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die wunderbare Welt des Zinses
  ARTIKEL[1 pic] begonnen von am 13.09.2006  | 9 Antworten
NEUES THEMA13.09.2006, 20:08 Uhr
Nutzer / in
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• die wunderbare Welt des Zinses Für Geld kann man alles haben: ein Auto, eine Aktie, eine Waschmaschine, zehntausend Waschmaschinen oder eine Reise nach Madagaskar, ganz egal. Ja, man bekommt für Geld sogar - mehr Geld! Jeder kennt das; man bringt seine Verdienste zur Bank, zahlt sie auf ein Konto ein, und auf gespenstische Weise scheint es dort vermehrt zu werden, denn man bekommt Zinsen dafür. Ein Wunder? Nicht für unsere illuminierte FAZ, die zwar erst provokant die Frage stellt "Warum gibt es eigentlich Zinsen? Link ...jetzt anmelden!' target='blank", sich aber sogleich mockiert über unwissende Kleingeister wie Luther, Aristoteles oder Dante, die offenbar diese für eine FAZ so simple Angelegenheit, "jenem wohl kapitalistischsten aller Phänomene", nicht durchschauten und deshalb als widernatürliches Teufelswerk verurteilten.

Teil V

Die Erleuchtung beginnt als harmloses Funkeln: "Der Zins ist deswegen bei genauerer Betrachtung nicht etwa der Preis des Geldes, sondern der Preis für die Zeit." Man kann sich nämlich beispielsweise ein Haus kaufen. Das ist sehr teuer, also nimmt man einen Kredit auf. Bis dieser abbezahlt ist, muss man dann allerdings erst ein paar Jahre, meist Jahrzehnte fleißig arbeiten und stellt am Ende auch noch fest, dass man locker das Doppelte des ursprünglichen Kredits zurückgezahlt hat. Aber dafür wohnt man immerhin bereits in frühen Jahren im Eigenheim.
Der Zins ist also der Preis dafür, schon sehr früh Waren zu konsumieren, die man sich erst später leisten könnte, also für "zeitlich vorgezogenen Konsum". Dann ist allerdings der Zins "bei genauerer Betrachtung nicht etwa der Preis des Geldes, sondern der Preis für die Zeit"...obwohl, ist Zeit nicht Geld? Und wieviel Zeit hat so eine Bank eigentlich im Angebot? 1000 Jahre? Und wo hat sie die her? Aus der Zukunft???

Geld verursacht Kosten, erklärt uns FAZ.net, und konstatiert auch gleich, wie natürlich es sei, dass sich Geld selbsttätig vermehrt. Wenn auch antike VIPs wie z.B. der heilige Augustinus oder Aristoteles die Geldvermehrung als unnatürlich ansahen und als Gegenbeispiel die natürliche Vermehrung eines Samenkorns jener gegenüberstellten, so argumentiert die FAZ einfach, dass das Samenkorn ja von geliehenem Geld bezahlt worden sein kann und glaubt sich sogleich als logischer Triumphator. Als ob die Art der Bezahlung von Samen irgendetwas zu tun hätte mit deren Aufkeimen. Und wer sagt überhaupt, dass die daraus gezüchteten Pflanzen wieder zum Verkauf angeboten werden, oder nicht vielleicht von Tieren weggefressen werden? Man ist geneigt zu glauben, FAZ.net habe ihre Ökonomie bei Hegel gekauft, wenn man schon vom Begriff des Werts liest, die sich allein durch ihre Negation zu höherer Größe emporschwingt, und in der die Entäußerung als aufkeimendes Samenkorn nur als Vermittlung, als Modus, des immanenten Wesens im Prozess des Für-sich-seins gilt. Das hat sich der Weltgeist aber fein ausgedacht.

