Für den neuen Gesundheitsminister Philip Rösler, der aus Niedersachsen stammt, kann man sich ja eigentlich nur entschuldigen. Kaum an der Macht, droht er, mit der endgültigen Zerschlagung des solidarischen Beitragssystems im Gesundheitsbereich ernst zu machen. Damit setzt er zwar nur um, was die FDP schon vor der Wahl gesagt hat, aber bei anderen Wahlversprechen halten es die Liberalen ja auch nicht so genau mit der Umsetzung. Bei der geplanten Steuersenkung wehren sich ja nicht nur Unionsministerpräsidenten, sondern auch FDP-Statthalter in den Ländern. Mal sehen, wie sich der neue FDP-Wirtschaftsminister und Rösler-Nachfolger Jörg Bode in der schwarz-gelben Koalition in Niedersachsen dazu verhalten wird.
Röslers Weggang aus der Landesregierung ist kein Verlust für Niedersachsen. Er war ohnehin erst wenige Monate im Amt, nachdem sein Vorgänger Walther Hirche Anfang dieses Jahres mitten in der Krise schon das Handtuch geschmissen hat. Welchen geringen Einfluss das (FDP-)Wirtschaftsministerium in Niedersachsen hatte, sehen wir in diesen Wochen wieder beim Automobilhersteller Karmann, dem nur noch ein Gnadenakt von VW helfen würde.
Röslers "Aufstieg" bzw. Abgang wurde im Landesparlament tränenreich zelebriert. Emotional wurde auch ein Antrag der CDU/FDP-Koalition behandelt, der mehr Aufklärung über das "Unrechtsregime" DDR in den Schulen vorsieht. Mal abgesehen davon, dass die CDU das Bildungsministerium seit Jahren leitet und eine entsprechende Schwerpunktsetzung im Schulbereich längst hätte einleiten können, finde ich solch eine Aufklärung über die DDR allein schon unter der Fragestellung, "was müssen wir das nächste Mal besser machen", eigentlich vorbildlich. Denn den Schülerinnen und Schülern wird ja wohl hoffentlich erklärt werden, dass die BRD das Land gespalten hat. Dass erst die BRD gegründet wurde und danach die DDR, dass erst die DM eingeführt wurde und anschließend die DDR-Mark, dass erst die Bundeswehr und dann die NVA geschaffen wurde und natürlich dass die BRD zuerst in die NATO gegangen ist und die DDR mit dem Eintritt in den Warschauer Vertrag darauf die entsprechende Antwort gab. Die Lehrerinnen und Lehrer werden den Jugendlichen dann ja wohl erklären müssen, dass die Grenze durch Deutschland eine Systemgrenze zweier Weltsysteme war, und dass die SU ein natürliches und nachvollziehbares Interesse daran hatte, ihren Teil Deutschlands mit allen Mitteln zu halten, nicht nur wegen Reparationen und einem Sicherheitspuffer, sondern auch, weil in der DDR ihre Klassenbrüder versuchten, das Beste aus der schlechten Ausgangslage zu machen.
Was die DDR-Geschichte eben auch war, mussten CDU/FDP in einem nachfolgenden Antrag über den Grünpfeil an Ampeln zugeben. Die Koalition selbst will mehr dieser Signale im Land einsetzen und hielt eine entsprechende Pro-Rede. Diese muss den SPD-Abgeordneten Gerd Ludwig Will so dermaßen verzückt haben, dass er seinem Vorredner empfahl, diese "Glorifizierung der DDR" mit seinem Fraktionsvorsitzenden noch einmal abzusprechen. Aber immerhin, so seine sarkastischen Äußerungen, lasse sich zusammenfassen: "Von der DDR lernen, heißt, siegen lernen" und "es war doch nicht alles schlecht".
Christel Wegner (DKP) ist Abgeordnete des Niedersächsischen Landtages.