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Von Erika

Braucht die deutsche Monopolbourgeoisie tatsächlich für ihre
Weltherrschaftsbestrebungen eine faschistische Massenbewegung?


1. Erfahrungen aus der Oktober- und der Novemberrevolution

Die Bourgeoisie hat aus dem 1.Weltkrieg gelernt, dass der Krieg die Revolution hervorbringt – in Russland siegreich, in Deutschland noch nicht siegreich, aber gefolgt von einer fast fünfjährigen revolutionären Nachkriegskrise, also unangenehm und riskant genug für die herrschende Klasse. Vor all dem konnte die Sozialdemokratie, die Arbeiteraristokratie, die Bourgeoisie nicht bewahren. Es waren also nach dem 1.Weltkrieg neue Wege gefragt, eine für den nächsten Versuch der Neuaufteilung der Welt sicherere Hauptstütze, was hieß, die kleinbürgerliche Reserve als konterrevolutionäres Gerüst für Vorbereitung und Durchführung des Krieges aufzubauen. Genug konterrevolutionärer, kleinbürgerlicher Dreck hatte sich in dem verlorenen Krieg angesammelt, der nach Beschäftigung jieperte.

2. Erfahrungen aus dem 2.Weltkrieg

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„Drohne“ – je raffinierter die Kriegswaffen, desto mehr müssen die Kriegstreiber die „Heimatfront“ absichern.
Je mehr der Krieg, den der deutsche Imperialismus in die Welt getragen hatte, nach Deutschland zurückkam, in Form von Bombenangriffen, umso mehr bewährte sich für die deutschen Kriegstreiber, dass es eine breite faschistische Organisierung gab, die jeden Betrieb, jede Straße, jedes Haus umfasste. Die faschistische Sammlungsbewegung, die schon vor der Errichtung der faschistischen Diktatur aufgebaut wird und mit deren Hilfe sie errichtet wird, hat dann im faschistischen Deutschland einen flächendeckenden Organisationsgrad erreicht, so dass Angst und Schrecken tatsächlich in fast jedem Haus wohnten. Aus dem zweiten Weltkrieg entwickelte sich weltweit ein Befreiungskampf, in dessen Ergebnis ein Drittel der Menschheit befreit war. Dieser Befreiungskampf umfasste nicht die deutsche Bevölkerung, und nur eine kleine Minderheit der deutschen Arbeiterklasse und aufrechter Demokraten in Deutschland – im Gegensatz zum 1. Weltkrieg, als die Sozialdemokratie soziale Hauptstütze war und schon 1916 der Widerstand an der „
Heimatfront“ begann und 1918 es schließlich zu einer Revolution kam. Auch die Rechnung der Alliierten, dass Bombenangriffe die faschistische Front zermürben und Widerstand hervorrufen könnte, ging nicht auf. Dabei ist eins offensichtlich geworden: eine faschistische Terrorherrschaft, die sich auf eine im Kleinbürgertum verankerte Massenorganisierung stützt, kann verhindern, was die Sozialdemokratie nicht verhindern kann. Und wir sollten daraus lernen, wie ernst es ist, dieser faschistischen Massenbewegung beizeiten zu wehren, noch in der bürgerlichen Demokratie, wo sie noch viel verwundbarer ist als unter einem faschistisch ausgerichteten Staatsapparat.

3. Modernisierung der Waffensysteme

Wurde schon beim 2.Weltkrieg die modernere Waffentechnik massiv gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt (sowohl von den Hitlerfaschisten als auch im Gegenzug von der britischen und der US-amerikanischen Luftwaffe), so wird das nur ein Vorspiel zu dem sein, was in einem 3.Weltkrieg – falls wir ihn nicht verhindern können – auf die Zivilbevölkerung zukommt. Denn wir können auch diesmal nicht erwarten, dass wir für die Verbrechen des deutschen Imperialismus, die wir zulassen, geschont werden. Bei der Modernisierung der Waffen denke ich vor allem an die Drohnen, für die es keine mutigen Flieger mehr braucht, Waffen, die ferngesteuert Zerstörung bringen können. Es gilt also noch viel mehr für den deutschen Imperialismus dafür zu sorgen, dass die Heimatfront zusammengehalten wird, dass fanatisierte Massenorganisationen, Blockwartgarden, faschistische Jugendgarden Gewehr bei Fuß stehen.

Zusammenfassend kann man also sagen: Wenn wir einen 3. Weltkrieg nicht durch die Revolution verhindern können, wird er die Revolution hervorbringen, es sei denn, dieser Revolution ist der deutsche Imperialismus mit dem Faschismus zuvorgekommen. Und deshalb dreht es mir den Magen um, wenn von vielen Linken und Kommunisten die faschistische Gefahr nicht ernst genommen oder nur auf die aggressive Ausrichtung und Militarisierung des Staatsapparats und den Abbau demokratischer Rechte reduziert wird, statt auch den drohenden Austausch der sozialen Hauptstütze zu bekämpfen.

Wie sieht es heute mit den beiden Reserven der Monopolbourgeoisie aus:

Arbeiteraristokratie

Zunächst muss eine Besonderheit in unserem Land in Rechnung gestellt werden. Wir haben es bei der BRD mit dem einzigen imperialistischen Land zu tun, das sein Territorium nach 1945 vergrößert hat und noch dazu ein ehemals sozialistisches Land einverleibt hat.

Und da machte man es sich ab 1990 zu einfach, wenn man die PDS als neue sozialdemokratische Partei behandelt hat – was leider von vielen Linken getan wurde (kurze Zeit auch von der KAZ), als es die PDS noch als fast rein ostdeutsche Partei gab.

