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Niemals zuvor in der Geschichte des deutschen Profifußballs investierten Sponsoren so viele Millionen wie in der kommenden Bundesligasaison 07/08. Ein Jahr nach der Fußballweltmeisterschaft boomt das Geschäft um die Trikotwerbung. Stolze 123Millionen Euro lassen Geldgeber sich das Spektakel Fußballbundesliga kosten.

Sie betreiben das Geschäft nicht aus Gutmütigkeit oder aus Liebe zu dem Fußballsport. Nein, jeder Euro muss und wird sich rechnen. Als vor 30 Jahren der Spirituosenproduzent Mast Eintracht Braunschweigs Fußballer mit der Aufschrift "Jägermeister" auflaufen ließ, konnte man sich dort fortan einen Paul Breitner aus Real Madrid leisten. Damals wurde diese Fußballwerbung als "Schnapsidee" des Herrn Mast belächelt. Heute denkt man anders darüber und ist sich sicher, dass jeder investierte Werbeeuro durch die enorme TV Präsenz der Sponsoren sinnvoll angelegt ist. Man ist in aller Munde und kann seine (unsozialen) Geschäfte in der Öffentlichkeit positiv darstellen.

20 Millionen Euro jährlich muss man für den beliebtesten Werbeträger Bayern München auf den Tisch blättern. Investiert hat das ein Unternehmen, welches erst kürzlich seinen "lieben" Beschäftigten die Einkommen kürzte und gleichzeitig die Arbeitszeiten verlängerte - die Telekom. Spekuliert wird aktuell, dass die Telekom sich aus dem Radsport zurückziehen möchte und ihre Sponsorentätigkeit bei dem FC Bayern noch ausbauen möchte. Ein größerer Aufschrei ging nicht durch das Land. Die Beschäftigten haben nach dem Streik und einigem Murren - erpresst vom Vorstand - ihre Arbeit wieder aufgenommen. Das ist so in Fußballdeutschland. Oder nicht?

Der russische Energieriese Gazprom - bekannt geworden durch erfolgreiches Buhlen um den "SPD-Genossen der Bosse" - Altkanzler Gerhard Schröder - sorgt bei dem ehemaligen Arbeiterverein FC Schalke 04 für neue Werbegefühle und abermals 20 Millionen Euro - jährlich.

Gazprom will seinen Bekanntheitsgrad in Deutschland erhöhen und im Zuge der neuen EU-Energierichtlinien natürlich Riesengeschäfte machen. Der deutsche Endverbraucher wird es zahlen müssen. Mehrheitlich wird er sich kaum Gedanken um die 20 Millionen für Schalke und seine erhöhten Rechnungen machen. Der Schalkefan kauft zusätzlich für 100 Euro ein teures Schalketrikot mit der Aufschrift Gazprom. Das ist so in Fußballdeutschland. Oder nicht?

Auch der VFL Wolfsburg mit seinem Neutrainer Magath darf für 20 Millionen Euro weltweit neue Spieler kaufen. Der VW-Konzern - sonst über die hohen deutschen Löhne und miese Standortbedingungen schimpfend - verdoppelt im Verhältnis zu 2006 sein finanzielles Engagement. Der Konzern bestach Gewerkschafter mit Luxusreisen und Bordellbesuchen, nun müssen der VFL Wolfsburg und Felix Magath mit sportlichen Erfolgen das Image des VW-Konzerns verbessern. Der Profifußball springt in die Bresche - die Mehrheit der Bürger schweigt hierzu oder wird erst gar nicht gefragt. Das ist so in Fußballdeutschland. Oder nicht?

Gleich zwei Vereine - der VFB Stuttgart und der Karlsruher SC - lassen ihre Millionäre in kurzen Hosen - von ein und demselben Sponsor - der berüchtigten EnBw mit 8 Millionen Euro bezahlen. Wie bei "Gazprom Schalke" schweigt die Basis und zahlt ihre überhöhten Energierechnungen. Das ist so in Fußballdeutschland. Oder nicht?

KiK - ein Trikotproduzent - finanziert auch zwei Vereine, den VFL Bochum und Hansa Rostock. Daher erhalten Politik und Wirtschaft fast jeden Wunsch erfüllt. "Wichtige" Politiker und Unternehmensbosse - wie Arbeitgeberpräsident Hundt vom VFB Stuttgart - dürfen ihre nicht vorhandene Fußballkompetenz in den Medien breit treten. Ihre Meinung interessiert die Wenigsten - aber Proteste hat es in Fußballdeutschland deswegen auch nicht gegeben. Das ist so in Fußballdeutschland. Oder nicht?

Eintracht Frankfurt wird mit 4 Millionen Euro von Fraport beglückt. Hier soll Fraport und die Politik der CDU-Landesregierung unterstützt werden. Zunehmender Fluglärm und immer neue Landebahnen belästigen die Gemeinden um den Frankfurter Flughafen. Aber wer erst mal Eintrachtfan ist, darf doch nicht gegen den Hauptsponsor protestieren. Das ist so in Fußballdeutschland. Oder nicht?

Es ist ein perverses Spiel, auf welches sich die Profivereine da eingelassen haben. Es ist pervers diesem Geschäft zu folgen. Fußballsport wird in den Händen von Telekom und den anderen in ein Gut der besitzenden Klasse umfunktioniert. Diese Klasse besitzt Milliarden, die Klasse herrscht in unsere Wohnstuben hinein, diese Klasse bestimmt die Politik. Proteste deswegen hat es von der Arbeiterklasse deswegen kaum gegeben.

An was denkt die Mehrheit der Fußballfans?

 
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