den Faschismus

Neben der erdrückenden Übermacht des Westens kommt zur Beurteilung der russischen Rolle die Situation in der Ukraine selbst. Dort findet eine Transformation hin zu einem faschistischen Regime statt. Deutliche Anzeichen sind die Legalisierung faschistischer Banden, der Aufbau einer Massenbasis der faschistischen Parteien auch bei Wahlen, die Hexenjagd gegen Linke und andere Demokraten, das schrittweise Verbot der KPU. In dieser Situation des antifaschistischen Kampfessind die Milizen im Osten des Landes die größte Bastion des Widerstands. Es ist eine Situation entstanden, in der die mit Russland verbündeten Milizen gegen den Faschismus und für bürgerlich-demokratische Freiheiten kämpfen, während die mit der NATO/EU verbündeten Banden und die ukrainische Armee den Übergang zu einem faschistischen Herrschaftssystem repräsentieren.

In dieser Situation gefährden Aufrufe an die ukrainische Bevölkerung, sich nicht mit einer kapitalistischen Macht zu verbünden, den antifaschistischen Kampf. Hier zeigt sich, dass die grundsätzlich richtige Strategie, die Arbeiterbewegung auf Autonomie und Überwindung des Kapitalismus zu orientieren, nicht in die falsche Taktik münden darf, die unterschiedlichen Kampfbedingungen unter einer demokratisch-liberalen und unter einer faschistischen Herrschaft zu ignorieren. Es ist eben kein „No-go“, in bestimmten historischen Situationen mit kapitalistischen Staaten zu kooperieren, wenn ein klarer Blick über die jeweiligen Interessen bewahrt wird und das zu erreichende kurzfristige Ziel den Bevölkerungsinteressen und dem strategischen Ziel – dem Sozialismus – dient. Selbstverständlich handelt der russische Staat nicht aus Sowjetnostalgie oder prinzipiellem Antifaschismus. In dieser konkreten Situation – die sich auch wieder ändern und dann eine taktische Wendung der Kommunisten erfordern könnte – steht Russland aber an derSeite der gegen den Faschismus kämpfenden Bürger der Südostukraine.

Russland nicht der Aggressor

Es ist ein Fortschritt, dass es in der linken Diskussion immer mehr gelingt, den faschistischen Putsch in Kiew als solchen zu erkennen, die abwartende Haltung zu verlassen und die Solidarität mit den verfolgten Linken in der Ukraine zu organisieren. Der nächste Schritt muss es sein, in der bundesdeutschen Linken und der Friedensbewegung die Distanzierung von Russland zu überwinden.

In der Bevölkerung muss verbreitet werden: Russland ist in dieser Situation nicht der Aggressor, sondern wird umgekehrt von der NATO/EU bedrängt. Auf dem Weg gen Osten gehen NATO und EU über die Leichen der ukrainischen Bevölkerung. Die Solidarisierung mit den Antifaschistinnen und Antifaschisten in der Ukraine kann also nur dann Wirkung zeigen, wenn sie mit dem Kampf gegen die antirussische Aggression verknüpft wird.


Anmerkungen:
1 http://www.statista.com



 
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  Kommentar zum Artikel von retmarut:
Montag, 20.10.2014 - 17:22

Mir schwant, dass da zwei verschiedene Inhalte mit dem Begriff "Distanzierung" verbunden werden.

Bei Mischa scheint mir bei der Begrifflichkeit "Überwindung der Distanzierung" mitzuschwingen, dass keine Kritik mehr am kapitalistischen Russland geübt werden dürfte. Sozusagen aus taktischen Gründen Schweigen im Walde zu üben, sich selber Scheuklappen anlegen.

Soweit ich hingegen Björn verstanden habe, meint er mit "Überwindung der Distanzierung", dass man hier in Deutschland gegen die feiste Russland- und Putin-Verteufelung ankämpfen muss, die objektiv ein Propagandamittel des deutschen Imperialismus ist. (Übrigens ein recht altes, das schon im 1. und 2. Weltkrieg und natürlich auch im sog. Kalten Krieg gut gezogen hat.) Sprich: Wenn ich als aufgeklärter Mensch über die Ukraine bzw. Russland rede, muss ich mich momentan einem herrschenden Tugendterror unterziehen, in einem Vorwort Russland oder Putin zu geißeln, um dem Etikett "Putin-Versteher" etc. zu entgehen.