In die Untersuchung der sozialen Stützen der Bourgeoisie die PDS einzubeziehen, wäre unwissenschaftlich, zumindest mit dem Material, das uns dazu vorliegt. Man bräuchte dazu und zur Arbeiterbewegung in der einverleibten DDR ernsthafte Untersuchungen, d.h. Untersuchungen, die mit dem gleichen Materialismus an die Sache herangehen wie Lenin, der die ökonomischen Ursachen für den Opportunismus in der Arbeiterbewegung untersucht hat – siehe oben.

Bekannt ist, dass die PDS ihre Betriebsorganisationen 1990 unter dem erpresserischen Druck aus Bonn aufgegeben hat, und dass sie sich in ihren besten Aktivitäten als Volkspartei im antifaschistischen Sinne präsentiert hat, in der sich Widerstand gegen das Niedertrampeln der DDR, demokratischer und antimilitaristischer Widerstand sammeln konnten. Wenn Teile der PDS (insbesondere ihrer Führung) ständig auf allerlei kleinbürgerlich-versöhnlerischen Hochzeiten getanzt haben, dann war das gefährlich und bedauerlich, aber eben nicht nur typisch für Sozialdemokratie, sondern für alle anderen kleinbürgerlichen Strömungen auch. Uns fehlen auch Kenntnisse über die Arbeiterklasse in der DDR, die eine umfassende Einschätzung zur Frage der sozialen Stützen der Monopolbourgeoisie erlauben. Sie wurde ungeheuer verkleinert, wenn auch gegen den erbitterten Widerstand einzelner Belegschaften (so z.B. im Kali-Bergbau in Bischofferode und im Schwermaschinenkombinat Ernst Thälmann-SKET in Magdeburg), aber wie ihre
gesellschaftliche Bedeutung in der einverleibten DDR ist, und welchen politischen Einflüssen sie derzeit hauptsächlich unterliegt, kann hier nicht mit der erforderlichen Präzision dargestellt werden.

Auf noch einen Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland bzw. Westberlin möchte ich aufmerksam machen: die SPD im eroberten Osten entspricht nicht der traditionellen SPD, die von der Arbeiteraristokratie beherrscht wird und den Haupteinfluss bei den westdeutschen Arbeitern hat. Sondern sie hat sich hauptsächlich aus der kirchlichen Bewegung gegen die SED und gegen die Regierung der DDR entwickelt, einer kleinbürgerlichen Bewegung ohne Verbindung mit den Arbeitern. Deshalb können wir auch die SPD in der einverleibten DDR nicht einbeziehen, wenn wir von der sozialen Stütze innerhalb der Arbeiterbewegung, die durch die SPD repräsentiert wird, reden.
Soweit also zu den Dingen, die wir nicht in die Untersuchung der Arbeiteraristokratie einbeziehen können.

Zur Arbeiteraristokratie in Westdeutschland:

Den Haupteinfluss bei den Arbeitern hat die SPD, die rechte Sozialdemokratie, mittels ihrer Macht in den Gewerkschaften. In den imperialistischen Ländern ist die Sozialdemokratie dazu da, die Revolution zu verhindern, die deutsche Sozialdemokratie aber tut noch ein Übriges: ihr ist es eine Ehre, möglichst jeden Kampf der Arbeiter zu verhindern und einen Streik schon für eine halbe Revolution zu halten (und einen politischen Streik für eine ganze). Natürlich gab es immer Widersprüche bei der SPD in der Geschichte der BRD.
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Die faschistische Volksgemeinschaft hat viel zu gut funktioniert.
Die linken Sozialdemokraten (also diejenigen, die zwar auch nicht den Kapitalismus beseitigen, aber wenigstens den täglichen Kampf gegen die Kapitalisten führen wollen) konnten sich aber nie durchsetzen, und die Gründung einer linkssozialdemokratischen Partei scheiterte mehrmals. Die Situation änderte sich mit der Einverleibung der DDR, der Umwandlung der SED in die PDS, die sich 2004 mit der WASG vereinigte, die Gewerkschaftsführer wie Klaus Ernst und Detlef Hensche und hochrangige SPDler
bis hin zu Oskar Lafontaine in diese Verbindung einbrachte. Die Partei DIE LINKE war daher ein zweigeteiltes Gebilde: zum einen eine Partei des Ostens, der einverleibten DDR – mit allen Widersprüchen, die die doppelt unterdrückten Bewohner dieses Gebiets auch untereinander haben – und zum anderen im Westen genau die linkssozialdemokratische Partei, die ein großer Teil der linken Minderheit in der SPD immer wollte, diesmal auf den Schultern der sehr viel stärkeren PDS (die allerdings auch etwas davon hatte, nämlich den gesicherten Einzug in den Bundestag, der sonst bei jeder Wahl auf der Kippe stand und einmal sogar verfehlt wurde). Was ist nun der Unterschied zwischen dem Verhalten der SPD und der in der Linkspartei organisierten linken Sozialdemokraten?

Die SPD (und gerade auch die rechte Gewerkschaftsführung) macht nun genau das, was schon die SPD zum Ende der Weimarer Republik gemacht hat – sie wurde immer rechter, in der Hoffnung, diese gesamtgesellschaftliche Entwicklung nach rechts zu überleben, bis sie den endgültigen Tritt vom Monopolkapital bekommen hat. Dagegen macht der Teil der linken Sozialdemokratie, der sich in der Linkspartei vereinigt hat, eine teilweise nützliche Politik zur Organisierung der Arbeiter.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten dieser beiden Strömungen der Sozialdemokratie sollen an zwei Sorten von Arbeiterführern verdeutlicht werden:

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Rechtssozialdemokratischer Gewerkschaftsführer (Berthold Huber)
Sehen wir uns z.B. zwei sehr bekannte Gewerkschaftsfunktionäre der IG Metall an: Berthold Huber und Klaus Ernst. Berthold Huber, der erzrechte Arbeiteraristokrat, lässt von der Kanzlerin seinen 60. Geburtstag ausrichten, fordert mehr Rüstungsproduktion und verficht ein Organisationskonzept, das die Gewerkschaft nur völlig kampfunfähig machen kann. Klaus Ernst hat als einer der Vorsitzenden der Partei die Linke seinen aufwendigen Lebensstil in einer Weise verteidigt, dass so manche verarmte Parteimitglieder in der einverleibten DDR das kalte Entsetzen packte. Sein Ziel ist natürlich der demokratische Sozialismus, der dritte Weg aller Reformisten. Dennoch war er stets ein wichtiger Bündnispartner, der ganz praktisch um die Waffe des politischen Streiks gekämpft hat, Streiks z.B. gegen die berüchtigte „Agenda 2010“ organisiert hat.

