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Zur Zeit 7 Communarden online.
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•NEUES THEMA06.11.2007, 16:42 Uhr
Nutzer / in | ||
G. Ardajew | ||
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• Frieden, Gleichberechtigung und Unabhängigkeit
Als in einer Oktobernacht 1917 in Russland die sozialistische Revolution siegte, erkannten nur wenige, welche gewaltigen Wandlungen in der Weltpolitik sie mit sich bringen sollte. Ein Weltkrieg, wie ihn die Menschheit nie zuvor erlebt hatte, tobte, und dieses blutige Gemetzel schien kein Ende nehmen zu wollen. Die klügsten und aufrichtigsten Köpfe verfluchten den Krieg; unter ihnen fehlten aber die politischen Führer Europas. Am ersten Tag nach der Oktoberrevolution funkte Radio Petrograd in alle Welt den Appell Lenins, Friedensverhandlungen aufzunehmen und den Krieg zu beenden, dein „die Regierung für das größte Verbrechen an der Menschheit" hält.
[20071105020823444_1.jpg]Als Lenin den Krieg brandmarkte und zum Frieden rief, wusste er, dass der Weg zum Frieden schwer und lang sein würde, dass man versuchen würde, die Stimme des neuen Russland zum Verstummen zu bringen. Er wusste, dass es nicht genügte, den Frieden zu verkünden, dass um den Frieden hartnäckig gekämpft werden musste. Aber er wusste auch, dass von nun an eine neue Epoche in den internationalen Beziehungen begann. Zum erstenmal in der Geschichte legte die revolutionäre Regierung Russlands ihrer Außenpolitik das Gebot von Karl Marx zugrunde: „ ... die einfachen Gesetze der Moral und des Rechts, welche die 'Beziehungen von Privatpersonen regeln sollten, als die obersten Gesetze des Verkehrs von Nationen geltend zu machen."
„Frieden ohne Annexionen und ohne Kontributionen", wie ihn Sowjetrussland im Dekret über den Frieden verkündet hatte, war der erste Schritt auf diesem Weg. Lenin, der die knechtende oder rechtsungleiche Bedingungen enthaltenden Verträge verwarf, erklärte zugleich: „...aber alle Punkte, die gutnachbarliche Beziehungen und wirtschaftliche Abkommen festlegen, nehmen wir gern an, sie können wir nicht ablehnen." Zwei Wochen nach der Revolution erklärte das Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten Sowjetrusslands: „Wir wünschen den baldigsten Frieden auf den Grundlagen des ehrlichen Zusammenlebens und der Zusammenarbeit der Völker." Dies war eine der ersten Formeln der Generallinie der sowjetischen Außenpolitik in den Beziehungen zu den bürgerlichen Ländern, dies war die Formel der friedlichen Koexistenz, die 'heute allgemeine Anerkennung gefunden hat. Sie bedeutete die vorbehaltlose Anerkennung der Rechte aller Länder und Nationen, der großen wie der kleinen, auf Selbstbestimmung und souveräne Gleichheit, auf Gleichberechtigung und Nichteinmischung in ihre Geschicke, von welcher Seite auch immer.
Die Großmächte stritten noch an den Fronten um fremde Schätze und Gebiete, in Moskau aber wurde am 31. Dezember 1917 das Dekret über die Unabhängigkeit Finnlands unterzeichnet. Noch ein Jahr sollte vergehen, und Estland, Litauen und Lettland erhielten ebenfalls die Unabhängigkeit von Sowjetrussland. Und es war durchaus kein Zufall, dass die von der sozialistischen Revolution verkündeten Prinzipien der Außenpolitik erstmals kleinen Ländern gegenüber angewandt wurden.
Das Prinzip der friedlichen Koexistenz war keine taktische Losung. Es war nicht die Folge einer relativen Schwäche Sowjetrusslands, wie viele Widersacher unseres Landes behaupteten. Es war die einzige Alternative zum Kriege, eine unbedingte Voraussetzung des Nebeneinanderbestehens und des Wettbewerbs der zwei unterschiedlichen Gesellschaftssysteme. Eine dritte Möglichkeit kann es in der Geschichte nicht geben.
