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NEUES THEMA16.03.2018, 13:08 Uhr
EDIT: FPeregrin
15.07.2020, 14:12 Uhr
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FPeregrin

• Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Die KP Israels und Haddash veröffentlichten vor drei Tagen folgende Erklärung, die ich hier mal ganz einstelle:

Das Nationalitätengesetz legalisiert die Apartheid in Israel!

Die Kommunistische Partei Israels (KPI) und die „Demokratische Front für Frieden und Gleichheit“ (Haddash) warnen vor den Versuchen der regierenden Rechtskoalition in der Knesset die Gesetzgebung für das Nationalitätengesetz zu beschleunigen. Sie sehen es an als ein „rassistisches Gesetz, das die Apartheid offiziell und offen gesetzlich einführt“.

KPI und Haddash versichern, dass die arabisch-palästinensischen Bürger/innen Israels die nativen Einwohner dieses Lands sind – und ihre Rechte müssen auf dieser faktischen Grundlage respektiert werden. Außerdem gibt es angesichts dieses Angriffs eine Notwendigkeit der palästinensischen Minderheit in Israel volle Gleichheit ohne Diskriminierung in bürgerlichen und nationalen Rechtsfragen zuzusichern, besonders in Land- und Wohnungsangelegenheiten, sowie eine aufrichtige Anerkennung der arabischen Sprache, als eine offizielle Sprache im Staat.

Die neuerliche Realitätsflucht der Regierung, hier zur Verabschiedung dieser rassistischen Gesetzgebung, genau wenn Gespräche über vorgezogene Wahlen aufkommen, unterstreicht ihre tiefe politische Krise. Im Zusammenhang mit der Korruptionsuntersuchung gegen Netanyahu und seine Komplizen zeigt diese Gesetzgebung den faschistischen und antidemokratischen Charakter dieser Regierung.

KPI und Haddash sagen, dass Netanyahu den Versuch unternimmt, den Wahlkampf in eine Arena rassistischen und faschistischen Aufruhrs gegen die arabisch-palästinensische Minderheit zu verwandeln und die nationalistischen Tendenzen unter den rechtsgerichteten Siedler-Befürwortern anzufachen.

Die Kommunistische Partei und Haddash rufen zu einer Verstärkung der Kampfeinheit der arabischen Bevölkerung gegen diese rassistische Politik wie auch zur Kampfeinheit aller demokratischen, fortschrittlichen Kräfte der israelischen Gesellschaft auf – in Verteidigung der Prinzipien von Demokratie und Gleichheit gegen die anstehende faschistische Gefahr.

13. März 2018

Komitee für Internationale Beziehungen
Kommunistische Partei Israels


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Es ist m.E. evident, daß es eine Lösung des Nahostkonflikts nur dann geben kann, wenn eine gleichgerichtete fortschrittliche Massenbewegung entsteht, die beide (!) nationalen Gemeinschaften im historischen Mandatsgebiet Palästina erfaßt. Eine solchen von KP und Haddash vorgeschlagene antifaschistisch-demokratische Stoßrichtung wäre qualitativ dazu geeignet; ... ob quantitativ - d.h. auch in der nationalen Balance - wird sich zeigen. Zu hoffen wäre es!
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NEUER BEITRAG16.03.2018, 16:03 Uhr
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smersch

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Das ist eine sehr Inhaltsarme Pressemitteilung. Wovon reden die eigentlich, worum geht es?

Wenn ich Nationalitätengesetz Israels google, komme ich immer nur auf Artikel aus 2014 oder 2015.

Geht es darum, dass Israel ein "jüdischer Staat" sein soll?

PS: Im Interview mit der UZ hat der Generalsekretär der KP Israels zudem für meinen Geschmack ein etwas fragwürdig laxen Umgang was Begriffe wie "faschistisch" oder "Apartheid" angeht, demonstriert.

Apartheid als zu wenig Geld für "arabische Ratshäuser" (ist wohl ein Übersetzungsfehler, oder?) und nicht genug Industrieentwicklung in arabischen Vierteln?

Bei südafrikanischen Apartheid würden mir ja erstmal jede Menge ganz andere Dinge einfallen, bis ich irgendwann mal bei sowas lande. Mit der Begründung leiden Ostdeutsche ja auch unter einer Apartheid.

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NEUER BEITRAG17.03.2018, 15:53 Uhr
EDIT: FPeregrin
03.10.2021, 19:17 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung @smersch: Es ist eine wohlbekannte Erscheinung, daß Begriffe, wenn sie verallgemeinert werden, sich in ihrer Stereo- und Prototypikalität verändern. Der Begriff 'Faschismus', wie wir ihn der Tradition der Kommunistischen Internationale verwenden, beinhaltet also partiell anderes als der Inhalt des ursprünglichen ital. fascismo; er ist in der äußeren Begrenzung weiter, aber im definierten Kern stabiler. Zu 'Apartheid' (#Apartheid) sagt etwa Wikipedia folgendes: "Heute wird der Begriff auch im Sprachgebrauch für jegliche Arten von ethnisch bzw. rassistisch motivierter Segregation verwendet, bei der die Staatsgewalt in einem Land zur Einschränkung der sozialen und bürgerlichen Rechte einer Gruppe missbraucht wird."
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bzw.:
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Unabhängig davon, daß der 'Apartheid'-Begriff in Anwendung auf israelische Politik ein alter Hut ist - ob immer zu recht oder zu unrecht, muß uns jetzt gar nicht interessieren -, trifft genau diese Bestimmung in Bezug auf das Nationalitätengesetz und die von Adel Amer im UZ-Interview erwähnten Beispiele aus etwa weiteren 70 weiteren, ab dem dem Gaza-Krieg 2014 verabschiedeten Gesetzen definitiv zu. Daß es immer noch schlimmer geht, kann kein Argument gegen die grundsätzliche Konstatierung ethnischer Segregation sein, "bei der die Staatsgewalt [...] zur Einschränkung der sozialen und bürgerlichen Rechte einer Gruppe missbraucht wird". Eine Laxheit in der Anwendung des Begriffes 'Apartheid' kann ich also hier nicht finden.

Ähnlich ist dies mit Adel Amers Verwendung des Begriffes 'Faschismus'. Ich zitiere mal: "Ich möchte das klarstellen. Ich habe gesagt, Israel entwickelt sich in eine faschistische Richtung. Es gibt Erscheinungen innerhalb der israelischen Gesellschaft, die in diese Richtung gehen. In Israel gibt es eine starke Diskriminierung auf Grundlage der Nationalität, die sich vor allem gegen die palästinensischen Araber richtet. Dies wird seit dem Tag der Gründung Israels praktiziert. In den letzten Jahren, nach so vielen Jahren israelischer Besatzung und mehreren wirtschaftlichen Krisen, haben sich Widersprüche in der israelischen Gesellschaft herauskristallisiert. Jene, die die Macht in Israel haben, können diese Widersprüche nicht auflösen. Sie begegnen den Widersprüchen mit zunehmender Diskriminierung gegen die arabische Minderheit, aber auch gegen andere Minderheiten in Israel." Und: "Israel ist ein Apartheidstaat, aber noch kein faschistischer Staat." - Dies ist analog zu dem, was hier bereits in anderen Threads in Bezug zu unserem imperialistischen Hauptfeind im eigenen Lande hinsichtlich zahlreicher Mißverständnisse gesagt worden ist: 'Faschistischer Staat' ist etwas anderes als 'drohender Faschismus' oder 'Vorbereitung einer faschistischen Option'. Trotzdem ist letzteres notwendige Bedingung für ersteres und muß daher bekämpft werden. Adel Amer konstatiert hier Israel nichts anderes, als was u.a. in diesem Forum oder in der KAZ andere in Bezug auf die BRD kostatieren: eine akute faschistische Gefahr. Es wäre m.E. auch sehr erstaunlich, wenn sich nun ausgerechnet das kleine Israel entgegen einem wahrnehmbaren allgemeinen Trend verhalten würde! Abgesehen davon, daß wir vielleicht noch einmal klären müssen, was 'Faschismus' in Bezug auf abhängige und nicht-imperialistische Länder heißt - insbesondere, wer hier die treibende Monopol-Bourgeoisie ist -, kann ich auch einen laxen Umgang mit dem Begriff 'Faschismus' nicht erkennen.

P.S.: Daß Israel (noch?) kein faschistischer Staat ist, kann man u.a. daran erkennen, daß solche Debatten, wie die in der Knesset im Oktober letzten Jahres über das Nationalitätengesetz geführt wurden, (noch?) möglich sind. Ich verlinke nicht ohne Grund auf die bürgerlich-zionistischen ynetnews:
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NEUER BEITRAG18.03.2018, 00:45 Uhr
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smersch

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung "ob immer zu recht oder zu unrecht, muß uns jetzt gar nicht interessieren -, trifft genau diese Bestimmung in Bezug auf das Nationalitätengesetz und die von Adel Amer im UZ-Interview erwähnten Beispiele aus etwa weiteren 70 weiteren, ab dem dem Gaza-Krieg 2014 verabschiedeten Gesetzen definitiv zu"

Also als jemand, für den der Untschie zwischen Wesen und Erscheinung einer der wesentlichen Fundamente einer marxistischen Analyse ist, ist es für mich:

a, schon wesentlich ob etwas zutrifft oder nicht (!?)
b, sollten wir schon an der Speerspitze derer sein, die eben versuchen wesentlichen(!) Gemeinsamketien von unwesentlichen zu trennen, statt der bürgerlichen Trend der Beliebigkeit hinterherzutrotten

Insofern finde ich das Begriffe wie Rassimus, Faschismus und Apartheid schon halbwegs gut ausgearbeit sein sollen und da sie ihre Wirkmächtigkeit zu bestimmten historischen Zeiträumen (bzw. gar Orten) hatten, sind sie nicht Begriffe die sich im Lauf der Zeit ändern sollten, weil sich die Zeit ändert. Dann brauchen wir eben neue Begriffe. Denn ansonsten können wir uns einen historischen Materialismus gleich sparen, da dann niemand mehr durchblickt.

"Heute wird der Begriff auch im Sprachgebrauch für jegliche Arten von ethnisch bzw. rassistisch motivierter Segregation verwendet, bei der die Staatsgewalt in einem Land zur Einschränkung der sozialen und bürgerlichen Rechte einer Gruppe missbraucht wird."

Der Hinweis, dass mit dieser Definition Apartheid herrscht ist natürlich tautologisch, da diese Definition ja sagt, das "jede"(!) Diskriminierung die auf "Ethnie" oder "Rasse" abspielt Apartheid ist. Ich hingegen finde, dass das wesentliche an der Apartheid aber nicht war, dass sie diskriminierend war, sondern einerseits, dass sie es bis in die 1990er beibehalten haben und andererseits wie sie diskriminiert haben.

Nicht nur, dass sie rassistisch im eigentlichen - also biologischen - Sinne waren, sondern sie haben ja tatsächlich sie die Mühe gemacht verschiedene Untergrupen zu gründen. Noch dazu mit so bizarren Phänomen wie die Eingliederung von JapanerInnen als Weiße. Ebenso hatten sie ein recht ausgeklügeltes System von Rechten und Priviliegien. Sie waren zynisch gesagt, die StreberInnen unter den RassistInnen, da sich die meisten RassistInnen nicht so ein Mühe machen würden.

Einer der ersten Maßnahmen im Rahmen der Apartheid war das Verbot von Sexualbeziehungen zwischen Weißen und Nicht-Weißen (mit Gefängnisstrafe die tatsächlich Tausende von SüdafrikanerInnen betraf) sowie dem Verbot der Mischehe.

Beides gab und gibt es in Israel nicht (ab es allerdings in den USA).

Ebenso wurde jede Kritik oder Opposition gegen die Apartheid unter Strafe gestellt.

Schwarze hatten weiße Vorsteher die sich für ihre Belange einsetzten sollten und wurden weitesgehen aus dem Parlament ausgeschlossen.

Man hat ihnen bestimmte Arten der Schulbildung verwehrt mit dem Hinweis, sie sind eh zu blöd für Mathematik o.ä.

Und noch vieles, vieles mehr.

Selbst die Rassentrennung in den USA hat sich ja selbst verpflichtet "separate but equal" zu sein. Das war zwar in der Praxis ein schlechter Witz, aber die Südafrikaner haben sich ja noch nicht mal für ihren Rassismus geschämt, du sie also nicht über den Widerspruch der Gewährung bürgerlicher Gleichheit packen konntest, wie viele Diskriminierungen heutzutage. Diesen Widerspurch hättest du auch in Israel, da sie selbst als "jüdischer Staat" die Gleichheit der Staatsbürger garantieren sollen.

Das ist schon wesentlich und nicht die Diskriminierung.

Ebenso sollten wir schon aufpassen, was wir meinen, wenn wir PalästinenserInnen sagen. Meinen wir damit die arabischstämmigen Israelis (die ja selbst noch mal untergliedert werden können in Palästinener oder Drusen, die sich nicht als Palsästinenser sehen und relativ geschlossen zu Israel stehen) oder meinen wie die BewohnerInnen der besetzten Gebiete.

Den die BewohnerInnen der besetzen Gebiete sind keine Staatsbürger, wollen aber auch kein sein. Und Nicht-Staatsbürger sind leider überalle auf der Welt schlechter gestellt. Wir sollten das aus Gründen der Klarheit nicht vermischen.

Der Konflikt dreht sich ja anders als in Südafrika oder den USA nicht um den Status der eigenen Bevölkerung auf dem eigenen Territorium ab, sondern er dreht sich primär um den Status einer fremden Bevölkerung auf einen fremden Territorium, das leider militärische Besetzt ist, mit einer unklaren Zukunft und einem Besatzungsregime, dass offensichtlich gerne noch den ein oder anderen Teil dieses Territoriums gerne in sich eingliedern möchte, bevor es irgendwann mal unabhängig wird - was verältnismäßig unwahrscheinlich wirkt, da die palästinensichen Gruppen die bisherigen Bedingungen ihrer Unabhägigkeit ablehnen, Israel aber wenig entgegensetzen können.

Das ist eine sehr spezielle Situation.

Das Begriffe wie Apartheid, Faschismus und Rassismus so gerne benutzt werden hat aber auch wenig damit zu tun, dass ständig ergebnisoffene Untersuchungen mannigfaltig Wesensgemeinheiten entdecken, sondern weil die harten aber erfolgreichen Kämpfe dazu geführt haben, dass diese Begriffe allgemein akzeptiere Worst-Case-Szenarien geworden sind und daher dirty words sind. Und nun wollen viele AktivistInnen offensichtlich den Weg abkürzen und gleich mal darauf aufbauen. Das ist zwar verständlich, aber auch fatal.

Nicht nur, dass damit der eigene Standard der Wissenschaflichkeit verletzt wird und man dann irgendwann nicht mehr allzu glaubwürdig und überlegen agieren kann, so hat das auch für die politische Praxis höchst problematisch Züge.

Je mehr ich diese Begriffe erweitere, kann es sein, dass es sich ins gegenteil verkehrt. Wenn jede politische unkorrektheit bereits als Rassismus gewertet wird, jeder Verschäftung von Polizeigesetzten als Faschismus und jede ethnische Diskriminierung als Apartheid, braucht man sich nicht wundern, wenn der Haupteffekt des ganzen ist, dass immer mehr Leute diese Begriffe nicht ernst nehmen und dann war die ganz Arbeit umsonst. Und das ist ein sehr reales Problem, siehe die Strategie der Aktuere des aktuellen Rechtsrucks. Sie setzten an Phänomen großteils nicht nachvollziehbarer poltical correctness in der Bevölkerung an und versuchen dann gleich noch den NS mit Rehabilitieren.

Ebenso haben diese Diskussion meisten das Problem, dass statt Worst-Case-Szenarios zu bleiben, sie irgendwann zu Mindesvoraussetzungen werden sich überhaupt zu engagieren. Wenn kein Faschist, ist es nicht zu schlimm.

Was wir tun sollten ist den Standard immer weiter rauf zusetzen.

Nicht erst Rassismus oder Apartheid ist schlimm, sondern jede Art der Spaltung der Arbeiterklasse.
Nicht erst Faschismus, sondern jeder Regierungsform unterhalb des Sozialismus.

Ich will nicht erst mit Holocaust, Lagern, Stacheldraht und Toten kommen müssen um Leute zu agitieren.

Ich will, dass sie sich bereits empören, dass ihre Arbeit irgendeine Privatperson reicht macht.

Dazu müssten wir aber erst mal mit unserer Vorliebe für die Big Dirty Words brechen.
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NEUER BEITRAG19.03.2018, 16:13 Uhr
EDIT: FPeregrin
19.03.2018, 16:14 Uhr
Nutzer / in
FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Oioioi!

Also abgesehen von der putzigen Zitierweise, mit der Du Dir selbst suggerieren kannst, als wäre es mir egal, ob eine Aussage sachlich zutrifft oder nicht...

Was ist das für ein metaphysisches Verständnis von Benennungsvorgängen?! "[...] sind sie nicht Begriffe die sich im Lauf der Zeit ändern sollten, weil sich die Zeit ändert. Dann brauchen wir eben neue Begriffe." In einem marxistischen Verständnis von Erkenntnisprozessen ist der 'Begriff' (= 'Bedeutung' in Bezug auf Wörter oder Termini; die Lautgestalt = 'Bezeichnung' interessiert uns hierbei in aller Regel nicht) gleichermaßen Abbild wie Werkzeug, d.h. er ist immer auch Instrument der Veränderung der Wirklichkeit, die er erfaßt. Wäre das anders, hätte sich nicht nur Hermann Paul die Arbeit an seinem Dt. Wb. sparen können, sondern könnten wir gar nicht sinnvoll kommunizieren, da nicht möglich ist, für jede - in der Regel fließende - begriffliche Veränderung eine neue 'Bezeichnung' zu besorgen, die ja auch noch kommunikativ sein muß. Das gilt nicht nur für den Wortschatz des Alltags, sondern auch für den der Wissenschaft. Ein harmloses Beispiel: mittellat. planeta (aus gr. πλανήτης), dt. Planet, engl. planet 'Planet' zeigt eine Begriffsentwicklung, in der sich sehr schön das Ineinander der Abbild- und der Werkzeugfunktion dingfest machen lassen.
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Historizität und Veränderung von Begriffen ist nicht bürgerliche Beliebigkeit!

Und tautologisch wäre die hier zugrundegelegte Definition von 'Apartheid' auch nicht, wenn sie wirklich ganz (!) zur Kenntnis genommen würde: "[...] jegliche Arten von ethnisch bzw. rassistisch motivierter Segregation verwendet, bei der die Staatsgewalt in einem Land zur Einschränkung der sozialen und bürgerlichen Rechte einer Gruppe missbraucht wird." - Hier ist des Pudels Kern: Nicht nur die faktische Diskriminierung, sondern deren juristische Sanktioniertheit. Ich möchte gern hinzufügen - es scheint auch so gemeint zu sein -: "in formal demokratischen Systemen" - dann hätten wir Ähnliches in offen terroristischen Diktaturen (z.B. Nürnberger Rassegesetze) ausgeschlossen und könnten uns entsprechende Gleichsetzungsunterstellungen sparen. Tatsächlich bleiben ja dann auch nicht wirklich viele historische Beispiele übrig: Südafrika in der Apartheid-Zeit, Rhodesien unter der Herrschaft der Rhodesian Front, die USA in der Zeit der Segregation, Nord-Irland in der Zeit des Stormont-Regimes, Israel. Es ist sicher kein Zufall, daß dies alles Staatsbildungen sind, in deren Geschichte Siedlerkolonialismus eine bestimmende Rolle gespielt hat.