Die linken Sozialdemokraten versuchen sehr oft (in Ermangelung eines eigenständigen proletarischen Kampfes der Arbeiterklasse) die Arbeiter in die Kämpfe des demokratischen Kleinbürgertums hineinzuziehen.
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Linkssozialdemokratischer Gewerkschaftsführer (Klaus Ernst)
Beim Kampf gegen die Notstandsgesetze in den sechziger Jahren war das eine gute Sache, die doch bei dem ein oder anderen Betrieb dazu geführt hatte, dass Arbeiter in den Streik gegen die NS-Gesetze getreten sind, und dass die Forderung an den DGB, den Generalstreik zu organisieren, bei vielen Arbeiter populär wurde. Allerdings ist diese kleinbürgerliche Führungsposition nur in Ausnahmefällen günstig, aber weiter unten mehr, wenn es um die Schwankungen des Kleinbürgertums geht.

Den Haupteinfluss bei den Arbeitern, bei den Gewerkschaften, hat aber nach wie vor die rechte Sozialdemokratie. Wobei das weniger ein Einfluss ist, der irgendwelche positiven Ideen verbreiten will wie z.B. in den 1960er und 1970er Jahren die Idee der Mitbestimmung, sondern vielmehr beruht dieser Einfluss auf Leugnung des Klassenkampfes und Liquidierung der Gewerkschaften unter dem Schlachtruf „Hauptsache Arbeit!“. Natürlich erweitern sich dadurch die Möglichkeiten für die Monopolbourgeoisie, die soziale Hauptstütze auszuwechseln und die Gewerkschaften als lästige Begleiterscheinung zu beseitigen.

Zur aktuellen Entwicklung des Kleinbürgertums:

Es soll hier weniger auf die Entwicklung dessen eingegangen werden, was heute schon an faschistischer Sammlungsbewegung vorhanden ist – also z.B. die CSU als Sammelbecken mit ihren sich gegenseitig bekämpfenden Gauweiler und Seehofer, sowie die faschistischen Hilfstruppen4. Festzuhalten ist, dass dieses gesamte Pack tagtäglich die erstaunlichsten Verrenkungen macht, ob sie nun den Linken die Hand zur Versöhnung reichen wie z.B. ein Gauweiler, oder ob sie Palitücher gegen Israelfahnen tauschen und umgekehrt. All das ist dem Bestreben geschuldet, sich dem deutschen Imperialismus in den Widrigkeiten der zwischenimperialistischen Konkurrenz und der wachsenden Verwertungsschwierigkeiten als Retter anzubieten – so z.B. Gauweiler mit seinem Anti-EU-Konzept und seinen Demokratie-Vorstellungen, die denen der NPD, der freien Wähler, Olaf Henkel und ähnlichem Gesocks zum Verwechseln ähnlich sind.

Worauf jetzt hier eingegangen werden soll, ist die Entwicklung des demokratischen Kleinbürgertums. Es gibt hier einen sehr großen Unterschied zur Weimarer Republik, wo das demokratische Kleinbürgertum im Großen und Ganzen nur unter Führung des Proletariats, der KPD, zeitweise zu größerer gesellschaftlicher Einflussnahme in der Lage war.

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Mit dem „Osten“ sollten wir es uns nicht zu einfach machen...
Die große demokratische Jugendbewegung der sechziger Jahre dagegen stand nicht unter proletarischer Führung. Sie war nicht nur eine westdeutsche Erscheinung sondern eine in allen imperialistischen Ländern. Nun ist es so, dass kleinbürgerliche Bewegungen keine eigenständigen Interessen haben sondern nur im Interesse der Monopolbourgeoisie oder des Proletariats agieren können – ob sie das nun wollen oder nicht (sie glauben natürlich, dass sie eigenständige Interessen haben). Die Jugendbewegung der 1960er Jahre hat weltweit für Modernisierungsschübe bei den Imperialisten gesorgt, die von den herkömmlichen politischen Kräften der Monopolboureoisie nicht ermöglicht werden konnten. Dies ist übrigens keine Kritik an dieser Bewegung. Sondern, zum Leidwesen der Monopolbourgeoisie, war diese Bewegung auch den Interessen des Proletariats dienlich, weil es dadurch mehr Freiheiten für seinen Kampf bekam. In den USA zum Beispiel wurde der Rassismus gegen die afroamerikanische Bevölkerung sehr erfolgreich bekämpft. Bei
uns war es notwendig, die überkommenen Strukturen an den Universitäten zu beseitigen, um weltweit überhaupt mit der wissenschaftlichen Entwicklung noch mithalten zu können. Weiter war das KPD-Verbot und der ganze primitive Antikommunismus der Adenauer-Reaktion ein Hindernis für den deutschen Imperialismus bei seiner notwendigen Wendung den sozialistischen Ländern gegenüber. Das betraf sowohl den Handel als auch die Notwendigkeit, den Sozialismus und insbesondere die DDR anders als bisher zu versuchten kaputtzumachen, nämlich mit dem „Wandel durch Annäherung“. Damit es Proletariat und demokratisches Kleinbürgertum in diesem demokratischeren Klima nicht zu bunt treiben, wurden genau in dieser Zeit auch die Notstandsgesetze geschaffen.

