Wem nützt es, wenn z.B. anlässÂlich des exÂtra3-BeiÂtrags über ErÂdoÂgan der deutÂsche BotÂschafÂter in der Türkei im türkiÂschen AußenÂmiÂnisÂteÂriÂum LehrÂstunÂden erÂteilt über „RechtsÂstaatÂlichÂkeit, die UnÂabhängigÂkeit der JusÂtiz undÂ… [den] Schutz grundÂleÂgenÂder FreiÂheiÂten” (ziÂtiert nach www.zeit.de)? KoÂloÂniaÂlisÂmus, wie er im BuÂche steht. NorÂmaÂlerÂweiÂse, diÂploÂmaÂtiÂschen GeÂpfloÂgenÂheiÂten zuÂfolÂge, hätte er sich anÂzuhören geÂhabt, was die KolÂleÂgen im türkiÂschen AuswärtiÂgen Amt ihm zu saÂgen haÂben, um dies anÂschÂließend der ReÂgieÂrung in BerÂlin weiÂterÂzuÂgeÂben. Aber nein! Es sollÂte alÂlen eine LehÂre erÂteilt werÂden, dass DeutschÂland übeÂrÂall auf der Welt nur FreiÂheit und DeÂmoÂkraÂtie verÂbreiÂtet. Und wie suÂper die VerÂtreÂter der BunÂdesÂreÂgieÂrung dieÂse unÂziÂviÂliÂsierÂten BarÂbaÂren erÂzieÂhen. Und der Türkei wurÂde klar geÂmacht, wer Herr und wer Hund ist.
Wem nützt es, wenn sich ein MaÂthiÂas Döpfner, seiÂnes ZeiÂchens VorÂstandsÂvorÂsitÂzenÂder des SprinÂgerÂverÂlagsÂhauÂses mit seiÂnem FlagÂschiff BildÂzeiÂtung, an den FernÂsehÂmoÂdeÂraÂtor BöhmerÂmann anÂwanzt, soÂzuÂsaÂgen als ersÂter, unÂmitÂtelÂbar nach dem BeÂkanntÂwerÂden der „Affäre“? „Ich möchte mich, Herr BöhmerÂmann, vorÂsichtsÂhalÂber alÂlen IhÂren ForÂmuÂlieÂrunÂgen und SchmähunÂgen inÂhaltÂlich voll und ganz anÂschÂließen und sie mir in jeÂder juÂrisÂtiÂschen Form zu eiÂgen maÂchen. VielÂleicht lerÂnen wir uns auf dieÂse WeiÂse vor GeÂricht kenÂnen. Mit PräsiÂdent ErÂdoÂgan als FachÂgutÂachÂter für die GrenÂzen saÂtiÂriÂscher GeÂschmackÂloÂsigÂkeit.“ (ziÂtiert nach www.welt.de)
Â…oder doch nur rassistischen Scheißdreck?BöhmerÂmann beÂstreiÂtet in seiÂnem InÂterÂview mit der „Zeit” jegÂliÂches rasÂsisÂtiÂsche MoÂtiv und möchte seiÂnen VorÂtrag von der FreiÂheit der SaÂtiÂre, als quaÂsi unÂkriÂtiÂsierÂbar verÂstanÂden wisÂsen. War im BeiÂtrag von exÂtra3 imÂmerÂhin noch ein deutschÂlandÂkriÂtiÂscher UnÂterÂton, wenn auch mit falÂscher GeÂwichÂtung (MerÂkel wird hier als von ErÂdoÂgans LauÂnen abhängig darÂgeÂstellt), so kommt beim neo maÂgaÂzin RoyaÂle die poÂliÂtiÂsche Lage nur noch als NeÂgaÂtiv, in Form eiÂnes priÂmiÂtiÂven, perÂverÂsen DesÂpoÂten vor, der Spaß darÂan hat, KurÂden verÂprügeln zu lasÂsen.Doch spielt dies letzÂten EnÂdes keiÂne RolÂle, wenn der Hype um die SenÂdung und ErÂdoÂgans ReÂakÂtioÂnen darÂauf den Blick auf das eiÂgentÂliÂche ProÂblem völlig verÂneÂbeln.