Es ging aber nicht nur darum, den Verzicht auf den Krieg als Mittel zur Entscheidung von Streitfragen zu proklamieren, obwohl allein schon die Anerkennung dessen ein Schritt vorwärts in der Entwicklung der Menschheit ist. Es ging darum, dass die Tatsache des Bestehens zweier Gesellschaftssysteme allein durchaus kein unüberwindliches Hindernis für normale politische Beziehungen, den Kulturaustausch und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu sein braucht. Schon am 31. März 1918 setzte die Sowjetregierung eine Kommission mit dem Auftrag ein, Prinzipien der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu den kapitalistischen Ländern zu erarbeiten. Die Westmächte entschieden jedoch anders. Sie zogen der friedlichen Koexistenz eine Intervention vor. Mehr noch: die führenden Staatsmänner der Entente versuchten, diesen ungerechten Eroberungskrieg mit fremden Händen zu führen. Sie wollten die kleinen Nachbarländer Sowjetrusslands zur Teilnahme an der Aggression nötigen. Diese kleinen Länder aber hatten sich bereits in der Praxis von dem klaffenden Unterschied zwischen dem imperialistischen Diktat und dem von Sowjetrussland vorgeschlagenen Weg zu Frieden und freundschaftlicher Zusammenarbeit überzeugen können.
Lenin sagte: „Wenn alle diese kleinen Staaten gegen uns marschiert wären - und man hatte ihnen Hunderte Millionen Dollar, die besten Kanonen und Waffen gegeben, sie verfügten über englische Instrukteure mit Kriegserfahrungen —, wenn sie gegen uns marschiert wären, so hätten wir zweifelsohne eine Niederlage erlitten. Das ist jedem vollkommen klar. Aber sie marschierten nicht, weil sie zugeben mussten, dass die Bolschewiki ehrlicher waren als die anderen. Wenn die Bolschewiki! erklären, dass sie die Unabhängigkeit eines jeden Volkes anerkennen, ..dass sie niemals einen Krieg zur Unterdrückung eines Volkes führen werden — wenn sie das sagen, schenkt man ihnen Glauben." Mit der Wahl des Friedensweges haben die Nachbarn der Sowjetrepublik nicht nur ihre eigene Unabhängigkeit gerettet, sondern auch zur Niederlage der Intervention beigetragen.
[tabbox]
Friedliche Koexistenz — die ersten Schritte Die Entente bemühte sich, nicht nur die Nachbarn Russlands in einem antisowjetischen Lager zu vereinen. Als der Bürgerkrieg und die Intervention in vollem Gange waren, richtete der französische Ministerpräsident Clemenceau drohende Noten an die Regierungen aller kleinen Länder Europas, ja nicht nur Europas, mit der Forderung, an der Wirtschaftsblockade gegen die Sowjetrepublik teilzunehmen. Sich diesen Forderungen zu widersetzen, war nicht leicht. Nichtsdestoweniger wagten es viele Länder. Am 1. Juni 1918 schloss das Sowjetland sein erstes Außenhandelsabkommen mit Schweden. Bald darauf wunde auch ein Handelsvertrag unterzeichnet. Schwedische Schiffe durchbrachen die Blockade und liefen mit Landmaschinen und Ausrüstungen Petrograd an. Und obwohl der Oberste Rat der Entente Schweden immerhin zwang, die Handelsbeziehungen zu Russland abzubrechen, wurden sie im Frühjahr 1920 wieder aufgenommen, und zwar in recht großem Umfang. Dem Beispiel Schwedens folgten andere Länder. Lenin äußerte dazu: „Wir haben die Auseinandersetzung mit der Entente gewonnen, weil sie auf die kleinen Nationen rechnete, sie aber gleichzeitig von sich abstieß... Als aber mit aller Schärfe die Frage gestellt wurde, mit der Entente gehen und ihr helfen, die Bolschewik! niederzuschlagen, oder sich für neutral erklären und damit den Bolschewik! zu helfen, da gewannen wir die Auseinandersetzung, und die kleinen Länder blieben neutral."
Der Sieg des Sowjetvolks im Bürgerkrieg und die Niederlage der Intervention führten zum Zusammenbruch der Ententepolitik, die darauf abzielte, Russland die Bedingungen zu diktieren und es von der übrigen Welt zu isolieren. Im Frühjahr 1920 sah sich die Entente genötigt, die Blockade aufzuheben.