Wie hat sich nun das demokratische Kleinbürgertum bis heute entwickelt, unter der Bedingung, dass das Proletariat nicht die Kraft hatte, die Chance dieser demokratischen Bewegung wirklich zu nutzen:

Ein wichtiger Wendepunkt ist die Entstehung der Grünen, eine Bewegung, die erstmals ausdrücklich die Unterschiede zwischen rechts und links und erst recht irgendwelche Klassengegensätze leugnete und allgemein menschliche Interessen propagierte. Die folgende Einschätzung wurde noch vor der Gründung der Grünen 1980 gegeben: „(…) wenn man sich fragt, wann es in der Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft schon mal so etwas Ähnliches wie diese Bewegung gegeben hat, (wird man) zu guter Letzt unweigerlich auf die Romantik stoßen (…). Sie kann als die erste, breite kleinbürgerliche Kritik an der kapitalistischen Entwicklung bezeichnet werden. (…) Die Romantik war kein einheitliches Ganzes, aus ihr heraus, €—ýþV€—ýþVЭwþVP4ŸþVè—ýþV —ýþV@ —ýþVuch ein revolutionärer Demokrat und mit dem Herzen auf der Seite der Arbeiter war. Die reaktionären Romantiker wiederum waren nicht deshalb reaktionär, weil sei träumten, sondern weil ihre Träume reaktionär waren, d.h. hinter den vom Kapitalismus selbst eröffneten Möglichkeiten zurückblieben! Und die Wiederholungen der Romantik werden in der Regel immer reaktionärer. Weil nämlich‚ die Welt längst den Traum von einer Sache besitzt, von der sie nur das Bewusstsein besitzen muss, um sie wirklich zu besitzen‘ (Marx), d.h. seit mit dem wissenschaftlichen Sozialismus das Bewusstsein davon existiert, dass der Kommunismus verwirklicht werden kann!

Von den Romantikern, von den ihnen nicht nur zeitlich verbundenen Spielarten des ‚reaktionären Sozialismus‘ usw. über die sogenannten Jungkonservativen der Weimarer Republik usw. führt eine Linie hin zu den ‚Grünen‘ von heute. Da mögen sich einige noch so sehr von dem Ex-CDU-Bundestagsabgeordneten und Sprecher der ‚Aktion Grüne Zukunft‘ distanzieren wollen, recht hat er, wenn er von den ‚Grünen‘ sagt: ‚Das sind die echten Konservativen.‘“
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Die echten Konservativen...
Die Grünen selbst sehen das so – sie sind die ech­ten Konservativen, die „Wertkonservativen“, während die Konservativen z.B. in der CDU das Althergebrachte, die Natur, das gesunde Leben etc. zerstören wollen. Ein buntes Gemisch aus kapitalismuskritischen kleinbürgerlichen Bewegungen, die v. a. von Intellektuellen getragen wurden, gibt es, seit es den Kapitalismus gibt, aber ihre Rolle heute ist viel bedeutender für das Monopolkapital und gegen die Arbeiterklasse als damals – da sie gleichzeitig mit ihrem offen zur Schau getragenen Konservatismus als linke, demokratische Bewegungen gelten, da ihr rückwärtsgewandter Antikapitalismus von vielen Antifaschisten und auch kommunistischen Genossen als bündnisfähig für den proletarischen Antikapitalismus gehalten wird. Bündnisfähig sind aber diese Kräfte nur hinsichtlich des demokratisch-antifaschistischen Kampfes – zum Beispiel wenn es gegen Naziaufmärsche geht, zum Beispiel wenn es gegen die Deutsche Bahn geht, damit sie endlich ihre Pflichten gegenüber den mit Hilfe der Reichsbahn Deportierten und den Zwangsarbeitern der Reichsbahn erfüllt, … Es fällt einem heute nicht mehr sehr viel ein an demokratischen Gemeinsamkeiten. Die Kämpfe an Universitäten und Schulen gegen reaktionäre Lehrinhalte, die Kämpfe gegen reaktionäre Gesetzgebungen und staatliche Maßnahmen (die Notstandsgesebung hat ja bekanntlich der herrschenden Klasse nicht ausgereicht), die Kämpfe gegen die Springerpresse, die heute auf den Bertelsmann-Konzern usw. ausgeweitet werden müssten – all das gehört der Vergangenheit an und wäre notwendiger denn je. Auch die Kämpfe gegen die Ausrichtung des Staatsapparats gegen die Arbeiterklasse, die eindeutige Vorbereitung der faschistischen Terrorherrschaft bedeutet, wird nur von einem verschwindend kleinen Teil der demokratischen Bewegung angegriffen. Massenhafte Kämpfe finden an anderer Stelle statt – wenn wir mal von dem Widerstand gegen Naziaufmärsche absehen (und dieser Widerstand ist natürlich auch bürgerlich und kleinbürgerlich geprägt. Z. B. wird die
faschistische Gefahr auf die Hilfstruppen reduziert, die staatliche Vorbereitung des Faschismus völlig übersehen – inzwischen sorgen dankenswerter Weise wenigstens die sächsischen Staatsorgane dafür, dass diesem Problem mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird. Und richtig gefährlich ist es, wenn Bündnisse geschlossen werden, die selber konterrevolutionär sind, zum Beispiel mit der CSU. Von der CSU zu verlangen, dass sie gegen die NPD vorgeht, ist nicht viel anders als von der NPD zu verlangen, dass sie gegen die CSU vorgeht).

