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Von RW

Hennes & Mauritz, eine weltweit agierende Modekette mit mehr als 100.000 Beschäftigten, schikaniert Belegschaften und Betriebsräte in aller Welt. Widerstand entwickelt sich. In den nächsten Wochen wird die Münchner Innenstadt wieder besonders glänzen. Weihnachten steht vor der Tür, die Umsätze in den Einzelhandelsgeschäften steigen, und die Kassen der Händler klingeln. Doch Umsätze sind nur die eine Seite der Medaille Profit.

Die andere Seite dieser Medaille heißt Arbeitsbedingungen. Hennes & Mauritz, ein Weltkonzern mit Verkaufs- und Produktionsstätten in aller Welt, ist hierfür ein Beispiel. Quelle von Profit ist die Ausbeutung der Produzenten, von Textilarbeiterinnen und -arbeitern. Diese sind bei H&M in der Regel in den Ländern der so genannten Dritten Welt zu Hause. Bangladesh ist bei den Kapitalisten diesbezüglich sehr beliebt.

65 Euro beträgt der monatliche Mindestlohn. Kein Wunder, dass H&M seiner Zielgruppe, junge Arbeiterinnen und Arbeiter mit wenig Lohn, T-Shirts für sieben Euro anbieten kann. Als sich Tausende von Textilarbeiterinnen in Bangladesh gegen diese Ausbeutungsbedingungen wehrten, wurden rund 200.000 ausgesperrt, Tausende entlassen und Fabriken geschlossen.

Großartig:

H&M ist nicht das einzige Unternehmen, bei dessen Zulieferern grundlegende Arbeits- und Menschenrechte missachtet werden. Aber es ist aktuell ein Unternehmen, bei dem gewerkschaftlich Aktive über Ländergrenzen hinweg eng zusammenarbeiten, um Gewerkschaftsstrukturen bei den Zulieferern aufzubauen. In diesem Sinne wurde ein Forderungspapier, das auch getragen wird von der Betriebsräteversammlung H&Ms sowie dem gewerkschaftlichen Arbeitskreis Junge Mode (mit Verdi-Aktiven aus den Unternehmen H&M, Zara, Primark, Esprit), an die Geschäftsführung von H&M übergeben.
Entsprechende Aktivitäten bei anderen Modeunternehmen werden folgen. „Noch immer werden bei Zulieferern in Indien, Bangladesch, aber auch Sri Lanka Arbeiter/-innen, die Gewerkschaften gründen wollen oder sich für bessere Arbeitsbedingungen einsetzen, bedroht. H&M und andere Modeunternehmen stehen in der Pflicht, auf ihre Zulieferer Druck auszuüben, damit sich die Arbeitsbedingungen endlich verbessern“, forderte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Stefanie Nutzenberger.
Die Gewerkschaftsvertreter/-innen aus Indien und Bangladesch berichteten unter anderem von Niedriglöhnen, willkürlichen Entlassungen, fehlender Arbeitssicherheit, tätlichen Angriffen gegen Beschäftigte und insgesamt schlechten Arbeitsbedingungen.
Arbeiterinnen und Gewerkschafter werden tätlich angegriffen, verfolgt und zum Teil inhaftiert (siehe auch http://tinyurl.com/grdvmzo). Doch auch in den Verkaufsstätten lässt sich an der Kostenschraube drehen. Nach Angaben der Betriebsräte arbeiten 41 Prozent der Verkäuferinnen und Verkäufer bei H&M mit Arbeitsverträgen auf Abruf.

Arbeitsvertrag auf Abruf bedeutet, dass der Arbeitsvertrag auf 10 Stunden läuft und so ihr Einkommen lediglich zehn Stunden in der Woche gesichert ist. Wollen sie am Monatsanfang ihre Miete bezahlen, müssen sie sich auf Abruf bereithalten. Wenn der Anruf des Abteilungsleiters kommt, haben sie im Verkaufsraum zu erscheinen. Egal, ob das Kind gerade versorgt ist. Egal, wie es gesundheitlich gerade steht. Das Einkommen steht auf dem Spiel. Nicht mal ein Zweitjob lässt sich so einplanen.