Der Zins kommt also nicht einfach aus dem Geld selbst heraus, und die Erleuchtung muss sich schon ein wenig mehr anstrengen, um Licht in die verzwickte Angelegenheit zu bringen. Darum erklärt uns FAZ.net nun neuerdings den Zins daraus, dass junge Leute mehr Geld brauchen als alte, "dass unterschiedlich viele Menschen in den jeweiligen Lebensphasen Ersparnisse bilden oder Kredite aufnehmen wollen".
Eine von Grund aus eigentümliche Theorie, denn man könnte ja meinen, dass die meisten Menschen ihren Konsum nicht an etwaigen Krediten orientieren, sondern an ihrem Einkommen. Nicht zuletzt richtet sich die Kreditwürdigkeit einer Person nach seinen ökonomischen Sicherheiten, bei denen das feste Einkommen eine wesentliche Rolle spielt. Dass junge Leute mehr Geld brauchen, mag ja stimmen, heißt allerdings noch lange nicht, dass sie es auch von der Bank bekommen. Und auch wenn, so erklärt die von FAZ.net angegebene Stelle nur, warum die Banken immer Geld zur Verfügung haben (und selbst das sehr unvollständig), nicht aber, wo jetzt der Zins herkommt.

Unsere ökonomische Erleuchtung verschwindet kurz hinter der Bühne, und erscheint nach kurzer Zeit in strahlender Gestalt von Böhm-Bawerk, einem österreichischen Finanzminister und "Kapitaltheoretiker" (soll wohl heißen, er hat sich seine eigenen Theorien über Marx' Kapital gemacht, das er nicht verstanden hat) von vor hundert Jahren. Dieser "glaubte", dass "die Menschen heutigen Konsum grundsätzlich höher bewerten als einen gleich hohen Konsum morgen. Schließlich sei die Zukunft unsicher, und niemand könne wissen, ob er dann überhaupt noch lebe." Vielleicht liegt die Erklärung für dieses Phänomen in der profanen Tatsache begründet, dass Menschen täglich Nahrungsmittel etc. brauchen und damit einfach nicht bis morgen, nächste Woche etc. warten können, eben weil ihre Zukunft dann sehr unsicher wird. Böhm-Bawerk "glaubt" also, erkannt zu haben, dass Menschen täglich was zu essen brauchen, und leitet daraus eine Gegenwartspräferenz ab, und aus dieser den Zins. Die Blödsinnigkeit dieser Theorie wird umso deutlicher, wenn man, um konsequent zu sein, voraussetzt, dass es unsicher ist, ob es in der nächsten Zukunft, also vielleicht morgen schon, überhaupt noch Nahrungsmittel oder sonstwelche Waren zu kaufen gibt. Dann verfällt allerdings auch jeglicher Anreiz Geld für die Zukunft aufzusparen, da kann der Zins so hoch sein wie er will. Böhm-Bawerk widerlegt sich also selbst. (vorausgesetzt, was die FAZ ihm unterstellt sei tatsächlich, was er ausdrücken wollte)

Aber Böhm-Bawerk hat noch eine andere Theorie, dass nämlich der Zins aus der Investition entspringt, aus der Anlage in produktives Kapital. Mag ihm auch ein Rätsel bleiben, wie die Kapitalisten dies bewerkstelligen; jedenfalls bleibt ihnen nach Anwendung ihres Kapitals immer ein Profit übrig. Daher spare man am eigenen Konsum, werde geizig, und irgendwann kann man sich seine eigene kleine Fabrik hinstellen und den daraus enspringenden "Zins" verkonsumieren. Zins ist also temporärer Konsumverzicht; mit dem Ziel, in Zukunft relativ mehr konsumieren zu können, und zwar vermitels Anlage des Geldes in Kapital. Oder kurz, Zins ist Mehrwert, und Mehrwert ist Zins.
Da strahlt unsere Erleuchtung aber, und zwar so blendend, dass sie die Hand vor Augen nicht mehr sieht und über die eigenen Füße stolpert. Angenommen, die neue Fabrik produziere Waschmaschinen. So hat unser Investor nicht nur den Zins, sondern das gesamte Produkt in Form von Waschmaschinen dastehen, und die soll er jetzt konsumieren? Natürlich nicht, die werden verkauft. Aber in kürzester Zeit wird unserem frischgebackenen Kapitalisten auffallen, wie schwer es ist, Kunden für seine Waschmaschinen zu finden; die meisten haben längst eine Waschmaschine, sie alle nach Schweden (oder wo sonst gerade die Nachfrage hoch ist) zu schleppen ist ihm zu aufwendig, und die Großhändler nehmen ihm die Dinger nur ab, wenn er seine Preise senkt. Schließlich muss er nachgeben und seine Maschinen unter Wert verkaufen; ihm bleibt dann tatsächlich noch etwas Mehrwert zum Verkonsumieren übrig, aber der große Reichtum ist es nicht. Wie gewonnen, so zerronnen.