"Nicht erst Rassismus oder Apartheid ist schlimm, sondern jede Art der Spaltung der Arbeiterklasse. / Nicht erst Faschismus, sondern jeder Regierungsform unterhalb des Sozialismus."

Aber ist das von den Kampf- und Überlebensbedingungen her für Dich wirklich alles éine Wichse - Faschismus oder demokratische Republik, Shoa oder israelische Nationalitätengesetz? Wer ist hier unscharf?

Was rätst Du also der KP Israels? Daß sie dabei zusehen sollte, wie eine formale bürgerliche Demokratie in eine faschistische Diktatur abrutschen könnte, weil es egal ist, wie und durch wen die Bourgeoisie regiert? Wie es in der BRD einen Unterschied macht, ob die SPD oder die AfD regiert, so auch in Israel den, ob es haAwoda oder Jisra'el Beitenu tun, sowohl für die jüdische wie die arabische Arbeiterklasse!

P.S.: Ach, weil auch da Unklarheit bestand: Erklärung und Interview bezogen sich erkennbar auf die 48er Gebiete, für die eben diese formal-bürgerlichen Zustände (noch?) Geltung haben, nicht für de facto unter Besatzungsrecht (+ "Autonomie"-Zirkus) stehenden 67er Gebiete. Es geht mithin um die Rechte der arabischen Bürger Israels und nicht um die Frage, wer denn 'Palästinenser' ist.
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NEUER BEITRAG20.03.2018, 23:43 Uhr
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joe123

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung "Oioioi!" find ik jut.

Ansonsten heiklige Sache - falls jemanden Bekenntnisse intressieren, neig ik eher dazu, Smersch hiers Recht zu geben, würd aber auch nicht zu viel dran fiseln, obs nu dort eine Apartheid ist oder nicht im 48er oder 67er Israel.

Ik sehs dort anyway alles bissel als Kriegsgebiet - eben seit 1967 spätestens. Da unten die da unten die smiley Und im Kriege fallts demokratistische Vögelgezwitscher eh als erstes, he?

Aber höllisch weit weg die Sache. Höllisch weit weg. Nahostalarm – Antrag Debattenende – lieber beschweigen und verdrängen als Austragen bis zur theoretischen Endlösung smiley)))
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NEUER BEITRAG21.03.2018, 11:34 Uhr
EDIT: FPeregrin
21.03.2018, 20:59 Uhr
Nutzer / in
FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung @joe 123: Ich nehme das nur mal an zwei Formulierungen auf, um es zurechtzurücken.

"Bekenntnisse": Darauf wollte ich nicht hinaus, und das sollten wir uns auch nicht leisten, in diesen Foren den Nahostkonflikt - nur éiner von leider sehr sehr vielen internationalen Konflikten - auf die Ebene des Bekenntnistums hochzukochen - Schalke vs. Hannover 96. Das passiert leider sehr schnell - und ist offenbar ansatzweise auch hier passiert, ohne das es intendiert war - und führt zu nichts, nichts, nichts! - Oder besser: Das führt zu irreparablen Schäden!

"Nahostalarm – Antrag Debattenende – lieber beschweigen und verdrängen als Austragen bis zur theoretischen Endlösung smiley)))": Die theoretische (wie die einzig zählende praktische!) "Endlösung" wird sowieso nicht am Debattentisch zwischen Schalke- und 96-Fans - sämtlich mit Bundestrainerambitionen - erzielt. Insofern gebe ich Dir unbedingt recht, daß es auch in dieser Hinsicht wenig sinnvoll ist, diese Debatte bis zum Exzeß weiterzuführen. Absichtsvoll habe ich auch vermieden, hier nun kleinklein festlegen zu wollen, ab wann nun "Apartheid" für irgendwelchen israelischen Maßnahmen das richtige Logo ist - smersch macht mir "Beliebigkeit' draus -, denn das war hier für mich in der Tat nicht entscheidend.

M.E.: Entscheidend: Eine KP wählt in einer konkreten Situation - nennen wir sie "Rechtsentwicklung", damit es niemandem Begriffsprobleme bereitet - eine Strategie mit einer klar antifaschistisch-demokratischen Stoßrichtung. Auch wenn dies unter den komplizierten Bedingungen des Nahostkonflikts geschieht - die diese Festlegung vielleicht sogar erleichtern -, enthält dies Entscheidung der KP Israels etwas Verallgemeinerbares. Darum ging es mir, nicht um den großen und ganzen Nahostkonflikt und seine "Lösung" als Fan-Randale. Aber: Meine Bekenntnis-Reflexe muß ich da auch unterdrücken - schadet auch nicht! -; ich bitte andere, das aber auch zu tun. Aus irgendeiner alten Primär-Solidarisierung kommen wir leider alle.

Dies als Peaceline?
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NEUE ANTWORT07.11.2022, 23:43 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Nach ungefähr 4 1/2 Jahren:

"Entscheidend: Eine KP wählt in einer konkreten Situation - nennen wir sie "Rechtsentwicklung", damit es niemandem Begriffsprobleme bereitet - eine Strategie mit einer klar antifaschistisch-demokratischen Stoßrichtung."

So sieht es jetzt aus - jW morgen -:

Land ohne Linke

Israels Sozialdemokraten auf tiefstem Punkt seit Staatsgründung. Meretz nicht mehr im Parlament

Von Knut Mellenthin

Bei der vorgezogenen Neuwahl des israelischen Parlaments am vorigen Dienstag konnte Benjamin Netanjahus langjähriger Unterstützerblock die Zahl seiner Abgeordneten in der Knesset von 52 auf 64 steigern. Auf der anderen Seite verzeichnete die Arbeitspartei mit nur vier Mandaten – drei weniger als bei der vorangegangenen Wahl vom 23. März 2021 – das schlechteste Ergebnis seit ihrer Formierung unter diesem Namen im Jahre 1968. Die links von der Arbeitspartei stehende Meretz scheiterte an der 3,25-Prozent-Sperrklausel. Lediglich die fast ausschließlich arabische Chadasch, die im Rahmen der Vereinigten Liste antrat, blieb mit drei Mandaten stabil. An diesem Bündnis ist unter anderem die Kommunistische Partei beteiligt.

Die Arbeitspartei, hebräisch meist nur kurz »Awoda« (Arbeit) genannt, ist jetzt die kleinste der zehn Fraktionen im neuen Parlament. Mit 3,69 Prozent der Stimmen musste sie während der Auszählung sogar um ihren Wiedereinzug bangen. Das ist der vorläufige Tiefpunkt in der Geschichte der traditionsreichen Partei, die – früher unter dem Namen Mapai – von der Staatsgründung 1948 bis 1977 die israelische Gesellschaft dominiert und alle Regierungskoalitionen geführt hatte. Damals stürzte sie von 44 Mandaten bei der vorangegangenen Wahl 1973 auf nur noch 28 ab. Der rechte Likud unter Menachem Begin wurde mit 33,4 Prozent der Stimmen und 43 Abgeordneten erstmals stärkste Fraktion und Regierungsführer.

In der Folgezeit erholte sich die Arbeitspartei zunächst und erreichte bei der Wahl 1992 mit 44 Mandaten noch einmal ihre alte zahlenmäßige Stärke, aber bei weitem nicht ihren früheren gesellschaftlichen Einfluss. Nach der Ermordung des von ihr gestellten Premierministers Jitzchak Rabin durch einen ultrarechten Attentäter am 4. November 1995 ging es mit den Wahlergebnissen der Awoda nur noch gradlinig bergab, von 34 Abgeordneten 1996 auf 18 Mandate bei der Wahl 2006.

Es folgten Listenverbindungen mit anderen Parteien oder Parteiabspaltungen. 2009 trat die Arbeitspartei zusammen mit früheren Likud-Politikern als Kadima, 2015 als Zionistische Union an. Als sie 2019 wieder unter ihrem eigenen Namen kandidierte, kam sie nur noch auf 4,43 Prozent, was gerade mal für sechs Abgeordnetensitze reichte.

Die Linkspartei Meretz hatte sich vor der Wahl am vorigen Dienstag aufgrund ihrer schlechten Umfrageergebnisse um eine Listenverbindung mit der Awoda bemüht. Das lehnte deren Vorsitzende Merav Michaeli jedoch ab – und wird dafür nachträglich auch in ihrer eigenen Partei kritisiert. Mit 3,16 Prozent scheiterte Meretz knapp an der Sperrklausel, ihre rund 150.000 Stimmen gingen dem »Anti-Netanjahu-Block« verloren. Es ist das erste Mal seit ihrer Formierung vor 30 Jahren – damals zunächst noch als Listenverbindung dreier Parteien –, dass Meretz nicht mehr in der Knesset vertreten ist. Ihr bestes Ergebnis erreichte sie bei ihrem ersten Antreten 1992 mit zwölf Mandaten. Nach der letzten vorausgegangenen Wahl am 23. März 2021 hatte sie immerhin noch sechs Abgeordnete gestellt.

Von ihrer Entstehung her vereinigt Meretz unterschiedliche Herkunftsmilieus, die sich 1997 zu einer gemeinsamen Partei zusammenschlossen. Dominierend war in der Anfangszeit die couragierte Politikerin Schulamit Aloni, Mitglied der Mapai seit 1959. Die 1973 unter ihrer Führung gegründete Ratz (Bewegung für Bürgerrechte und Frieden) lehnte die 1967 erfolgte Besetzung der Westbank und des Gazastreifens ab und trat von Anfang an für Verhandlungen mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) ein. Ein anderes Element der Vereinigung war die aus der Arbeiterbewegung kommende, 1948 gegründete Mapam. Nach ihrem eigenen Verständnis war das zunächst eine sozialistische Partei mit einem ausgesprochen freundschaftlichen Blick auf die Sowjetunion, von der sie sich aber in der Folgezeit immer weiter entfernte.


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Es ist sicher nicht ganz unwichtig, ob eine antifaschistisch-demokratische Stoßrichtung einer marginalisierten KP in einer - ich sag's mal vorsichtig! - 'Ethnokratie' überhaupt eine Chance hatte. Wenn es eine gewesen sein sollte, scheint es vorerst die letzte gewesen zu sein. Die Hauptstützen-Funktion der Sozialdemokratie kann für die Gründung und Geschichte Israels wohl kaum ernstlich bestritten werden. Wer in der gegenwärtigen Entwicklung innerhalb dessen, was sich hier als Staatsgebilde versteht, progressive Aspekte sehen will, macht besser die Augen ganz, ganz fest zu!
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NEUER BEITRAG08.11.2022, 22:56 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW morgen:

Kahane mit am Tisch

Israel: Regierungsbeteiligung öffnet Ultrarechten Tür zur internationalen Anerkennung. Annektion der besetzten Gebiete droht

Von Knut Mellenthin

Benjamin Netanjahu, Premierminister vom 18. Juni 1996 bis zum 6. Juli 1999 und vom 31. März 2009 bis zum 13. Juni 2021, wird voraussichtlich in wenigen Wochen die nächste israelische Regierung bilden. Seine zu erwartende Mehrheit von 64 der 120 Abgeordneten in der Knesset verdankt der 73jährige dem Wahlerfolg der Religiös-Zionistischen Partei: Diese Listenverbindung dreier ultrarechter und ultraorthodoxer Parteien konnte bei der Wahl am 1. November die Zahl ihrer Mandate von sechs auf 14 steigern. Davon entfallen sieben auf die Partei gleichen Namens, sechs auf Otzma Jehudit (Jüdische Stärke) und eines auf Noam. Damit sind die Ultrarechten die drittstärkste Fraktion hinter Netanjahus Likud und der liberalen Jesch Atid (Es gibt eine Zukunft) von Oppositionsführer Jair Lapid, der zur Zeit noch als Premierminister amtiert.

Aus Kach hervorgegangen

Israel bekommt nun die rechteste Regierungskoalition seit der Staatsgründung 1948. Für diesen Fall, der sich in den Meinungsumfragen schon seit einigen Wochen abzeichnete, hatten Politiker und ehemalige Militärs aus dem »Anti-Netanjahu-Lager« während des Wahlkampfs das Ende der Demokratie und sogar die Möglichkeit eines Bürgerkriegs beschworen. Aber nachdem die befürchtete Situation wirklich eingetreten ist, werden die meisten Vertreter dieses Lagers die Gefahr vermutlich herunterspielen und die US-Regierung ebenso wie die außerhalb Israels lebenden Jüdinnen und Juden zur »Respektierung« des Wahlergebnisses drängen. Staatspräsident Isaac Herzog, der aus der sozialdemokratischen Arbeitspartei kommt, hat das wenige Tage vor der Wahl bei einem Besuch in Washington schon getan.

Durch ihre Regierungsbeteiligung, an der praktisch kaum noch ein Weg vorbeiführt, steht Israels Ultrarechten erstmals die Tür zu einer international anerkannten Gesellschaftsfähigkeit offen. Das unterscheidet die Religiös-Zionistische Partei wesentlich von der Kach, aus der sie hervorgegangen ist und zu deren Weltanschauung, Politik und Methoden sich viele ihrer Politiker und Anhänger immer noch bekennen. Die 1971 von Meir Kahane gegründete Kach galt weithin als faschistisch. Sie erreichte nur einmal, 1984, einen einzigen Sitz in der Knesset, den Kahane selbst einnahm. Während seiner Reden verließen regelmäßig alle anderen Abgeordneten den Sitzungssaal. Wegen »Aufstachelung zum Rassismus« wurde die Partei 1988 und 1992 von der Wahl ausgeschlossen und schließlich 1994 aufgrund der Antiterrorgesetzgebung verboten. Den letzten Anstoß dazu gaben Stellungnahmen, in denen Kach die Mordtat ihres Anhängers Baruch Goldstein unterstützte. Dieser hatte am 25. Februar 1994 während eines Morgengebets in Hebron 29 Palästinenser durch Schüsse getötet und weitere 150 verletzt.

Keine Einwände

Der Vorsitzende der Otzma Jehudit, Itamar Ben-Gvir, schloss sich schon als 14jähriger der Kach an. Später hing in seinem Wohnzimmer jahrelang ein Foto Goldsteins, das er erst entfernte, als eine öffentliche Karriere näher rückte. Der heute 46jährige gilt unter den Anhängern der Religiös-Zionistischen Allianz, bei denen es sich überwiegend um junge Männer handelt, als charismatischer Anführer und rangiert im Ansehen noch vor deren formalem Chef, dem vier Jahre jüngeren Bezalel Smotrich.

Ben-Gvir wird in der demnächst zu bildenden Regierung das Amt des Ministers für Innere Sicherheit beanspruchen, das in Israel vom Innenministerium getrennt ist. Netanjahu hat schon angedeutet, dass er keine grundsätzlichen Einwände dagegen hat. Wie weit die Ultrarechten damit auch ihre »sicherheitspolitischen« Vorstellungen durchsetzen können, wird sich jedoch erst künftig von Fall zu Fall entscheiden. Grundsätzlich fordern sie unter anderem, den Schusswaffengebrauch der Polizei gegen die palästinensische Bevölkerung der besetzten Gebiete zu erleichtern und dienstliche Einsätze von der Strafverfolgung auszuschließen. Israelische Staatsbürger arabischer Herkunft, die sich »illoyal« verhalten, sollen ausgewiesen werden. Als Teil der nächsten Regierung werden die Ultrarechten außerdem auf schnelle Annektion der besetzten Gebiete drängen.


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NEUER BEITRAG21.11.2022, 00:18 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Ich zitiere mich leider selbst: "Wer in der gegenwärtigen Entwicklung innerhalb dessen, was sich hier als Staatsgebilde versteht, progressive Aspekte sehen will, macht besser die Augen ganz, ganz fest zu!" Ich schelte nicht vergangenes Laberrahabarber, werde aber zukünftiges mit wenig Gleichmut behandeln. - jW heute:

Kahanismus reloaded

Nach Wahlen in Israel: Rechtsruck gefährlich, aber nicht wirklich überraschend

Von Wieland Hoban

Hilflose Linksliberale

Abgesehen von dem guten Abschneiden der Kahanisten war am Wahlergebnis auch bemerkenswert, wie schlecht es für die Mitte-links-Parteien ausfiel. Die Arbeitspartei, so etwas wie die israelische SPD, bekam nur vier Sitze – drei weniger als 2021. Meretz, die sich als links verkauft, aber klar zionistisch ist, scheiterte mit 3,1 Prozent der Stimmen knapp an der geltenden 3,25-Prozent-Hürde. Dafür behielt das jüdisch-arabische kommunistische Bündnis Chadasch seine fünf Sitze, und die Islamisten von Raam erhöhten ihren Anteil von vier auf fünf Sitze.

Während manche Prominente schon vom Auswandern sprachen, reagierte Meretz auf das eigene parlamentarische Ausscheiden mit Vorwürfen gegen Linke und Palästinenser. Hätten sie doch für sie gestimmt, nicht für die palästinensisch-nationalistische Balad, die ohnehin den Einzug in die Knesset verpasste. Man fühlte sich an die Reaktion mancher US-Demokraten nach der Wahl Trumps 2016 erinnert. Statt sich zu fragen, warum wirkliche Linke und Palästinenser nicht für eine zionistische Partei stimmen, suchen die Linksliberalen die Verantwortung bei anderen. Balad wiederum gab Chadasch-Wählern die Schuld. Die verhältnismäßig hohe Wahlbeteiligung von Palästinensern – viele boykottieren die Wahlen, da sie kein Vertrauen in die parlamentarische Politik haben – war ihnen nicht zugute gekommen. Chadasch schoss zurück und konnte sich darüber freuen, die Arbeitspartei überholt zu haben. Insgesamt deutet das Wahlergebnis eine weitere Polarisierung an, deren Tragweite noch schwer absehbar ist. Wie in anderen Ländern ist auch hier zu beobachten, wie der Vormarsch der Rechten mit der Spaltung der Linken einhergeht. Bei allen Unterschieden hinsichtlich politischer Tischmanieren lässt die Stärke des rechten Blocks – sofern die angestrebte Koalition tatsächlich gebildet wird – eine stabilere Regierung als in der letzten Legislaturperiode erwarten. Die Korruptionsvorwürfe gegen Netanjahu konnten ihm bisher wenig anhaben, er wurde vom Präsidenten Isaac Herzog mit der Regierungsbildung beauftragt. Das endgültige Ergebnis dürfte bis Jahresende feststehen. (wh)

Wieland Hoban, Komponist und Übersetzer, ist Vorsitzender der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost


Im November hat die Bevölkerung in Israel zum fünften Mal in vier Jahren gewählt – oder zumindest haben es diejenigen Menschen, die wahlberechtigt sind. Die israelische parlamentarische Politik ist berüchtigt für ihre Instabilität, die zum Teil an der niedrigen Hürde für einen Eintritt in das Parlament liegt (bis 2014 zwei Prozent, ab 2014 3,25 Prozent). Diese führt zu brüchigen Koalitionen aus Parteien, die keinen großen Stimmanteil haben. 2021 wurde das besonders deutlich bei einer Koalition, die nach der Devise »alles, nur nicht Netanjahu« das Spektrum von links nach rechts abdeckte. Zum ersten Mal war eine palästinensische Fraktion beteiligt, die konservativ islamische Raam-Partei. Letztere Tatsache hat zusammen mit der Beteiligung der linksliberalen Meretz-Partei manche zu dem Irrglauben verleitet, es würde sich etwas öffnen in der israelischen Gesellschaft. Auf die Gutgläubigen wirkte der Hinweis zynisch, dass Raam das politische System eben nicht in Frage stelle und vor allem Lokalpolitik betreibe, wodurch sie keine Gefahr für die vom nationalreligiösen Naftali Bennett und dem liberalen Jair Lapid geführte Regierung darstellte.