Der demokratisch-antifaschistische Kampf ist zum einen von so großer Wichtigkeit, weil eben nicht nur die reaktionäre Ausrichtung des Staatsapparats, wie sie zur Zeit geschieht, die Gefahr des Faschismus vergrößert, sondern auch die Gefahr der faschistischen Massenbewegung wächst. Und zweitens ist dieser Kampf für die Arbeiterklasse eine notwendige Etappe, um überhaupt zur proletarischen Revolution zu kommen, was ja auch heißt, die Hegemonie über die kleinbürgerlichen Kräfte zu gewinnen.

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kaum Arbeiteraristokratie, viel kirchliche „DDR-Opposition“ (v.l.n.r.: Richard Schröder, Friedrich Schorlemmer, Manfred Stolpe)
Das demokratische Kleinbürgertum ist potentiell ein wichtiger Bündnispartner in diesem Kampf. Aber nicht jede Bewegung des Kleinbürgertums – auch des demokratischen – ist von Nutzen für das Proletariat. Sehen wir uns mal konkrete Aktivitäten des demokratischen Kleinbürgertums heute an - wobei es ausgeschlossen ist, das ganze buntscheckige Treiben dieser Schicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums zu schildern. Die wichtigsten und einflussreichsten sind die Umweltbewegung, die Friedensbewegung, die Bewegung, die sich „Mehr Demokratie“ nennt, die Bewegung für multikulturelle Vielfalt, die feministische Bewegung. Hier soll nur von der Umweltbewegung die Rede sein, was aber nicht heißt, dass es nicht genauso notwendig wäre, die anderen oben genannten Bewegungen vom Klassenstandpunkt aus zu beleuchten, und zu prüfen, wieviel von den demokratischen Bündnispartnern, die wir in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre hatten, noch übrig sind, ob wir wenigstens einen Teil zurückgewinnen, und welchen Anteil die
heutige Entwicklung des demokratischen Kleinbürgertums an der derzeitig reaktionäre Entwicklung hat.

Zur Umweltbewegung: Jeder hält natürlich Umweltschutz für eine gute Sache. Trotzdem ist es nicht falsch, mal genauer hinzusehen, wie eigentlich die verschiedenen Klassen und Schichten dazu stehen.

Die gesamte Bourgeoisie hat dazu erstmal die Einstellung: Nach uns die Sintflut! Das Dumme daran ist, dass die Sintflut manchmal nicht erst nach ihnen, sondern schon vorher kommt, in Form von Krisen, Konkurrenz, Verwertungsschwierigkeiten. Dann nützen ihnen die althergebrachten politischen Kräfte wenig, dann müssen neue Ideen her.

Das traditionell reaktionäre Kleinbürgertum hat eine ähnliche Einstellung wie die Bourgeoisie – wobei es aus sehr nachvollziehbaren Gründen z.B. bei der Bauernschaft so manchen Widerstand gegen Projekte der Bourgeoisie gibt, seien es Autobahnen oder Kernkraftwerke in der Nähe des eigenen Hofes.

[file-periodicals#142]Das demokratische Kleinbürgertum folgt einer Linie, die erst seit Ende der 1970er Jahre als links gilt (zu den offen reaktionären Vorläufern kommen wir weiter unten): Die Natur muss vor dem Menschen geschützt werden, der Mensch ist ein Störfaktor, wir müssen zurück zur Natur. Wobei die Natur dann auch wahlweise das angeblich idyllische Mittelalter oder aber in Rückständigkeit lebende Völker sind, die vor dem Menschen geschützt und in ihrer Idylle erhalten werden müssen (dabei haben diese Menschen ihre elenden Bedingungen keineswegs selbst gewählt). Oder es kann sich auch um jene idyllischen Mietskasernen handeln, in die die Arbeiterfamilien zu Beginn des 20. Jahrhunderts gestopft wurden, in denen einst Hunger und Tuberkulose wüteten, die viel später dann rebellisch besetzt und anschließend schick saniert werden. An dieser Linie – auch wenn sie subjektiv antikapitalistisch ist – hat das Monopolkapital durchaus zeitweise Interesse – und gerade heute. Das eine ist, dass dieser Teil des Kleinbürgertums Alternativen entwickelt, wenn es mal irgendwo nicht weitergeht. Das ist heute für jeden offensichtlich. Zweitens ist der Mensch als Störfaktor eine äußerst nützliche Idee im Sinne der Bourgeoisie. Die Arbeiter, die Werktätigen, sind Störfaktoren, weil sie keinen Müll trennen, Fleisch essen, zuviel Strom verbrauchen und konsumsüchtig sind. Eine bessere ideologische Vorbereitung für die faschistische Volksgemeinschaft ist – ob man das nun will oder nicht – kaum denkbar. Und drittens lässt sich die asketische Haltung, die mit dieser Ideologie verbunden ist, wunderbar als ideologische Untermauerung der Lohndrückerei einsetzen, und sie ist unverzichtbar, um die Heimatfront im Fall eines Krieges zu sichern. Gemeinnutz geht vor Eigennutz, hieß das bei den Nazis.

Fazit: Natürlich gehört dieses demokratische Kleinbürgertum nicht zur faschistischen Sammlungsbewegung. Das zu glauben wäre fatal, denn immer noch müssen wir um Teile dieser Bewegung für den Antifaschismus kämpfen. Aber diese Bewegung öffnet dem Faschismus die Türen statt ihn zu bekämpfen, und ein Teil wird auch, wenn das so weiter geht, dorthin übergehen. Wir sehen jetzt schon eine Änderung bei den Grünen, sogar gegenüber der Schröder-Zeit, sogar gegenüber der Beteiligung am Jugoslawien-Krieg. Kretschmer und Künast sind eine andere Generation als Fischer, sie wollen sogar die demokratischen Traditionen dieser Bewegung vergessen machen.