Im Laufe des Jahres 1921 schloss Sowjetrussland Handelsabkommen mit England, Deutschland, Italien und Norwegen. Am 7. Dezember 1921 wurde ein Handelsabkommen mit Österreich unterzeichnet. Österreich war also einer der ersten kapitalistischen Staaten, zu denen die Sowjetrepublik Wirtschaftsbeziehungen auf Vertragsbasis hergestellt hatte. Das war eine für beide Länder schwere Zeit. Sowjetrussland wurde von der schlimmsten Katastrophe — einer Missernte — heimgesucht. Mehr als 20 Millionen Menschen litten Hunger. Die Wirtschaft Österreichs befand sich in einem üblen Zustand. Krise und Inflation trafen es stärker als irgendein anderes Land in Europa. Dutzende Werke und Fabriken lagen still. Die Arbeitslosigkeit hatte einen katastrophalen Stand erreicht, lm Oktober 1921 übertraf der Index der Lebenshaltungskosten den Stand von 1914 um das 190fache.
Das Land war am Rande eines wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruchs. Es ersuchte die Westmächte um Hilfe. Eine internationale Anleihe wurde, wenn auch nicht sofort, gewährt. Aber zu welchen Bedingungen! Die österreichischen Finanzen wurden unter Kontrolle gestellt. Der Rat des Völkerbunds ernannte für Wien einen Generalkommissar, ohne dessen Erlaubnis keine der bewilligten Summen verbraucht werden durfte. Darüber hinaus war der Kredit auch mit politischen Bedingungen verknüpft.
Wie die englische Zeitschrift „THE ECONOMIST" damals schrieb, hatte der Generalkommissar großen Einfluss auf die Innenpolitik Österreichs, und seine Vollmachten versetzten ihn in die Lage eines Diktators.
In welchem Kontrast hierzu stand das sowjetisch-österreichische Abkommen! Es beruhte auf völliger Gleichberechtigung und gegenseitigem Vorteil, entbehrte jeder Diskriminierung, politischer Bedingungen und wirtschaftlicher Privilegien. In diesem Sinne hatte das Abkommen eine gewaltige moralische Bedeutung für Österreich, es bot ihm wenigstens einen gewissen Rückhalt bei den Verhandlungen mit den Westmächten. Natürlich konnten unter den damaligen Gegebenheiten die wechselseitigen Lieferungen nicht groß sein. Sie ermöglichten es aber immerhin, sei es auch in nicht hohem Grade, die Arbeitslosigkeit in Österreich zu reduzieren.
Das sowjetisch-österreichische Abkommen hatte nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine große politische Bedeutung. Es zeigte, dass die Prinzipien der friedlichen Koexistenz, die die Oktoberrevolution verkündet hatte, keine bloße Deklaration, sondern lebendige Praxis waren, deren Verwirklichung von dem guten Willen der Partner Sowjetrusslands abhing. In Genua, auf der ersten internationalen Konferenz 1922, an der der Sowjetstaat teilnahm, erklärte der Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten, Tschitscherin: „Dem Standpunkt der Prinzipien des Kommunismus treubleibend, erkennt die russische Delegation an, dass in der jetzigen historischen Epoche, die die parallele Existenz der alten und der entstehenden neuen sozialen Ordnung möglich macht, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Staaten, die diese beiden Eigentumssysteme vertreten, eine gebieterische Notwendigkeit ist."
1922 war ein Jahr der Anbahnung von Wirtschaftsbeziehungen Sowjetrusslands mit kapitalistischen Ländern. Es ist aber ganz offensichtlich, dass keinerlei normale zwischenstaatliche ökonomische Beziehungen erfolgreich verwirklicht werden können, solange die politischen Beziehungen ungeregelt bleiben. Das Scheitern der Wirtschaftsblockade musste unweigerlich auch die Herstellung von diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Systemen nach sich ziehen, obgleich recht einflussreiche Kreise des Westens heftig dagegen ankämpften.
Lenin sah eine solche Wende nicht nur voraus, sondern warnte auch davor, dass derjenige der der neuen Situation nicht Rechnung trägt, in eine schlechtere Lage geraten kann. Er sagte: „Nichtsdestoweniger kommen die ökonomischen Beziehungen und in ihrem Gefolge die diplomatischen Be- Ziehungen in Gang, sie müssen in Gang kommen und werden ganz bestimmt in Gang kommen. Jeder Staat, der dem entgegenwirkt, läuft Gefahr, zu spät zu kommen und vielleicht in bezug auf manchen, ziemlich wesentlichen Punkt in eine nachteilige Lage zu geraten."