Raam hatte sogar das Gesetz durchgewinkt, welches das Zusammenleben palästinensisch-israelischer Paare in Israel verbietet. Letztlich war für die Partei im April dieses Jahres aber doch die Schmerzgrenze erreicht, als es immer mehr Aggressionen durch Siedler und Polizei gegen Moscheebesucher auf dem Tempelberg gab. Es wurde dann bald absehbar, dass es noch vor Jahresende Neuwahlen geben würde. Und obwohl es knapp gelungen war, Netanjahu 2021 von der Macht fernzuhalten, war seine Beliebtheit in der Bevölkerung noch groß. Die Unstimmigkeit der »Anti-Netanjahu«-Regierung hat zu ihrem Niedergang geführt und ließ erahnen, dass es ein Comeback geben würde. Und Netanjahu hatte bereits in den Wahlen davor gezeigt, dass er dazu bereit war, mit den rechtesten Parteien Israels zusammenzuarbeiten.

Netanjahus Likud-Partei war am 1. November klarer Wahlsieger und errang 32 von 120 Sitzen. Jesch Atid unter der Führung des amtierenden Premierministers Jair Lapid bekam 24 Sitze. Drittstärkste Kraft wurde mit 14 Sitzen die Partei Religiöser Zionismus, ein Zusammenschluss der Parteien Religiöser Zionismus, Jüdische Macht und Noam, die sich zusammentaten, um nicht einzeln an der Hürde zu scheitern. Diese drei Parteien vertreten Positionen, die man als rechtsaußen bis faschistisch bezeichnen kann: von offenen Forderungen nach Ausweisung aller palästinensischen Bürger über noch mehr Freiheit zur Gewalt seitens der Armee und die Bezeichnung von Homosexualität als Krankheit mit Zustimmung zu Konversionstherapien bis hin zu einer Verschärfung religiöser Gesetze, die letztlich das Ziel eines Gottesstaats mit offensichtlichen Parallelen zu fundamentalistischen islamischen Vorstellungen verfolgen.

Die Koalition mit Likud und kleineren Parteien ist noch nicht beschlossenen. Aber das starke Abschneiden der Extremisten, die unter Soldaten sogar 20 Prozent aller Stimmen bekommen haben, bleibt unabhängig von der Regierungsbildung aussagekräftig.

Im westlichen Mainstream gab es Erschrecken über das Wahlergebnis. In den USA drückte die Anti-Defamation League, eine wichtige proisraelische Antidiskriminierungsorganisation, in ihrer offiziellen Stellungnahme zur Wahl »Besorgnis« über die erwartete Regierungsbeteiligung der Extremisten in der Regierung aus und schrieb: »Als Organisation, die sich für die Sicherheit und das Wohlsein Israels als jüdischer und demokratischer Staat einsetzt, glauben wir, dass die Teilnahme dieser rechtsextremen Personen und Parteien Israels Grundprinzipien widersprechen würde.« Derweil tweetete Anna Staroselski, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland: »Ich mache mir ernsthaft Sorgen um mein geliebtes Israel. Die liberale Demokratie, auf die ich so stolz bin, droht in die Brüche zu gehen.«

Wer die Entwicklungen in Israel mit seiner Demokratie für Juden bei ungleicher Behandlung palästinensischer Bürger über einen längeren Zeitraum hinweg verfolgt hat, wusste bereits, wie stark rechte Kräfte dort sind. Nicht nur die Mordphantasien des neuen rechten Stars Itamar Ben-Gvir, der die Partei Jüdische Macht anführt und gerne mit Pistole in der Hand öffentliche Drohungen gegen Palästinenser ausspricht, sind brutal, auch die Staatsideologie des politischen Zionismus, der zwischen Ende 1947 und Mitte 1948 zur Vertreibung von rund 750.000 Palästinensern mit etlichen Massakern geführt hat, ist gewaltvoll.

Insofern könnte man den vermeintlichen Rechtsruck als Illusion bezeichnen, ähnlich wie der Rassismus in den USA nicht erst mit der Wahl von Donald Trump aufkam; es wurde lediglich offen ausgesprochen, was viele schon immer dachten. Der palästinensische Premierminister Mohammed Schtaja verglich den Unterschied zwischen israelischen Parteien mit dem zwischen Pepsi und Cola, viele linke Kritiker quittierten das Wahlergebnis mit einem Achselzucken.

Beide Reaktionen – die entsetzte sowie die eher gleichgültige – sind verfehlt. Natürlich haben viele Liberale die Augen vor dem strukturellen Rassismus in der israelischen Gesellschaft seit Jahrzehnten zugedrückt und Apartheidvorwürfe empört zurückgewiesen. Dennoch übersehen diejenigen Kritiker, die sich nur auf die ideologische Kontinuität des Zionismus konzentrieren, die Auswirkungen dieser politischen Entwicklung auf den Alltag von Palästinensern sowohl innerhalb Israels als auch in den besetzten Gebieten, wo militante Siedler sich sogar von der Armee schwer bändigen lassen.

Die Trumpsche Bigotterie war zwar nicht neu, aber ihre Legitimierung durch seine Wahl hat zu einem deutlichen Anstieg der Hasskriminalität und einer Verrohung des gesellschaftlichen Klimas geführt, wie es auch in Israel zu befürchten ist. Nicht, dass es dort nicht davor schon roh zuging; gerade Itamar Ben-Gvir begab sich gerne in palästinensische Viertel Jerusalems, um Bewohner zu schikanieren und zu bedrohen, und in der Knesset rief Bezalel Smotrich, der Vorsitzende der Formation Religiöser Zionismus, dass David Ben Gurion damals die Vertreibung der »Araber« hätte zu Ende führen sollen. Ben-Gvir selbst versucht sich seit der Wahlkampagne etwas moderater zu geben – er spricht nicht mehr von »Tod den Arabern«, sondern von »Tod den Terroristen«. Dennoch lässt sich der Mob seiner Anhänger nicht unbedingt auf solche kosmetischen Maßnahmen ein. Das Verhalten jener, die nach der Wahl sofort Palästinenser mit Steinen beworfen haben, lässt vermuten, dass es für diese noch gefährlicher werden könnte.


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NEUE ANTWORT21.11.2022, 00:22 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Ebd.:

Gewalt gegen Palästinenser

Ideologie des Kahanismus begründet Unterdrückung nicht nur rassistisch, sondern auch theologisch

Von Wieland Hoban

Im Zusammenhang mit dem Erstarken der israelischen extremen Rechten wird oft vom Kahanismus gesprochen, mit dem Hinweis, dass mit dem Einzug von Kahanisten in die Regierung eine rote Linie überschritten werde. Namensgeber dieser Bewegung war Meir Kahane, ein orthodoxer New Yorker Rabbiner, der 1968 die Jewish Defense League gründete. Diese Gruppe, die 2001 vom FBI als terroristische Vereinigung eingestuft wurde, stellte sich selbst als Bürgerwehr für Juden dar, die sich nur gegen Antisemitismus verteidigen wollten. In Wahrheit ging sie aber viel weiter: Sie verübte Bombenattentate auf arabische und sowjetische Einrichtungen, Einzelpersonen sowie Neonazis. Kahane wurde wegen der Angriffe mehrfach verurteilt, verbrachte allerdings kaum Zeit hinter Gittern.

1971 zog Kahane nach Israel, wo er im selben Jahr die Kach-Partei gründete. Auch dort wurde er immer wieder verhaftet, schaffte es aber in die Knesset. Im Parlament war er aktiv, bis er und Kach von der Wahl im Jahr 1988 aufgrund seines extremen Rassismus ausgeschlossen wurden.

Kahane wurde 1990 bei einem Attentat getötet. Sein Anhänger Baruch Goldstein, ein Siedler aus New York, verübte 1994 ein Massaker in der Stadt Hebron im Westjordanland. Im muslimischen Teil der Grotte der Patriarchen erschoss er 29 Betende und verletzte mindestens 150 Personen, bevor er von Anwesenden überwältigt und getötet wurde. Während die Tat im israelischen Mainstream klar verurteilt wurde, wurde Goldstein zu einer Ikone der Kahanisten. Bis heute steht ein Denkmal in Hebron, und Itamar Ben-Gvir, der in der Kach-Jugendorganisation aktiv war, hatte jahrelang ein Porträt Goldsteins zu Hause.

Was Figuren wie Kahane, den Siedleranführer Baruch Marzel oder Ben-Gvir von arrivierten Politikern wie Netanjahu oder dem ehemaligen General Benjamin Gantz unterscheidet, die 2014 gemeinsam für die Bombardierung von Gaza und somit das Töten von etwa 2.000 palästinensischen Zivilisten verantwortlich waren, ist ihr soziales Milieu. Die Kahanisten gehören nicht dem wohlhabenden Establishment an, sondern zur Straße. Ihre Gewalt ist nicht die der Armee, sondern die der Graswurzelterroristen und Schlägertrupps. Auch Ben-Gvir wurde mehrfach verurteilt, und seine Ansichten galten als so extrem rechts, dass er vom Militärdienst ausgenommen wurde. Hinzu kommt der religiöse Fanatismus. Im Vergleich zur herrschenden säkularen politischen Klasse begründet er die Gewalt nicht nur rassistisch, sondern auch theologisch. Während Tel Aviv sich als queeres Partyparadies verkauft, würden diese Politiker Homosexualität am liebsten verbieten. Somit stellt ihr Aufstieg nicht nur eine Steigerung der Gefahr für Palästinenser und ihre Unterstützer dar, sondern birgt auch das Potential für einen Kulturkrieg in der israelischen Gesellschaft.


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NEUE ANTWORT21.11.2022, 00:26 Uhr
EDIT: FPeregrin
21.11.2022, 12:25 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Das ganze mit Ansage! - Und: Nein, nicht nur in Israel! ... aber auch! Mithin Zeit, normale analytische Maßstäbe anzulegen ...!
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NEUE ANTWORT19.12.2022, 17:32 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Zur historisch-ideologischen Einordnung des #Kahanismus jW vom 17. Dezember:

Kahanes Traum

Zur Herkunft, Ideologie und Erfolgsgeschichte der radikalsten Form zionistischer Herrschaft

Von Susann Witt-Stahl

uf keinem ihrer Aufmärsche dürfen »Tötet alle Araber!«-Rufe fehlen. Wie jüngst in Hebron, als 30.000 ihrer fanatisierten Anhänger bewaffnet durch die Palästinenserviertel zogen, brüllen sie sich regelmäßig selbst in Rage – bevor sie marodieren, Häuser besetzen und die Bewohner auf die Straße prügeln. Seit einem halben Jahrhundert stehen die Kahanisten an der Spitze der militanten Rechten Israels, die sich vorwiegend aus der Siedlerbewegung rekrutiert.

Auf ihr Konto geht eine Reihe von Terroranschlägen. 1994 erschoss der ehemalige Militärarzt Baruch Goldstein 29 betende Palästinenser und verletzte weitere 150. 1995 ermordete der Student Jigal Amir den damaligen Premierminister und Architekten des Osloer Friedensabkommens Jitzchak Rabin. 2002 konnte nur knapp die Explosion eines mit 200 Litern Benzin befüllten Fahrzeuganhängers vor einer arabischen Mädchenschule in Ostjerusalem verhindert werden, mit der Kahanisten ein Blutbad anrichten wollten. Unzählige weniger spektakuläre, aber nicht vereitelte Verbrechen, die zu Toten und Verletzten führten, sollten folgen.

Amerikanische Werte

Gründer der Ideologie und Bewegung war der Rabbiner Meir Kahane, der 1932 in Brooklyn, New York geboren wurde. Sein Vater Charles war ein Freund und Anhänger Wladimir Jabotinskys. »Der militante revisionistische Zionist war zu Gast in meinem Haus. Wir organisierten ein Treffen in unserem Wohnzimmer für ihn«, erinnerte er sich später. Der junge Kahane wurde Mitglied in Jabotinskys Jugendorganisation Betar. Als ihm diese nicht mehr radikal genug war, wechselte er 1952 zu den national-religiösen »Kindern Akiwas«, einer Keimzelle der Siedlerbewegung.

1968 rief Kahane die jüdische Bürgerwehr Jewish Defense League (JDL) ins Leben – »um unerhörte Dinge zu tun«, wie er sagte. Das hieß zunächst, erklärte Feinde mit Baseballschlägern, Ketten und Molotowcocktails zu bearbeiten. Die JDL, die nach eigenen Angaben schnell auf 12.000 Mitglieder anwuchs und Ableger unter anderem in Frankreich und Großbritannien unterhielt, war anfangs von den Ideen der Selbstverteidigungsbewegungen ethnischer Minderheiten beeinflusst und bekämpfte auch Neonazis. Bald richtete sich ihre Wut aber zunehmend gegen das assimilierte jüdische Establishment, noch mehr gegen jüdische Linke, die sie als »Verräter« und »selbsthassende Juden« verächtlich machte.

Früh fokussierte die JDL ihre Aktionen auf den »schwarzen Antisemitismus« von Afroamerikanern, der zwar existierte, aber im Verhältnis zum vom rechten Lager propagierten Judenhass marginal blieb. James Baldwin betrachte ihn in seinem Essay »Negroes Are Anti-Semitic Because They’re Anti-White« von 1967 als Reaktion auf den Konformismus bürgerlicher Juden gegenüber dem noch in der US-amerikanischen Sklavenhaltergesellschaft des 19. Jahrhunderts verankerten Rassismus, der eine Solidarität der Unterdrückten verhindere. Kahanes Biograph Shaul Magid hebt hervor, dass der JDL-Führer wie viele privilegierte weiße Amerikaner die schwarze Bevölkerung »zynisch und instrumentell behandelt« habe.

Kahane stellte sich mit seinen »Chayas« (Tieren), wie er seine Schlägertruppe nannte, teils mit finanzieller Unterstützung der CIA, auf die Seite des US-Imperialismus gegen die antikolonialen Befreiungskämpfe und das Friedenslager. »Ich war besonders alarmiert durch das Übergewicht der Juden in der Antikriegsbewegung«, sagte Kahane der New York Times 1971, vier Jahre nachdem er in seinem Buch »The Jewish Stake in Vietnam«, das er mit seinem Mitstreiter Joseph Churba, dem späteren Berater des US-Präsidenten Ronald Reagan, geschrieben hatte, von jungen Juden die Teilnahme am »Milchemet mitzvah« (Krieg, der geführt werden muss) verlangt hatte. Er forderte vehement mehr Engagement gegen die Ausbreitung des Kommunismus in Südostasien und der sogenannten Dritten Welt. »Hätten die USA einen größeren Kampfeswillen gehabt, dann würden jetzt vermutlich nicht 20.000 sowjetische Soldaten in Ägypten stehen.«

Kahane hielt jüdisches Leben in einer sozialistischen Gesellschaft für ausgeschlossen. »Der Kommunismus ist für die jüdische Seele das, was der Nazismus für den Körper war«, schrieb er in der Wochenzeitung Jewish Press. Bald profilierte sich Kahane als Advokat vorwiegend rechtsgerichteter oppositioneller Juden in der UdSSR, die keine Ausreisegenehmigung bekommen hatten. Als strikter Gegner der Entspannungspolitik von Richard Nixon startete er eine »Kampagne für einen kompletten Zusammenbruch der sowjetisch–amerikanischen Beziehungen«, wie es in einem FBI-Report heißt. JDL-Aktivisten griffen Kultureinrichtungen der UdSSR, ihre Fluggesellschaft Aeroflot, ihr UN-Büro, aber auch sowjetische Diplomaten und deren Familien an. Dabei wurden auch Schusswaffen und Sprengstoff eingesetzt.

»Hört zu, Sowjetjuden!«

Kahanes Hass auf die Sowjetunion wurzelte in der antibolschewistischen Matrix des revisionistischen Zionismus, den der aus Odessa stammende Journalist Wladimir Jabotinsky zu Beginn der 1920er Jahre begründet hatte. Jabotinsky richtete seine Ideologie »diametral« gegen den Internationalismus. Dieser widersprach seinen schon Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten metaphysischen Vorstellungen vom Individualismus als einem jüdischen Wesenszug und der Besonderheit des »jüdischen Blutes«.

Der Rat der Volkskommissare wies 1918 alle Sowjets an, »die antisemitische Bewegung an den Wurzeln effektiv zu zerstören«. Lenin hatte bereits 1913 in seinen »Kritischen Bemerkungen zur nationalen Frage« als einen der »großen universal-fortschrittlichen Züge« der diasporajüdischen Kultur den Internationalismus hervorgehoben. Und so wurden in der Kommunistischen Partei Jewsekzijas gebildet, jüdische Sektionen, die den Zionismus als »ideologischen Nationalismus« bekämpften, aber die Entwicklung der »jüdischen proletarischen Kultur« fördern sollten. Die »bolschewistische Doktrin«, die viele Juden zum Eintritt in die Rote Armee bewog, sei »unglaublich kühn und von einem echt demokratischen Geist erfüllt« gewesen, schrieb Alfredo Bauer in seiner »Kritischen Geschichte der Juden« – sie sollte den Zionismus als Spaltpilz der Arbeiterklasse historisch überwinden und gleichzeitig die emanzipatorischen Errungenschaften des Judentums bewahren.

Jabotinsky begriff die bolschewistische Doktrin als Kriegserklärung, wollte eine antisowjetische jüdische Militäreinheit gründen und schreckte nicht einmal vor einem Zweckbündnis mit dem ukrainischen Nationalisten und Antisemiten Simon Petljura zurück, der für Pogrome mitverantwortlich war, denen rund 40.000 Juden zum Opfer fielen. Jabotinsky fürchtete, dass die Oktoberrevolution bis nach Palästina Wellen schlagen und der Klassenkampf das jüdische und das arabische Proletariat vereinen könnte. Arbeiterstreiks »kollidieren mit den obersten Interessen des Zionismus«.

Nach dem Holocaust, dem Beginn des Kalten Kriegs und der Gründung des Staates Israels, den die Sowjetunion zunächst – nicht zuletzt aus strategischen Interessen – als Errungenschaft des nationalen Befreiungskampfs gegen den britischen Kolonialismus unterstützte, bekam die zionistische Bewegung Zulauf. Als Golda Meir, damals Botschafterin Israels in Moskau, 1948 offen zur Auswanderung der Juden aufrief, zeigten sich Risse im jüdisch-bolschewistischen Projekt. Die antizionistische Agenda der Sowjetunion sei »von Staatsfunktionären mit geringem Verstand, die es offenbar zahlreich gab, nicht selten antisemitisch ausgelegt« worden, so Bauer. Während des »Verknöcherungsprozesses« bis zum Zusammenbruch des Realsozialismus in der UdSSR sei tatsächlich ein »Wiedererstarken des Antisemitismus« zu beobachten gewesen. Dieser regressive Prozess der Schwächung der bolschewistischen Doktrin sollte rechten Ideologien wie dem Kahanismus den Weg ebnen.

