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Dossier: Hände weg von China! // Die VR China und die Einflußversuche des dt. Imperialismus
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Das diesjähri­ge Fo­rum der WAPE in Ha­noi war An­lass und Ver­pflich­tung, uns mit den ak­tu­el­len Er­eig­nis­sen im „Ost-Meer“ (im in­ter­na­tio­na­len Sprach­ge­brauch meist als „Südchi­ne­si­sches Meer“ be­zeich­net), aber auch mit der Ge­schich­te Viet­nams wie­der zu be­fas­sen.

Der Auslöser für die jüngs­ten Aus­ein­an­der­set­zun­gen um die Pa­ra­cel-In­seln (viet­na­me­sisch Hoàng Sa, chi­ne­sisch Xi­sha Qúndao)1 im Ost-Meer war die Be­fes­ti­gung ei­ner Öl-Bohr­platt­form in von der So­zia­lis­ti­schen Re­pu­blik (SR) Viet­nam und der Volks­re­pu­blik (VR) Chi­na be­an­spruch­ten Ge­bie­ten im Os­ten. Ob­wohl es im Ost-Meer auch zwi­schen an­de­ren Staa­ten Zu­sam­menstöße ge­ge­ben hat, ist in den Me­di­en hier die Rede vor al­lem von den Strei­tig­kei­ten zwi­schen den bei­den so­zia­lis­ti­schen Ländern.

Wir wer­den zunächst die völker­recht­li­chen As­pek­te der Fra­ge be­han­deln. Es folgt ein Ein­blick in die Ein­mi­schungs­ver­su­che des Im­pe­ria­lis­mus in die in­ne­ren An­ge­le­gen­hei­ten Viet­nams und wie die west­li­chen Ölkon­zer­ne in die­sem Kon­flikt in­vol­viert sind. Äußere Fak­to­ren können aber nur auf­grund in­ne­rer Vor­aus­set­zun­gen wir­ken. Des­we­gen zei­gen wir schlag­licht­ar­tig in­ne­re Wi­dersprüche der bei­den so­zia­lis­ti­schen Länder und die sich dar­aus er­ge­ben­den Anknüpfungs­punk­te für den Im­pe­ria­lis­mus. Am Schluss ge­hen wir auf die Auf­ga­ben bei der Lösung des Kon­flikts ein.

Die Auseinandersetzungen um die Inseln

Hin­ter der Aus­ein­an­der­set­zung um die In­seln ste­hen je­doch kom­pli­zier­te, völker­recht­li­che Pro­ble­me, wie sie nicht zu­letzt durch die UN­CLOS, die „UN-Kon­ven­ti­on über das See­recht“, ge­schaf­fen wur­den. Der Vor­sit­zen­de der „Ge­sell­schaft für die Freund­schaft zwi­schen den Völkern in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land und der So­zia­lis­ti­schen Re­pu­blik Viet­nam“, Prof. Günter Gie­sen­feld, schreibt hier­zu:

„Im Jah­re 1982 wur­de, nach De­bat­ten, die fast ein Jahr­zehnt lang dau­er­ten, die ‚United Na­ti­ons Con­ven­ti­on on the Law of the Sea‘ (UN­CLOS) be­schlos­sen und trat in Kraft. Auf­grund die­ser Ver­ein­ba­rung wur­de seit­dem ein großer Teil der ‚Ho­hen See‘, also der Mee­re fern al­ler Küsten, auf­ge­teilt und Na­tio­nen und Staa­ten zu­ge­wie­sen in Form von ‚Ex­klu­si­ven Wirt­schafts­zo­nen‘ (EEZ), in de­nen die­se Staa­ten dann spe­zi­el­le Rech­te ausüben können, von de­nen das wich­tigs­te ein Qua­si-Ei­gen­tums­recht an den dort be­find­li­chen Fisch­vorräten und an al­len off­shore vor­kom­men­den Bo­denschätzen ist. Nicht berück­sich­tigt von die­ser ‚Pri­va­ti­sie­rungs­ak­ti­on‘ im in­ter­na­tio­na­len Aus­maß ist der Schiffs­ver­kehr, der wei­ter­hin un­be­grenzt sein soll, mit Aus­nah­me der be­reits gülti­gen na­tio­na­len Küsten­ge­bie­te. Die­se EEZ können sich um bis zu 650 km jen­seits der bis­her schon geschütz­ten ‚ter­ri­to­ria­len Gewässer er­stre­cken, wo­mit sich prak­tisch die ter­ri­to­ria­le Aus­deh­nung ei­nes Lan­des um die­se Dis­tanz ver­größert. Es war eine dras­ti­sche Verände­rung, durch die die ‚Hohe See‘ stark schrumpf­te und be­stimm­te Länder das Glück hat­ten, wich­ti­ge See­ge­bie­te vor ih­rer Küste oder weit ent­fern­te In­seln in ih­ren Be­sitz brin­gen zu können, was vor al­lem frühe­ren im­pe­ria­len Mäch­ten wie Frank­reich und Eng­land zu­gu­te kam, die aus ih­ren Ko­lo­ni­al­rei­chen ab­ge­le­ge­ne In­seln über die Zeit der De­ko­lo­ni­sa­ti­on hin­weg ret­ten konn­ten. … Die Ver­ein­ba­rung gab mit ei­nem Mal den am Meer lie­gen­den Staa­ten die Verfügung über 38 Mio sm² frei, d.h. über 87 Pro­zent al­ler be­kann­ten und ver­mu­te­ten Ölre­ser­ven so­wie fast sämt­li­cher Re­ser­ven an Mi­ne­ra­li­en. Die USA, die nach der neu­en Re­ge­lung An­spruch auf aus­ge­dehn­te EEZ auf drei Ozea­nen so­wie im Golf von Me­xi­ko und der Ka­ri­bik hätten, ha­ben das Ab­kom­men bis­her nicht ra­ti­fi­ziert, wahr­schein­lich aus der be­kann­ten Furcht her­aus, ir­gend­wel­che Kom­pro­mis­se ein­ge­hen zu müssen und sich in­ter­na­tio­na­len Ge­set­zen zu un­ter­wer­fen. … [Im asia­ti­schen Raum] lie­gen die ver­schie­de­nen Mee­res­an­rai­ner so nahe bei­ein­an­der, dass die je­wei­li­gen … Ansprüche be­grenzt wer­den müssen. Die UN­CLOS bie­tet dafür kei­ne Ver­fah­rens­re­geln an und geht da­von aus, dass die in­ter­es­sier­ten Staa­ten das un­ter­ein­an­der re­geln. Wenn man die Kar­te be­trach­tet, wird deut­lich, dass vor al­lem Ja­pan durch die neue Re­ge­lung begüns­tigt würde, wenn sie in höchstmögli­chem Aus­maß an­ge­wen­det würde. Ja­pan würde dann im Nord­pa­zi­fik und im Nord­west­pa­zi­fik aus­ge­dehn­te See­ge­bie­te zu­fal­len. Chi­na ist dem­ge­genüber durch sei­ne geo­gra­phi­sche Lage be­nach­tei­ligt. Sei­ne Küsten­li­nie ist zwar mit 30.000 km ge­ringfügig länger als die Ja­pans, bie­tet je­doch we­nig Raum zur Aus­deh­nung in die Wei­ten der Ozea­ne, weil dies sehr schnell durch nahe ge­le­ge­ne Staa­ten und ihre Ansprüche be­grenzt würde (Phil­ip­pi­nen, Ko­rea, Tai­wan, Ja­pan). Hin­zu kommt, dass Chi­na in der Zeit der ter­ri­to­ria­len Auf­tei­lung des Pa­zi­fik im 19. und 20. Jahr­hun­dert kei­ne Rol­le spiel­te. Heut­zu­ta­ge be­steht aus der Sicht Chi­nas die Ge­fahr, dass sein Zu­gang zum Pa­zi­fik durch die ver­schie­de­nen EEZ der Nach­bar­staa­ten, vor al­lem in ei­nem Kon­flikt­fall mit die­sen, blo­ckiert wer­den könnte. … Hin­zu kommt, dass in un­se­rer Zeit es nicht mehr nur und viel­leicht nicht mehr in ers­ter Li­nie die Na­tio­nal­staa­ten sind, die den Ver­tei­lungs­kampf do­mi­nie­ren, son­dern im­mer mehr die mul­ti­na­tio­na­len oder glo­ba­len Kon­zer­ne, für die oft die Re­gie­run­gen nur Agen­ten sind. … Wenn man die un­ge­heu­ren Vor­tei­le be­trach­tet, die Ja­pan durch die Be­schlüsse von UN­CLOS zu­ge­fal­len sind und da­ne­ben stellt, wie we­nig Chi­na von die­sen pro­fi­tie­ren konn­te und wenn man darüber hin­aus die seit Jahr­zehn­ten von Ja­pan und den USA be­trie­be­ne Po­li­tik des ‚con­tain­ment‘ ge­genüber Chi­na be­denkt, dann er­schei­nen die Ansprüche Chi­nas auf die Senka­ku und Diaoyu-In­seln eher be­schei­den, zu­mal sie in­ner­halb der 200-See­mei­len-Zone von der chi­ne­si­schen Küste lie­gen, sind aber ein wich­ti­ger Hin­weis auf die Be­deu­tung und Gefähr­lich­keit der da­hin­ter lie­gen­den Kon­flik­te, die noch gar nicht of­fen zu­ta­ge tre­ten. Nur mit dem Hin­weis dar­auf wird die schrof­fe Hal­tung Chi­nas verständ­lich, auf die­sen klei­nen Kon­flikt mit ei­ner großan­ge­leg­ten Kam­pa­gne zum Boy­kott ja­pa­ni­scher Ein­fuh­ren (vor al­lem Kraft­fahr­zeu­ge) zu re­agie­ren.