Juliane Frisse, Journalistin für Zeit online, berichtet von den Geschehnissen hinter der fröhlich-bunten Modefassade. Sie berichtet vom schikanösen Vorgehen gegen Betriebsräte bis hin zum „Versuch, Mütter loszuwerden: weil sie weniger flexibel sind als studentische Aushilfen“. (Zeit online, 31. Oktober 2017)

Klar betont die H&M-Geschäftsleitung: „Für H&M sind die Menschen, die bei uns täglich arbeiten, der Grund für unseren Erfolg, und wir sind unserem Auftrag als guter Arbeitgeber verpflichtet. Zu den Werten, denen H&M sich verpflichtet fühlt, gehört der respektvolle Umgang auf Augenhöhe mit den Beschäftigten und ihren Interessenvertretungen.“

Doch die an diversen Arbeitsgerichten geführten Verfahren gegen Betriebsräte aus Bonn, Leverkusen und Tübingen sprechen eine andere Sprache.



Klasse gegen Klasse

Nicht nur bei H&M, nicht nur bei Siemens befinden sich die Kolleginnen und Kollegen gerade in harten Auseinandersetzungen mit den Kapitalisten. Rund 8.000 Arbeiterinnen und Arbeiter aus allen deutschen Stahlstandorten von Thyssen-Krupp waren am 23. November auf der Straße. Sie demonstrierten im rheinland-pfälzischen Andernach gemeinsam für eine Zukunft ihrer Werke und Arbeitsplätze. Auch Beschäftigte von Salzgitter Mannesmann, Arcelor Mittal, Saarstahl, der Georgsmarienhütte, den Deutschen Edelstahlwerken und von anderen Stahlunternehmen waren angereist, um sich mit ihnen zu solidarisieren. Ihr Protestzug endete mit einer großen Kundgebung. Seit September wissen die Beschäftigten, dass der ThyssenKrupp-Konzern seine Stahlsparte mit dem indischen Stahlunternehmen Tata in einem Joint Venture zusammenbringen will. Aber immer noch schweigt der Konzernvorstand sich darüber aus, welche konkreten Pläne er für die deutschen Standorte hat. Nur dass schon bald mindestens 2.000 Arbeitsplätze allein bei TKSE (Thyssen Krupp System Engineering) und genauso viele bei Tata wegfallen sollen, steht seit Langem als Drohung im Raum.

[file-periodicals#201]Bei Seppelfricke in Gelsenkirchen sollen existenziell notwendige Maschinen (zwei Pressen und zwei Rundtaktmaschinen) nach Großbritannien verlagert werden. Nach einem ersten Warnstreik am 15. November wurde am 20. November eine Urabstimmung durchgeführt, um Streikmaßnahmen für einen Sozialtarifvertrag einleiten zu können. 96 Prozent der Kolleginnen und Kollegen beteiligten sich, 98,6 Prozent stimmten zu. Die Kollegen bereiten sich auf eine längere Auseinandersetzung vor.

Black Friday einmal anders. Der Versandhändler Amazon ist bundesweit bestreikt worden. 2.300 Kolleginnen und Kollegen legten die sechs Standorte Bad Hersfeld, Leipzig, Rheinberg, Werne, Graben und Koblenz lahm. Auch in Piacenza, dem einzigen italienischen Amazon-Standort, legten 500 Kolleginnen und Kollegen die Arbeit nieder. Grund für die Arbeitskampfmaßnahmen sind die miserablen Arbeitsbedingungen. In Deutschland lehnt Amazon einen Tarifvertrag nach den Konditionen des Einzel- und Versandhandels nach wie vor ab.


Aus: Auf Draht, Betriebszeitung der DKP und Gruppe KAZ München.

 
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