Was vertritt nun die Arbeiteraristokratie in der Umweltfrage: Die rechte Arbeiteraristokratie ist überhaupt nicht kaptitalismuskritisch, weder in vorwärts- noch in rückwärtsgewandter Weise. Sie ist für Entwicklung der Produktivkräfte unter dem reaktionären Motto: Hauptsache Arbeit.

Die linke Arbeiteraristokratie versucht, die Arbeiter aus den Fängen der rechten Arbeiteraristokratie zu lösen. Das ist zunächst löblich (siehe z.B. Kampf gegen die Notstandsgesetze), aber in diesem Fall ist das ein Kampf mit dem Ziel, vom Regen in die Traufe zu kommen.

Und nun zu der Frage, die zur Zeit in dieser Gesellschaft offenbar kaum jemanden interessiert, und dennoch die interessanteste ist: Wie ist eigentlich die proletarische Linie, also die Linie, für die die Arbeiterklasse kämpfen sollte, zu der Umweltfrage?

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Einer, der das Verhältnis zwischen Mensch und Natur anders betrachtet...
Eine der schönsten Zusammenfassungen dazu – auch wenn es dabei erstmal gar nicht um die Umweltfrage geht – kann man bei Karl Marx finden, im 3. Band des Kapitals:
„Vom Standpunkt einer höhern ökonomischen Gesellschaftsformation wird das Privateigentum einzelner Individuen am Erdball ganz so abgeschmackt erscheinen wie das Privateigentum eines Menschen an einem andern Menschen. Selbst eine ganze Gesellschaft, eine Nation, ja alle gleichzeitigen Gesellschaften zusammengenommen, sind nicht Eigentümer der Erde. Sie sind nur ihre Besitzer, ihre Nutznießer, und haben sie als boni patres familias6 den nachfolgenden Generationen verbessert zu hinterlassen."7

Dies ist eine Kampfansage an das „Nach uns die Sintflut“ der Bourgeoisie, und es ist eine Kampfansage an die Ideologie, die den Menschen als Störfaktor in der Natur betrachtet. Im Gegenteil, der Mensch ist Nutznießer der Erde, und er hat sie zu verbessern. Manche Umweltbewegte sagen: Wir haben die Erde nur geliehen. Damit meinen sie wohl: Bitte verlassen Sie diesen Ort so, wie Sie ihn vorgefunden haben (vielleicht so wie die Erde war, als wir noch Affen waren?). Marx redet von Verbesserung, und nicht zu vergessen, von einer höheren ökonomischen Gesellschaftsformation, in der die Erde kein Privateigentum mehr ist. Das ist die Grundvoraussetzung für das Verbessern im Sinne der nachfolgenden Generationen.

Und hier ist der Punkt, wo gar kein Bündnis mit diesem Kleinbürgertum möglich ist. Rückwärtsgewandte und proletarische Kapitalismuskritik lassen sich nicht vereinen – wir haben ja auch gesehen, welchen konkreten Nutzen diese kleinbürgerlichen Anschauungen für die Bourgeoisie haben. Es kann natürlich auch mal Gemeinsamkeiten in einem solchen Kampf geben, Voraussetzung ist aber, dass sich dieser Kampf nicht gegen die Entwicklung der Produktivkräfte richtet.

Jedenfalls – das was Marx gesagt hat, lässt sich unter kapitalistischen Verhältnissen nicht machen. Es ist unsinnig, bei kapitalistischen Projekten mitreden zu wollen. Wenn der Kapitalismus Produktivkräfte entwickelt, dann ist das perspektivisch günstig für das Proletariat, aber solange wir uns im Kapitalismus befinden, richten sich diese Produktivkräfte immer gegen die Arbeiterklasse, immer! Die Fabrik ist gut für die Zukunft und bedeutet heute kapitalistische Ausbeutung. Moderne Technologie ist gut für die Zukunft und sie bedeutet heute moderne Waffen gegen uns, anarchistischer Raubbau an Mensch und Erde. Reichtum ist gut für unsere Zukunft, Reichtum ohne Ende, wie ihn erst die kapitalistische Gesellschaft erzeugen konnte, brauchen wir für unsere Zukunft, im Kapitalismus heißt das: je mehr Reichtum angehäuft wird, desto schlimmer für die Arbeiter. Unsere Kraft ist besser eingesetzt, wenn wir die Arbeiter über diese Widersprüche aufklären, statt bei umweltbewegten bürgerlichen und kleinbürgerlichen
Bewegungen mitzuturnen.

Über die Vergangenheit der Umweltbewegung

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Heimatschutz 1910
Diese Bewegung entstand bei uns gegen Mitte des 19. Jahrhunderts. Zu dieser Zeit, als weltweit der Kapitalismus seinen Siegeszug antrat, begann die deutsche Bourgeoisie erst aufzuholen, was andere Bourgeoisien längst erreicht hatten. Der Aufschwung der Industrie brachte furchtbares Elend für die Arbeiterklasse, Gestank und Schmutz und Krankheit, wovon die Arbeiter und das Kleinbürgertum sehr viel mitbekamen, die Bourgeoisie in ihren Villen natürlich überhaupt nichts. Die klassenbewussten Arbeiter, von denen es damals eine große Masse gab, konnten sich eine Änderung dieser elenden Zustände sowieso nur durch Beendigung der kapitalistischen Ausbeutung vorstellen, für sie gab es also keinen von ihrem Klassenkampf wegführenden Handlungsbedarf, ganz im Gegenteil, das war nur noch ein Grund mehr, sich bald der kapitalistischen Herrschaft zu entledigen. Es gab aber zunächst starke kleinbürgerliche Bestrebungen, die sich überhaupt gegen die Industrialisierung wandten, die zurück zur Natur wollten. Da war zunächst die Lebensreform, die verschiedene kleinbürgerliche Bewegungen umfasst: z.B. Naturheilkunde, Kleidungsreform (da ging es z.B. um die Abschaffung des bei Bürgerinnen und Kleinbürgerinnen üblichen Korsetts und um Freikörperkultur), Ernährungsreform, Landkommunen. Teilweise fand auch die Arbeiterbewegung nach und nach Berührungspunkte dazu, die zum Teil sogar berechtigt und zum Teil dem wachsenden Reformismus der Arbeiterbewegung geschuldet waren. Insbesondere bei den Landkommunen zeigte sich auch politisch die buntscheckige kleinbürgerliche Zusammensetzung dieser Bewegung: Es gab sozialreformerische, welche mit religiösem Hintergrund, darunter auch evangelikale, und es gab völkische Landkommunen. Die Landkommunen hatten auch nach dem 1. Weltkrieg noch mal einen Aufschwung.