Auch die FAZ muss das einsehen. Wenn man einfach Geld drauflosinvestieren könnte, um mehr Geld draus zu machen, könnte die Zentralbank Unmengen von Geld drucken, alles investieren, und in kürzester Zeit wäre die Nation reich. In der Tat hat man dann, materiell betrachtet, mehr Geld(stücke und -scheine), und sogar sehr viel mehr Geld - welches nur dummerweise nichts mehr wert ist.
Am Ende des Artikels zwar immernoch keine Erklärung des Zinses, aber zumindest eine Beschreibung seiner Wirkung: "Da der Zins das knappe Kapital tendenziell immer dorthin zieht, wo es den höchsten und sichersten Ertrag erzielt, profitiert davon die gesamte Volkswirtschaft." Was sollen wir uns denn nun darunter vorstellen? Das "knappe" Kapital? Sind wir denn nicht von morgens bis abends von Kapital umgeben, besteht unser Lebensinhalt nicht größtenteils daraus, uns irgendeinem Kapital anzubieten? Ist das die Art von knapp, die sich in neunstelligen Zahlen bei der Angabe von Umsätzen großer Konzerne ausdrückt? Und wieso "zieht" irgendwas das Kapital irgendwohin? Es drängt sich doch auf der Jagd nach frischem Profit wie von selbst in alle Bereiche unseres Lebens, weltweit. Und was hat der Zins damit zu tun? Ist hier nicht eher der Profit gemeint?

Schauen wir uns das Ganze noch einmal an. Wenn überhaupt irgendwie neue Werte geschaffen werden, dann in der Produktion, der sogenannte Mehrwert. Das war so offensichtlich, dass es selbst Böhm-Bawerk einleuchtete. Nun können die Produkte sich nicht einfach so verteilen, es gehört dazu ein äußerst kompliziertes logistisches Netzwerk des Handelskapitals, an das jeder Produzent angeknüpft sein muss. Für eben diese Anknüpfung gibt der Produzent einen Teil des Mehrwerts an das Handelskapital ab, verkauft also Waren unter ihrem Wert, was er sich dadurch erlauben kann, dass ein Teil des in jeder Ware verwirklichten Werts ihn rein garnichts gekostet hat (der Wert einer Ware ist also generell höher als die Kosten ihrer Reproduktion).
Es kann allerdings sein, und ist in der Regel so, dass Unternehmen nicht mit dem Kapital einer Einzelperson arbeiten; also haben sie sich Fremdkapital, meist in Geldform, geliehen, dass sie anwenden. Ihnen gehört dann zwar das Kapital, aber nicht dessen Wert, und dem Wert entsprechend verlangt der Verleiher auch einen gewissen Anteil am Mehrwert. Und nur dieser letzte Anteil ist der Zins!
Ebenso machen es die Banken, wenn auch indirekt. Sie verleihen Geldkapital für Investitionen und streichen einen mehr oder weniger großen Teil des damit erwirtschafteten Mehrwerts ein, und da sie einen guten Teil des ihnen zur Verfügung stehenden Geldes von ihren Anlegern bekommen, sind sie so unglaublich freundlich, von dem Profit, den sie durch das für weit über 10% verliehene Geldkapital bekommen, dann noch etwa 1-2% Zinsen ihren Kunden zu gewähren.
der nächste Artikel der elfteiligen Serie "Verklär' mir die Welt - von Dummies für Dummies: die FAZ erklärt die Wirtschaft" erscheint am Sonntag, den 17.09.2006, auf Link ...jetzt anmelden!
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NEUER BEITRAG14.09.2006, 08:43 Uhr
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klemens

die wunderbare Welt des Zinses Die Zinstheorie von E. v. Böhm Bawerk ist zwar für ihre Zeit ganz nett, die erwähnte Zeitpräfernztheorie jedoch nicht wirklich haltbar und wird somit von modernen (bürgerlichen) Theorie verworfen, geistert aber offensichtlich noch immer herum.