In­zwi­schen ha­ben die USA ve­he­ment und de­mons­tra­tiv ihre mi­litäri­sche Präsenz in Südost­asi­en verstärkt. Die Re­gie­rung will ei­ge­nen Ankündi­gun­gen zu­fol­ge bis 2020 60 Pro­zent al­ler See­streit­kräfte (inkl. 6 Flug­zeug­träger) im Pa­zi­fik sta­tio­nie­ren. Of­fen wird dies da­mit begründet, man sol­le ei­ner chi­ne­si­schen Aufrüstung ent­ge­gen tre­ten.“ (Viet Nam Ku­rier 2/​2012, S. 8 ff.)

Zu­sam­men­ge­fasst heißt das u.E.

– Kei­nes der Länder, die Ansprüche auf die In­seln er­he­ben, hat eine ge­si­cher­te recht­li­che Grund­la­ge für sei­ne Ansprüche.2

– Bei der Auf­tei­lung der Mee­re gemäß UN­CLOS sind prin­zi­pi­ell vor al­lem die im­pe­ria­lis­ti­schen Mächte USA, Ja­pan, Eng­land und Frank­reich be­vor­zugt, die VR Chi­na da­ge­gen ist stark be­nach­tei­ligt.

– Die VR Chi­na (zu­sam­men mit Russ­land) wird von den Re­gie­run­gen der im­pe­ria­lis­ti­schen Länder zu­neh­mend als Gefähr­dung der ei­ge­nen Welt­herr­schaft ge­se­hen und (nicht nur) vom US-Im­pe­ria­lis­mus be­droht und pro­vo­ziert.

Von da­her ist es verständ­lich, dass die VR Chi­na von al­len de­mo­kra­ti­schen, an­ti­im­pe­ria­lis­ti­schen und re­vo­lu­ti­onären Kräften Verständ­nis und So­li­da­rität ein­for­dert, um dem Vor­drin­gen des Im­pe­ria­lis­mus in der Re­gi­on ent­ge­gen­zu­tre­ten.

Ob das Ein­brin­gen ei­ner Ölplatt­form in um­strit­te­ne Gewässer die ge­eig­ne­te Maßnah­me ist, darf be­zwei­felt wer­den.