Meir Kahane behauptete, die in der UdSSR lebenden Juden seien »versklavt« und einem »nationalen und kulturellen Genozid« ausgesetzt. Er fand aber nicht die gewünschte Resonanz eines Massenexodus ins Heilige Land. In den 1970er und 1980er Jahren verließen nur 290.000 der rund 2,1 Millionen Juden die UdSSR. Die Mehrheit dachte nicht an die Alija, sondern suchte lieber ihr Glück in den USA und Westeuropa. Als sich 1975 abzeichnete, dass die Zahlen hinter seinen Erwartungen zurückblieben, reagierte Kahane mit einem wütenden offenen Brief: »Hört zu, Sowjetjuden, die ihr im Exil geboren seid, ihr seid immer geflohen, und ihr werdet immer fliehen, bis zu dem Tag, an dem ihr gefangen und vernichtet werdet« – eine Dystopie, die die Realität der jüdischen Erfahrung in der UdSSR in wesentlichen Punkten widerlegt hatte: Mit dem Sieg der Roten Armee über den Hitlerfaschismus war bewiesen worden, dass Juden mit dem internationalistischen Projekt und einer Erkenntnis wehrhaft sein können, die Ilja Ehrenburg 1948 in der Prawda pointiert und gegen die »zionistischen Mystiker« in Stellung gebracht hatte: Es gibt kein »jüdisches Blut«, das durch die Adern fließt und Juden zur Nation verbindet – es gibt nur das Blut von Juden, das von Antisemiten vergossen wurde und Juden in einer »Solidarität der Erniedrigten und Beleidigten« verbindet.


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NEUE ANTWORT19.12.2022, 17:34 Uhr
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»Araberfreies« Israel

Als Kahane 1971 seinen Hauptsitz nach Israel verlegte – nicht zuletzt, weil er mehr und mehr unter Druck der US-Strafjustiz geriet – und in Jerusalem ein Büro der JDL eröffnete, hatte sich der Judenstaat bereits als »starker antisowjetischer Alliierter« der USA, wie er ihn charakterisierte, bewährt. Der Sieg im Sechstagekrieg 1967 gab den revisionistischen Zionisten mit ihrer Cherut-Partei, die später im Likud aufging, enormen Auftrieb. Die von ihnen gestützte rechtsnationalistische Großisrael-Bewegung und nationalreligiöse Kräfte strebten die Annexion aller eroberter Gebiete an.

Kahane definierte mit seiner frisch gegründeten Partei Kach – benannt nach dem Motto von Jabotinskys paramilitärischer Organisation Irgun »Rak Kach!« (Nur so!) – das Judentum als religiöse Nation mit einer auf der Halacha basierenden Grundordnung. »Es gibt keine Demokratie im Judentum.« Sein Ziel: »ein absolut araberfreies« Israel. »Wir haben die Wahl, Araber zu schlagen, zu töten oder sie für immer rauszuschmeißen«, sagte er in einem Interview. 1981 stellte er in einer Anzeige in der Tageszeitung Maariv das Kach-Wahlprogramm vor: Darin fand sich das Verbot der »Abscheulichkeit der Assimilation und der Gemeinschaft mit Nichtjuden«, Gefängnisstrafe für jeden Araber, der sexuelle Beziehungen mit einer Jüdin hat, und perspektivisch der Entzug der Staatsbürgerschaft von allen israelischen Arabern. Wenige »Fremde«, Palästinenser, sollten bleiben dürfen, aber sie müssten in einem Apartheidsystem nach dem Vorbild Südafrikas leben. Legitimiert sah Kahane seine Forderungen durch die Bibel – »Gott hat uns das Land Israel gegeben« –, sein Prinzip »Juden zuerst!« und das Recht des militärisch Stärkeren: »Wer ist der Eroberer und wer ist der Eroberte hier!«

Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner extremen Gewaltbereitschaft konnte Kahane 1984 für Kach einen Sitz in der Knesset erringen. Als seine Bewegung auch gegen Vertreter des Staates vorging, ihr Einfluss im bürgerlichen Milieu wuchs und die Partei gute Chancen hatte, zur drittstärksten Kraft Israels aufzusteigen, wurde Kach wegen »Anstiftung zum Rassismus und Gefährdung der Sicherheit« von der Parlamentswahl 1988 ausgeschlossen.

Die Kahanisten bildeten die Sturmtruppen des »Amerika-Zion-Prozesses« im Nahen Osten, wie ihn der Gewerkschafter Michael Assaf bereits 1952 beschrieben hatte. Für aus den USA eingewanderte jüdische Rechte ist das zionistische Projekt besonders attraktiv, weil es an den Siedlerkolonialismus des 18. und 19. Jahrhunderts in Nordamerika anknüpft – als »Leute aus Europa kamen und das Land der indianischen Ureinwohner besetzten«, wie Rabbiner Daniel Cohen, einer ihrer Sprecher, erklärt. Ein großer Unterschied zwischen den Siedlern in Amerika und in Palästina bestehe allerdings darin, dass letztere »nach Hause gekommen« und »Pioniere im eigenen Land« seien.

»Wilder Westen« Westjordanland

Bis die »rechte Zeit« für eine ethnische Säuberung mit einem großen Krieg oder anderem Ausnahmezustand gekommen sei, wolle man die arabische Bevölkerung »in selbstverwalteten Nischen« halten, erläutert Moshé Machover, Gründer der Sozialistischen Organisation in Israel (Matzpen), die Strategie der Siedlerbewegung. Die Palästinensergebiete »ähneln den Indianerreservaten in den USA«. Und so betrachten nicht wenige Kahanisten das Westjordanland als »wilden Westen«. Dort können sie nicht nur ungehindert, sondern stets beschützt von den israelischen Sicherheitskräften ihrem Credo »Nur ein toter Araber ist ein guter Araber« – in Anlehnung an die Devise des Indianerschlächters General Philip Sheridan – nachgehen.

Dabei werden sie bis heute von sehr einflussreichen US-amerikanischen Institutionen unterstützt, beispielsweise vom Jewish Heritage Movement, ebenso von den evangelikalen Christians United for Israel, die alle Steuerfreiheit genießen. Viele führende Köpfe der Kahanisten und militante Aktivisten stammen aus den USA: nicht nur Baruch Goldstein, der wie Kahane aus Brooklyn eingewandert ist, auch Baruch Marzel, Kahanes einstige rechte Hand und Nachfolger in Kach, später Chef der Jüdischen Nationalen Front, die 2012 in der Partei von Michael Ben-Ari, Otzma Jehudit (Jüdische Stärke), aufging. Baruch Ben-Jossef, Vorsitzender einer der zahlreichen Organisationen, die die Errichtung des dritten Tempels auf dem Tempelberg in Jerusalem durchsetzen wollen, stammt ebenfalls aus New York.

Ben-Jossef ist wie alle kahanistischen Führer glühender Verfechter des »totalen Krieges«: das einzige, was »uns Erlösung bringen wird«, sagte er vor knapp 20 Jahren, als er seine Anhänger gegen die linkszionistische »Peace Now«-Bewegung mobilisierte, die immer mehr zur Zielscheibe von »Preisschild«-Attacken, Vandalismus als Revanche für zivilgesellschaftliche Projekte zum Schutz der arabischen Bevölkerung, wurde. »Wenn wir die Armee nicht dazu bringen können, wieder in die Offensive zu gehen, wieder eine Armee der Rache zu sein, eine Armee, die sich mehr um Juden kümmert als um jeden anderen, dann werden wir die absolute Befreiung nur auf diesem einzig möglichen Weg finden. Krieg jetzt!« – ein Weltbild, das perfekt zugeschnitten ist für den »Rottweiler des US-Imperialismus«, wie Moshé Machover die Funktion Israels beschreibt.

Shaul Magid nennt ein Problem, das seit der Trump-Ära mit dem Vormarsch von »White Supremacy« enorm befeuert wird: Kahane hat »die Rassenfrage« in den Nahen Osten exportiert, »sehr energisch« in den israelisch-palästinensischen Konflikt eingebracht und diesen damit »übermäßig amerikanisiert«.


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NEUE ANTWORT19.12.2022, 17:37 Uhr
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Mussolinis Schüler

Nicht unterschätzt werden darf allerdings der ideologische Einfluss des historischen Faschismus an der Macht in Europa, besonders in Italien – vermittelt durch den revisionistischen Zionismus: Wladimir Jabotinsky verband mit Benito Mussolini nicht nur die Begeisterung für Nationalchauvinismus und Militarismus. Der »Duce« und er teilten auch die Auffassung, dass die Araber in Palästina niemals friedlich mit den Juden zusammenleben können und deshalb segregiert werden müssen. »Die zionistische Kolonisation« könne nur »hinter einer eisernen Mauer« aus »Bajonetten« stattfinden, die »die einheimische Bevölkerung nicht durchbrechen kann«, heißt es in einem 1923 in der zionistischen Zeitschrift Rasswjet erschienenen Aufsatz von Jabotinsky. Die Vertreter des revisionistischen Maximalismus, einer von dem Historiker Abba Ahimeir geführten radikalen Strömung in Jabotinskys Bewegung, traten in den 1930er Jahren für einen offenen Schulterschluss mit Mussolini ein, wollten in Palästina einen faschistischen jüdischen Staat gründen – schließlich sogar den »antikommunistischen Kern« Hitlerdeutschlands unterstützen und dessen »antisemitische Schale« wegwerfen.

1934 ermöglichte Mussolini Jabotinsky die Einrichtung einer Betar-Marineakademie für jüdische Kadetten in der italienischen Hafenstadt Civitavecchia. »Die Revisionisten stimmten absolut mit der faschistischen Doktrin überein«, war damals in einem Magazin der italienischen Marine zu lesen. »Deshalb werden sie als unsere Schüler die italienische und faschistische Kultur nach Palästina bringen.«

Diese Mission hat die zionistische Rechte erfüllt. Im gelobten Land national-religiöser Eiferer, aber auch Armageddon in spe für gefährlich irre Endzeitchristen aus den USA und der westlichen Welt, konnte der Kahanismus wesentliche Elemente des Faschismus ausbilden. Wie der ­israelische Politikwissenschaftler Ehud Sprinzak bereits 1985 belegte, gilt das ebenso für sekundäre Merkmale: etwa einen demagogischen Populismus, der permanent Hass gegen die Araber als »Krebsgeschwür der Nation« schürt und zu deren Ausmerzung aufruft, verarmte sephardische Juden gegen eine angebliche »Verschwörung des aschkenasischen Establishments« mobilisiert oder die Exekution aller Soldaten verlangt, die den Wehrdienst in den besetzten Gebieten verweigern. Sprinzak verwies auch auf die Bedeutung des Führerprinzips der bevorzugt in gelben Hemden aufmarschierenden »Kachniks«: Kahane hat seine Gefolgschaft mit autoritärem Auftreten und Selbstinszenierungen, die auf Personenkult setzten, sowie streng hierarchischen Organisationsstrukturen zu »einem monolithischen Körper« geformt, »in dem keine Spaltungen oder Abspaltungen möglich sind«.

Meir Kahane starb vor 32 Jahren in New York bei einem Attentat durch einen Islamisten. Aber sein Traum, der Jugend Israels den Universalismus und die »internationalistische Orientierung« auszutreiben, war noch zu seinen Lebzeiten wahr geworden – laut einer Studie sympathisierten damals schon 42 Prozent der 15- bis 18jährigen jüdischen Gymnasiasten mit seinen Ansichten.

Das Kahane-Syndrom

Heute bezeugen die Brandanschläge der von Kahanes Enkel Meir Ettinger angeführten Noar ­HaGvaot (Hügeljugend), der wachsende Zuspruch für die Organisation Lehava des Ex-Kach-Aktivisten Ben-Zion Gopstein, die »Töchter Israels« vor Beziehungen mit Männern von nicht »göttlicher Rasse« bewahren will, ebenso das hetzerische »Linke in den Ofen!«-Gebrüll bei den Siedlerkundgebungen, dass sich das Kahane-Syndrom in der Mitte der israelischen Gesellschaft festgesetzt hat. Und zwar bis hinein in die Sozialdemokratie und Histadrut, die als zionistische Gewerkschaft, wie es Jabotinsky, inspiriert von Mussolinis »Carta de Lavoro«, gefordert hatte, einen nationalen Pakt mit dem Kapital geschlossen hat und zum Vehikel des Besatzungsregimes und der Disziplinierung der überausgebeuteten palästinensischen Arbeiter verkommen ist. Netanjahus Likud und die anderen bürgerlichen Parteien haben – beispielsweise mit den Nationalstaatsgesetz von 2018 – längst die Grundlagen für ein Apartheidregime geschaffen, das in den besetzten Gebieten seit vielen Jahren Realität ist. Die Durchsetzung eines »jüdischen Kapitalismus«, ein »totaler Krieg gegen Israels Feinde«, Zwangsumsiedlung aller illoyalen Araber – allein diese Programmpunkte von Otzma Jehudit verheißen noch Schlimmeres.

»Der Faschismus ist hier, um zu bleiben«, verkündete Haaretz nach dem Erfolg von Parteichef Itamar Ben-Gvir mit seinem Rechtsbündnis bei der 25. Knessetwahl. Bald wird der Kachnik Minister für Nationale Sicherheit sein, und mit dem mittlerweile siebten Netanjahu-Kabinett, das nun die Regierungsgeschäfte übernimmt, wird der Kahanismus als radikalste Form zionistischer Herrschaft wirkmächtig.

Unterdrückte Wahrheiten

Die Kahanisten haben den katastrophischen Zionismus, der Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, von einem »ewigen Antisemitismus« ausgegangen, dessen Prinzip die »Negation der Diaspora« und dessen Ideal der »Muskeljude« war, zur Religion erhoben. Der von Nazideutschland verbrochene Völkermord und das Versagen vor allem der westlichen Welt, die den verfolgten und schließlich in die Todesfabriken getriebenen Juden nicht beigestanden hatte, schien ihre Thesen unwiderruflich belegt zu haben. Aber ihr »Nie wieder!«, das sich unter jedem Bekennerschreiben der JDL zu Terroranschlägen fand, erwies sich nicht als Ausdruck des welthistorischen kategorischen Imperativs, den Hitler der Menschheit auferlegt hatte, sondern als dessen heteronome Instrumentalisierung – und letztlich Unterminierung. Denn indem sie Jabotinskys kolonialistisches »jüdisches Eisen« fetischisiert, sozialdarwinistischen Ideologemen und einer Post-Holocaust-Version des revisionistischen Maximalismus zum Durchbruch verholfen haben, tragen sie dazu bei, dass die Möglichkeit neuer Menschheitsverbrechen nicht nur aufrechterhalten, sondern auch vergrößert wird.

Die Geburtsstunde des Kahanismus schlug nicht zufällig in der Ära des Kalten Krieges: In dieser Zeit wurde das Ende der jüdischen Moderne, die in Auschwitz weitgehend ausgelöscht worden war, in den USA und im Westen durch eine Versöhnung von Juden mit den Rechten besiegelt, die sie mit Konformismus bezahlt haben. Das ebnete den Weg für eine »philosemitische Reaktion«, die den Antiantisemitismus und das Holocaustgedenken »in das Wertesystem einer ideologischen Strömung integrierte, die, historisch gesehen, den Juden feindlich gesinnt war« und deren »Universalismus in Okzidentalismus« verwandelte – wie Enzo Traverso es mit Verweis auf Thesen des Philosophen Ivan Segré in seiner Studie über die »konservative Wende« in der jüdischen Gemeinschaft beschreibt. Mit dieser Entwicklung wurden nicht nur die Antisemiten von gestern exkulpiert und ihnen eine »narzisstische Anteilnahme« an dem Leiden der Juden, das sie und ihre ideologischen Vorgänger produziert hatten, ermöglicht. Sie förderte auch die ideologische Ausschlachtung der jüdischen Katastrophe für die Konservierung von Elementen des Antisemitismus: Die kritischen jüdischen Intellektuellen, die schon von den Begründern des Zionismus als »Nervenjuden« verächtlich gemacht worden waren, werden heute, besonders wenn sie Kommunisten sind, von Rechten als mit den Palästinensern und anderen kolonisierten »Feinden« des »Wertewestens« verschworene »Verräter« der kapitalistischen »Zivilisation« dämonisiert.

Dem Kahanismus war es nicht zufällig ein Anliegen, »Bolschewist« als eines der schlimmsten Schimpfwörter in der politischen Kultur Israels zu etablieren (was ihm gelungen ist). Den Vertretern der zionistischen Erscheinungsform des Faschismus ist kaum etwas verhasster als das Pariajudentum, dem Max Horkheimer einst eine »unendliche Zartheit« und »Weigerung, Gewalt als Argument der Wahrheit anzuerkennen«, bescheinigt hatte. Indem der Kahanismus allen den Krieg erklärt, die Marx’ Erkenntnis, dass die Befreiung der Juden nur mit dem Kampf für die »menschliche Emanzipation« erreicht werden kann, erweist er sich der westlichen Bourgeoisie, die gegenwärtig wieder besonders aggressiv imperiale Ziele verfolgt, als überaus nützlich. Ebenso wenn es darum geht, eine unterdrückte historische Wahrheit endgültig auszulöschen, die Isaac Deutscher 1969 ausgesprochen hat und die als Stachel in ihrem fauligen Fleisch steckt: »Das europäische Judentum hat den Preis für (…) den Erfolg des Kapitalismus in der Verteidigung gegen eine sozialistische Revolution bezahlt. Diese Tatsache ruft bestimmt nicht zu einer Revision der klassischen marxistischen Analyse auf – sie bestätigt sie eher.«


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NEUE ANTWORT21.11.2022, 15:02 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung "Aber das starke Abschneiden der Extremisten, die unter Soldaten sogar 20 Prozent aller Stimmen bekommen haben, bleibt unabhängig von der Regierungsbildung aussagekräftig."

Und ist nicht wirklich beruhigend. Eine zunehmende Faschisierung des militärischen Apparats - und möglicherweise oder sogar vermutlichen nicht nur von diesem, sondern auch von denen der Bullerei und der Geheimdienste - zeigt (analog zu ähnlichen Entwicklungen in der BRD, oder s. auch die "Eingliederung" der faschistischen Kampftruppen in die 'reguläre' ukrainische Armee oder Polizei) die Fahrtrichtung des Zuges an. Sowohl in Richtung der Staatsentwicklung als auch in Richtung der immer besseren Aufrüstungsmöglichkeiten der FaschistInnen.
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NEUER BEITRAG23.12.2022, 15:28 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW heute:

Kommentar

Natürliche Verbündete

Netanjahu bildet rechts-religiöse Regierung

Von Moshe Zuckermann

Benjamin Netanjahu hat am Mittwoch dem israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog den Bescheid überbracht, dass es ihm gelungen sei, eine Regierungskoalition zu bilden. Es gibt Journalisten, die das anzweifeln, denn nicht alle Verträge mit den Koalitionspartnern sind bis dato unterschrieben worden, aber das ist unerheblich. Niemand kann ernsthaft behaupten, dass der Kitt, der diese Koalition zusammenhält, jetzt noch auflösbar sei. Zu fragen bleibt lediglich, was es mit diesem Kitt auf sich hat.