Einer der berühmtesten Schüler Bawerk's Joseph Alois Schumpeter, der ebenfalls der sog. österreichischen Schule der Nationalökonomie angehört, hat da schon deutlich bessere und vor allem realitätsnähere Ansichten den Zins betreffend. Er sieht zum Beispiel den Ursprung des Zinses im Unternehmergewinn (diesen kann man unter gewissen Einschränkungen auch als Mehrwert beschreiben - Mehrwert ist bei ihm Unternehmergewinn plus Zins).

Er erkennt also, dass der Zins logischerweise aus der Produktion und der Investition von Kapital in gewinnbringende Produktionen kommt. Der Zins ist bis zu einem Gewissen Grade eine Steuer auf die Gewinne der Unternehmer, die Schumpeter oft als völlig getrennt von den Kapitalisten sieht. Ohne Unternehmergewinn keine Zinsen.

Auch ist er richtigerweise der Meinung, dass es keineswegs immer angespartes Vermögen braucht um Kredite vergeben und Zinsen nehmen zu können. Durch Kaufkraftschaffung bei einem Kredit bzw. Geldschaffung der Geldverleiher wird neues Kapital geschaffen und nicht nur eingesammeltes verborgt.

NEUER BEITRAG14.09.2006, 08:46 Uhr
Nutzer / in
klemens

die wunderbare Welt des Zinses ""Kapitaltheoretiker""

Das heißt übrigens mit nichten, dass er sich mit Marx' Kapital beschäftigt haben muß, sondern dass er eben Theorien über die Definition, Beschaffenheit und Funktionsweise von Kapital aufgestellt hat. Wie viele andere vor und nach ihm das auch gemacht haben.
NEUER BEITRAG16.09.2006, 04:14 Uhr
EDIT:
16.09.2006, 04:18 Uhr
Nutzer / in
GAST
die wunderbare Welt des Zinses "...Mehrwert ist bei ihm Unternehmergewinn plus Zins..."
Das kann aber auch, wie Marx umfangreich und ausführlich im zweiten Band des Kapitals darstellt, zu einem unschönen Missverständnis führen. Kurz gefasst: Smith verwechselt Ursache und Wirkung, indem er den Mehrwert nicht etwa zerfallen lässt in weitere Bestandteile, sondern ihn zusammensetzt aus mehreren Bestandteilen. Der Mangel an Smiths Darstellungsweise liegt augenscheinlich daran, dass, wenn der Wert einer Ware zusammengesetzt wird (samt des den Mehrwert enthaltenden Teils), jeglicher Bezug zur Werttheorie verlorengeht, da sich der Wert nur noch als die Summe willkürlich erscheinender Ansprüche diverser Anteilnehmer darstellt. Nur andersrum kann es - nicht zuletzt aus chronologischen Gründen - richtig sein: erst produziert der Arbeiter; der Wert, samt Mehrwert, ist dann im Produkt enthalten, nur noch nicht realisiert, und um eben diese Beute schlagen sich dann die verschiedenen Kapitalisten.

"Der Zins ist bis zu einem Gewissen Grade eine Steuer auf die Gewinne der Unternehmer"
Der Zins ist bis zu überhaupt keinem "gewissen Grade eine Steuer auf die Gewinne der Unternehmer", stattdessen aber die Körperschaftsteuer. Wie ich im Artikel geschrieben habe, ist der Zins der Profit des Fremdkapitals. Dem Kapitalisten, der mit Fremdkapital arbeiten lässt, gehört nicht (!) das Fremdkapital, nur seine stofflichen (oder geldlichen) Bestandteile. Er wird innerhalb der Kapitalistenklasse degradiert zum bloßen Aufpasser über anderer Leute Kapitale.