In der in Deutschland herrschenden und geförderten Meinung ist doch der Aggressor momentan nicht der deutsche oder der US-amerikanische Imperialismus, nicht mal die abhängige Junta in Kiew, sondern Putin. Wer sich auf einen solchen Diskurs einlässt, vertauscht Aggressor und Opfer. Und obendrein wird der deutsche Imperialismus, der sich auch in der Ukraine-Krise wieder als "ehrlicher Makler" ausgibt, obwohl er ein fleißiger Brandstifter in der Region ist, aus dem Schussfeld genommen.

Wie Secarts schon anführte: Ein übergroßer Teil der linken und antifaschistischen Bewegung in Deutschland fühlt sich jetzt zwischen beiden Stühlen und verharrt in Inaktivität (was letztlich den Kriegshetzern und ihren imperialistischen Granden den Rücken stärkt). Ähnliches haben wir auch beim Libyen- und Syrienkrieg gesehen: Gaddaffi und Assad wurden als neuer Hitler (oder neuer Putin?) hingestellt, mit dem Ergebnis, dass der Großteil der Linken in Lethargie und Inaktivität verharrt hat (oder - was noch eine Stufe einfacher ist - im Chor der Bourgeoisie mitgesungen hat).

Die Welt ist eben kein Schwarz-Weiß, kein Turnierplatz für moralische Wettkämpfe, sondern ein buntes Gemenge von handfesten (Klassen-)Interessen. Da zählen in der Regel nicht die besseren Argumente, sondern allein die jeweiligen Machtverhältnisse. Und wer selber die eigenen Interessen nicht (mehr?) definieren kann und sich (wie das viele Linke und radikale Linke in Deutschland derzeit tun) nur noch auf das Bauchgefühl verlässt, wird zwangsläufig in diesem Hexenkessel anderer Leute Interessen vertreten, also beispielsweise die herrschende Meinung des deutschen Monopolkapitals.

Für Sozialisten/Kommunisten gibt es das objektive Interesse, das Proletariat zu stärken und organisieren, und daher gleichzeitig und damit zusammenfallend die eigene Ausbeuterklasse wo immer es geht zu schädigen und zu schwächen. - Eigentlich eine Binsenweisheit der Arbeiterbewegung, aber viele scheinen diese mittlerweile vergessen oder verdrängt zu haben.

Ich finde, Karl Liebknecht hat in seiner Erklärung vor dem Königlichen Kommandanturgericht Berlin, das ihn wegen "Vaterlandsverrat" und "Vorschubleisten einer fremden Macht" angeklagt hatte, am 8. Mai 1916 die sozialistische Position und Herangehensweise sehr gut beschrieben:

"Würden die deutschen Sozialisten z.B. die englische Regierung und die englischen Sozialisten z.B. die deutsche Regierung bekämpfen, so wäre das eine Farce oder Schlimmeres. Wer den Feind, den Imperialismus, nicht in den Repräsentanten angreift, die ihm Auge in Auge gegenüberstehen, sondern in denen, die ihm und denen er weit vom Schusse ist, und noch gar unter Approbation und Förderung der eigenen Regierung (d.h. der ihm allein unmittelbar gegenüberstehenden Repräsentanten des Imperialismus), ist kein Sozialist, sondern ein trauriger Offiziosus der herrschenden Klasse. Eine solche Politik ist Kriegshetzerei und nicht Klassenkampf, sondern das Gegenteil davon.
Gewiß hat der internationale Sozialist, und nur er, da er den Klassenkampf gegen die eigene Regierung führt, das Recht, auch die fremden Regierungen anzugreifen. Dafür aber finden sich in allen Ländern, auch in Deutschland genügend Kräfte, Skruppellosigkeit und Demagogie, so daß er seine ganze Kraft dem Angriff gegen die eigene Regierung widmen muß, um wenigstens der schlimmsten Wirrnis entgegenzuwirken.
Darum habe ich mich hier nicht mit den Sünden anderer zu befassen, sondern mit denen der deutschen Regierung; ja, es ist meine Pflicht, die fremden Regierungen gegen unberechtigte Vorwürfe in Schutz zu nehmen, weil die Unwahrheit nirgends zu schonen ist und weil solche Unwahrheiten heute mehr als je dem verwerflichen Zweck der Völkerverhetzung, der Aufstachelung des Kriegshasses dienen. Ich habe die ausländischen Regierungen, wo immer sich Gelegenheit bot, in ihren eigenen Ländern Aug in Aug angegriffen und in Deutschland, wenn ich davon im Ausland einen Erfolg im sozialistischen Sinn erwartete oder damit zugleich die deutsche Regierung Aug in Aug angriff. Niemals werde ich es tun, wenn ich dadurch der Kriegshetzerei Vorschub leiste."