Viet­nam ver­tei­digt sei­ne (mögli­chen) Ansprüche nach­drück­lich und fried­lich.3 Mit ei­ner ge­wis­sen Be­rech­ti­gung sieht es den chi­ne­si­schen Schritt als eine Be­dro­hung. Denn ne­ben den zahl­rei­chen ge­gen­sei­ti­gen Be­wei­sen der Un­terstützung, So­li­da­rität und Freund­schaft in den ge­mein­sa­men Kämp­fen der Ver­gan­gen­heit; trotz der zahl­rei­chen Be­kun­dun­gen der chi­ne­si­schen Sei­te zu Aus­gleich und Frie­den auch in der Fra­ge der In­seln seit 1990; und nicht zu­letzt trotz der en­gen wirt­schaft­li­chen Ver­flech­tung in der Ge­gen­wart ist die Er­fah­rung der chi­ne­si­schen mi­litäri­schen In­va­si­on von 1979, die vie­le Op­fer kos­te­te, nicht ver­ges­sen.4


Die Rolle des Imperialismus

Stut­zig mach­ten uns Äußerun­gen von hoch­ran­gi­gen viet­na­me­si­schen Repräsen­tan­ten, die wir während un­se­res Auf­ent­halts in Viet­nam in den eng­lisch­spra­chi­gen Viet Nam News nach­le­sen konn­ten.

In ei­nem In­ter­view mit der Nach­rich­ten­agen­tur Bloom­berg führte der viet­na­me­si­sche Pre­mier­mi­nis­ter Nguy­en Tan Dung5 un­ter an­de­rem aus: „Die Ver­ei­nig­ten Staa­ten sind eine glo­ba­le Macht und eben­falls eine Macht der Asi­en-Pa­zi­fik-Re­gi­on. Wir hof­fen, dass die USA stärke­re, prak­ti­sche­re und ef­fek­ti­ve­re Beiträge zum Frie­den und der Sta­bi­lität in der Re­gi­on leis­tet.“ (Viet Nam News 2.6.2014).

„Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Ge­ne­ral Phung Quang Thanh führte zur Ver­tei­di­gung der viet­na­me­si­schen Po­si­ti­on die UN­CLOS von 1982, die Erklärung über das Ver­hal­ten der Par­tei­en im Ost-Meer und die sechs-Punk­te-Prin­zi­pi­en über das Ost-Meer der ASE­AN an“ (Viet Nam News 2.6.2014).

Am 31.Mai hat­te Thanh „bi­la­te­ra­le Gespräche mit sei­nen Kol­le­gen aus den USA, UK6 und Frank­reich am Ran­de des 13. Shan­gri-La-Dia­logs.7 Thanh erklärte, dass er Ha­gels Rede güns­tig be­wer­te. Sie habe Be­to­nung dar­auf ge­legt, dass Länder sich ge­mein­sam dar­um bemühen müssen, eine fried­li­che und sta­bi­le Um­welt auf­recht zu er­hal­ten und sich strikt an in­ter­na­tio­na­les Recht zu hal­ten. … Während des Tref­fens von Thanh mit dem französi­schen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Jean-Yves Le Dri­an und dem bri­ti­schen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Phi­lip Ham­mond äußer­ten die französi­schen und bri­ti­schen Part­ner ihre Be­sorg­nis über die Span­nun­gen im Ost-Meer. Ham­mond bestätig­te die star­ke Un­terstützung des Ver­ei­nig­ten König­reichs für die Erklärung der EU, die die Be­sorg­nis über die Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen Chi­na und Viet­nam, die il­le­ga­le Öl-Platt­form be­tref­fend, zum Aus­druck bringt. …

Am glei­chen Tag be­tei­lig­te sich der stell­ver­tre­ten­de Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Ge­ne­ral­leut­nant Nguy­en Chi Vinh an ei­nem Ar­beits­tref­fen mit dem Vor­sit­zen­den des ge­mein­sa­men US-Ge­ne­ral­stabs, Ge­ne­ral Mar­tin Demp­sey. … US-Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter Chuck Ha­gel be­schul­dig­te Chi­na in sei­ner Rede auf dem Fo­rum für Hand­lun­gen, die im Ost-Meer In­sta­bi­lität ver­ur­sa­chen und warn­te, dass Wa­shing­ton sol­chen Hand­lun­gen ent­ge­gen tre­ten würde, wenn die in­ter­na­tio­na­le Ord­nung be­droht sei. … Ha­gel stell­te eben­falls klar, dass Wa­shing­ton sich ent­schie­den ge­gen den Ge­brauch von Einschüchte­rung, Zwang oder der Dro­hung mit Ge­walt ent­ge­gen stel­le, von wel­cher Na­ti­on auch im­mer dies aus­gin­ge, um Ansprüche durch­zu­set­zen (man höre und stau­ne! – Co­rell).“ …