"Auch ist er richtigerweise der Meinung, dass es keineswegs immer angespartes Vermögen braucht um Kredite vergeben und Zinsen nehmen zu können."
Diese Aussage ist mit Vorsicht zu genießen, schließlich ist eine Bank bzw. Sparkasse u.a. Sammelpunkt für Erspartes und kommt nur dadurch in den Besitz von Geld als Zirkulationsmittel, die sie z.B. als Kredite wieder herausgeben. In der Hinsicht sind die Kredite angespartes Vermögen, als Summe vieler kleiner angesparter Vermögen. Andererseits ergibt sich ein Widerspruch zwischen der Funktion des Geldes als Zirkulationsmittel und seiner Funktion als Wertmaß. Wenn innerhalb einer Bank nämlich Geld zwischen Konten hin- und hergebucht wird, so werden natürlich keine Gelder an sich, als materielles Geld (Münzen, Scheine) hin- und hergetragen und meinetwegen in spezielle Depots für ihre Besitzer verstaut (so habe ich mir als kleines Kind immer Banken vorgestellt). Es werden nur ein paar Zahlen in einer zentralen Datenbank verändert. Das Geld zirkuliert also nicht, und zirkuliert doch! Diesen Trick nutzen Banken gerne aus; sie wissen, dass in den seltensten Fällen ihre Kunden gleichzeitig ihr ganzes Geld abheben wollen, also haben sie generell Geld übrig, das sie für Zinsen verleihen können. Banken verleihen also auch Geld, das nicht ihnen gehört! Wenn sie im Nachhinein Zinsen dafür bekommen werden sie natürlich trotzdem reich...

Achja, das mit dem Kapitaltheoretiker war natürlich nur als flachste Provokation gemeint.
NEUER BEITRAG16.09.2006, 07:35 Uhr
EDIT: klemens
16.09.2006, 07:40 Uhr
Nutzer / in
klemens

die wunderbare Welt des Zinses Das scheint ja einige Mißverständnisse ausgelöst zu haben. Hier nur kurz mal dieses:

1. Smith verwendete den Begriff Mehrwert im Sinne eines Marx gar nicht - höchstens den des surplus der damals ganz allgemein als ein synonym für gewinn zu verstehen ist.

2. Die Darstellung Schumpeters hat sehr wohl seine innere Logik und das mit der Steuer kommt nicht von ungefähr. Jedoch muß man die Rahmenbedingungen und Grundanschauungen kennen die er da an den Tag legt. Dieser Vergleich mit der Steuer ist natürlich NICHT wortwörtlich zu nehmen sondern ist als eine Art Metapher zu verstehen. Das es sich hier nicht um so etwas wie die KeST oder ähnliches handelt ist klar.
Hier wird ein Teil des Mehrwerts abgespalten und den Geldgebern direkt gegeben, die ja hier eigentlich auch nichts weiter machen als Geld zur Verfügung stellen (falls wie richtig erwähnt Fremdkapital in welcher Form auch immer zur Verfügung steht.)

3. Dass du das mit dem Kapitaltheoretiker wohl eher polemisch gemeint hast, hab ich mir schon gedacht. Hab ja beim ersten Lesen ein wenig schmunzeln müssen.
Und schmunzeln tut man ja in Graz auch ganz gerne - wenn's passt.

Bin leider heute in Salzburg, aber wenn ich wieder da bin kann ich da hoffentlich noch einiges aufklären.
NEUER BEITRAG16.09.2006, 14:28 Uhr
EDIT:
16.09.2006, 14:29 Uhr
Nutzer / in
GAST
die wunderbare Welt des Zinses Im Prinzip hast du ja Recht, nur - bitte verzeih meine Kleinlichkeit in diesen Dingen - drückst du dich etwas unpräzise aus.

"Smith verwendete den Begriff Mehrwert im Sinne eines Marx gar nicht"
Darum kann es nicht gehen, das ist nämlich chronologisch garnicht möglich. Die Frage ist, warum Marx nicht den Mehrwertbegriff (surplus value) von Smith teilt, der dort durchaus schon vorkommt. Außerdem geht es in der Frage eher um die Revenuequellen, und Smiths Ansicht verleitet ihn (Smith) zu der Annahme, dass das gesamte gesellschaftliche Produkt sich durch v (variables Kapital) + m (Mehrwert) zusammensetzt, denn was in einem beliebigen Betrieb c ist, besteht ja auch nur aus verausgabter Arbeit, also auch aus c+v+m, und jenes c wiederum aus c+v+m etc. So wird, zeitlich rückwärts betrachtet, bei Smith jedes c aus v+m zusammengebaut, und schon verschwindet das konstante Kapital komplett aus der Betrachtung.

"Die Darstellung Schumpeters hat sehr wohl seine innere Logik und das mit der Steuer kommt nicht von ungefähr. Jedoch muß man die Rahmenbedingungen und Grundanschauungen kennen die er da an den Tag legt."
Da kenne ich mich leider garnicht aus, wäre aber bestimmt interessant seine Theorien mal zu betrachten...kennst du dich da ausführlich mit aus?