Cui bono – wem nützt es?Die ganÂze tatsächliÂche Tragödie, die ErÂmorÂdung tauÂsenÂder Bürger im OsÂten der Türkei, die VerÂhafÂtunÂgen dutÂzenÂder JourÂnaÂlisÂten, die AufÂheÂbung der ImÂmuÂnität hunÂderÂter türkiÂscher ParÂlaÂmenÂtaÂriÂer, wird vollÂkomÂmen überÂlaÂgert von eiÂner künstÂlich erÂzeugÂten HysÂteÂrie und eiÂner platÂten VerÂeinÂfaÂchung „Türken geÂgen KurÂden“. Und die RolÂle der BRD, die sie seit Jahr und Tag sehr erÂfolgÂreich spielt, von den WafÂfenÂlieÂfeÂrunÂgen an den NATO-PartÂner Türkei bis zum VerÂbot der PKK in DeutschÂland, wird selbstÂverständÂlich totÂgeÂschwieÂgen.
Uns glauÂben zu maÂchen, dass der stärksÂte imÂpeÂriaÂlisÂtiÂsche Staat in EuÂroÂpa, der deutÂsche Staat, sich nun von eiÂner, zuÂgeÂgeÂben erÂstarÂkenÂden, aber doch wirtÂschaftÂlich sehr beÂgrenzÂten ReÂgioÂnalÂmacht wie der Türkei am Ring durch die MaÂneÂge führen ließe, ist das wirkÂliÂche Kunststück. Der deutÂsche ImÂpeÂriaÂlisÂmus zieht seiÂnen perÂfiÂden Plan durch, dikÂtiert den soÂgeÂnannÂten „FlüchtÂlingsÂdeÂal“ mit der Türkei bei gleichÂzeiÂtiÂger ErÂpresÂsung und DisÂkreÂdiÂtieÂrung der grieÂchiÂschen ReÂgieÂrung, die nun beiÂde die DrecksÂarÂbeit der „Rückführung“ zu erÂleÂdiÂgen haÂben, und steht in der ÖffentÂlichÂkeit am Ende als OpÂfer eben dieÂser VerÂeinÂbaÂrunÂgen dar, bzw. als Schwächling, der sich übers Ohr hauÂen ließ, als „ZahÂleÂmann“, der wieÂder mal MilÂlioÂnen „unÂseÂrer SteuÂerÂgelÂder“ verÂschleuÂdert, an rückständiÂge, unÂziÂviÂliÂsierÂte Türken, die zukünfÂtig ganz ohne ViÂsum zusätzÂlich zur FlüchtÂlingsÂwelÂle „unÂser Land überÂschwemÂmen“ werÂden. Döpfner nennt es in seiÂnem ofÂfeÂnen Brief an BöhmerÂmann eiÂnen KoÂtau der BunÂdesÂreÂgieÂrung vor ErÂdoÂgan und stellt daÂmit die ganÂze SaÂche endgültig von den Füßen auf den Kopf. MerÂkel wieÂderÂum gibt den türkiÂschen StaatsÂpräsiÂdenÂten ihÂrerÂseits der LächerÂlichÂkeit preis, inÂdem sie zwar seiÂner ForÂdeÂrung nach AufÂnahÂme von ErÂmittÂlunÂgen weÂgen BeÂleiÂdiÂgung eiÂnes ausländiÂschen StaatsÂoberÂhaupÂtes stattÂgibt, im gleiÂchen AtemÂzug jeÂdoch den soÂgeÂnannÂten „MaÂjestätsÂbeÂleiÂdiÂgungsÂpaÂraÂgraÂphen“ 103 schnellstmöglich abÂschafÂfen will.