(Karl Liebknecht: Erklärung Karl Liebknechts vom 8. Mai 1916 an das Königliche Kommandanturgericht Berlin, veröffentlicht in "Spartacus" Nr. 1 vom Sept. 1916, in: Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, Band 1 (Juli 1914 - Oktober 1917), Dietz Verlag Berlin 1958, S. 384-385.)

Da krieg ich beim Abtippen richtig Gänsehaut ob der Aktualität seiner Aussage. Die kann man 1 zu 1 im Jahr 2014 wiederverwenden. Was auch wieder zeigt, wie weit der deutsche Imperialismus mittlerweile schon vorangeschritten ist.


  Kommentar zum Artikel von mischa:
Montag, 20.10.2014 - 15:49

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich alle Argumentationen richtig verstanden habe und deshalb adäquat darauf eingehen kann. Ich will es dennoch versuchen.

retmarut schreibt richtigerweise "Es geht doch um die zeitweilige Ausnutzung zwischenkapitalistischer/-imperialistischer Widersprüche, um die Lage der Arbeiterbewegung und des Sozialismus zu stärken" und verweist auf drei (eigentlich nur zwei) Beispiele, nämlich Brest-Litowsk und den Zweiten Weltkrieg.

In beiden Fällen gab es innerhalb der Bolschewiki und der kommunistischen Weltbewegung scharfe Differenzen und seltsame Entwicklungen - ihr erinnert die Position der französischen GenossInnen zu Beginn des Krieges bis hin zur Auflösung der Komintern oder gar der KPUSA.

Aber darauf will ich nicht hinaus. Mir geht es um folgendes:

a) Zum Brester Raubfrieden schrieb Lenin / das Organisationsbüro des ZK:
"Wir sind Gefangene des deutschen Imperialismus, uns steht ein schwerer und langwieriger Kampf um den Sturz dieses Schrittmachers des Weltimperialismus bevor; dieser Kampf ist unbedingt das letzte und entscheidende Gefecht für den Sozialismus, aber diesen Kampf im gegenwärtigen Augenblick mit dem bewaffneten Aufstand gegen den Schrittmacher des Imperialismus zu beginnen wäre ein Abenteuer, auf das sich Marxisten niemals einlassen werden."


Die "Kooperation" ging einher mit einer zutreffenden Charakterisierung des "Kooperationspartners" - und war durchaus von Distanz geprägt. Wir können auch aus dem Lenin-Text "Gegen Kornilow kämpfen, um Kerenski zu stürzen" (www.mlwerke.de/le/le25/le25_292.htm) herauslesen, was aus meiner Sicht die Essenz ist: "Wie jede schroffe Wendung, erfordert auch diese eine Überprüfung und Änderung der Taktik. Und wie bei jeder Überprüfung. muß man außerordentlich vorsichtig sein, um nicht in Prinzipienlosigkeit zu verfallen."

Aus meiner Sicht taugen also Brest und Lenin nicht dazu, die Forderung "Distanzierung überwinden!" in bezug auf einen imperialistischen Staat zu erheben.

Bleibt das zweite Beispiel, der deutsche, italienische (und oftmals gerne in Europa vergessene japanische) Faschismus. Das Bündnis der SU mit den Westalliierten sowie der "Burgfrieden" der kommunistischen Parteien wird mit der Gefährdung der SU/des Weltsozialismus, der Abwehr der Reaktion und dem allgemeinen Humanismus begründet.

Welcher dieser (oder anderer?) Faktoren greift heute im Fall der geforderten Überwindung der Distanzierung zu Rußland in der Ukraine-Frage? Und nur dort?