Einer der ersten kapitalistischen Staaten, die der neuen Situation Rechnung trugen, war Österreich. Im Februar 1924 wurden zwischen beiden Ländern diplomatische Beziehungen aufgenommen. Der Stellvertreter des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten, Litwinow, äußerte zu dieser Tatsache, dass die diplomatischen Beziehungen zu Österreich faktisch schon 1918 hergestellt waren und es sich somit „nur um die Wiederaufnahme 'der durch diverse Ereignisse gestörten diplomatischen Beziehungen handelte".
Aus: Die Sowjetunion und die Unabhängigkeit Österreichs, Presseagentur Novosti, Büro für Österreich
[20071105020823444_1.jpg]Als Lenin den Krieg brandmarkte und zum Frieden rief, wusste er, dass der Weg zum Frieden schwer und lang sein würde, dass man versuchen würde, die Stimme des neuen Russland zum Verstummen zu bringen. Er wusste, dass es nicht genügte, den Frieden zu verkünden, dass um den Frieden hartnäckig gekämpft werden musste. Aber er wusste auch, dass von nun an eine neue Epoche in den internationalen Beziehungen begann. Zum erstenmal in der Geschichte legte die revolutionäre Regierung Russlands ihrer Außenpolitik das Gebot von Karl Marx zugrunde: „ ... die einfachen Gesetze der Moral und des Rechts, welche die 'Beziehungen von Privatpersonen regeln sollten, als die obersten Gesetze des Verkehrs von Nationen geltend zu machen."
„Frieden ohne Annexionen und ohne Kontributionen", wie ihn Sowjetrussland im Dekret über den Frieden verkündet hatte, war der erste Schritt auf diesem Weg. Lenin, der die knechtende oder rechtsungleiche Bedingungen enthaltenden Verträge verwarf, erklärte zugleich: „...aber alle Punkte, die gutnachbarliche Beziehungen und wirtschaftliche Abkommen festlegen, nehmen wir gern an, sie können wir nicht ablehnen." Zwei Wochen nach der Revolution erklärte das Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten Sowjetrusslands: „Wir wünschen den baldigsten Frieden auf den Grundlagen des ehrlichen Zusammenlebens und der Zusammenarbeit der Völker." Dies war eine der ersten Formeln der Generallinie der sowjetischen Außenpolitik in den Beziehungen zu den bürgerlichen Ländern, dies war die Formel der friedlichen Koexistenz, die 'heute allgemeine Anerkennung gefunden hat. Sie bedeutete die vorbehaltlose Anerkennung der Rechte aller Länder und Nationen, der großen wie der kleinen, auf Selbstbestimmung und souveräne Gleichheit, auf Gleichberechtigung und Nichteinmischung in ihre Geschicke, von welcher Seite auch immer.
Die Großmächte stritten noch an den Fronten um fremde Schätze und Gebiete, in Moskau aber wurde am 31. Dezember 1917 das Dekret über die Unabhängigkeit Finnlands unterzeichnet. Noch ein Jahr sollte vergehen, und Estland, Litauen und Lettland erhielten ebenfalls die Unabhängigkeit von Sowjetrussland. Und es war durchaus kein Zufall, dass die von der sozialistischen Revolution verkündeten Prinzipien der Außenpolitik erstmals kleinen Ländern gegenüber angewandt wurden.
Das Prinzip der friedlichen Koexistenz war keine taktische Losung. Es war nicht die Folge einer relativen Schwäche Sowjetrusslands, wie viele Widersacher unseres Landes behaupteten. Es war die einzige Alternative zum Kriege, eine unbedingte Voraussetzung des Nebeneinanderbestehens und des Wettbewerbs der zwei unterschiedlichen Gesellschaftssysteme. Eine dritte Möglichkeit kann es in der Geschichte nicht geben.
Es ging aber nicht nur darum, den Verzicht auf den Krieg als Mittel zur Entscheidung von Streitfragen zu proklamieren, obwohl allein schon die Anerkennung dessen ein Schritt vorwärts in der Entwicklung der Menschheit ist. Es ging darum, dass die Tatsache des Bestehens zweier Gesellschaftssysteme allein durchaus kein unüberwindliches Hindernis für normale politische Beziehungen, den Kulturaustausch und die wirtschaftliche Zusammenarbeit zu sein braucht. Schon am 31. März 1918 setzte die Sowjetregierung eine Kommission mit dem Auftrag ein, Prinzipien der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu den kapitalistischen Ländern zu erarbeiten. Die Westmächte entschieden jedoch anders. Sie zogen der friedlichen Koexistenz eine Intervention vor. Mehr noch: die führenden Staatsmänner der Entente versuchten, diesen ungerechten Eroberungskrieg mit fremden Händen zu führen. Sie wollten die kleinen Nachbarländer Sowjetrusslands zur Teilnahme an der Aggression nötigen. Diese kleinen Länder aber hatten sich bereits in der Praxis von dem klaffenden Unterschied zwischen dem imperialistischen Diktat und dem von Sowjetrussland vorgeschlagenen Weg zu Frieden und freundschaftlicher Zusammenarbeit überzeugen können.