Im Laufe der Jahrzehnte bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts wuchs die Umweltbewegung, wurde dann an der Schwelle des höchsten und letzten Stadiums des Kapitalismus, des Imperialismus, zur Heimatbewegung oder Heimatschutzbewegung, die massiv gegen die Industrialisierung kämpfte. Es gab enge Verbindungen mit der völkischen Bewegung, teilweise wurde eine Germanisierung des Christentums oder ein Rückgriff auf einen vorchristlichen Volksglauben gefordert. In der Weimarer Republik wurde von dieser Bewegung die radikale Ablehnung der Industrialisierung aufgegeben, da sie ja eigentlich auch nicht durchführbar war (das ist immer der entscheidende Punkt), sie wurde zu einem ehrenamtlichn Hilfsangebot für den staatlichen Natur- und Denkmalsschutz.

Die NSDAP griff nach der Machtübertragung Forderungen dieser Bewegung auf mit dem Heimatschutzgesetz von 1934. Schöner und grüner wurde es dadurch natürlich nicht.

Nach der Niederschlagung des Hitlerfaschismus entstand erst 1958 wieder eine relevante Organisation zum Schutz der Umwelt oder der Natur oder wie auch immer. Dies war die erste Bewegung in der BRD gegen Kernkraftwerke. Den Anstoß dazu gab der Schriftsteller Günther Schwab, früher NSDAP-Mitglied und SA-Offizier, der schon damals vor der Nutzung der Atomenergie warnte. Gegründet wurde der Weltbund zum Schutz des Lebens, in Westdeutschland unter der Bezeichnung: „Aktionsgemeinschaft zur Erhaltung gesunder Lebensgrundlagen für Natur, Landschaft, Tier und Mensch“. Erster Präsident der deutschen Sektion des Verbandes war Walter Gmelin, früher NSDAP-Mitglied und Euthanasiearzt. Ende der sechziger Jahre hatte der Verband in Westdeutschland mehrere tausend Mitglieder. Er wurde ab 1970 zu einer treibenden Kraft der Umweltbewegung. Er führte auch sehr viele Prozesse gegen Kernkraftwerke in Westdeutschland. Mit der Zeit verfiel diese Organisation in Westdeutschland (aber nicht international). 1985 wurde die damalige
westdeutsche Sektion wegen rechtsradikaler Aktivitäten aus dem internationalen Gesamtverband ausgeschlossen. Gegenwärtig ist die zahlenmäßig größte Gruppe in Österreich vertreten.

Übernommen wurde bekanntlich diese ganze Sache von der grünen Bewegung, in die sich ein großer Teil des demokratischen Kleinbürgertums begeben hatte (aber von vornherein waren ja bei den Grünen auch offen Rechte dabei). Seit dieser Zeit gelten Anti-KKW-Proteste in der BRD als links.

Wir sehen an diesem Beispiel (und das könnte man nun auch an anderen Kampffronten des demokratischen Kleinbürgertums zeigen), dass bei so einer Bewegung nahtlos austauschbar ist, ob sie von rechts oder links kommt. Ein rückwärtsgewandter Antikapitalismus und Fortschrittfeindlichkeit steckt in beiden Strömungen des Kleinbürgertums, und ausnutzbar vom Monopolkapital sind sie so oder so. Es ist nur so, dass mit Antikapitalismus von rechts nach der Niederschlagung des Hitlerfaschismus selbst in der BRD kaum gepunktet werden konnte, wegen doch einiger aufmerksamer Demokraten und vor allem, weil gerade in den fünfziger Jahren das Ausland sehr aufmerksam auf die BRD schaute. Aber als die demokratische Jugendbewegung der sechziger Jahre sich ab Mitte der siebziger Jahre zur sogenannten Ökologiebewegung wandelte, war das eine der Auswirkungen der damals beginnenden Verschiebung des gesellschaftlichen Koordinatensystems nach rechts, wobei diese Bewegung wahlweise den einen als links und den anderen als die wirklichen
Konservativen galt. Mit dieser Manövriermasse kann das Monopolkapital seit Jahren spielen und tut das auch. Die Rechtsentwicklung setzte sich in den achtziger Jahren fort mit der chauvinistischen Bewegung gegen die Atomwaffen der USA und der Sowjetunion und den gleichzeitigen Versuchen, die DDR zu destabilisieren, an denen gerade die Grünen und andere aus der Öko- und Friedensbewegung stark beteiligt waren. Nachdem diese Bemühungen zum Erfolg geführt hatten und die DDR in die BRD einverleibt war (ob das nun diese Kräfte genau so wollten, spielt keine Rolle), kam die nächste Stufe 1999: die Grünen als mitregierende Partei beschließen den Krieg gegen Jugoslawien, mit einer antifaschistischen Begründung (ein zweites Auschwitz verhindern). 2008 kam der nächste Bruch mit den kleinbürgerlich-demokratischen Gepflogenheiten (Grundsätze kann man in diesem Fall nicht sagen): die erste Koalition auf Landesebene mit der CDU in Hamburg. Ein weiterer Rechtsruck stellt sich bei den Wahlen in Baden-Württemberg heraus: Aus
den Protesten gegen S 21 und dem Wahlergebnis für die Grünen ergibt sich ein Ministerpräsident, der das „Wertkonservative“ betont, und die linke, antifaschistische Demagogie der Fischer-Generation hinter sich lässt. An seiner Seite: Renate Künast, die sofort nach diesem Wahlergebnis beteuert, in Berlin ggf. auch mit der CDU koalieren zu wollen.