Der Weltsozialismus wird dort nicht bedroht - also kann es doch nur um die besondere Qualität der Bedrohung der Bevölkerung der Ostukraine gehen. Aber wenn das gilt - warum sollte dann auch nicht die Überwindung der Distanzierung zu Frankreich (wegen Mali et al) oder zu den USA (wegen der am Sonntag erfolgten Waffenabwürfe über Kobane, Link ...jetzt anmelden!) ?

Meine vereinfachte Position lautet: Die Bevölkerung der Ostukraine hat allen Grund, sich gegen die ukrainischen Truppen und erst recht gegen die faschistischen Gruppen zu verteidigen. Das gilt sogar, obwohl ein nicht unerheblicher Teil der "Volksrepublik"-Truppen sich in der Tradition des zaristischen Rußlands bzw der Kerenski-Republik sieht. Die Politik Rußlands ist die eines kapitalistischen Staates, die im konkreten Fall der Bevölkerung der Ostukraine nützt - sie freut sich zurecht darüber. Die KommunistInnen hierzulande haben die Pflicht, den aggressiven Kurs der NATO gegenüber Rußland offenzulegen und möglichst zu sabotieren. Sie haben zugleich die Pflicht, den russischen Imperialismus nicht zu verklären. Björn schreibt ja zurecht: "Selbstverständlich handelt der russische Staat nicht aus Sowjetnostalgie oder prinzipiellem Antifaschismus." Ich folge ihm nur nicht bei seinem "Der nächste Schritt muss es sein, in der bundesdeutschen Linken und der Friedensbewegung die Distanzierung von Russland zu überwinden."



  Kommentar zum Artikel von secarts:
Montag, 20.10.2014 - 13:14

Lieber Mischa, lieber Toto,

"Vermutlich muss man hier die uneindeutige oder unsaubere Formulierung Daniels und Sebastians kritisieren und zwar folgende:
"Und doch bleibt uns die Mühe einer differenzierten Herangehensweise auch im Falle der mörderischen Banden in der Ukraine nicht erspart: Das Regime in Kiew ist unzweifelhaft durch westliche Imperialisten, die selbst jedoch derzeit nicht faschistisch sind, eingesetzt."
Es wird so suggeriert oder missverstanden, dass aufgrund nicht faschistische Herrschaftsformen in den westlichen Imperialismen/Zentren kein faschistischen Regime in der "Perpherie" eingesetzt werden kann. Da lehrt uns das chilenische Beispiel eines Besseren oder aktuell die Einschätzung zur Faschisierungsprozess in Ungarn durch das deutsche Finanzkapital."


Nein, das wollten wir damit nicht sagen. Es gibt historische Beispiele genug, dass auch nicht-faschistische Imperialisten zu faschistischen Regimes in der Peripherie greifen - du erwähntest Chile, auch die griechischen Obristen und der Putsch in der Türkei 1980 illustrieren dies. Es ging uns darum, dass (abhängiger) Faschismus an der Macht nicht gleich (imperialistischer) Faschismus an der Macht ist - zu sehr unterscheiden sich die Ziele.

Für das aktuell herrschende, definitiv abhängige Regime in der Ukraine haben wir, das habt ihr beide richtig erkannt, trotzdem keine ganz eindeutige Einschätzung (ich persönlich nehme derzeit eher nicht an, dass dort der Faschismus bereits an der Macht ist, aber es gibt Tendenzen in diese Richtung). Vielleicht geht das derzeit auch nicht lupenrein, da die Dynamik der Prozesse noch lange nicht am Ende angekommen ist. Björn geht in der Frage tatsächlich etwas weiter als wir in unserer Veröffentlichung, aber ich sehe darin keinen grundsätzlichen Widerspruch.