Die Koalitionspartner Netanjahus sind vier religiöse Parteien: Die Schas-Partei, Otzma Jehudit, HaTzionut HaDatit und Jahadut HaTorah – sie alle zeichnen sich durch eine orthodox-klerikale Grundlage aus. Netanjahu bezeichnet sie als seine »natürlichen Verbündeten«. Und man fragt sich: Ist das sein Ernst? Netanjahu im Verbund mit fundamentalreligiösen Parteien, von denen zwei traditionell anti- und heute zumindest nichtzionistisch sind? Er, der sich als gewandten, westlich ausgerichteten Staatsmann ausgibt und einen säkularen, hedonistischen Lebenswandel unterhält? Er hat eine Koalition errichtet mit Parteien, von denen Teile bestrebt sind, Israel in eine Theokratie zu verwandeln.

Mehr noch: Die Ideologie dieser Parteien (in verschiedener Couleur) besteht aus einer Melange von faschistischen, rassistischen, autoritär-reaktionären, letztlich dezidiert rechtsradikalen Gesinnungskoordinaten. Sie sind darauf aus, den bereits bestehenden Apartheidstaat zu festigen und auszubauen, die barbarische Besatzungsrealität noch durch Erweiterung des Siedlungsbaus und noch härtere Maßnahmen gegen die Palästinenser im Westjordanland (gegebenfalls auch im Innern Israels) zu steigern. Sie legen es darauf an, bislang konsensuelle Normen der israelischen Zivilgesellschaft und unantastbar geglaubte Grundfeste in den Erziehungs- und Kulturbereichen auszuhebeln und umzukrempeln. Vergangene Woche ging gar die Nachricht durch die Medien, dass die israelische Energieindustrie künftig keinen Strom am Sabbat produzieren werde. Netanjahu sah sich genötigt zu dementieren.

Es erwies sich nämlich, dass sich die »natürlichen Verbündeten« in den Koalitionsverhandlungen als gefräßig-unersättliche Polit- und Inter­essenkörper gebärdeten. Damit man den Ansprüchen der Parteiengeier nachkommen konnte, ist ein Großteil der israelischen Ministerien dermaßen zerstückelt und zerfasert worden, dass man die Übersicht über das Netz der parlamentarischen Kompetenzbereiche kaum noch wahren kann. Netanjahu erwies sich bei den Verhandlungen als schwach und erpressbar, ja nachgerade als Opfer seiner eigenen Bestrebungen. Weil nur noch wenig für seine eigene Partei übriggeblieben ist, waren in der letzten Woche bereits kritische Stimmen aus Likud-Reihen zu hören. Des Rätsels Lösung ist relativ einfach. Netanjahu hat sich nicht zum orthodoxen Juden gewandelt, auch hängt er nicht dem Kahanismus an (der traditionelle Rechtsradikalismus reicht schon aus). Netanjahu ging es einzig darum, eine Koalition zu bilden, die es ihm potentiell ermöglichen würde, seinem Prozess und einer eventuellen Gefängnisstrafe zu entkommen. Genau dafür benötigte er seine »natürlichen Verbündeten«, die selbst von korrupten, gewaltbereiten und vorbestraften Politikern geführt werden.


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NEUER BEITRAG30.12.2022, 01:13 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW heute:

Kommentar

Apartheid als Programm

Neue Regierung in Israel vereidigt

Von Nick Brauns

In Jerusalem wurde am Donnerstag die neue israelische Regierung unter dem langjährigen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu vereidigt. Neben dessen schon sehr weit rechts stehender Likud-Partei gehören der Koalition fünf teils offen faschistische und religiös-fundamentalistische Parteien an.

Vor der Knesset erklärte Netanjahu die Beendigung des Konflikts zwischen Israel und den Arabern zur obersten Priorität. Gemeint ist die weitere Normalisierung der Beziehungen zu arabischen Staaten, um Teheran zu isolieren. Mit den Palästinensern dagegen wird keine Lösung angestrebt. So hatte Netanjahu bereits am Mittwoch die in den Koalitionsverhandlungen vereinbarten Grundlinien seiner »Nationalregierung« bekanntgegeben: »Das jüdische Volk hat ein exklusives und unbestreitbares Recht auf alle Teile des Landes Israel. Diese Regierung wird die Besiedlung in allen Teilen des Landes Israel, in Galiläa, der Negev, auf dem Golan, in Judäa und Samaria fördern und entwickeln.«

In Galiläa im Norden Israels lebt ein Großteil der Palästinenser mit israelischer Staatsangehörigkeit. Diese sind bereits heute Bürger zweiter Klasse des »jüdischen Staates«. In der Negev-Wüste sind die Beduinen seit Jahrzehnten mit Verdrängung konfrontiert, während jüdische Einwanderer etwa aus der ehemaligen Sowjetunion und Äthiopien gezielt dort angesiedelt wurden. Die Golanhöhen sind syrisches Territorium, sie wurden 1967 von Israel besetzt und 1981 annektiert. Und Judäa und Samaria ist die israelische Bezeichnung für das besetzte und von völkerrechtlich illegalen Siedlungen überzogene Westjordanland. Nur Gaza fehlt in dieser Vision von Großisrael – den faktischen Status des schmalen Landstreifens als dichtbesiedeltes Freiluftgefängnis für Palästinenser will die neue Rechtsregierung nicht antasten.

Apartheid und jüdischer Vorherrschaftsanspruch »from the river to the sea«: So lässt sich das Regierungsprogramm zusammenfassen. Dabei täte man einigen Koalitionären Unrecht, würde man sie als überzeugte Apartheidbefürworter bezeichnen. So machen etwa die Kahanisten, zu denen der Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir gehört, kein Geheimnis daraus, dass sie am liebsten alle Palästinenser gewaltsam vertreiben wollen.

Das Vorantreiben des Siedlungsbaus, die Entrechtung der Palästinenser und die Verhinderung eines lebensfähigen palästinensischen Staates gehörten zur Praxis jeder israelischen Regierung der letzten Jahrzehnte, egal ob diese im zionistischen Kontext eher links oder rechts zu verorten war. Es ist das Verdienst von Netanjahu und seiner klerikal-faschistischen Koalitionäre, der »einzigen Demokratie im Nahen Osten« die Maske heruntergerissen zu haben. Das neue Kabinett ist nicht nur die am weitesten rechts stehende, sondern auch die ehr­lichste Regierung Israels, denn sie macht aus ihren kolonialistischen Zielen kein Geheimnis.


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NEUE ANTWORT09.01.2023, 21:19 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Und weiter geht 's. Jetzt verbietet Israel palästinensische Flaggen im öffentlichen Raum, denn dies fördere "den Terrorismus". Dies berichtet RTdeutsch heute:

Israel verbietet palästinensische Flaggen im öffentlichen Raum
Der frisch ernannte israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, hat das Aufhängen palästinensischer Flaggen an öffentlichen Orten verboten. Der Beamte geht davon aus, dass sie den "Terrorismus fördern".


Israels neuer Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, erklärte, er habe die Polizei angewiesen, gegen alle Versuche, palästinensische Flaggen auf den Straßen des Landes zu zeigen, vorzugehen. Dem Minister zufolge sei das öffentliche Zeigen des Symbols, das seit 1964 von der Palästinensischen Befreiungsorganisation verwendet wird, mit Sympathiebekundungen für den Terrorismus verbunden:

"Es ist unfassbar, dass Gesetzesbrecher Terrorflaggen schwenken, zum Terrorismus aufrufen und ihn fördern."

Ben-Gvir wies dabei Bedenken zurück, dass sein Flaggen-Verbot die bürgerlichen Freiheiten verletzen könne. Er argumentierte, dass sich die Freiheit der Meinungsäußerung "nicht darauf erstreckt, sich mit Terroristen zu identifizieren ...", "... die versuchen, israelischen Soldaten zu schaden". In einem Tweet fügte er hinzu:

"Wir werden den Terrorismus und die Ermutigung zum Terrorismus mit aller Kraft bekämpfen."

Nach israelischem Recht ist das Aufhängen und Zeigen der palästinensischen Flagge nicht illegal, aber das Militär und die Strafverfolgungsbehörden sind befugt, sie zu entfernen, wenn sie als Bedrohung der öffentlichen Ordnung angesehen wird.

Der neue Minister erhielt das Amt, nachdem die nationalistische Partei Otzma Yehudit (Jüdische Stärke), zu der er gehört, der Koalitionsregierung des kürzlich wiedergewählten Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu beigetreten war. Die Koalitionsvereinbarung sah unter anderem vor, palästinensische Flaggen aus staatlich finanzierten Einrichtungen zu entfernen. Die Anordnung von Ben-Gvir scheint noch einen Schritt weiter zu gehen und verbietet die Flaggen an allen öffentlichen Orten.

Vergangene Woche waren bei Feierlichkeiten zur Freilassung des Palästinensers Karim Younis im Norden Tel Avivs palästinensische Flaggen geschwenkt worden. Der Mann war 1983 wegen des Mordes an einem israelischen Soldaten verurteilt worden. Younis selbst schwenkte die palästinensische Flagge, als er nach Hause kam. Überdies waren am Wochenende bei einer Demonstration gegen die neue Regierung in Tel Aviv vereinzelt palästinensische Flaggen zu sehen.

Netanjahus Regierung kündigte am 6. Januar bereits eine Reihe von Strafmaßnahmen gegen die Palästinensische Autonomiebehörde an, weil diese ein Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen über die israelische Besatzung der palästinensischen Gebiete eingeholt hatte. Unter anderem sollen die Maßnahmen Israels den Entzug des Reisepasses des palästinensischen Außenministers Riyad al-Maliki vorsehen
.

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NEUER BEITRAG08.01.2023, 20:13 Uhr
EDIT: FPeregrin
08.01.2023, 23:06 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW morgen:

Ultras kriegen Kontra

Tel Aviv: Proteste gegen fundamentalistisch-rechte Regierung. Breites Bündnis demonstriert

Von Knut Mellenthin

Israels extrem rechte und ultrareligiöse neue Regierungskoalition bekommt Gegenwind. Zum ersten Mal, seit Langzeitpremier Benjamin Netanjahu am 29. Dezember für seine sechste Amtszeit vereidigt worden war, gab es am späten Sonnabend in Tel Aviv Proteste mit mehreren tausend Teilnehmern. Bei der zentralen Kundgebung füllte die Menschenmenge nicht nur den großen Platz am traditionsreichen Habima-Theater, sondern verteilte sich auch auf die Zugangsstraßen. Von dort aus formierten sich mehrere, von unterschiedlichen politischen Kräften organisierte Demonstrationszüge. Neben der blau-weißen Staatsflagge, die in Israel zum gewohnten Bild aller politischen Aktionen gehört, war auch die Regenbogenfahne der LGBTI-Community zu sehen. Queere Personen sind von den zu erwartenden Maßnahmen der neuen Regierung besonders betroffen und hatten als erste schon in den vergangenen Tagen Demonstrationen mit mehreren hundert Menschen organisiert.

In israelischen Medien hieß es, während die Aktionen in Tel Aviv noch in Gang waren, »die Veranstalter« hätten von mehr als 10.000 Teilnehmenden gesprochen. Allerdings war bei der Vielzahl aufrufender Gruppen nicht auszumachen, wer genau die Veranstalter waren. Ganz sicher war es nach israelischen Maßstäben überwiegend das linke Spektrum der Opposition. Unter den Aufrufen und Stellungnahmen standen bekannte Zusammenschlüsse und Initiativgruppen, von denen mehrere auch schon 2020 bei den großen Versammlungen gegen die damalige Netanjahu-Regierung hervorgetreten waren: »Bewegung für eine Qualitätsregierung«, »Schwarze-Fahnen-Bewegung«, »Zusammenstehen«, »Das Schweigen brechen« und »Crime Minister« – ein Wortspiel mit der englischen Bezeichnung für den Premierminister (»Prime Minister«) und dem Wort »Crime« (Verbrechen). Zumindest einige dieser Gruppen haben schon angekündigt, dass sie künftig an jedem Sonnabend – immer nach dem Ende der Schabbat-Ruhe – auf die Straße gehen wollen.

Etliche prominente Politiker liefen bei den Protesten mit, einige hielten auch Reden, prägten aber nicht das Gesamtbild. Unter ihnen waren Parteichefin Merav Michaeli und der Abgeordnete Gilad Kariv von der Arbeitspartei, ebenso Aiman Odeh, der Vorsitzende des maßgeblich von der Kommunistischen Partei beeinflussten Bündnisses »Demokratische Front für Frieden und Gleichheit«, kurz Chadasch genannt. Auch die frühere Außenministerin und Vizepremierministerin Tzipora »Tzipi« Livni, die sich im Februar 2019 offiziell aus der Politik zurückgezogen hat, wurde von den Medien gesichtet.

Mehrere der beteiligten Gruppen hoben in ihren Aufrufen und Ansprachen Ziel und Absicht hervor, ein möglichst breites Bündnis aller Teile der Gesellschaft »gegen den Staatsstreich« der »kriminellen Regierung« aufzubauen, »die allen Bürgern, wer immer sie auch sind, zu schaden droht«. Jael Lotan und Avner Gvarjahu, die Chefs von »Das Schweigen brechen«, wandten sich an die Menge mit den Worten: »Heute Abend, liebe Freunde, haben wir ein neues demokratisches Lager geschaffen. Es schließt Juden und Araber, Männer und Frauen, ›straight people‹ und ›LGBTQ people‹, Säkulare und Religiöse ein. Vereinigt gegen eine üble Regierung und zugunsten einer besseren Zukunft an diesem Ort.« Menschenrechte, sagten die beiden weiter, stünden nicht nur jüdischen Menschen zu, sondern müssten auch auf die arabische Bevölkerung ausgeweitet werden – einschließlich der Menschen, die in den von Israel 1967 besetzten Gebieten leben.

Der Kampf hat gerade erst begonnen, das ist offenbar das allgemeine Verständnis. In einer gemeinsamen Erklärung von »Zusammenstehen« und »Crime Minister« hieß es: »Wir werden nicht Däumchen drehend zu Hause sitzen, und wir werden uns nicht in Verzweiflung und Frustration verlieren. Wo gekämpft wird, da ist Hoffnung. Wir gehen auf die Straße und kämpfen für unsere Heimat.«


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Hmm, ... wäre das der Anfang einer antifa.-dem. Volksfront? Ich bleibe
skeptisch, daß das so einfach funktioniert. Weniger weil eine Tzipi Livni - unvergessen aus dem Gaza-Krieg 2008/09 - hier mitläuft - Volksfronten schließt man mit Kotzbrocken -, sondern weil ich nicht sehe, daß hier mehr auf die Straße geht als "Breite", mithin nicht unbedingt die fortschrittlichste Kräfte die Reiter sein müssen. ... kennen wir von hier. - Wir werden sehen.
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NEUER BEITRAG22.01.2023, 20:21 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW morgen:

Druck auf Netanjahu wirkt

Israel: Größte Kundgebung in Geschichte des Landes. Premier entlässt vorbestraften Minister

Von Knut Mellenthin

Der Druck auf die seit dem 29. Dezember amtierende Ultrarechtsregierung in Israel wächst. Am Sonntag vormittag musste Premierminister Benjamin Netanjahu aufgrund eines Urteils des Obersten Gerichtshofs seinen wichtigsten Partner in der Regierung Arje Deri entlassen, der die Posten des Innen- und des Gesundheitsministers besetzt hatte. Er tue das »mit schwerem Herzen, mit großer Sorge und mit dem denkbar schlechtesten Gefühl«, betonte Netanjahu bei der Bekanntgabe dieser Maßnahme in der allwöchentlichen Kabinettssitzung.

Zuvor hatte es am späten Sonnabend nach dem Ende der Schabbatruhe in Tel Aviv die bisher größten Proteste gegen die neue Regierung gegeben. An zwei verschiedenen Orten der Stadt versammelten sich nach Polizeiangaben insgesamt 110.000 Menschen, während die Organisatoren sogar von 150.000 Teilnehmern sprachen. Die Verteilung auf zwei Kundgebungsplätze war nötig geworden, weil voraussehbar war, dass der Habima-Platz, auf dem sich am vorigen Sonnabend bei strömendem Gewitterregen 80.000 Menschen versammelt hatten, diesmal die Menge der Protestierenden nicht mehr fassen würde. Weitere Demonstrationen gab es in Jerusalem, Haifa, Beerscheba, Herzlija und anderen Städten. In Jerusalem protestierten mehrere tausend Menschen in der Nähe von Netanjahus Residenz.

Diesmal hatten auch die Politiker des Zentrums und der moderaten Rechten zu den Kundgebungen in Tel Aviv aufgerufen. Oppositionsführer Jair Lapid von der liberalen Partei Jesch Atid (Es gibt eine Zukunft) hielt eine der zahlreichen Reden und verkündete den allgemeinen Konsens der Protestierenden: »Wir geben nicht auf, bis wir gewonnen haben.« Der frühere Chef der israelischen Streitkräfte und ehemalige Verteidigungsminister Mosche Jaalon, seit Jahren ein populärer Gegenspieler Netanjahus, bezeichnete die gegenwärtige Regierung als »Diktatur von Verbrechern«.

Das Urteil des Obersten Gerichtshofs gegen Deri, den Vorsitzenden der orthodoxen Schas-Partei, wird laut einer Umfrage, die am Sonntag bekannt wurde, von 70 Prozent der Bevölkerung begrüßt. Sogar bei den Wählern von Netanjahus Likud-Partei stimmen 57 Prozent der Entscheidung zu. Der Logik des Gerichts ist in der Tat schwer zu widersprechen. Deri, der 1999 schon einmal wegen Annahme von 150.000 Dollar Bestechungsgeld zu drei Jahren Gefängnis verurteilt worden war, stand im vorigen Jahr erneut vor Gericht, diesmal wegen Steuerhinterziehung. Er kam mit einer zur Bewährung ausgesetzten Haftstrafe davon, und das Gericht verzichtete darauf, sein Verhalten als »moralische Verkommenheit« – ein Begriff aus dem US-amerikanischen Recht – einzustufen, was eine siebenjährige Ämtersperre zur Folge gehabt hätte. Als Gegenleistung versprach Deri, er werde sich aus der Politik zurückziehen. Folglich dürfe er jetzt nicht Minister sein, ordnete am Mittwoch der Oberste Gerichtshof an.

Deri wird beim aktuellen Stand der Dinge trotzdem stellvertretender Premierminister bleiben. Das widerspricht offensichtlich der Tendenz des Urteils und könnte ein weiteres Gerichtsverfahren auslösen.

Sicher ist in jedem Fall, dass die Sonnabendsproteste in Tel Aviv und anderen Städten gegen die von der Ultrarechtskoalition geplante »Justizreform« fortgesetzt werden. Zahlenmäßig ist in den kommenden Wochen, wenn die Temperaturen steigen, noch Luft nach oben. Aber schon die Kundgebungen am Sonnabend waren vermutlich die größten, die jemals in Israel stattfanden.