Lenin sagte: „Wenn alle diese kleinen Staaten gegen uns marschiert wären - und man hatte ihnen Hunderte Millionen Dollar, die besten Kanonen und Waffen gegeben, sie verfügten über englische Instrukteure mit Kriegserfahrungen —, wenn sie gegen uns marschiert wären, so hätten wir zweifelsohne eine Niederlage erlitten. Das ist jedem vollkommen klar. Aber sie marschierten nicht, weil sie zugeben mussten, dass die Bolschewiki ehrlicher waren als die anderen. Wenn die Bolschewiki! erklären, dass sie die Unabhängigkeit eines jeden Volkes anerkennen, ..dass sie niemals einen Krieg zur Unterdrückung eines Volkes führen werden — wenn sie das sagen, schenkt man ihnen Glauben." Mit der Wahl des Friedensweges haben die Nachbarn der Sowjetrepublik nicht nur ihre eigene Unabhängigkeit gerettet, sondern auch zur Niederlage der Intervention beigetragen.
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Friedliche Koexistenz — die ersten Schritte Die Entente bemühte sich, nicht nur die Nachbarn Russlands in einem antisowjetischen Lager zu vereinen. Als der Bürgerkrieg und die Intervention in vollem Gange waren, richtete der französische Ministerpräsident Clemenceau drohende Noten an die Regierungen aller kleinen Länder Europas, ja nicht nur Europas, mit der Forderung, an der Wirtschaftsblockade gegen die Sowjetrepublik teilzunehmen. Sich diesen Forderungen zu widersetzen, war nicht leicht. Nichtsdestoweniger wagten es viele Länder. Am 1. Juni 1918 schloss das Sowjetland sein erstes Außenhandelsabkommen mit Schweden. Bald darauf wunde auch ein Handelsvertrag unterzeichnet. Schwedische Schiffe durchbrachen die Blockade und liefen mit Landmaschinen und Ausrüstungen Petrograd an. Und obwohl der Oberste Rat der Entente Schweden immerhin zwang, die Handelsbeziehungen zu Russland abzubrechen, wurden sie im Frühjahr 1920 wieder aufgenommen, und zwar in recht großem Umfang. Dem Beispiel Schwedens folgten andere Länder. Lenin äußerte dazu: „Wir haben die Auseinandersetzung mit der Entente gewonnen, weil sie auf die kleinen Nationen rechnete, sie aber gleichzeitig von sich abstieß... Als aber mit aller Schärfe die Frage gestellt wurde, mit der Entente gehen und ihr helfen, die Bolschewik! niederzuschlagen, oder sich für neutral erklären und damit den Bolschewik! zu helfen, da gewannen wir die Auseinandersetzung, und die kleinen Länder blieben neutral."
Der Sieg des Sowjetvolks im Bürgerkrieg und die Niederlage der Intervention führten zum Zusammenbruch der Ententepolitik, die darauf abzielte, Russland die Bedingungen zu diktieren und es von der übrigen Welt zu isolieren. Im Frühjahr 1920 sah sich die Entente genötigt, die Blockade aufzuheben.
Im Laufe des Jahres 1921 schloss Sowjetrussland Handelsabkommen mit England, Deutschland, Italien und Norwegen. Am 7. Dezember 1921 wurde ein Handelsabkommen mit Österreich unterzeichnet. Österreich war also einer der ersten kapitalistischen Staaten, zu denen die Sowjetrepublik Wirtschaftsbeziehungen auf Vertragsbasis hergestellt hatte. Das war eine für beide Länder schwere Zeit. Sowjetrussland wurde von der schlimmsten Katastrophe — einer Missernte — heimgesucht. Mehr als 20 Millionen Menschen litten Hunger. Die Wirtschaft Österreichs befand sich in einem üblen Zustand. Krise und Inflation trafen es stärker als irgendein anderes Land in Europa. Dutzende Werke und Fabriken lagen still. Die Arbeitslosigkeit hatte einen katastrophalen Stand erreicht, lm Oktober 1921 übertraf der Index der Lebenshaltungskosten den Stand von 1914 um das 190fache.