Es bleibt m. E. aber anzuerkennen, dass die Konterrevolution 1989-90 auch hier alle Gewissheiten durcheinander geworfen hat: Zumindest gibt es nicht (mehr) DAS internationale Lager des Antifaschismus. Andererseits, und das sollte der eben zitierte Einschub sagen, gibt es auch keine momentan faschistisch verfasste imperialistische Macht, die im Weltmaßstab Vasallen um sich schart. Das heißt, der gegenwärtige Konflikt ist keine Auseinandersetzung Faschismus-Antifaschismus im Weltmaßstab, dies ist NICHT der Hauptwiderspruch der Epoche. Es bleibt der alte, der soziale: Zwischen Kapital und Arbeit.
Dennoch nimmt Russland im Fokus der aktuellen Ukraine-Auseinandersetzung eine antifaschistische Position ein, da können wir durchaus mitgehen. Von einer weiter gehenden "Verbrüderung" mit dem kapitalistischen Russland würde ich derzeit aus eben genannten Gründen absehen. Wie wir schrieben: Auch die russische Außenpolitik hat sich nicht das Ziel gesetzt, der Menschheit auf den Sprung zu helfen. Es hilft uns nicht, in das heutige Russland eine Art "versteckte" UdSSR zu imaginieren, die uns eine ersehnte internationale progressive Blockführerschaft böte.


@smersch: Die Frage IS/Islamismus sollten wir in den nächsten Tagen anhand von Totos anstehender Veröffentlichung diskutieren. Ich bin kein Profi, was das Thema angeht, und brauche erst mal ein paar Fakten...


  Kommentar zum Artikel von Toto:
Montag, 20.10.2014 - 12:31

Hallo

Erstmals ist der Artikel in der Theorie&Praxis, aus "linken Flügel" der DKP, erschienen. Die Theorie & Praxis zu deren ehemaligen Herausgeberkreis Hans Heinz Holz und der jetzige DKP-Vorsitzenden gehörte, organisiert seit mehrere Ausgaben eine Debatte um Faschismus als Form des Kapitalsherrschaft sowie die Lage in der Ukraine und die Strategie und Taktik der Kommunisten zu diesem Thema. Ein kleiner Erfolg dieser fruchtbaren Debatte, die von der TuP angestoßen ist, dass ihre Autorenkreis erweitert wurde. Dazu gehören beispielsweise die lokale Gruppe des Interventionistische Linke aus Düsseldorf, die schrittweise sich den DKP annähren und Gespräche stattfinden, aber auch einige Autoren aus dem Gebiet der ehemaligen DDR.

In diesem Sinne ist der Artikel von Björn, Mitglied des Parteivorstandes der DKP, und andere Beiträge aus der aktuellen TuP zu verstehen. Ein Debattenbeitrag zur Taktik der deutschen Kommunisten zur Frage der aktuellen Lage in der Ukraine. Damit wäre eigentlich die Frage der falschen Vergleich zwischen taktische Haltung der deutschen Kommunisten zu einem Konflikt in anderem Land - in dem ihre eigenen Herren (deutsche Imperialisten) stark einmischen und zwar auf Seite der offenen Faschisten - gegenüber einem anderen kapitalistischen (imperialistischen?) Staat - nämlich Russland - UND auf der anderen Seite die Frage der taktischen Haltung der französischen Kommunisten zum (kolonialen) Krieg ihrer eigenen Herren (französische Imperialisten) in Mali erledigt. Da wird offensichtlich Birne mit Apfel verglichen bzw. tendenziell gleichgesetzt.

Zur Frage des Islamismus möchte ich die Debatte hier ungern fortführen, die nächsten Tage wird ein Artikel von mir zur aktuellen Krieg gegen Irak und Syrien erscheinen, dort wird ISIS auseinandergenommen. Darum bitte ich erstmal die Debatte dort führen wollen, zum Thema Islamismus. Was die Frage Krieg in der Ukraine und die Haltung der Kommunisten zu Russland kann dies selbstverständlich fortgeführt werden.

Zur Ausgangsfrage. Mischas Fragestellung wundert mich ein bischen, denn die gezeigten Beispiele von Retmarut sind ihm eigentlich bekannt und ich glaube, Mischa wurde sie sogar zustimmen. In bestimmten historischen Situationen kann und müssen die Kommunisten solche Kompromisse solche Taktiken der Zusammenarbeit mit den Kapitalisten eingehen. Die interessantere Frage, worauf du vermutlich hinaus gehen willst, ist, ob diese allgemein richtige Taktik auf die heutige Situation in der Ukraine und Russland entspricht.