Die Tatsachen kommen nicht mehr vorDass es kaum noch LeuÂte bis nach DeutschÂland schafÂfen, bleibt mittÂlerÂweiÂle meist unÂerwähnt, hunÂderÂte erÂtrunÂkeÂne FlüchtÂlinÂge sind zwar den ein oder anÂdeÂren 15ÂminütiÂgen BrennÂpunkt im FernÂseÂhen wert, alÂlerÂdings werÂden dort die Vorgänge darÂgeÂstellt wie eine NaÂturÂkaÂtaÂstroÂphe, höhere GeÂwalt, die uns zwar für eiÂnen AuÂgenÂblick beÂtrofÂfen maÂchen soll, an der aber nieÂmand etÂwas zu ändern verÂmag (wie eine AlÂterÂnaÂtiÂve ausÂseÂhen könnte, kann man im KasÂten „… können wir nur selÂber tun“ nachÂleÂsen).
Während also vieÂle, auch linÂke Kräfte, hierÂzuÂlanÂde verÂsuÂchen, die MeiÂnungsÂfreiÂheit geÂgen eiÂnen verÂmeintÂliÂchen DesÂpoÂten aus der Türkei zu verÂteiÂdiÂgen, setzt sich die MerÂkelÂreÂgieÂrung auch im InÂland auf ganÂzer LiÂnie mit all ihÂren mieÂsen ForÂdeÂrunÂgen durch, verschärft schnell mal das Asyl- oder besÂser geÂsagt AbÂschieÂbeÂrecht, schafft im HandÂstreich ein äußerst reÂakÂtiÂonäres „InÂteÂgraÂtiÂonsÂgeÂsetz“, unÂterstützt die Türkei masÂsiv im Kampf geÂgen die kurÂdiÂsche FreiÂheitsÂbeÂweÂgung in SyÂriÂen, im Irak und im OsÂten der Türkei und stärkt daÂmit diÂrekt und inÂdiÂrekt die terÂroÂrisÂtiÂschen Kräfte in der ReÂgiÂon.
Keinen Frieden mit dem ImperialismusEs wird keiÂnen FrieÂden geÂben, weÂder in SyÂriÂen, noch im Irak, es wird keiÂne DeÂmoÂkraÂtiÂsieÂrung in der Türkei geÂben und keiÂnen wirtÂschaftÂliÂchen AufÂschwung in GrieÂchenÂland, soÂlanÂge die ImÂpeÂriaÂlisÂten ihÂren VorÂteil darÂaus zieÂhen und nicht darÂan geÂhinÂdert werÂden. StattÂdesÂsen wird es imÂmer mehr Tod und Elend geÂben, durch BürgerÂkrieg, wirtÂschaftÂliÂchen NieÂderÂgang und die Flucht vor beiÂdem. Doch was können wir tun?
EiÂgentÂlich ganz einÂfach, und doch sehr schwieÂrig: Wir müssen uns soÂliÂdaÂriÂsieÂren mit UnÂseÂresÂgleiÂchen, mit unÂseÂren KlasÂsenÂgeÂnosÂsen, mit den arÂmen TeuÂfeln dieÂser Welt, die nichts zu verÂlieÂren haÂben außer ihr nackÂtes LeÂben. ReÂfuÂgees welÂcoÂme! WarÂum? Weil sie unÂseÂre KlasÂsenÂbrüder sind, mit deÂnen zuÂsamÂmen wir dieÂses SchweiÂneÂsysÂtem, den deutÂschen ImÂpeÂriaÂlisÂmus, bekämpÂfen und stürzen müssen, für uns hier in DeutschÂland, für und mit den Völkern in SyÂriÂen, GrieÂchenÂland und übeÂrÂall, wo der deutÂsche ImÂpeÂriaÂlisÂmus seiÂne bluÂtiÂgen FinÂger im Spiel hat. Das nennt sich proÂleÂtaÂriÂscher InÂterÂnaÂtioÂnaÂlisÂmus. Und lasÂsen wir uns daÂbei nicht abÂlenÂken oder auf falÂsche FährÂten führen. Der HauptÂfeind steht im eiÂgeÂnen Land und heißt deutÂscher ImÂpeÂriaÂlisÂmus. MaÂchen wir ihm endÂlich den GarÂaus!
Aus der KAZ - Kommunistische Arbeiterzeitung, Nummer 355.