Die Fortbewegung in der Riesenstadt Kolkata wird einem durch das gut ausgebaute Busnetz erheblich vereinfacht, auch wenn Busfahren hier eine etwas andere Bedeutung hat… Wer einen Bus (5Rs = 0,08 €) nehmen will, muss schnell sein, denn meistens warten die Busfahrer nur wenige Sekunden darauf, dass man einsteigt. Richtige Bushaltestellen gibt es auch nicht. Wenn man sich nicht gerade an einem Busbahnhof befindet, findet man sie entweder am Strassenrand oder auf der Linksabbiegespur größerer Straßen. Ein Bus bietet 3 Arbeitsplätze: 1 Fahrer und zwei Schaffner, die bei den ständig geöffneten Türen stehen und die Destination lautstark rausschreien. Wenn der richtige Bus da ist, heisst es Anlauf nehmen und reinspringen – für die Ungeübten richtig aufregend! Wenn man Glück hat ist einmal einer der älteren Mitmenschen da, dann wird gewartet.
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© by Sebastian Wisiak |
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Holi-Fest |
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Wer es weniger stressig haben will, kann auch die äußerst günstige Metro nehmen, nebenbei die erste U-Bahn Indiens, die streckenspezifisch zwischen 4 Rs (0,07 €) und 8 Rs (0,13 €) kostet. Es gibt nur eine einzige Strecke, die auf 16.5km den Norden mit dem Süden der Stadt verbindet und an vielen wichtigen Örtlichkeiten stehenbleibt. So zum Beispiel nahe der Universität. Während die wenigen hiesigen Privatunis grossteils vom studentischen Flügel der semifaschistischen Kongresspartei beherrscht werden, sind die öffentlichen Universitäten fest in kommunistischer Hand. So zum Beispiel das NRS-College, eine von 4 Medizinunis in Kolkata. Hier waren vor zwei Jahrzehnten noch die Kongress-Studierenden tonangebend. Der im vorigen Bericht erwähnte Genosse Dr. Halim hat damals energisch den kommunistischen Verband (SFI = Students Federation of India) aufgebaut und so richtig aufgeräumt. Er ist hier so eine Art Ikone, der Direktor der Universität lächelt wissend wenn er seinen Namen hört und die Studierenden kennen alle seinen Namen. Von den 750 Studierenden sind 500 im SFI organisiert. Es verwundert bei diesem Organisierungsgrad kaum, dass nicht mehr über die Zustände geschimpft werden muss.
Auf der CU - der Calcutta University - gibt es einen eigenen schönen kleinen SFI-Raum. Als Ausländer braucht man nur einzutreten und mit “Lal Salam” (zu deutsch RotFront) grüßen und kann sich sicher sein, einige nette Bekanntschaften zu machen. Hier kann man auch Deutsch studieren, aber die Aussprache der Studierenden ist katastrophal! Am meisten Probleme bereiten ch und ü. Aber egal, das Englisch ist hervorragend.
Habe ich eigentlich schon etwas über indische Hochzeiten erzählt? Nein? Dann fang ich einmal an. In Indien ist die Hochzeit so ziemlich das Wichtigste Ereignis im gesellschaftlichen Leben. Es gibt keine grausamere Beleidigung für die Ohren als so eine indische Hochzeit. Weil derart viele Menschen am selben Tag heiraten und bei einer Heirat die Musik nicht fehlen darf, werden Musiker engagiert. Das Land hat aber ganz andere Probleme als genügend Musiker auszubilden, weshalb man Leute heranzieht die sich schon schwertun das Instrument richtig herum zu halten. Nichtsdestotrotz wird so laut und energisch gespielt wie es nur geht, dafür wird man schließlich bezahlt. Zu meinem Leidwesen finden die Hochzeiten in der Nacht statt, weil tagsüber gearbeitet wird - und nebenbei erwähnt ist es nicht nur in Krankenhäusern, sondern auch in den meisten Billighotels üblich, dass die Fenster keine Scheiben besitzen. Na dann gute Nacht!
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© by Sebastian Wisiak |
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SFI |
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In meiner Gegend gabs zum Glück nur alle 3 Tage so ein Fest. Eine andere Festivität soll hier auch ihre Erwähnung finden. Es geht um das Hindu-Fest “Holi”, das sozusagen den Übergang von Winter (warm bis heiss) in Frühling (unerträglich heiss) markieren soll. So steht es zumindest in meinem Reiseführer, die Leute hier haben keine Ahnung worum es geht – es macht halt Spass. Schon Wochen vorher wird davon gesprochen. Das Wichtigste ist sich genügend Farbe zu beschaffen, der Rest ergibt sich von selbst. Schon in den frühen Morgenstunden begeben sich die ersten Menschen auf die Straßen, die meisten um zu arbeiten, aber einige haben schelmisches im Sinn. Das Farbpulver ist sehr ergiebig – man braucht nur ein bißchen mit Wasser vermischen und kann schon herrliche Sauereien damit anrichten. Als erstes wird normalerweise das Gesicht der Bekannten beschmiert – das markiert den Übergang von Nichtteilnehmer zu Teilnehmer. Ein Abwaschen ist so leicht nicht möglich, das braucht ein paar Tage ;) Schon nach kurzer Zeit fängt es zu eskalieren an und es wird mit Wassereimern herumgeschüttet. Niemand wird verschont, ob Hindu, Moslem, Tourist, alt oder jung, Männer oder Frauen, es gibt keine Chance und keine Gnade. Das ist aber noch lange nicht alles. In den am späten Vormittag schon mit Holi spielenden Leuten überfüllten Strassen spielen gelernte (!) Musiker auf und es wird getanzt, während man mit Farbe um sich schiesst (zum Biertrinken muss man sich in einer dunklen Ecke verstecken). Das ganze gipfelt in einem Menschenzug der durch die Strassen zieht, der eine bestimmte Gasse zum Ziel hat. Dort finden sich über den Weg gespannte Seile an denenTonkrüge hängen. Es bilden sich menschliche Pyramiden und die an der Spitze müssen versuchen mit ihrer Faust den Krug zu zerschlagen. Auch wenn die Inder wenig Geschick im Zerhauen zeigen, sind sie doch erstaunlich durchsetzungsfähig wenn es darum geht die Mitbewerber zurueckzudrängen. So kommt es schon öfter mal vor, dass die ganze Pyramide zusammenbricht und man seine Arme und Beine eine Zeitlang nicht aus dem Haufen herausbekommt. Ist der Krug einmal zerschlagen ergiesst sich ein Regen von, wer hätte es anders gedacht, Farbe über die Menge. Das Fest dauert zwei Tage…
Nach ein paar Tagen und intensivem Einsatz von Seife und Unmengen Wasser ist der gröbste Teil entfernt. An Fingern und Haaransatz hält sich das Zeug mindestens eine Woche, von den Fingernägeln ist es nach 3 Wochen noch immer nicht unten.
- Link zum SFI: http://sficec.org/home.html