Ich sehe übrigens kein Widerspruch zwischen Danials/Sebastians Position und Björns Position zur Beschreibung der Lage in der Ukraine. Beide sagen nicht, dass der Faschismus nicht aktuell an die Macht ist. Bei Björn wird gesagt, dass ein Übergang/Transformation dahin stattfindet, ob das gelingen wird, kann man natürlich nicht sagen.

Vermutlich muss man hier die uneindeutige oder unsaubere Formulierung Daniels und Sebastians kritisieren und zwar folgende:
"Und doch bleibt uns die Mühe einer differenzierten Herangehensweise auch im Falle der mörderischen Banden in der Ukraine nicht erspart: Das Regime in Kiew ist unzweifelhaft durch westliche Imperialisten, die selbst jedoch derzeit nicht faschistisch sind, eingesetzt."

Es wird so suggeriert oder missverstanden, dass aufgrund nicht faschistische Herrschaftsformen in den westlichen Imperialismen/Zentren kein faschistischen Regime in der "Perpherie" eingesetzt werden kann. Da lehrt uns das chilenische Beispiel eines Besseren oder aktuell die Einschätzung zur Faschisierungsprozess in Ungarn durch das deutsche Finanzkapital.

Die Frage, ob die Kräfte um die ukrainische Armee den Übergang zum Faschismus in der Ukraine repräsentieren, muss kaum erörtert werden. Die zu untersuchende Frage, die den eigentlichen Thema Björns ist - und die in dieser Hinsicht zentral für unsere Herangehensweise, lautet: Sind die mit Russland verbundene Milizen Kämpfer gegen den Faschismus (und für die bürgerliche Freiheiten)? Wobei wie es Björn feststellt, die verneinende Antwort darauf die Antimilitaristische Arbeit in Deutschland erschwert, weil man als Linker doch weder auf die Seite der bösen Russen Putin noch auf Seite der pro-westlich Regime in Kiew stehen möchte. Das Ergebnis ist, dass man für Neutralität (und schließlich Inaktivität) in dem Konflikt um die Ukraine ausspricht.

Der Artikel will die Debatte über die Organisierung der antimilitaristische Arbeit der Kommunisten in Deutschland anstoßen und zwar im konkreten Beispiel


  Kommentar zum Artikel von smersch:
Montag, 20.10.2014 - 00:25

die frage die sich bei mali (aber auch im irak, syrien etc. stellt), ist wohl am ehesten noch die, wie kommunisten mit dem islamismus umgehen.

relativ übel fand ich dort z.b. die "diskussion" der stalin society, die diese zu revolutionären subjekten erklärten und bei der ein gast am ende gar unkritisiert seine these vom islamischen urkommunismus verbreiten konnte. ich hoffe mal, dass hat hier keine sympathie.

ich brachte die aktuellen islamistischen gruppen (is, el-kaida und ähnliche) in ihrem kreuzzug gegen ungläubige und ihrem vernichtungswahn, samt aller nur erdenklichen barbarischen umtriebe, dem deutschen faschismus in seiner gewaltätigkeit, zivilisations- und kulturverachtung, fast ebenbürtig. es ist aufgund des barbarischen leides den sie verbreiten, also keine frage die mit einem "einfachem" anti-imperialismus zu beantworten wäre.

daher stellt sich für mich durchaus die frage, wie der kampf westlicher staaten dagegen zu bewerten ist. dass sie es nicht ernsthaft tun (saudi-arabien...) sei mal vorrausgetzt. ebenso, dass die ökonomischen umstände in dessen ländern nicht angegangen werden.

die bevölkerung malis war ja, durchaus berechtigt, nicht ganz ungklücklich über die vertreibung der islamisten. daher wäre ein prinzipielles "ok" der kommunistischen bewegung eben eines, dass auch die kp mali's sich durchaus mit der bevölkerung freuen darf und sich somit weder vom der eigenen bevölkerung noch der kommunistischen internationalen isolieren muss. das wäre zumindest das "praktischste", was ich von einer temporären zustimmung erwarten würde. in anbetracht unaufhaltsam vorpreschender islamisten, fände ich ein "ne, lasst das mit der intervention mal. ihr wollt ja eh nur unser uran" keine vernünftige reaktion von malischer seite.