Wo der Ge­stank des Im­pe­ria­lis­mus auf­steigt, ist der deut­sche Im­pe­ria­lis­mus nicht weit: „Vie­le Kar­ten, die das chi­ne­si­sche Ter­ri­to­ri­um un­ter der Ch’ing-Dy­nas­tie dar­stel­len, zei­gen die In­sel Hai­n­an als das südli­che Ende Chi­nas. Eine die­ser Kar­ten wur­de vor kur­zem dem chi­ne­si­schen Präsi­den­ten Xi Ji­ping von der deut­schen Kanz­le­rin An­ge­la Mer­kel bei Xi‘s Be­such in Deutsch­land im März 2014 als Ge­schenk über­reicht.“ (Viet Nam News 29.5 2014).

Stut­zig macht den Freund des viet­na­me­si­schen Volks, wie hier in ei­ner viet­na­me­si­schen Ta­ges­zei­tung un­kom­men­tiert die Het­ze der Ver­tre­ter von im­pe­ria­lis­ti­schen Ländern we­der­ge­ge­ben wird und von ho­hen viet­na­me­si­schen Ver­tre­tern so­gar wohl­wol­lend die Rol­le des US-Im­pe­ria­lis­mus her­aus­ge­stellt wird.

Die Neuaufteilung der Welt und das Öl

Das wird erst ver­steh­bar, wenn man be­denkt, dass es bei dem Streit um die In­seln auch um Öl und Gas geht. Spätes­tens die Aus­ein­an­der­set­zun­gen um das Ein­brin­gen der chi­ne­si­schen Bohr­in­sel im Ost-Meer hat dies deut­lich ge­macht. Aber der US-Im­pe­ria­lis­mus wäre kein Im­pe­ria­lis­mus, wenn da­hin­ter nicht die Mo­no­po­le zum Vor­schein kämen. Und die Ölmo­no­po­le der USA ha­ben in der ag­gres­si­ven Außen­po­li­tik seit lan­gem ei­nen maßgeb­li­chen Ein­fluss. Und sie sind alle da. Und nicht nur die aus den USA, also Exxon­Mo­bil und Chev­ron und Co­no­co Phil­lips und Hal­li­bur­ton nicht zu ver­ges­sen, son­dern auch Shell, BP, To­tal, ENI. Und sie sind nicht nur in der SR Viet­nam ver­tre­ten, son­dern (fast schon) natürlich auch in der VR Chi­na.

In Chi­na wie in Viet­nam gibt es staat­lich be­herrsch­te Öl- und Gas-Un­ter­neh­men. In Chi­na u.a. die China National Offshore Oil Corp (CNOOC), die China National Petroleum Corp (Pe­tro­Chi­na) und die Sinopec, in Viet­nam u.a. die Pe­tro­Viet­nam und die Pe­trolimex. Was da­bei meist über­se­hen wird: Exxon­Mo­bil, seit Jahr­zehn­ten ei­nes der welt­größten Un­ter­neh­men (nach der US-ame­ri­ka­ni­schen Zeit­schrift „For­tu­ne”), ist im Ex­plo­ra­ti­ons­geschäft in Viet­nam en­ga­giert und da­mit – zunächst all­ge­mein – auch an den Zu­griffs­rech­ten bei den Pa­ra­cel-In­seln be­son­ders in­ter­es­siert. In Chi­na ist Exxon nicht im Ex­plo­ra­ti­ons­geschäft ak­tiv.