"Hier wird ein Teil des Mehrwerts abgespalten und den Geldgebern direkt gegeben, die ja hier eigentlich auch nichts weiter machen als Geld zur Verfügung stellen."
Betrachtet man bloß die Erscheinung, hast du völlig Recht. Allerdings ist dieses Geld dem Wesen nach Geldkapital, also eine gesellschaftliche Macht, die den Kreditnehmer zur produktiven Konsumtion zwingt. Das gesellschaftliche Verhältnis wird durch die Sache vermittelt, ist aber nicht in ihr enthalten.
Das ist etwa wie beim Schach: ich gebe deinem König Schach! Dann sieht das für den außenstehenden Laien, der Schach nicht versteht, so aus, als würde ich einfach ein Stück Holz bewegt haben, er kann die Verknüpfung zu den inneren Gesetzen des Schachspiels nicht erkennen; nicht das Wesen, nur die Erscheinung. Nun zieht dein König. Für den Laien ein völlig zufälliges Ereignis, ein anderes, andersfarbiges Holz wird bewegt. Aber wir beide kennen die Gesetzmäßigkeit dahinter.
NEUER BEITRAG16.09.2006, 16:40 Uhr
Nutzer / in
paulina

die wunderbare Welt des Zinses ...wie schön, daß ICH nur ein "andersfarbiges Holz sich bewegen" sehe, hehe...
NEUER BEITRAG18.09.2006, 12:49 Uhr
EDIT: klemens
18.09.2006, 12:59 Uhr
Nutzer / in
klemens

die wunderbare Welt des Zinses "Dem Kapitalisten, der mit Fremdkapital arbeiten lässt, gehört nicht (!) das Fremdkapital, nur seine stofflichen (oder geldlichen) Bestandteile. Er wird innerhalb der Kapitalistenklasse degradiert zum bloßen Aufpasser über anderer Leute Kapitale."



Nunja dass das Fremdkapital nicht dem Unternehmer selbst gehört liegt ja schon in der Natur der Sache deshalb ja Fremdes Kapital. Es können ihm somit auch nicht seine "geldlichen" Bestandteile gehören. Fremdkapital besteht meist aus Krediten oder kreditähnlichen Formen. Dieses Geld das durch den Kredit zur Verfügung gestellt wird, kann der Schuldner für einen bestimmten Zeitraum nutzen, es gehört aber nach wie vor nicht ihm, er muß es mit Zinsen dem Fremdkapitaleigner zurückgeben. Geld hat kein Mascherl insofern muß er es natürlich zuerst investieren und vom Ertrag daraus wieder zurückzahlen.

Nun zu dem Aufpasser innerhalb der Kapitalistenklasse. Nun meines Erachtens ist dies ein interessanter Punkt, weil er mich zu dem bringt was ich zu Schumpeter erläutern will. Dieser Aufpasser ist in Schumpeters Augen nämlich kein Kapitalist!

Vielleicht ist es hilfreich an dieser Stelle allgemein die Hauptklassen von Akteuren, die für Schumpeter eine Rolle spielen zu benennen.
Dies sind: 1. Grundbesitzer, 2. Kapitalisten, 3. Arbeiter, 4. Unternehmer. Wobei er allem Anschein nach den ersten drei eine passive Rolle im Wirtschaftsgeschehen und nur der letzten Klasse eine wirklich aktive und dynamische Rolle zugesteht. Dabei ist anzumerken, dass schon Adam Smith den Grundbesitzern eine solche passive Rolle gegeben hat.

Der Unternehmer ist bei ihm die zentrale Figur - der Unternehmer ist aber weder ein Manager im heutigen Sinne, noch ein Kapitalist im Sinne eines Marx oder Smith ist. Letzteren, den Kapitalisten, definiert er zwar später, aber gibt ihm eine ganz andere Rolle nämlich die eines Kapitalverleihers.