auch wenn die aufgabe der pcf sicherlich eher darin liegen würden, die postkoloniale ausbeutung zu politisieren und dieses thema nicht weitesgehend in den händen von ngo's aus dem antirassismus spektrum und entwicklungsorganisationen monopolisieren zu lassen, die sich meist mit etwas mehr engagement, neuen projekten und guter vorsätze abspeisen lassen. aber so wenig die temporäre bekämpfung der islamisten uns dem sozialismus näher bringt, so wenig sehe ich darin, dass sie uns von ihm wegbringt. iran und indonesien haben ja bereits veranschaulicht, was kommunisten von ihnen zu erwarten haben.

nur leider habe ich das gefühl, dass die kommunistischen kräfte vor ort meist kaum vorhanden sind, daher wohl auch kaum solche situationen nützen können (ex-lslamistiche gebiete kontrollieren, in die regierung eintreten...). daher fehlt zurecht der adressat. und die beiden opponenten um das präsidalamt für mali waren dann halt auch der ex-microsoft chef für afrika und ein ein ewg-entwicklungshilfemitarbeiter...

daher hätte auch ich meine probleme, wenn kommunisten plötzlich anfangen die militärakionen ihrer eliten abzufeiern. nur angesichsts der islamistischen vernichtungsfeldzüge, brauch es wohl etwas mehr dialektik als "nie wieder krieg", "hände weg von[...]" und "kein blut für [rohstoffe]".

naja, das ist was mir dazu einfällt.


  Kommentar zum Artikel von retmarut:
Sonntag, 19.10.2014 - 16:31

@ Mischa:
"wenn Björns Satz

"Es ist eben kein „No-go“, in bestimmten historischen Situationen mit kapitalistischen Staaten zu kooperieren, wenn ein klarer Blick über die jeweiligen Interessen bewahrt wird und das zu erreichende kurzfristige Ziel den Bevölkerungsinteressen und dem strategischen Ziel – dem Sozialismus – dient."

gilt, warum darf dann - provokativ gefragt - die französische KP nicht ihren Imperialismus unterstützen, wenn dessen Kriegseinsätze in Afrika "den Bevölkerungsinteressen" dient?"


Es geht doch um die zeitweilige Ausnutzung zwischenkapitalistischer/-imperialistischer Widersprüche, um die Lage der Arbeiterbewegung und des Sozialismus zu stärken. Björn bedient sich hier (unausgesprochen) des Beispiels der Anti-Hitler-Koalition, wo es der SU gelang, die westlichen Imperialisten 1941 in ein gemeinsames Bündnis zu zwingen. (Und GB+F waren bis 1939 eher daran orientiert, den deutschen Imperialismus gen Osten freie Hand zu lassen, um den sozialistischen Staat endlich zu liquidieren, s. Münchner Abkommen 1938, s. auch ab bereits 1935/36 die hinhaltenden bzw. ablehnenden diplomatischen Schritte von GB+F gegenüber der SU bzgl. eines Systems der kollektiven Sicherheit.) Die damalige Strategie der SU war richtig und sinnvoll: Sie hatte zum Sieg über den deutschen und italienischen Imperialismus/Faschismus geführt und letztlich zu einer Ausweitung und Stärkung der sozialistischen Bewegung in Europa.

Ebenso kann hier der Friedensvertrag von Brest-Litowsk genannt werden, der sogar massive Territorialverluste auf (sowjet-)russischer Seite bedeutete und im Grunde dem deutschen Imperialismus ermöglichte, zeitweilig mehr Kräfte an die Westfront zu werfen. Auch dieser Schritt war völlig richtig, denn es war - und darauf wies Lenin schon damals hin - bereits absehbar, dass der deutsche Imperialismus eine Niederlage erleiden und dieser ungerechte Vertrag dann aufgehoben werde. Und für das junge Sowjetrussland ermöglichte dieser Vertrag eine Verschnaufpause, in der die eigenen Kräfte neu aufgestellt werden konnten (Gründung und Aufbau der Roten Armee).

