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Der Widerstand des griechischen Volkes nahm nach der „Sommerpause“ im Oktober/November wieder deutlich an Dynamik zu. An drei Generalstreiks war ich beteiligt und konnte ganz konkret die Formierung der Widerstandskräfte beobachten. Ohne den Druck der klassenbewussten Gewerkschaftsfront PAME hätte die korrupte Dachgewerkschaftsführung kaum einen der Generalstreiks ausgerufen. Sie tut es, um den Widerstand zu kanalisieren, während unsere Genossinnen und Genossen mit jeder neuen Streikaktion die Klassenfrage in den Mittelpunkt der Bewegung rücken.

24 Prozent Arbeitslosigkeit, mehr als die Hälfte der Jugendlichen ohne Berufs- und Ausbildungsperspektive, sechs von zehn Griechen haben keine Gesundheitsversorgung mehr, die einfachen Bauern ersticken unter einem Schuldenberg. Sie alle schuften wie die Berserker, viele von ihnen in diesen Tagen für einen Hungerlohn in den Olivenhainen. Ihre erarbeiteten Werte fließen als Profit in die Taschen der internationalen und nationalen Großbourgeoisie, ihnen selbst bleibt zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben.
Dieses Klassenkampfverhältnis immer mehr Griechinnen und Griechen bewusst zu machen, das ist das Ziel des klassenbewussten Teils des Widerstands mit der Kommunistischen Partei und der PAME an der Spitze. Dazu hat die KKE ein umfangreiches Reformprogramm entwickelt, das die ersatzlose Streichung der Schulden, die Entfaltung des nationalen ökonomischen und sozialen Kräftepotentials und gleichberechtigte internationale Beziehungen beinhaltet.

Klassenkampf ohne Illusionen führen

[file-periodicals#166]Im Gegensatz zu allen anderen Parteien – u.a. auch zur griechischen Linkspartei SYRIZA – wecken unsere Genossinnen und Genossen keinerlei Illusionen, eine Reformalternative sei innerhalb der bestehenden nationalen und internationalen gesellschaftspolitischen Systematik machbar. Aleka Papariga nennt tagaus tagein im Gegensatz zu Alexis Tsipras – dieser Lichtgestalt der neuen Sozialdemokratie – die Barrieren, die wirkliche Reformen verhindern: die EU- und NATO-Verträge. SYRIZA, die mutmaßlich die nächste griechische Regierung stellen wird, verspricht innerhalb der EU und der NATO eine Schuldenneuverhandlung, den ökonomischen Aufbruch und soziale Reformen im Interesse des griechischen Volkes durchzusetzen. Die KKE bezeichnet das als sozialdemokratische Reformversprechen, als pure Illusion, die im Bewusstsein der betroffenen Menschen nur Verwirrung stiften kann. Daran kann sich eine kommunistische Partei nicht beteiligen, will sie ihre marxistisch-leninistischen Klassenprinzipien nicht aufgeben.
Sie ruft im Gegensatz zu einer Krisenverwaltungsregierung zum Austritt aus EU, NATO und Frontex auf. Sie kämpft um eine wirkliche Einheit der Volkskräfte: Arbeiterinnen und Arbeiter, Bauern, kleine Gewerbetreibende und Auszubildende, Arbeitslose, Rentnerinnen und Rentner schließen sich ohne Ansehen der weltanschaulichen und politischen Herkunft in Aktionseinheit zusammen, entwickeln entschiedene Klassensolidarität und bereiten entschlossen mit Streiks, Blockaden, Besetzungen den Aufstand vor – in den Betrieben, in den Schulen und Hochschulen, in den Verwaltungen, auf den Plätzen und in den Dörfern.