Der Unternehmer ist jemand der Unternehmen durchführt - und Unternehmen sind bei ihm die wirtschaftlichen Neuerungen die, die Wirtschaft vorranbringen im Sinne von die Wirtschaftsweise produktiver und effizienter machen etc.
Diesen Unternehmer gibt es bei ihm nicht nur in der Marktwirtschaft sondern gibt es auch in dem was er unter "geschlossenen" Wirtschaft versteht (Kommandowirtschaften im Allgmeinen - egal ob ein Diktator oder ein Kollektiv entscheidet).
Menschen sind immer nur so lange Unternehmer wie sie an der Durchführung eines Unternehmens in seinem Sinne beschäftigt sind.

Jetzt muß man wissen, dass er als Kaptialisten alle Menschen bezeichnet die Kapital besitzen, und zwar ist bei ihm Kapital Kaufkraft (also Geld oder Geldsubstitute) das zum Erwerb von Arbeitskraft und/oder wie er es nennt Boden&Naturleistungen (Grundstücksmieten, Rohstoffe etc. ) zum Zweck der Produktion dient.

Die Arbeiter arbeiten um für ihre Arbeitskraft Lohn zu bekommen und er macht was ihm ein Vorarbeiter, Vorgesetzter nahelegt zu tun. Auch den Vorgesetzten und letztlich auch einen Fabrikschef, der nicht gleichzeitig Unternehmer in seinem Sinne ist, sieht er in einer passiven Rolle und meint er wäre vergleichbar mit einem Arbeiter - denn er reproduziere nur etwas was er irgendwo gelernt hat oder was man ihm zu tun sagt - er schafft keine Erneuerungen (Neukombinationen) - er ist bloser Verwalter (-> Aufpasser).

Nun das mag ja alles jetzt ein wenig undruchschaubar klingen - es war auch für mich als ich mich das erste mal damit beschäftigt habe nicht leicht da durchzublicken.

Auf jeden Fall ist bei ihm der aktive Teil der Unternehmer der ein neues Produkt produziert oder es günstiger herstellt oder anderes (er kennt hier fünf verschiedene Arten von Neuerungen). Und damit trennt (!) er ihn vom Kapitalisten, der ihm nur das Geld mittels der Bank oder ohne zur Verfügung stellt! Der Unternehmer, der den Unternehmergewinn erwirtschaftet, ist bei ihm ein Kreditnehmer und somit bekommt hier der Kapitalist tatsächlich die Rolle des passiven Kapitalgebers der sich einen Teil des Unternehmergewinns mittels den Zinsen abschneidet - eben wie eine Art Steuer!

Wichtig ist noch zu erwähnen, dass er in Sachkapital wie Maschinen etc. KEIN Kapital sieht, dies sind für ihn nur Produktionsmittel. Diese ist durchaus eine eigentüliche Sicht der Dinge - was vor allem seltsam erscheint, wenn man weiß, dass Schumpter die Schriften von Marx ausführlich studiert. Dessen Sicht auf die Dynamik der Entwicklung lobte er: „Der einzige größere Versuch nach dem Entwicklungsprobleme hin, ist der von Karl Marx.“

Wenn sich wer dafür interessiert kann ich ihm gern eine Arbeit von mir schicken, die ich dazu unlängst geschrieben habe. Hier nähers zu erläutern würde wohl den Rahmen sprengen.
@Alex also wenn du dich dafür interessierst - ist auch nicht so lang der Text - kannst du's mal lesen.

"sie wissen, dass in den seltensten Fällen ihre Kunden gleichzeitig ihr ganzes Geld abheben wollen, also haben sie generell Geld übrig, das sie für Zinsen verleihen können. Banken verleihen also auch Geld, das nicht ihnen gehört! "

Kurz zu dem Geld und Geldverborgen: Nun eben weil das moderne Bankenwesen nicht mittels "Geldmünzen-von-A-nach-B-tragen" funktioniert kann hier mehr verborgt werden als eigentlich da ist. Jedoch war dies mittels Schuldscheinen auch schon früher möglich.
Dieses Geldverborgen obwohl keines angespart wurde ist ebenfalls beliebtes Mittel div. Zentralbanken in unterentwickelten Staaten - hauptsächlich dann an die jeweilige Regierung. Funktionieren kann das allerdings auch, wenn die das Geld dann gewinnbringen investiert zum Beispiel in Infrastruktur oder ähnliches und dadurch höhere Steuern bekommt. Aber das ist ein anders Thema.