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NEUER BEITRAG14.02.2023, 01:46 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Hmm, wir werden sehen. Quantitativ scheint erstmal das dickeren Ende durch zu sein, qualitativ...?

jW heute:

Parlament blockiert

Pläne zur »Justizreform«: Landesweite Proteste und Streiks in Israel. Unternehmen befürchten Einbußen durch Ultrarechtsregierung

Von Knut Mellenthin

In Israel haben die wochenlangen Proteste gegen Benjamin Netanjahus Ultrarechtsregierung am Montag eine neue Qualität erreicht. Allein in Jerusalem drängte sich zwischen dem Parlamentsgebäude und dem Obersten Gerichtshof eine unüberschaubare Menge von Menschen, deren Zahl am Nachmittag auf bis zu 100.000 geschätzt wurde. Zuvor war der erste Gesetzesvorschlag zur radikalen Umgestaltung des Justizwesens zur ersten Lesung in der Knesset zugelassen worden. Tausende waren seit den Morgenstunden in überfüllten Nahverkehrszügen, gecharterten Bussen und langen Autokonvois aus vielen Teilen des Landes, vor allem aus dem Großraum Tel Aviv, nach Jerusalem gekommen. Zahlreiche Politiker aller Oppositionsparteien richteten das Wort an die Protestierenden. Die Kundgebung bot am Montag einmal mehr das Bild eines Meeres blauweißer Nationalflaggen. Die Proteste der »Queer community«, die zu Beginn der Demonstrationen in Tel Aviv in großer Zahl mit Regenbogenflaggen aufgetreten waren, scheinen mittlerweile in den Hintergrund getreten.

Die Kundgebung in Jerusalem am Montag fiel zusammen mit einem erstmaligen Streikaufruf, der nach bisherigen Berichten hauptsächlich von Angestellten der Hightech-Branche getragen wurde, in der Israel international eine maßgebliche Stellung innehat. Nach Meldungen, die aus der Branche kommen, hatten fast 300 Unternehmen ihre Angestellten nicht nur für den Tag freigestellt, sondern geradezu ermutig und unterstützt, unter anderem durch das Anmieten von Bussen, zur Kundgebung nach Jerusalem zu fahren. Auch Zehntausende Ärzte und Wissenschaftler beteiligten sich an den Protesten. Dagegen steht die große Traditionsgewerkschaft Histadrut, die im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen von großer Bedeutung ist, einstweilen abseits.

Neben der Hightech-Branche haben sich dem politischen Protest auch Anwaltskanzleien und Banken angeschlossen. Es herrscht die Sorge, dass Netanjahus Regierungskoalition nicht nur dem allgemeinen Standing des zionistischen Staates großen Schaden zufügen, sondern auch die Chancen international tätiger israelischer Unternehmen zur geschäftlichen und finanziellen Kooperation nachhaltig verschlechtern wird. Schließlich strebt Netanjahu nicht nur eine umfassende »Justizreform« an, die Kritiker für den Untergang der israelischen Demokratie halten, sondern regiert zusammen mit ultrarechten Kräften, die ein totalitäres und rückwärtsgewandtes Religionsverständnis durchsetzen wollen.

Schon am späten Sonnabend – wie üblich nach dem Ende der Schabbat-Ruhe – hatten zum sechsten Mal große Protestkundgebungen gegen die Ul­trarechtsregierung stattgefunden. Nach Angaben der Organisatoren wurde mit 145.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in Tel Aviv und weiteren 83.000 in anderen Städten ein neuer Rekord aufgestellt.

Am Sonntag hielt Staatspräsident Isaac Herzog eine Fernsehansprache, in der er kritisierte, dass Netanjahus Vorhaben »negative Auswirkungen auf Israels demokratische Grundlagen« haben werde und in der er zugleich für ein Zurückstellen der geplanten Vorhaben warb, um ein »Kompromissabkommen« zwischen Regierung und Opposition aushandeln zu können. In eine ähnliche Richtung geht anscheinend eine gemeinsame Initiative von mehr als 70 örtlichen Autoritäten, die vor die praktische Durchsetzung der »Justizreform« eine Dialogphase schalten wollen.


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NEUE ANTWORT16.02.2023, 20:31 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung "Hmm, wir werden sehen. Quantitativ scheint erstmal das dickeren Ende durch zu sein, qualitativ...?"
... sieht es mir - nach diesem Artikel - eher so aus, als ob mal wieder die in diesem Staat eh "Gekniffenen", sprich die PalästinenserInnen u. die ArbeiterInnenklasse (egal aus welchen Nationalitäten/Religionen zusammengesetzt) weder Objekt noch Subjekt dieser Proteste sind, oder zumindest nur marginal als "Feigenblättchen".
Es scheinen sehr nationalistische Proteste zu sein, deren TrägerInnen in der Masse eher "hippe", gut und in florierenden Branchen ausgebildete u. gut verdienende Menschen sind, darunter sehr viele Selbständige ... Und die sich eher um das Bild Israels in der Welt sorgen (da "schlecht für 's Geschäft") und weniger (bzw. nur aus vorgenanntem Grunde) um Faschismus, Ausbeutung u. Unterdrückung.
"Dagegen steht die große Traditionsgewerkschaft Histadrut, die im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen von großer Bedeutung ist, einstweilen abseits."
Auch dies hat ja eine gewisse Aussagekraft. Wobei ich aber nicht weiß, wie diese Gewerkschaft politisch einzuordnen ist.

Vielleicht wird ja trotzdem was draus, daß sich eine Eigendynamik (die von den derzeitigen TrägerInnen der Proteste sicher nicht gewünscht ist) entwickelt und in die richtige Richtung geht. Wie FPeregrin oben schreibt: wir werden sehen.
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NEUE ANTWORT17.02.2023, 01:38 Uhr
EDIT: FPeregrin
17.02.2023, 01:44 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Oh, die Histadrut: Das ist die "gewerkschaftliche" Kampforganisation des sog. "Arbeiterzionismus".

Ich zitiere einfach mal die Fischer-Weltgeschichte, Bd. 15 (Verfasser Dan Diner), S. 374: "Kurze Zeit nach der Balfour-Deklaration riefen die damals schon organisierten Zionisten die Jewish Agency for Palestine unter dem Vorsitz von Chaim Weizmann, dem Präsidenten der Zionistischen Organisation, ins Leben. Die Jewish Agency wurde zur Vorstufe einer Regierung. Sie sammelte Gelder, kaufte in Palästina Land auf, um jüdischen Einwanderern die Niederlassung zu ermöglichen, gründete kollektive landwirtschaftliche Siedlungen, die kibbuzim, machte Hebräisch zu einer neuen Landessprache, rief die Histadrut, den Allgemeinen Gewerkschaftsverband, ins Leben, dem bald 90 Prozent aller jüdischen Arbeiter angehörten – mit einem Wort, sie war nicht nur eine wirtschaftliche, sondern im Grunde auch eine politische Institution. Schon 1939 verfügten die Zionisten über eine militärische Geheimorganisation, die Haganah, und später sollten sich etliche Terrororganisationen herausbilden, von denen vor allem der Irgun Zewa’i Le’umi und die Sternbande Bedeutung erlangen sollten." Dies zum Gründungszusammenhang.

Zur Funktion in diesem Zusammenhang., Ebd. Bd. 36 (ebenfalls Dan Diner), S. 170f. "Faßt man die Bedingungen der jüdischen Nationalstaatsbildung im arabisch besiedelten Palästina zusammen, dann bedurfte es, der bis 1948 noch fehlenden jüdischen Staatsgewalt wegen, ökonomischer Maßnahmen, die in Wirklichkeit kaum wirtschaftliche Bedeutung, sondern mehr eine staatsbildende Funktion hatten: Bodenkauf und agrarische Bearbeitung, die den jüdischen Menschen als zukünftigen national- staatstragenden Bürger durch Selbstarbeit mit dem Boden verbindet, seine Beweglichkeit einschränkt und die Rückkehr der Araber als Lohnarbeiter verhindert. Deshalb also das Übergewicht der kollektiven Siedlungsformen bei der zionistischen Landnahme in Palästina. / Im industriellen Bereich ging die Spaltung der Wirtschaft Palästinas, entlang der nationalen Unterschiede als Bedingung der Nationalstaatsgründung, vor allem mit der Bildung des zionistischen Gewerkschaftsverbandes »Histadruth« einher. Da die Histadruth nur jüdische Arbeitskräfte aufnahm, was Zvi Sussman als »institutionelle Diskriminierung« kennzeichnet, und sie im Vergleich zu den arabischen Arbeitern besser stellte, wurde auf die jüdischen Unternehmer Druck ausgeübt, der höheren Löhne wegen, die sie zu zahlen gezwungen wurden, mehr Maschinen einzuführen, als die billigere arabische Arbeitskraft es erforderlich gemacht hätte. Die Folge davon war, daß die jüdischen Arbeiter die gelernten und die arabischen die ungelernten Arbeitskräfte stellten. Der Arbeitsmarkt spaltete sich also derart, daß das soziale Element mit dem nationalen einherging. Nationale Konflikte brachten damit soziale mit sich – und umgekehrt. / Es waren vor allem die zionistischen Arbeiterorganisationen, die sogenannten Linkszionisten, die jene Nationalisierung der Ökonomie betrieben. Dies stand in schroffem Gegensatz zu ihrem sozialistischen Selbstverständnis. Jener Widerspruch wird von einem bedeutenden Vertreter des Arbeiter-Zionismus artikuliert, wenn er sich erinnert, wie er nach dem Ersten Weltkrieg anderen Sozialisten aus Commonwealth- Ländern den zionistischen Sozialismus zu erklären hatte: »Ich mußte mit meinen Freunden über den jüdischen Sozialismus [in Palästina] streiten, mußte die Tatsache verteidigen, daß ich keine Araber in meiner Gewerkschaft, der Histadruth, akzeptierte; daß wir an Obstplantagen Wache hielten, um arabische Arbeiter zu hindern, dort Arbeit zu finden; daß wir Benzin auf arabische Tomaten schütteten; daß wir jüdische Hausfrauen attackierten und arabische Eier, die sie gekauft hatten, vernichteten; daß wir den jüdischen Nationalfonds bejubelten, der Hankin [einen zionistischen Bodenkäufer] nach Beirut schickte, um Land bei abwesenden Großgrundbesitzern zu kaufen, und die arabischen Fellahen vom Boden vertrieb; daß es erlaubt ist, Tausende Dunam von Arabern zu kaufen, aber verboten, einen einzigen jüdischen Dunam an einen Araber zu verkaufen .... All das zu erklären, war nicht leicht.«"

Und nach der Staatsbildung eben die staatstragende aschkenasisch-sozialdemokratische Einheitsgewerkschaft, ... unter den zusätzlichen Bedingungen eines Regimes, für das die Charakterisierung 'Apartheid' bereits früh Verwendung fand. ... es ist eben auch die Frage, wo etwas anfängt, das man dann noch steigern kann ... (Dies zu einem Teil der Ausgangsdebatte, mit Leuten, die sie offenbar hier nicht mehr führen wollen.)

Konkret: Ein institutionell wesentlicher, ökonomisch konstituierender Bestandteil des Zionismus' als System beteiligt sich eben nicht an den gegenwärtigen Protesten gegen die Einschränkungen von demokratischen und Freiheitsrechten. Es ist - böse gesagt - ein Hipster-Aufstand. Aber immerhin: Pink- & Rainbow-Washing des Zionismus wird von jetzt an nicht mehr so einfach möglich sein! Das ist nicht nichts!
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NEUE ANTWORT17.02.2023, 21:15 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Danke für die Hintergrundinformationen.
Ich kann mich erinnern, das schon mal in einer autonomen Seminarreihe zu Palästina, die auf sehr hohem Niveau stattfand, gehört oder gelesen zu haben; war damals von einer lokalen Palästina-Soligruppe organisiert worden. Hatte ich leider mittlerweile vergessen, ist ja auch schon über 30 Jahre her.
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NEUER BEITRAG21.02.2023, 22:24 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Ich weiß, ich bin ein Drecksack, und zitiere einfach mal kontextfrei und sinnentstellend smersch aus seinem Post vom 18. März 2018. "Das ist eine sehr spezielle Situation." - jW morgen:

Durchmarsch der Rechten

Israelisches Parlament stimmt für »Justizreform«, Opposition soll eingehegt werden. UN-Sicherheitsrat verurteilt Siedlungsbau

Von Knut Mellenthin

Die israelische Regierung ist am Dienstag mit ihrer »Justizreform« einen großen Schritt vorangekommen. Das Parlament stimmte nach stundenlanger Debatte am frühen Morgen kurz nach Mitternacht in erster Lesung einem wichtigen Gesetz zu. Zuvor hatten Zehntausende rund um das Knessetgebäude in Jerusalem gegen die reaktionärste Regierung in der Geschichte Israels protestiert. Sie skandierten hauptsächlich die Parole »Demokratie«, viele trugen die blau-weiße Staatsfahne. Schon am späten Sonnabend waren nach Angaben der Veranstalter fast 250.000 Demonstranten in rund 40 Orten auf der Straße gewesen. Die wichtigsten Proteste hatten mit 135.000 Teilnehmern in Tel Aviv, 22.000 in Kfar Saba und 18.000 in Haifa stattgefunden.

Die Abstimmung am frühen Dienstag ergab eine klare Mehrheit von 63 gegen 47 Stimmen ohne Enthaltungen. Allerdings blieben einige Abgeordnete dem Votum fern. Das Gesetz besteht im wesentlichen aus zwei Punkten. Zum einen wird die Rolle der jeweiligen Regierungskoalition bei der Zusammensetzung des Obersten Gerichtshofs, der dem deutschen Bundesverfassungsgericht entspricht, gestärkt. Außerdem wird der Gerichtshof weitgehend entmachtet: Er würde, wenn das Gesetz wirklich durchkommt, das Recht verlieren, neue Gesetze außer Kraft zu setzen, die nach Meinung seiner Mehrheit den Basic Laws – dem israelischen Äquivalent einer dort nicht existierenden Verfassung – widersprechen. Zusätzlich erregt Empörung, dass diese Regelung ab sofort gelten soll. Der Oberste Gerichtshof könnte also das auf dem Weg befindliche Gesetz nicht aufheben.

Nach dem hektischen Dienstag, der im Zeichen der hochgradigen Polarisierung der israelischen Gesellschaft stand, soll voraussichtlich im Parlament eine Pause eintreten: Die zweite und dritte Lesung des Gesetzes sind erst für etwa Ende März geplant. Das vorgegebene Ziel ist, einen »Dialog« zwischen Regierung und Opposition zu eröffnen, der zu Kompromissen führen soll. Dafür setzt sich an oberster Stelle Staatspräsident Isaac Herzog ein, der ursprünglich aus der oppositionellen Arbeitspartei kommt, aber in Ausübung seines Amtes unangenehm versöhnlerisch auftritt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass sich die heterogene Opposition, deren Koalitionsregierung 2022 nach nur etwa einem Amtsjahr gescheitert war, im Zuge des angestrebten »Dialogs« spalten lässt.

Aktuelle Umfragen deuten darauf hin, dass 66 Prozent der Israelis gegen die geplante »Justizreform« sind. Aber rund 70 Prozent insgesamt und sogar 83 Prozent der Oppositionswähler sprechen sich für einen »Dialog« aus.

Ungefähr gleichzeitig mit der Knessetdebatte gab es Montag nacht eine ungewöhnliche Entscheidung im UN-Sicherheitsrat: In einer sogenannten Präsidentenstellungnahme sprach das Gremium seine »tiefe Sorge und Bestürzung« über Israels Ankündigung vom 12. Februar aus, die zionistischen Siedlungen im besetzten palästinensischen Westjordanland noch mehr auszudehnen und mehrere provokatorisch angelegte »Außenposten« nachträglich zu legalisieren. Trotz offen erklärtem Unwillen der israelischen Regierung stimmten die USA überraschend der Stellungnahme zu. Diese hat allerdings keine praktischen Auswirkungen. Washington konnte damit die Vereinigten Arabischen Emirate veranlassen, einen Resolutionsantrag zurückzuziehen, den sie für die Palästinensische Nationalbehörde eingebracht hatten.


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NEUE ANTWORT21.02.2023, 22:57 Uhr
EDIT: FPeregrin
22.02.2023, 10:42 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung P.S.: ... und weiter im vollen Bewußtsein meines Drecksacktums, hier Leute anzugreifen, die längst die Segel gestrichen haben, weil es mir um die sachliche Richtigstellung geht - im og. Post:

a) "rassistisch im eigentlichen - also biologischen - Sinne" . Gibt es für historische Materialisten 'Rassen' (!) in einem biologischen Sinne jenseits der sozialen Konstruktion entlang bestimmer und zu bestimmender Unterdrückungsstrukturen? Nein! - Anderenfalls wäre ganz sicher der deutsche Antislawismus im 2. WK sonstwas, aber nicht rassistisch, ... der Antisemitismus bis zur Gaskammer im übrigen auch nicht!

b) "Einer der ersten Maßnahmen im Rahmen der Apartheid war das Verbot von Sexualbeziehungen zwischen Weißen und Nicht-Weißen (mit Gefängnisstrafe die tatsächlich Tausende von SüdafrikanerInnen betraf) sowie dem Verbot der Mischehe. / Beides gab und gibt es in Israel nicht" - Das stimmt nicht und ist eine dreiste Lüge! Das israelische Familienrecht - und nicht nur das - ist religiös und nicht zivil. Es läßt keine Ehen von Juden und Nicht-Juden zu bzw. setzt ein religiöse (!) Konversion voraus. Es gibt also keine jüdischen Mischehen in Israel qua Staatsräson. - Soviel zur Auffassung, Israel sei der Staat der jüdischen Überlebenden des Holocaust an den durch die Nürnberger Rassegesetze aussortierten! Soll ich das wirklich glauben?

P.S.2: Ich räume auf mit den Dingen, die ich mal taktisch unwidersprochen durchgelassen habe. Man halte es mir zugute.
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NEUER BEITRAG03.03.2023, 00:16 Uhr
EDIT: FPeregrin
03.03.2023, 00:18 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW heute:

Tränengas und Todesstrafe

Israel: Unübliche Härte gegen Antireformproteste. Ökonomen warnen vor Krise bei Justizschwächung. Debatte zu »Terroristen«

Von Knut Mellenthin

Hunderte israelische Ökonomen haben am Donnerstag bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr eine dringende Warnung vor den Folgen der »Justizreform« veröffentlicht. Zügig vorangetrieben wird diese von der ultrarechten Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu. Unter den Beteiligten sind mehrere ehemalige Regierungsberater und der zweimalige Gouverneur der Bank of Israel, Jacob Frenkel.

Mit dem ersten Appell waren die Unterzeichner am 25. Januar an die Öffentlichkeit gegangen. Jetzt haben sie ihre Warnung verschärft: Das »finanzielle Abschmelzen« der israelischen Wirtschaft könne »noch stärker und schneller« passieren, als sie es erwartet hatten. »In den vergangenen Wochen beobachten wir die ersten Anzeichen von Kapitalflucht, die die Bank of Israel dazu nötigt, die Anhebung der Zinssätze in raschem Tempo fortzusetzen«.

Der Mittwoch hatte als »Tag der Störung« erneut im Zeichen großer Straßenproteste gestanden, vor allem in Tel Aviv und Jerusalem, die von den ganz frühen Morgenstunden bis Mitternacht andauerten. Am Abend konzentrierte sich das Geschehen auf den Versuch von mehreren Tausend Demonstranten, zur Residenz Netanjahus in Jerusalem vorzudringen. Das Vorhaben wurde von der Polizei mittels weiträumiger Blockaden verhindert. Dabei ging sie stellenweise mit einer Härte vor, die in Israel gegen jüdische Bürgerinnen und Bürger unüblich ist und als schockierend empfunden wurde. Zum Einsatz kamen erstmals seit Beginn der Proteste Anfang Januar Wasserwerfer, berittene Einheiten, Tränengas, Blend- und Schockgranaten.