Zu nennen wäre hier drittens auch der deutsch-sowjetische Nichtangriffsvertrag vom August 1939, der der Sowjetunion Zeit verschaffte, um sich gegen einen früher oder später stattfindenden deutschen Angriff zu rüsten, d.h. Produktionsanlagen auszubauen und gen Osten zu verlagern, Verteidigungsanlagen auszubauen, die Rüstungsprojekte zu forcieren. Die SU hat damit fast zwei Jahre gewonnen sowie eine Vorverlegung der sowjetischen Grenze um 150-300 km. Diese Maßnahmen haben mit dazu beigetragen, den deutschen Blitzkrieg (die bis dato größte Angriffswelle der Weltgeschichte) gegen die SU bis Oktober 1941 zu stoppen und dass die militärische Initiative ab Dezember 1941 auf die SU überging.


Wie Du von Björns Aussage jetzt zum imperialistischen Bestreben Frankreichs in (seinem) Hinterhof Nord- und Nordwestafrika Analogien ziehst, erschließt sich mir nicht. Was soll denn der französischen Arbeiterklasse ein kolonialkriegsbefürwortender Schulterschluss mit ihren eigenen Unterdrückern bringen? Welche "Bevölkerungsinteressen" sollen denn damit gedient sein?

Das wäre ja in etwa so idiotisch, als wenn die deutsche Linke heute für Luftangriffe der Bundeswehr gegen die ISIS in Syrien plädieren würde ("um den Kurden zu helfen"). In Wirklichkeit stärkt das nur den deutschen Imperialisten und bringt die deutsche Arbeiterklasse keinen Schritt voran.


  Kommentar zum Artikel von mischa:
Sonntag, 19.10.2014 - 15:27

Hm,

wenn Björns Satz

"Es ist eben kein „No-go“, in bestimmten historischen Situationen mit kapitalistischen Staaten zu kooperieren, wenn ein klarer Blick über die jeweiligen Interessen bewahrt wird und das zu erreichende kurzfristige Ziel den Bevölkerungsinteressen und dem strategischen Ziel – dem Sozialismus – dient."

gilt, warum darf dann - provokativ gefragt - die französische KP nicht ihren Imperialismus unterstützen, wenn dessen Kriegseinsätze in Afrika "den Bevölkerungsinteressen" dient?

Ich vermute, daß du mit dem "faschistischen Putsch in Kiew" argumentieren wirst und zitiere vorbeugend schon mal aus dem gleichen T&P von Daniel Bratanovic und Sebastian Carlens die Passage

"Angesichts der Ereignisse muss der Befund lauten, dass USA und EU den Faschismus wieder für
nutzbar halten. Die in Kauf genommene Brutalität stellt eine neue Qualität dar und könnte - an-
gesichts des Aufstiegs rechter und extrem rechter Parteien in ganz Europa - den Auftakt für eine
reaktionäre und im Zweifel terroristische machtpolitische Option des Kapitals bilden. Die Vor-
gänge in der Ukraine bestätigen die Funktion des Faschismus als offensive Aggression.
Das jedoch sollte umgekehrt allerdings nicht vorschnell zu der Annahme verleiten, in der Ukrai-
ne sei der Faschismus bereits an der Macht. Seine Vertreter von Swoboda, Rechtem Sektor und
anderen Gruppierungen nehmen die - mit Reinhard Opitz beinahe klassisch zu nennenden - Auf-
gaben der terroristischen Einschüchterung, der Hilfspolizei-, der Straßenkampf- und der Bürger-
kriegstätigkeit wahr. Teilweise werden sie in den Staats- und Militärapparat integriert. Und doch
bleibt uns die Mühe einer differenzierten Herangehensweise auch im Falle der mörderischen
Banden in der Ukraine nicht erspart: Das Regime in Kiew ist unzweifelhaft durch westliche Im-
perialisten, die selbst jedoch derzeit nicht faschistisch sind, eingesetzt. "

Zugleich markiere ich ein Fragezeichen an Gewißheiten, die auch andere hier im Forum zu haben scheinen und die in Björns folgender Passage zum Ausdruck kommt:

"Es ist eine Situation entstanden, in der die mit Russland verbündeten Milizen gegen den Faschismus und für bürgerlich-demokratische Freiheiten kämpfen, während die mit der NATO/EU verbündeten Banden und die ukrainische Armee den Übergang zu einem faschistischen Herrschaftssystem repräsentieren."

Ist das wirklich so?