Und die Pe­tro­Chi­na hat sich mitt­ler­wei­le zu ei­nem der größten Kon­kur­ren­ten ent­wi­ckelt. Die US-ame­ri­ka­ni­sche Wirt­schafts­zei­tung For­bes schreibt: „Für Jah­re war Exxon Mo­bil … der welt­weit größte Pro­du­zent von Öl und Gas. Vie­le ha­ben ihre Vor­herr­schaft her­aus­ge­for­dert. Als neu­er Her­aus­for­de­rer ist nun Pe­tro­Chi­na auf­ge­taucht; der vom Staat kon­trol­lier­te Gi­gant hat erklärt, dass sei­ne Ölpro­duk­ti­on in­zwi­schen die von Exxon über­trifft. Pe­tro­Chi­na kann jetzt sa­gen, dass es mehr Bar­rels pro Tag als Exxon Mo­bil pro­du­ziert. Das chi­ne­si­sche Un­ter­neh­men pro­du­zier­te 2,43 Mil­lio­nen Bar­rels pro Tag und über­traf da­mit 2011 die 2,3 Mil­lio­nen Bar­rels von Exxon und die 1,8 Mil­lio­nen von Chev­ron.“ (www.forbes.com 29.3.2012, ei­ge­ne Über­set­zung)

Doch Exxon ist nicht nur abs­trakt an den Pa­ra­cel-In­seln in­ter­es­siert: „Viet­nam hat zwei Fel­der links von der Ölplatt­form, näher an sei­ner ei­ge­nen Küste, wo der US-Gi­gant Exxon Mo­bil 2011 und 2012 Öl und Gas ent­deckt hat. (Her­vor­he­bung von uns) Ein Teil von Viet­nams Blocks 118 und 119 fällt [in von Chi­na be­an­spruch­tes Ge­biet]. … Bald nach Exxons Ankündi­gung zu Block 118 im Jahr 2011 warn­te Chi­na – ohne Exxon zu erwähnen – ausländi­sche Un­ter­neh­men vor Ex­plo­ra­tio­nen in um­strit­te­nen Gewässern. In den Blocks 118 und 119 sei bis­her noch nicht gefördert wor­den, sag­te Do Van Khanh, Chef der staat­lich ge­lenk­ten Pe­tro­Viet­nam, zu Reu­ters. Er lehn­te ab, über die Ölplatt­form [der chi­ne­si­schen Ölge­sell­schaf­ten] zu dis­ku­tie­ren. In ei­ner Stel­lung­nah­me teil­te Exxon mit, sie sei­en in Gesprächen mit den viet­na­me­si­schen Behörden über die Mach­bar­keit, die Erd­gas­vor­kom­men in Zen­tral­viet­nam zu ent­wi­ckeln. Exxon ging nicht auf Fra­gen zu ei­nem mögli­chen Zu­sam­men­hang mit den chi­ne­si­schen Ex­plo­ra­tio­nen ganz in der Nähe ein. Der Vor­stands­vor­sit­zen­de von Exxon Rex Til­ler­son und der Präsi­dent der CNOOC tra­fen sich am 14. Mai in Pe­king, wie auf der Web­site von CNOOC nach­zu­le­sen ist. Sie hätten ,wei­te­re Zu­sam­men­ar­beit’ zwi­schen den bei­den En­er­gie-Gi­gan­ten dis­ku­tiert, ohne wei­te­re De­tails mit­zu­tei­len.”
( www.companies.einnews.com/article/206946045/bVPnC48Gatzr-L2C vom 29.5.2014)

Da­mit wird deut­lich, dass Exxon ver­sucht Viet­nam vor sei­nen Kar­ren zu span­nen, um sei­ne Pro­fit­in­ter­es­sen in der Re­gi­on ge­gen ei­nen sei­ner größten Kon­kur­ren­ten (und wohl noch Außen­sei­ter des berüch­tig­ten Ölkar­tells), die Pe­tro­Chi­na (die ge­mein­sam mit der CNOOC ope­riert) durch­zu­set­zen. Da­mit wird erklärbar, wes­halb sich aus­ge­rech­net der US-Im­pe­ria­lis­mus für Viet­nam stark macht – und zwar sehr viel kon­kre­ter und stich­hal­ti­ger als durch geo­po­li­ti­sche Ge­mein­plätze er­kenn­bar wird.

Wie wi­dersprüchlich die Ak­ti­vitäten der Ölmo­no­po­le und wie heuch­le­risch – in die­sem Fall – die Ver­laut­ba­run­gen der US-Re­gie­rung sind, dass sie nicht nur Ein­fluss auf Viet­nam zu neh­men ver­su­chen, son­dern auch die Ver­bin­dun­gen zu Chi­na ab­tas­ten – al­les ein­ge­ord­net in ihre Ex­pan­si­ons­pläne.