Während die Polizei den Einsatz dieser Mittel mit Übergriffen der Demonstranten begründet, sagten anonym bleibende hochrangige Polizeioffiziere gegenüber einzelnen Medien, dass von solchen Auslösern nicht gesprochen werden kann. Vielmehr habe Polizeichef Kobi Schabtai sich beim ultrarechten Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, ein gutes Standing verschaffen wollen.

Ebenfalls am Mittwoch stand erstmals die von der Regierung angestrebte Einführung der Todesstrafe gegen arabisch-palästinensische »Terroristen« auf der Tagesordnung des Parlaments. Eine rechtlich bedeutungslose Vorabstimmung passierte der entsprechende Gesetzentwurf mit 55 gegen neun Stimmen. Die Opposition hatte die Abstimmung weitgehend boykottiert. Viele Politiker verließen die Knesset, um den draußen versammelten Demonstranten ihre Unterstützung zu versichern.

Das Gesetz muss nun durch die regulären drei Lesungen gehen. Die Todesstrafe kann demnach gegen Personen verhängt werden, die absichtlich oder aus Gleichgültigkeit den Tod eines israelischen Bürgers verursachen, wenn die Tat aus rassistischen Motiven begangen wird und »dem Staat Israel und der Wiedergeburt des jüdischen Volkes in seinem Heimatland« schaden soll. Aus dieser Formulierung wird plausibel gefolgert, dass das Gesetz nicht gegen Juden anzuwenden ist, die aus politischen Gründen arabische Bürger oder Palästinenser ermorden.

Das Gesetz soll auch in den besetzten Gebieten Anwendung finden. Die »Rechtsprechung« werde dort durch Militärtribunale erfolgen. Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara, eine Gegnerin der »Justizform«, wandte dagegen ein, dass israelisches Recht – zumindest bislang – in den besetzten Gebieten keine Geltung hat.

Ein politisches Problem für die Regierungskoalition könnte sich daraus ergeben, dass die ihr angehörende Partei Schas, die sephardische orthodoxe Juden vertritt, die Todesstrafe aus religiösen Gründen ablehnt. Nicht ganz so weit geht die zweite orthodoxe Partei, Vereinigtes Torah-Judentum, die die Juden westlicher Herkunft repräsentiert: Sie würde sich bei der Abstimmung vermutlich enthalten. Die laizistische, aber extrem rechte Oppositionspartei Jisrael Beitenu hingegen fordert schon lange ein solches Gesetz.


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Jisrael Beitenu hat in dieser Runde in der Tat noch gefehlt!
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NEUER BEITRAG03.03.2023, 00:22 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Und ebd.:

Hetzer des Tages: Bezalel Smotrich

Von Jakob Reimann

Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich brüstete sich im Januar voller Stolz in einem Gespräch, das der Radiosender Kan veröffentlichte: »Ich bin ein faschistischer Homophober.« Doch, so versicherte der Chef der ultrarechten Partei Religiöser Zionismus: »Ich werde Schwule nicht steinigen.« Nett von ihm. Weniger Glück haben hingegen die knapp fünfeinhalb Millionen Palästinenser, die im besetzten Westjordanland und dem Freiluftgefängnis Gaza leben: Das israelische Militär solle »palästinensische Städte mit Helikoptern und Panzern angreifen«, forderte er am Mittwoch beim Wirtschaftsmagazin The Marker. Und das, für einen religiösen Fanatiker selbstverständlich, »ohne Erbarmen«.

Auch für Huwara, jener Kleinstadt bei Nablus, die am Sonntag Schauplatz hassgeladener Angriffe wurde, hat Smotrich eine Lösung parat: Die Stadt »sollte ausradiert werden«. Sicher, Smotrich ist ein herausragend abscheulicher Zeitgenosse, doch was wollen wir schon erwarten von einer Koalition, in der Netanjahu und sein reaktionärer Likud den linken Flügel stellen? In Sachen von Massakern und Zwangsaussiedlung herrscht bei den Ultrarechten Arbeitsteilung: Der zweite Faschist im Bunde, Polizeiminister Itamar Ben-Gvir, versprach im Wahlkampf, sich für ein »Deportationsgesetz« starkzumachen. Und er lieferte bereits: Im Januar wurde das menschenverachtende Gesetz in erster Lesung mit 89 zu acht Stimmen von der Knesset durchgewunken. Wie Smotrichs Plan für palästinensische Gebiete aussieht, legte er bereits 2017 dar. Palästinenser hätten demnach die Wahl: Unterwerfung, Emigration oder Tod.

Mit diesen Rassisten an den Schalthebeln offenbart die israelische Apartheid ihre wohl hässlichste Fratze, und eines wird klar: Diese Regierung aus Fanatikern ist angetreten, die Palästinenser endgültig aus dem historischen Palästina zu vertreiben. Die Nakba hat nie aufgehört.


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NEUE ANTWORT03.03.2023, 12:34 Uhr
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mischa

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Huwara – Über Solidarität und Gewalt

Angesichts der schrecklichen Ereignisse in dem palästinensischen Dorf Huwara erklären wir als Internationalist*innen unsere Solidarität mit den Angegriffenen und der unterdrückten Bevölkerung Palästinas.

Am 26. Februar zündeten über Stunden hinweg hunderte israelische Siedler:innen unter den Augen des israelischen Militärs Autos und bewohnte Häuser an. Ein palästinensischer Dorfbewohner wurde erschossen, etwa 100 Menschen wurden verletzt, mehrere von ihnen erlitten schwere Verletzungen durch Schüsse, Messerstiche und Eisenstangen.

Auf der einen Seite lässt sich dieser jüngste Ausbruch der Gewalt einordnen in die sich beständig erneuernde Eskalation des historischen Konflikts. Zuvor kam es zu einem Mord an zwei israelischen Siedlern, davor zu einem Angriff des israelischen Militärs auf die palästinensische Stadt Nablus, der 11 Tote und über 100 Verletzte hinterließ. Die Suche nach einem Ursprung der Dynamik von Aktion und Reaktion, das Aufrechnen der Toten und Verletzten, droht in den Hintergrund treten zu lassen, was diesen Konflikt strukturiert: Die Jahrzehnte andauernde Besatzung Palästinas und die Vertreibung, Enteignung und Entrechtung der palästinensischen Bevölkerung.

Gleichzeitig sollten wir nicht übersehen, dass sich in diesem Konflikt gerade etwas verschiebt. In der neuen israelischen Regierung sitzen Minister die sich selbst als faschistisch bezeichnen, die die Annexion der besetzten Gebiete in der West Bank und die vollständige Vertreibung der dort lebenden palästinensischen Bevölkerung anstreben. Auf dem Weg dorthin liegt die Übertragung der sogenannten Ziviladministration über die West Bank vom Militär an das Ministerium eines extrem rechten Siedlerpolitikers, die Zwangsausbürgerung und die Verhängung der Todesstrafe für unter Terrorgesetzen Verurteilte. Letztere Punkte betreffen ausdrücklich nicht jüdische Verurteilte. Die Zusammenarbeit von israelischer Regierung, Militär und radikalen Siedler:innen ist nichts Neues. Aber in der heutigen politischen Konstellation findet dieses Bündnis zu seiner organischen Einheit. Die Gewalt der Siedler:innen wird nicht mehr nur gedeckt, der Terror der Siedler:innen droht zum Motor der Regierungspolitik zu werden. So erklärte Finanzminister Bezalel Smotrich, auch zuständig für die Siedlungspolitik in der Westbank, der Staat Israel müsse Huwara ausradieren.

Doch nicht nur in Palästina regt sich dagegen Widerstand. In Israel demonstrieren seit Regierungsantritt Hunderttausende gegen den Rechtsruck und die undemokratischen Gesetzesreformen der Regierung. Nach dem terroristischen Angriff der Siedler:innen in Huwara gingen Israelis aus dieser Bewegung in 16 Städten auf die Straße. Unter der Parole “Unser Herz ist in Huwara” solidarisierten sie sich mit den Angegriffenen und sammelten Geld für den Wiederaufbau des Dorfes. Wir sind berührt von dieser Geste und solidarisieren uns weiterhin mit der israelischen Linken und ihrem mutigen Kampf gegen ihre Regierung. In der Solidaritätsarbeit der israelischen Linken liegt das Potenzial, einen in den Anti-Regierungsprotesten oftmals verdrängten Aspekt aufzugreifen:

Es gibt keine Gerechtigkeit ohne ein Ende der Besatzung. Und es wird kein Ende der Besatzung geben ohne einen sozialen Prozess, der Bewegungen in Israel und Palästina schafft, die gegen ihre autoritären, korrupten Herrschenden kämpfen und für ihre gemeinsame Befreiung.

Vielleicht wird dann eine politische Vision zurückkehren, an die einst viele Linke innerhalb und außerhalb Israels geglaubt haben. Die Idee eines einzigen Staates mit gleichen Rechten für alle Menschen, die dort leben unabhängig von ihrer Religion, ihrer Herkunft oder einer ethnischen Identität. Vielleicht wird diese Idee erneuert und inspiriert werden von den Kämpfen in Rojava, wo das Projekt eines multiethnischen demokratischen Konföderalismus mehr von kollektiver Autonomie als von Staaten spricht.

Bis dahin bleiben wir solidarisch mit der israelischen und palästinensischen Linken und dem Widerstand gegen Krieg und Besatzung!

Interventionistische Linke Düsseldorf [see red!], März 2023
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NEUE ANTWORT05.03.2023, 16:54 Uhr
EDIT: arktika
05.03.2023, 16:56 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Gute Erklärung!

Und eine, in der auch Schluß gemacht wird mit der - zwischendurch u. teilweise immer noch - von vielen, nicht nur von Linken, propagierten 2-Staaten-"Lösung"!!:

"Es gibt keine Gerechtigkeit ohne ein Ende der Besatzung. Und es wird kein Ende der Besatzung geben ohne einen sozialen Prozess, der Bewegungen in Israel und Palästina schafft, die gegen ihre autoritären, korrupten Herrschenden kämpfen und für ihre gemeinsame Befreiung.

Vielleicht wird dann eine politische Vision zurückkehren, an die einst viele Linke innerhalb und außerhalb Israels geglaubt haben. Die Idee eines einzigen Staates mit gleichen Rechten für alle Menschen, die dort leben unabhängig von ihrer Religion, ihrer Herkunft oder einer ethnischen Identität. {Hervorhebung von mir, arkt.} Vielleicht wird diese Idee erneuert und inspiriert werden von den Kämpfen in Rojava, wo das Projekt eines multiethnischen demokratischen Konföderalismus mehr von kollektiver Autonomie als von Staaten spricht."
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NEUE ANTWORT05.03.2023, 16:44 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Die FaschistInnen sind mittlerweile wirklich sehr offen darin, ihre menschenverachtende Völkermordsfratze zu zeigen. "Rücksichtnahme" scheint mittlerweile überflüssig geworden zu sein. Sind sie wirklich so stark?
Jedenfalls werden diese Äußerungen einige Antideutsche in der BRD in Freudentaumel versetzen, ist es doch etwas, was sie selbst propagieren, und das z. T. auch in kommunistische Zusammenhänge hinein.
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NEUER BEITRAG05.08.2023, 14:40 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW heute:

Ambivalenter Protest

Israels Staatskrise

Von Moshe Zuckermann

Israels Parlament hat sich in die Sommerpause verabschiedet. Die Erweiterung der sogenannten Justizreform ist somit auf den Herbst vertagt. In der Zwischenzeit wird man vorgeblich zu Einigungen mit der Opposition kommen, welche die Rigorosität der »Reform« entschärfen sollen. Entsprechend wird vermutlich auch die Protestbewegung eine gewisse Ruhepause einlegen. Es ist ja Sommer. Es ist heiß. Es ist auch Urlaubszeit.

Zur Frage, welchen weiteren Verlauf die Staatskrise immer nehmen wird, lässt sich schon jetzt einiges feststellen. Zum einen ist die »Justizreform« lediglich ein Deckname für den ernstzunehmenden Versuch der gegenwärtigen Regierungskoalition, einen Staatsstreich zu vollziehen, bei dem das israelische Justizsystem so geschwächt werden soll, dass die Judikative objektiv der Exekutiven und Legislativen unterstellt wird. Dies läuft auf eine Auflösung der Gewaltenteilung hinaus, mit der realen Aussicht, eine »demokratisch« sich gerierende Diktatur zu bilden. Interesse daran haben alle Koalitionspartner mit ihren jeweiligen Partikularinteressen, vor allem aber Benjamin Netanjahu, der mit dieser »Reform« die Annullierung seines Prozesses wegen Korruption, Betrugs und Veruntreuung erreichen könnte. Das Kollektivinteresse wird somit seinem Privatinteresse untergeordnet; seine Anhänger stören sich daran nicht, Verschwörungserzählungen folgend sind sie der Meinung, dass die Anklage gegen ihn nichts als ein »politischer Prozess« sei, der ihm angehängt worden ist, um ihn zu stürzen.

Zum anderen muss aber auch gefragt werden, worum es der zweifellos beeindruckenden, seit Monaten gegen den Staatsstreich mit großer Emphase agierenden Protestbewegung geht. Eine schwer zu beantwortende Frage, wenn man bedenkt, aus welch heterogenen Gruppen sie sich zusammensetzt. Eines ist gleichwohl klar: Wie bei den vorangegangenen großen Protestwellen (2011 gegen die Lebenshaltungskosten und 2020 gegen Netanjahu) ist ein Thema tabu – die Okkupation der palästinensischen Gebiete. Der Vorwand lautet, man möchte die Bewegung nicht politisch spalten. Aber um welche Demokratie wird dann gekämpft, wenn die entscheidende Manifestation ihrer Unterwanderung, die staatlich praktizierte Knechtung eines anderen Volkes, mit Vorbedacht ignoriert wird? Es mag der Verdacht aufkommen, dass es den allermeisten Demonstrierenden darum geht, den Status quo ante wiederherzustellen: to have the cake and eat it, die Barbarei der Besatzung fortzusetzen und sich dennoch als »die einzige Demokratie im ­Nahen Osten« zu wähnen. Es ist unzweifelhaft wichtig, die Vollendung des Staatsstreichs, der jetzt schon großen Schaden angerichtet hat, zu vereiteln. Aber der wünschenswerte Erfolg dieser Mission wird von Vergeblichkeit und Verlogenheit gezeichnet sein, wenn er nur das Davor und nicht ein längst fälliges Darüberhinaus zeitigen wird.


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NEUE ANTWORT06.08.2023, 15:19 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung "Eines ist gleichwohl klar: Wie bei den vorangegangenen großen Protestwellen [...] ist ein Thema tabu – die Okkupation der palästinensischen Gebiete."
Ebend! Das ist der entscheidende Punkt: Wer dieses Thema ausklammert, will (bzw. wird) bestenfalls eine "Demokratie" für die "weiße" Bevölkerung schaffen; der Rest bleibt außen vor. D. h. weiter wie gehabt, nur etwas eleganter. Macht sich propagandistisch besser ...
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NEUE ANTWORT06.08.2023, 17:54 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Aber, ... was wir dabei nicht vergessen sollten: Die gegenwärtige israelische Auseinandersetzung ist éin Ausdruck der Krise des Zionismus. Egal wer gewinnt, der Zionismus als Ideologie wie als System kann nur geschwächt aus der Konfrontation hervorgehen, und das ist gut. Siegt der Regierungsflügel - was ich, ehrlich gesagt, dringend befürchte - schafft er eine Opposition, die gegen ihn auch Bündnisse mit nicht- oder antizionistischen Kräften einzugehen bereit ist. Der Zionismus als Ideologie verliert somit tendentiell seine Hegemonie. Siegt der Oppositionsflügel - was ich ich hoffe, aber nicht glaube -, so siegt er unter der Beteiligung von Nicht- bzw. Antizionisten, die damit - zumindest theoretisch - eine bessere Position haben, legitime demokratische Forderungen zu stellen, denn gegen sie steht nicht mehr ein geschlossener zionistischer Block. ... freilich unter der Voraussetzung, daß diese nun schon recht lange andauernde Auseinandersetzung nicht mehr zu kittende mentale Risse in der jüdisch-israelischen "Staatsgesellschaft" erzeugt hat, ... und daß das breite Spektrum nicht- und antizionistischer Opposition unbeschadet der Nationalität auf dem gesamten Territorium des hist. Mandatsgebiets Palästina dieses Handlungsfenster koordiniert auszunützen versteht. Beides ist nicht selbstverständlich und nicht unabhängig voneinander funktionabel.
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NEUER BEITRAG06.08.2023, 21:13 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Zur Krise des Zionismus - auch - in ökonomischer Hinsicht Shir Hever in der jW von morgen:

Schlecht fürs Geschäft

Die sogenannte Justizreform der israelischen Regierung torpediert die eigene Wirtschaft. Tech-Branche sieht Existenz bedroht und wandert ab

Von Shir Hever

Hintergrund: Verlorenes ­Vertrauen

Die israelische Regierung muss die »Unvernünftigkeitsklausel« abschaffen, denn sie ist keine vernünftige Regierung. Bezalel Smotrich (Foto), der sich selbst als »faschistischer Homophober« bezeichnet, wurde zum Finanzminister und zum Gouverneur der Siedlungen ernannt.

Daraufhin warnten über 250 jüdische amerikanische Wirtschaftsführer vor der »Zerstörung der israelischen Wirtschaft« und dass sie »ihre Abhängigkeit von Israel als strategisches Investitionsziel neu bewerten« müssten. Eine Umfrage ergab im Februar, dass 17 Prozent der Israelis, also eine Million Menschen, erwägen, ihr Geld ins Ausland zu verlagern. Für die israelische Wirtschaft könne dies »entweder mit einem Herzinfarkt oder mit Krebs« enden, sagte Eugene Kandel, ehemaliger Vorsitzender des israelischen Nationalen Wirtschaftsrates.

All dies war vor der Verabschiedung des Gesetzes. Nach seiner Verabschiedung gab die Ratingagentur Moody’s eine dringende und ungewöhnliche Warnung heraus, dass Israel ein erheblicher Schaden für seine Wirtschaft drohe. Die Kreditagenturen S & P und Morgan Stanley schlossen sich dieser Warnung an und sprachen ebenfalls negative Anlageempfehlungen aus. Es scheint, dass das, was palästinensische Menschenrechtsaktivisten als Shutdown-Nation bezeichnet haben, sich jeden Tag als zutreffender erweist. Shir Hever


Das Scheitern der Antiregierungsproteste in Israel, die ersten Schritte der sogenannten Justizreform der Regierung zu stoppen, hat bei Investoren, Managern und Marktbeobachtern Illusionen über die Zukunft der israelischen Wirtschaft zerstört. Kapitalistisches Wachstum setzt Vertrauen in stabile (liberale) Verhältnisse voraus. Ist es gebrochen, winkt die Wirtschaftskrise. Die US-Investmentbank Morgan Stanley stufte die Kreditwürdigkeit Israels Ende Juli herab. Sowohl die US-Bank J. P. Morgan als auch die Citibank warnten ihre Kunden nach der Verabschiedung des jüngsten Gesetzes vor Investitionen in Israel. Die Finanzagentur Moody’s sprach von einem »erheblichen ­Risiko«.