Wie auch immer der Zins kommt selbstverständlich aus der Produktion und kann nur mittels Mehrprodukt generiert werden. Er ist Teil des Mehrwerts aus dem er entspringt. Jedoch haftet er aber am Geld, auch wenn man theoretisch materielles Mehrprodukt als Zins auszahlen könnte.

NEUER BEITRAG18.09.2006, 14:47 Uhr
EDIT:
18.09.2006, 14:50 Uhr
Nutzer / in
GAST
die wunderbare Welt des Zinses Das war schonmal ziemlich interessant, was gerade diesen Schumpeter betrifft. Allerdings finde ich einige Punkte an seiner Wirtschaftstheorie stark bedenklich.

Wenn er die besitzende Klasse in einen produktiven und einen nichtproduktiven Teil aufsplittet, ist das nichts anderes als die den Nazis eigene Verdrehung von wegen raffendes und schaffendes Kapital. Außerdem würdigt er die arbeitende Klasse zum bloßen passiven Element der Produktion herab und gibt stattdessen dem Unternehmer den aktiven Part. Wie unsinnig sowas sein muss ist klar, wenn man die tatsächlich zu verrichtende Arbeit vom reinen Arbeiter befehligen unterscheidet; und diese Unterscheidung ist so augenscheinlich, dass Schumpeter schon ein ziemlich phantasievoller Mensch gewesen sein muss, um sie zu verdecken. Bei ihm sind Arbeiter Maschinen, Apparate, die Kraft auf Gegenstände anwenden, mehr offenbar nicht. Dann führt er noch eine Extraklasse der Aufseher ein, als würde diese nicht generell aus der Arbeiterschaft selbst entspringen.

Das einzige, was die Kapitalisten (meinetwegen die "Unternehmer") in der heutigen Gesellschaft auszeichnet, ist, dass durch ihr Profitinteresse Kapital und folglich Arbeitskraft sich relativ gleichmäßig (im Hinblick auf den Bedarf, allerdings mit krassen Ausnahmen) in der Gesamtproduktion verteilt. Die Klasse der Kapitalisten vertritt also prinzipiell nur die Funktion einer allgemeinen Produktionsplanung, und diese auch noch äußerst schlecht, weil unkoordiniert. Erscheinen auch Investitionen etc. als bewusster Akt eines Unternehmers, zwingen ihn trotzdem gesellschaftliche Gesetzmäßigkeiten dazu, bzw. grenzen seinen Spielraum stark ein.

Schumpeter hat, wie du schon beschrieben hast, auch offensichtlich den Kapitalkreislauf nicht verstanden, was einen sehr wundern kann bei einer Person, die sich viel mit Marx beschäftigt haben will.

"Nunja dass das Fremdkapital nicht dem Unternehmer selbst gehört liegt ja schon in der Natur der Sache deshalb ja Fremdes Kapital. Es können ihm somit auch nicht seine "geldlichen" Bestandteile gehören."

Eben doch! Gerade das ist doch der Knackpunkt.

Achja, ich würde den Schumpeter-Artikel gern mal sehen, kannst du ihn mir bitte zumailen? Adresse steht in meinem Benutzerprofil.
NEUER BEITRAG19.09.2006, 13:55 Uhr
EDIT: klemens
19.09.2006, 13:57 Uhr
Nutzer / in
klemens

die wunderbare Welt des Zinses Der Nazi Vergleich ist unzulässig, es ist ja keineswegs das Kapital, das er einteilt, er teilt alle Menschen ein, in die die jahraus jahrein das gleiche machen und woraus sich nur kleine gemächliche veränderungen des Wirtschaftsprozesses ergeben und die, die durch Durchführung/Einführung von überragenden Erfindungen (Dampfmaschine, Auto, PC etc. ) und Veränderungen den Lauf der Wirtschaft ruckartig und dauerhaft verändern, und die nennt er Unternehmer. Und diese gibt es auch in planwirtschaftlichen Wirtschaftssystemen - und natürlich können auch Arbeiter wie andere kurz zu Unternehmern werden. - ich schick dir den Text und du wirst das besser verstehehn. Das es selbstverständlich ein elitäres Bild ist, ist aber klar - dies aber mit der Blut und Boden Ideologie der Nazis in einen Topf zu werfen ist unzulässig.
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