Das Land war am Rande eines wirtschaftlichen und sozialen Zusammenbruchs. Es ersuchte die Westmächte um Hilfe. Eine internationale Anleihe wurde, wenn auch nicht sofort, gewährt. Aber zu welchen Bedingungen! Die österreichischen Finanzen wurden unter Kontrolle gestellt. Der Rat des Völkerbunds ernannte für Wien einen Generalkommissar, ohne dessen Erlaubnis keine der bewilligten Summen verbraucht werden durfte. Darüber hinaus war der Kredit auch mit politischen Bedingungen verknüpft.
Wie die englische Zeitschrift „THE ECONOMIST" damals schrieb, hatte der Generalkommissar großen Einfluss auf die Innenpolitik Österreichs, und seine Vollmachten versetzten ihn in die Lage eines Diktators.
In welchem Kontrast hierzu stand das sowjetisch-österreichische Abkommen! Es beruhte auf völliger Gleichberechtigung und gegenseitigem Vorteil, entbehrte jeder Diskriminierung, politischer Bedingungen und wirtschaftlicher Privilegien. In diesem Sinne hatte das Abkommen eine gewaltige moralische Bedeutung für Österreich, es bot ihm wenigstens einen gewissen Rückhalt bei den Verhandlungen mit den Westmächten. Natürlich konnten unter den damaligen Gegebenheiten die wechselseitigen Lieferungen nicht groß sein. Sie ermöglichten es aber immerhin, sei es auch in nicht hohem Grade, die Arbeitslosigkeit in Österreich zu reduzieren.
Das sowjetisch-österreichische Abkommen hatte nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine große politische Bedeutung. Es zeigte, dass die Prinzipien der friedlichen Koexistenz, die die Oktoberrevolution verkündet hatte, keine bloße Deklaration, sondern lebendige Praxis waren, deren Verwirklichung von dem guten Willen der Partner Sowjetrusslands abhing. In Genua, auf der ersten internationalen Konferenz 1922, an der der Sowjetstaat teilnahm, erklärte der Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten, Tschitscherin: „Dem Standpunkt der Prinzipien des Kommunismus treubleibend, erkennt die russische Delegation an, dass in der jetzigen historischen Epoche, die die parallele Existenz der alten und der entstehenden neuen sozialen Ordnung möglich macht, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Staaten, die diese beiden Eigentumssysteme vertreten, eine gebieterische Notwendigkeit ist."
1922 war ein Jahr der Anbahnung von Wirtschaftsbeziehungen Sowjetrusslands mit kapitalistischen Ländern. Es ist aber ganz offensichtlich, dass keinerlei normale zwischenstaatliche ökonomische Beziehungen erfolgreich verwirklicht werden können, solange die politischen Beziehungen ungeregelt bleiben. Das Scheitern der Wirtschaftsblockade musste unweigerlich auch die Herstellung von diplomatischen Beziehungen zwischen beiden Systemen nach sich ziehen, obgleich recht einflussreiche Kreise des Westens heftig dagegen ankämpften.
Lenin sah eine solche Wende nicht nur voraus, sondern warnte auch davor, dass derjenige der der neuen Situation nicht Rechnung trägt, in eine schlechtere Lage geraten kann. Er sagte: „Nichtsdestoweniger kommen die ökonomischen Beziehungen und in ihrem Gefolge die diplomatischen Be- Ziehungen in Gang, sie müssen in Gang kommen und werden ganz bestimmt in Gang kommen. Jeder Staat, der dem entgegenwirkt, läuft Gefahr, zu spät zu kommen und vielleicht in bezug auf manchen, ziemlich wesentlichen Punkt in eine nachteilige Lage zu geraten."
Einer der ersten kapitalistischen Staaten, die der neuen Situation Rechnung trugen, war Österreich. Im Februar 1924 wurden zwischen beiden Ländern diplomatische Beziehungen aufgenommen. Der Stellvertreter des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten, Litwinow, äußerte zu dieser Tatsache, dass die diplomatischen Beziehungen zu Österreich faktisch schon 1918 hergestellt waren und es sich somit „nur um die Wiederaufnahme 'der durch diverse Ereignisse gestörten diplomatischen Beziehungen handelte".
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