Im Streik entsteht Aktionseinheit

Zwei Beispiele aus meinem eigenen politischen Erfahrungshorizont mögen exemplarisch für viele andere stehen:
  • Acht Monate haben die Stahlarbeiter von Aspropyrgos gegen Arbeitsplatzabbau und Lohndumping gestreikt. Gegen die staatsmonopolistische Front des Kapitals in Gestalt des Industriellen Manesis und der griechischen Staats- und Regierungseliten haben sie einen heroischen Kampf geführt. Konsequent an der Seite der Betroffenen stand nur die PAME. Ohne ihre organisationspolitische Unterstützung und die Entwicklung einer beispielhaften Solidarität hätte der Streik nicht stattfinden können. Alle anderen Gewerkschaftsfraktionen traten entweder als Organisatoren für den Streikbruch auf oder enthielten sich wie SYRIZA. Die Stahlarbeiter mussten Anfang Juli ihren Streik beenden. Erhobenen Hauptes haben sie die Arbeit wieder aufgenommen. “Vorher kannten wir uns nicht, außer als Konkurrenten der Arbeit. Jetzt sind wir eine solidarische Kampfgemeinschaft“, so resümierte ein Stahlarbeiter nach dem Ende des aktiven Streiks.
  • Generalstreik am 18.10.2012.
    Griechenland erlebte die größte Massenmobilisierung seit Ende des Junta-Faschismus. Die PAME organisierte mit zahlreichen Basisgewerkschaften, der Bauerngewerkschaft PASY, der Gewerkschaft der kleinen Gewerbetreibenden PASEBE, mit Studentinnen- und Schülerinnenorganisationen riesige Streikdemonstrationen im ganzen Land. Parallel fanden in allen Orten die Kundgebungen und Demonstrationen der Autonomen und SYRIZA statt. Ihre Demonstrationen endeten in aller Regel auf dem Platz, den die Dachgewerkschaften als ihren Kundgebungsplatz gewählt hatten. Dort standen sie dann aufgereiht, die Damen und Herren Bürgermeister, die Kommunalbeamten und forderten eine faire und gerechte Behandlung in der Schuldenfrage, auf Kommunal- und Bezirksebene selbst Täter der Privatisierungs- und Sozialabbaupolitik. Nur auf den Kundgebungen der PAME wurden die wirklichen Täter der Ausplünderung des griechischen Volkes, das nationale und internationale Monopolkapital klassenmäßig benannt. Deutsche Bank, Siemens, RWE oder Telekom sind ganz vorne dabei.

Solidarität und Widerstand dialektisch verbunden im Klassenkampf

Vor wenigen Tagen hat die Linkspartei gemeinsam mit SYRIZA ein Spendenkonto zur Griechenlandhilfe eingerichtet. Unterstützt werden sollen Selbsthilfeprojekte, die von SYRIZA gewertet werden, als seien sie die Gesellschaft von morgen. Die Griechen sind Meister der Selbstversorgung. Überall kann man beobachten, wie die alten Selbsthilfestrukturen auf Gegenseitigkeit aktiviert werden. Sie als Krisenlösungsmodelle zu propagieren, sät jedoch ebenfalls Illusionen. Als könne Griechenland sich ohne Systembruch aus der Plünderungsfalle der Monopole befreien. Hilfe auf Gegenseitigkeit muss eingebettet sein in eine große Solidaritätsbewegung des einfachen griechischen Volkes, sich aus den Fesseln des Kapitals zu befreien. Sie muss eingebettet sein in die entstehenden Volkskomitees (vgl. UZ, 21.12.12, S. 7) in den Kommunen, die parallel zum entschlossenen Widerstandskampf Hilfe organisieren, die unmittelbare materielle Solidarität. „Wir schauen genau hin, wer in unserer Umgebung in materielle Not geraten ist. Wir sammeln Güter des täglichen Bedarfs unter uns, in unserer Umgebung bei Bauern, in Geschäften. Auch Geldspenden. Keine und keiner darf in unserer Umgebung mit seiner Not allein gelassen werden.“ So ihre Devise. Sie stellen Kontrollgruppen zusammen, die in die Verwaltungen der Energiezentralen gehen, um zu verhindern, dass Menschen der Strom abgeschaltet wird, die ihre Rechnung nicht bezahlen können. Da kann es dann auch mal laut und stürmisch zur Sache gehen.

Reform als Mittel – Umsturz der Zweck

Aus all dem Gesagten möchte ich deutlich machen, dass es für uns deutsche Kommunistinnen und Kommunisten keinerlei Grund gibt, unsere unverbrüchliche Solidarität mit unseren griechischen Genossinnen und Genossen in Frage zu stellen. Dass Michael Maercks als Verantwortlicher für unsere Internetplattform www.kommunisten.de die reformistische SYRIZA hofiert, ist für mich aus den alltäglichen Erfahrungen des Widerstands völlig unverständlich und unakzeptabel. Die KKE setzt die Maxime Rosa Luxemburgs, dass „der Kampf um die Sozialreform das Mittel, die soziale Umwälzung aber der Zweck ist“, praktisch um – da können wir für unseren Klassenkampf in Deutschland von den griechischen Genossinnen und Genossen viel lernen. Wir sollten genau hinschauen!


Redebeitrag auf der BDK der DKP Niedersachsen 8.-9.Dezember 2012


 
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