Welche Konsequenzen haben wir aus dieser Verschiebung des politischen Koordinatensystems nach rechts zu ziehen?

Wenn wir nicht wollen, dass diese kleinbürgerlich-demokratische Bewegung noch weiter nach rechts abrutscht und sogar relevante Teile in die faschistische Sammlungsbewegung eingesogen werden, dann müssen wir uns zunächst mal um unseren eigenen, den proletarischen Standpunkt zu dieser Bewegung klar machen.

„Warum kann die Arbeiterklasse nur der Führer - Hegemon - des revolutionären oder des demokratischen Volks und nicht des ganzen Volks sein? Weil man nicht vergessen darf, (…) daß es dem Proletariat unter dem Kapitalismus und der Herrschaft der Monopolbourgeoisie unmöglich ist, das ganze Volk für sich und für die Revolution zu gewinnen. Es wird nicht in der ersten (demokratisch-revolutionären), aber auch nicht in der zweiten (sozialistischen) Periode in der Lage sein. das ganze Volk zu gewinnen. Sondern eben nur das demokratische oder revolutionäre.“8

„Überhaupt ist das Proletariat gar nicht der ‚führende Vertreter‘ des Kleinbürgertums. Ist das auch manchmal der Fall, so nur dann, wenn das Kleinbürgertum die Unvermeidlichkeit seines Untergangs erkennt, wenn es ‚seinen Standpunkt‘ verläßt, um sich auf den des Proletariats zu stellen. Der führende Vertreter des Kleinbürgertums (insbesondere der oberen Schichten) von heute, der ‚seinen eigenen Standpunkt‘ noch nicht verlassen hat, ist oft die Monopolbourgeoisie, die faschistische Reaktion, die konservativen Parteien und insbesondere der Reformismus in der Gestalt des (…) Sozialdemokratismus.“9

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Das ist zunächst mal der Ausgangspunkt, von dem aus wir unsere Tätigkeit im demokratischen Kampf entwickeln müssen. Die Hegemonie des Proletariats in den demokratischen Teilen der Gesellschaft setzen wir nicht durch, indem wir bei fragwürdigen Massenaktionen rote Fahnen schwenken. Die faschistische Sammlungsbewegung drängen wir nicht dadurch zurück, dass wir die Rechtsbewegung des demokratischen Kleinbürgertums nachvollziehen. Wie soll damit bekämpft werden, dass der faschistischen Bewegung in den Reihen der kleinbürgerlich-demokratischen Bewegung die Türen geöffnet werden (was ja schon oft genug passiert), wie soll damit bekämpft werden, dass Teile dieser demokratischen Bewegung völlig ihren bürgerlichen Demokratismus aufgeben und in diese Sammlungsbewegung eingegliedert werden.

Deshalb sollten wir die Entwicklungen in diesem Land besser und gründlicher untersuchen, sollten die Standpunkte der verschiedenen Klassen und Schichten untersuchen, und sollten mit dieser Methode neue Moden im Kleinbürgertum sehr kritisch hinterfragen. So werden wir auch zu einer Praxis kommen, die der wachsenden faschistischen Gefahr wenigstens das entgegensetzt, was wir kräftemäßig in der Lage sind ihr entgegenzusetzen. Und zwar sowohl mit denjenigen Sozialdemokraten, die ihre Partei vor der offenen Konterrevolution schützen und die bürgerliche Demokratie gegen einen faschistischen Angriff verteidigen möchten, als auch mit den Demokraten, die gewinnbar sind zum gemeinsamen antifaschistischen Kampf. Und all das hat zur Voraussetzung, dass wir Kurs halten auf die Ziele des Proletariats, die sich nicht in romantischen Träumen von vorkapitalistischen Zuständen finden lassen.

Erika Wehling-Pangerl
Referat, gehalten auf dem Sommercamp „Anton Makarenko“ der KAZ im August 2011
In dieses Referat wurden Teile des Artikels „Über den Bürgerkrieg des Kapitals“ aus der KAZ Nr. 295 übernommen.

Anmerkungen:
1 Karl Marx, Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, MEW Bd.4, S.472
2 Manifest der Kommunistischen Partei, a.a.O., S.465
3 Manifest der Kommunistischen Partei, a.a.O., S.471f. Zum Lumpenproletariat gehört, wer so weit ins Elend gestürzt ist, dass er nicht mehr in der Lage ist, seine Arbeitskraft zu verkaufen. D.h. die Mehrheit der Hartz-4-Empfänger und Familien, die sich ihr Essen bei den Tafeln holen, dürfen wir nicht dazu rechnen.
4 Siehe dazu „Thesen zur Entwicklung der ‚Sammlungsbewegung zur Rettung des Vaterlands‘ (F.J. Strauß) in Westdeutschland bis 1989/90 und in Westdeutschland und einverleibter DDR ab 1989/90“ (KAZ Nr.332, S.12).
5 10 Jahre Antwort auf die Frage „Was tun?“ - 10 Jahre Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD - 1968-1978, München 1986, S.212
6 boni patres familias = gute Familienväter
7 Karl Marx: Das Kapital Bd.3, MEW Bd.25, S.784
8 Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD, Thesen zur Strategie und Taktik - Ein Versuch, einen strategischen Plan für die westdeutsche Revolution vorzugeben, 1980, These 41, S.113
9 Thesen zur Strategie und Taktik, a.a.O., These 20, S.54f.



 
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