Öl und Gas sind je­doch nur ein Feld, bei dem es in der Neu­auf­tei­lung der Welt nach der kon­ter–re­vo­lu­ti­onären Zer­schla­gung der So­wjet­uni­on un­ter die im­pe­ria­lis­ti­schen Groß­mächte und un­ter die Mono­pole und Kapi­ta­lis­ten­ver­­bände geht. Es geht ins­ge­samt um die Roh­stof­fe und die Ab­satz–märkte und die Ein­fluss- und Ka­pi­tal­an­la­ge­sphären.8


Anmerkungen:

1 Ebenfalls umstritten sind in der Region die Spratly-Inseln (vietnamesisch Truong Sa). Ansprüche auf die Spratly-Inseln (oder Teile davon) stellen neben der VR China und der SR Vietnam auch noch: Brunei, Malaysia, Philippinen, Taiwan. Außer Brunei haben alle anderen genannten Staaten Teile der Inselgruppe besetzt.
2 Auf die historische Argumentation, wem wann was einmal gehört hat, gehen wir hier nicht ein. Sie wird zwar von beiden Seiten mit Nachdruck vorgebracht, wird aber – soweit wir dies erkennen können – nicht auf Klassenfragen zurückgeführt. Dann müsste im Vordergrund stehen, wie dieses Stück der Erde am besten und langfristig dem Zugriff des Imperialismus entzogen werden kann und wie sich zwei Abteilungen des Weltproletariats – die chinesische und vietnamesische – darüber verständigen können, gemeinsam den Nutzen daraus zu ziehen.
3 Dies wiederum wird von der chinesischen Seite bestritten: In der Beijing Rundschau (vgl. http://german.beijingreview.com.cn/International/node_38166.htm) werden der vietnamesischen Seite aggressive Provokationen vorgeworfen.
4 Dieser Krieg war aus unserer Sicht ungerecht. Er war auch nicht zu rechtfertigen, durch die damals von der VR China unterstellte Bedrohung durch den „sowjetrevisionistischen Sozialimperialimus“, wie die UdSSR bezeichnet wurde. Die der vietnamesischen Führung (damals u.a. die Genossen Pham Van Dong und Le Duan) von der damaligen Führung der KP China (nach dem Tod der Genossen Mao Tse-tung und Tschou En-lai 1976) und von den Roten Khmer in Kampuchea nachgesagten Vorherrschaftspläne auf der indochinesischen Halbinsel erwiesen sich als Unterstellung.
5 Jahrgang 1949, mit 12 Jahren Unterstützer der FNL (Vietcong) im Süden Vietnams, militärische Karriere bis zum Major, seit 1967 Mitglied der Kommunistischen Partei Vietnams, seit 1996 Mitglied im Politbüro. Ministerpräsident seit 2007. 2012 wurde ihm die Leitung des Anti-Korruptions-Ausschusses des ZK der KP Vietnams entzogen. Ein Abgeordneter der Nationalversammlung forderte ihn 2012 vor laufenden Kameras zum Rücktritt als Ministerpräsident auf wegen Verfehlungen in der Wirtschaftspolitik.
6 UK = United Kingdom = Vereinigtes Königreich und steht als Abkürzung für „Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland“
7 Der Shangri-La-Dialog ist ursprünglich der Münchner „Sicherheitskonferenz“ nachgebildet. An diesem Forum nehmen seit 2002 Minister bzw. hochrangige Politiker, die mit Militärfragen betraut sind, aus folgenden Ländern teil: Australien, Brunei, Burma, Kampuchea, Kanada, Chile, Frankreich, Deutschland, Indien, Indonesien, Japan, Laos, Malaysia, Mongolei, Neuseeland, Pakistan, VR China, Philippinen, Russland, Südkorea, Sri Lanka, Singapur, Schweden, Thailand, Ost-Timor, Vereinigtes Königreich, USA und Vietnam.
8 Dies nur als Warnung an einseitige Erklärungsversuche der imperialistischen Kriegsgefahr, die schnell nur noch den US-Imperialismus mit seiner Dominanz auf dem Ölsektor im Visier haben und die anderen imperialistischen Großmächte, insbesondere den deutschen Imperialismus, übersehen.



 
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