Nachdem das Motto »From startup nation to shutdown nation« (»Von der Startup-Nation zur Shutdown-Nation«) im Februar von der palästinensisch geführten Bewegung für Boykott, Deinvestition und Sanktionen gegen Israels Apartheidregime, Siedlerkolonialismus und Besatzung geprägt wurde, erschien der Slogan wenig später auch abgewandelt auf den Protestdemos gegen die Reform. Die Financial Times überschrieb im März einen Bericht zum schleichenden Niedergang der israelischen Wirtschaft mit der Warnung vor der drohenden »Shutdown-Nation«. Der Begriff »Startup-Nation« soll Israel hingegen als führenden Technologie- und Innovationsstandort darstellen.

Tatsächlich sind es derzeit Technologieunternehmen, die die aufziehende Wirtschaftskrise des Landes am stärksten zu spüren bekommen. Denn die Investitionen in den Sektor sind drastisch zurückgegangen. Unternehmen verlagern ihren Standort und entlassen massenhaft Beschäftigte. Die Kapitalflucht aus Israel ist in vollem Gange.

Ausländische Investoren genießen seit Jahrzehnten großzügige Steuerbefreiungen, wenn sie in israelische Technologieunternehmen investieren. Doch ein Mangel an Kapital ist derzeit nicht das Problem der Technologiefirmen, berichtete das israelische Finanzportal The Marker: Laut einer Umfrage des israelischen Statistikamtes von Anfang Juli kürzen die Unternehmen, weil ihnen Kunden und Absatz fehlen. Zusätzlich zu den Entlassungen verlassen Techarbeiter in großer Zahl von sich aus das Land, weil sie unter einer »messianischen Diktatur« – wie viele Antiregierungsdemonstranten es nennen – keine Zukunft für den israelischen Techsektor sehen.

Der Europäische Startup-Preis setzte Ende Juli seine Beziehungen zu Israel mit der Begründung aus, man werde nur Länder besuchen, in denen »demokratische Werte respektiert werden und eine unabhängige Justiz gewährleistet ist«. Auch die Präsidenten des Max-Planck-Instituts, der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, der Fraunhofer-Gesellschaft, der Leopoldina, der Helmholtz-Gemeinschaft und des Wissenschaftsrats formulierten Ende Juli angesichts der »Justizreform« in einer gemeinsamen Erklärung ihre »Sorge um die akademische Freiheit in Israel«. Nach 15 Jahren ist Israel zudem aus dem Eurostars-Programm des EUREKA-Netzwerks ausgeschieden, dem größten internationalen Förderprogramm für kleine und mittlere Unternehmen.

Gleichzeitig ist die Krise nicht auf den Hightechsektor beschränkt. Internationale Unternehmen würden bei Investitionen in Israel künftig ein enormes Risiko eingehen. Sollte sich ein Unternehmen etwa unter Beachtung völkerrechtlicher Pflichten weigern, Niederlassungen in illegalen israelischen Siedlungen auf besetztem palästinensischen oder syrischen Gebiet zu eröffnen, könnte die Regierung ihm künftig schwere Probleme bereiten.

Zur Illustration dieses Problems sei die Situation der in Israel marktführenden französischen Supermarktkette Carrefour skizziert: Carrefour hatte 2022 mit der israelischen Electra Consumer Products einen Franchisevertrag über die Einrichtung von 150 Filialen unterzeichnet. Er hat eine Laufzeit von 20 Jahren, mit einer Option auf weitere 20 Jahre, berichtete die Times of Israel Anfang Mai. Nachdem die Ankündigung des Unternehmens, Filialen in Israel zu eröffnen, Boykottaufrufe von Menschenrechtsaktivisten und -gruppen ausgelöst hatte, erklärte Carrefour-Generalsekretär Laurent Vallée auf der Jahreshauptversammlung des Konzerns Ende Mai, das würde nicht in den besetzten palästinensischen Gebieten erfolgen. Die israelische Rechte rief daraufhin ihrerseits zum Boykott auf, da sie mit der Regierung und dem Großteil der öffentlichen Meinung die Ansicht teilt, »Israel« umfasse auch das gesamte besetzte Gebiet.

Carrefour hat in Israel laut Times of Israel bereits 250 Millionen Schekel (rund 62 Millionen Euro) investiert. Sollte das Unternehmen angesichts der Auseinandersetzungen über den Ladenbetrieb in von Israel besetzten Gebieten von diesem Vertrag zurücktreten wollen, müsste die israelische Gerichtsbarkeit über mögliche Ansprüche und Entschädigungszahlungen über 20 Jahre Laufzeit entscheiden. Israelische Richter werden künftig aber nicht mehr die Möglichkeit haben, der Regierung zu widersprechen.

Diese Bedingungen setzen internationale Unternehmen unter Stress. Drei US-Unternehmen haben Israel bereits verlassen: Der Softwareentwickler Electronic Arts, der Onlinespeicherdienst Dropbox und der Glashersteller Corning. Die israelische Zentralbank warnt vor einem Wachstumsverlust, der israelische Haushaltsüberschuss hat sich mittlerweile in ein Defizit verwandelt. Da der Schekel im Verhältnis zu US-Dollar und Euro stark an Wert verliert, schicken Bankkunden ihre Ersparnisse »in einem noch nie dagewesenen Ausmaß« ins Ausland, berichtete ­Haaretz bereits im Februar. Zudem sehen sich immer mehr Israelis im Ausland nach Arbeit oder Studienmöglichkeiten um, auch um etwa einen ausländischen Pass zu erhalten.


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NEUE ANTWORT06.08.2023, 21:16 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Ebd.:

Für den Status quo

Die von israelischen Militärs geführten und geprägten Proteste gegen die Justizreform folgten militaristischer und zionistischer Logik

Von Shir Hever

Überbordender Optimismus befiel deutsche Zeitungen und internationale Wirtschaftsmedien, angesichts der Versuche der Protestbewegung in Israel, die sogenannte Justizreform der am weitesten rechts stehenden Regierungskoalition in der Geschichte Israels zu verhindern. Es ist ein absurdes und oft geäußertes Argument, allein die Existenz von Protesten beweise, dass Israel eine Demokratie sei.

Als der erste Teil der Justizreform die Knesset ohne Gegenstimmen passierte, weil die Opposition die Abstimmung boykottiert hatte, wurde das Scheitern der Antiregierungsprotestbewegung un­bestreitbar. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Demonstranten wurden überwiegend von Ehemaligen des israelischen Sicherheits- und Militärapparats angeführt. Ihr Hauptargument war die Dienstverweigerung, und sie beharrten auf einer zionistischen, militaristischen Botschaft, die Palästinenser und ihre Rechte ausschloss.

Ihr vorgeblicher Kampf für die israelische Demokratie zielte in Wirklichkeit auf den Schutz des Status quo, ihre Arbeitsplätze und Investitionen ab, die auf der Unterdrückung von Millionen Palästinensern beruhen, deren von der UNO festgelegte Rechte verweigert werden. Wie Peter Beinart im Februar in der New York Times kommentierte, kann ein jüdischer Staat, wie er der israelischen Politik vorschwebt, nicht demokratisch sein. Jeder Staat, der Menschen aufgrund ihrer ethnischen oder religiösen Identität ihre Rechte verweigert, ist per definitionem nicht demokratisch.

Die Knesset hat die »Unvernünftigkeitsklausel« gestrichen, die es den Gerichten erlaubte, zu beurteilen, ob eine Regierungsentscheidung angemessen ist oder nicht. Jetzt, da der Oberste Gerichtshof die Entscheidungen der Regierung nicht mehr kontrollieren kann, sind der Regierungspolitik keine Grenzen mehr gesetzt. Viele Israelis fühlen sich derzeit an die Geschichte des römischen Kaisers Caligula erinnert, der sein Pferd zum Konsul ernennen wollte.

Die Reform untergräbt die Rechte der Palästinenser. Mit der Ernennung von Bezalel Smotrich zum Gouverneur der Siedlungen hat die Regierung das besetzte Westjordanland de jure annektiert. Das war von Anfang an die erklärte Absicht der Regierung, doch das Justizsystem kann sie jetzt nicht mehr aufhalten.

Im Südafrika der Apartheid reichte die moralische Entscheidung zum Boykott von Millionen von Menschen allein nicht aus, um das System der Unterdrückung zu Fall zu bringen. Als internationale Unternehmen erkannten, dass Investitionen in einen Apartheidstaat keine gute Idee für ihren Ruf und letztlich auch nicht für ihre längerfristigen Gewinne sind, zogen sie sich zurück – die Apartheid wurde unhaltbar. Wir beobachten den gleichen Prozess in Israel: Boykott und Desinvestitionen sind nicht mehr bloß durch ethische Gründe und Solidarität mit dem Kampf der Palästinenser motiviert, sondern folgen einer einfachen kapitalistischen Logik.


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NEUER BEITRAG02.03.2024, 21:21 Uhr
EDIT: FPeregrin
02.03.2024, 23:50 Uhr
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FPeregrin

Israel: faschistoide Regierung und Krieg #Israel
#Palaestina

Das Interview mit Moshe Zuckermann in der jW von heute enthält sehr viel; überwiegend gehört er aber zum israelische "Innenthema", weshalb ich es hierher spiegele:

»Die Antikriegsbewegung wurde zum Verstummen gebracht«

Über Israels Krieg in Gaza, die Situation im Westjordanland und Perspektiven für eine Friedenslösung für Palästina. Ein Gespräch mit Moshe Zuckermann

Interview: Sabine Kebir

Herr Zuckermann, wie lebt es sich im vierten Kriegsmonat in Tel Aviv? Und wie geht es den Binnenflüchtlingen, die von den Grenzen evakuiert wurden?

Den Bewohnern Tel Avivs, wo ich lebe, geht es schon seit Kriegsbeginn ungleich besser als den Menschen in den israelischen Ortschaften an der Grenze zum Gazastreifen, wo sich die Katastrophe des 7. Oktober ereignete, und jenen im Norden, die an der Grenze zum Libanon leben. Von den Menschen im Gazastreifen ganz zu schweigen. Den Evakuierten geht es lebensweltlich schlecht, weil weder im Norden noch im Süden absehbar ist, wann sie wieder zu ihren Wohnstätten zurückkehren können. Man muss auch sagen, dass sich die israelische Regierung derzeit kaum damit befasst. Man ist ja im Krieg, potentiell auch im Norden, und solange der nicht beendet ist – so das Argument der Regierung –, kann auch Sicherheit weder im Süden noch im Norden garantiert werden. Wann und wie der Krieg beendet werden soll, steht zur Zeit noch in den Sternen.

Benjamin Netanjahu und seine rechtsextremen Regierungsmitglieder sind wohl vom Plan einer Armeeoffensive bis nach Rafah, an die ägyptische Grenze, nicht abzubringen. Herrscht darüber wirklich Einigkeit in der Regierung? Welches Gewicht haben möglicherweise abweichende Meinungen in der Armee?

Der dominante Tenor in der Regierung redet einer Operation in Rafah das Wort, weil man sich sagt, dass ohne die Beherrschung dieses Territoriums der »absolute Sieg«, von dem Netanjahu spricht, nicht erlangt werden kann. Rechtsradikale wie Itamar Ben-Gvir und Bezalel Smotrich machen sich dabei keine Gedanken darüber, mit wieviel zivilen Opfern eine solche Operation verbunden sein wird. Andere wie Benny Gantz und Gadi Eizenkot geben diesen Aspekt zu bedenken, obgleich sie rein militärisch von der »Notwendigkeit« einer solchen Operation überzeugt sind. Gantz hat vor einigen Tagen erklärt, dass ohne Geiselbefreiung Israel weiterkämpfen wird, und zwar auch in Rafah. Abweichende Meinungen seitens der Armee, wenn überhaupt, haben eher mit Erwägungen einer »Ruhepause« für die kämpfenden Truppen zu tun. Netanjahu selbst will natürlich diese Fortführung des Krieges, weil sie sein Privatinteresse bedient. Das nicht zuletzt ist ein Angelpunkt der gesamten Situation: Da Netanjahu die Niederschlagung der Hamas als Kriegsziel proklamiert hat, muss er auch »liefern«, wenn er seine Macht erhalten will. Und seine Macht will er um jeden Preis erhalten, denn sie garantiert ihm den Aufschub eines Urteils in seinem Prozess. Dass man im Militär von möglicherweise noch einem Jahr bis zur Erreichung des angekündigten Kriegsziels redet, konvergiert, so besehen, mit dem subjektiven Interesse Netanjahus.

Welche Rolle spielt noch das Schicksal der von der Hamas gefangengenommenen Geiseln?

Das ist das Zentralproblem, das die israelische Öffentlichkeit gegenwärtig umtreibt. Nach vier Monaten Krieg weiß man, dass die anfängliche These, die massiven Kampfhandlungen seien der Geiselbefreiung förderlich, einfach nicht mehr stimmt und jeder vergehende Kampftag ohne Deal mit der Hamas die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die meisten von ihnen kaum noch lebend befreit werden können. Darüber ist in den vergangenen Wochen eine vehemente Debatte entbrannt, weil die Angehörigen der Entführten und viele ihrer Sympathisanten immer mehr zur Überzeugung gelangt sind, dass Netanjahu bereit ist, die Geiseln zu opfern, um den »absoluten Sieg« zu erringen. Dazu muss man sagen: Dass eine Weiterführung des Krieges ohne Geiselbefreiung beziehungsweise unter der möglichen Aufopferung der Entführten überhaupt zur Disposition steht, gilt vielen Israelis als ein fataler Bruch im nationalen Ethos des Zionismus. Denn wenn der Schutz aller Juden, besonders aber der jüdischen Bewohner des Landes, nicht mehr selbstverständlich ist, wenn also nicht alles, aber auch alles, getan wird, um Juden aus feindlicher Gefangenschaft zu befreien, dann ist nicht nur der Grundvertrag zwischen der Regierung und ihren Bürgern verraten worden, sondern in der Tat ein Grundpostulat des Zionismus.

Wird die israelische Bevölkerung den angekündigten schweren Angriffen auf Rafah und dem von der extremen Rechten geforderten Transfer der Palästinenser aus Gaza nach Ägypten zustimmen?

Dies lässt sich hypothetisch nicht beantworten; erst die Realität wird das erweisen, wenn es so weit ist. Eines aber steht fest: Die jüdische Bevölkerung Israels hat einen massiven Rechtsruck seit dem 7. Oktober erfahren. Der drückt sich nicht primär in einer Unterstützung Netanjahus und seiner Koalition aus, sondern in einem Grundgefühl, dass der Krieg so lange zu führen sei, bis das gesetzte Ziel – Niederschlagung der Hamas – erreicht worden ist. Und da sich die allermeisten in der israelischen Bevölkerung kaum darum scheren, welche Kriegsverbrechen die Armee mit der Massentötung und den Verwüstungen im Gazastreifen begeht, ist von einer solchen Zustimmung auszugehen. Wenn es vor dem Krieg noch linke bzw. linksliberale Stimmen gab, die das Leid der Palästinenser thematisierten, so sind sie nach dem 7. Oktober – mit Ausnahme der Stimmen einiger weniger Publizisten und der in Israel lebenden Araber – weitgehend verstummt. Ein gängiger Spruch, den man heute in den Medien, aber auch privat hört, lautet: »Nach der Oktoberkatastrophe habe ich keinen Raum mehr für ein Mitgefühl mit den palästinensischen Zivilisten in Gaza.« Andere rationalisieren rigoroser: »In Gaza gibt es nur Hamas, niemand ist davon ausgenommen.«

Was steckt hinter der von der israelischen Rechten oft geäußerten Formel von einem »freiwilligen Transfer«?

Gemeint ist die Annahme seitens der Palästinenser eines von Israel gemachten Transferangebots, das auf finanzieller Unterstützung der abwandernden Okkupierten beruht. Sie unterscheidet sich von einem Transferbegriff, dem noch seinerzeit (der radikale religiöse Zionist, jW) Meir Kahane das Wort redete und den heute in seiner Nachfolge Ben-Gvir vertritt, demzufolge der Transfer mit Gewalt aufzuzwingen sei. Es mag wenige unter den Palästinensern geben, die sich auf einen solchen Deal einlassen, aber im großen ganzen handelt es sich um eine Schimäre. Vor allem aber um eine bodenlose Unverschämtheit und eine neue Form des Verbrechens gegenüber den Palästinensern, basierend auf der Annahme, dass diese kein Recht auf das Territorium haben, auf dem sie leben. Vergleichbar ist dies vielleicht nur mit der radikalen, ebenso widersinnigen, in der Vergangenheit erhobenen palästinensischen Forderung, alle jüdischen Bürger Israels, die nach 1948 nach Israel emigriert sind, sollen das Land verlassen und wieder in ihre Ursprungsländer gehen.

Wie ist Netanjahus Plan zu werten, Gaza wieder zu besetzen und von Leuten verwalten zu lassen, die mit der Hamas nichts zu tun haben?

Das ist ganz im Sinne seiner bisher betriebenen Politik. Seit vielen Jahren hat er daran gearbeitet, die »Palästinenserfrage« und die Okkupation von der Tagesordnung der israelischen Politik hinwegzufegen. Paradoxerweise hat aber gerade der 7. Oktober die »Palästinenserfrage« wieder hochgespült; der US-Präsident redet gar wieder von der Zweistaatenlösung. Das ist für Netanjahu zutiefst beunruhigend. So verlegt er sich auf die Erfüllung seiner zentralen Kriegsziele: die Zerschlagung der Hamas und Israels »Sicherheit« durch dauerhafte Besetzung Gazas zu garantieren. Von selbst versteht sich, dass die Selbstbestimmung der Palästinenser einzig von den Palästinensern vollzogen werden kann. Die Hamas kann – vielleicht – militärisch zerschlagen werden. Aber sie ist zum integralen Bestandteil palästinensischen Lebens im Gazastreifen avanciert. Das wird sich durch keinen Beschluss »von außen«, schon gar nicht durch einen von Israel kommenden, ändern lassen.


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NEUE ANTWORT02.03.2024, 23:54 Uhr
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Welche Aktivitäten der Antikriegsbewegung gibt es noch? Was ist erlaubt, was nicht?

Eine Antikriegsbewegung gibt es derzeit in Israel nicht. Es gab den Versuch seitens der arabischen Parteien Israels, gegen den Krieg und für die Einstellung der Kampfhandlungen zu demonstrieren. Aber als dies vor einigen Wochen versucht wurde, griff die Polizei gegen die Organisatoren der Demonstration ein und unterband diese. Es gab einige wenige arabische Publizisten, vor allem in der Tageszeitung Haaretz, die sich für die Beendigung des Krieges einsetzen. Aber im großen ganzen darf behauptet werden, dass eine dezidierte Antikriegsbewegung in Israel weitgehend verstummt ist. Zu fragen bleibt freilich, wann es sie als eine wirklich aktive, einflussreiche Bewegung je gab. Ich glaube, im Oslo-Jahrzehnt der 1990er Jahre hatte sie ihre Hochzeit, aber spätestens seit der zweiten Intifada zu Beginn der nuller Jahre hat sie sich in den Winterschlaf begeben, aus dem sie bis heute nicht erwacht ist.

Netanjahus Zuspruch in der israelischen Bevölkerung hat stark abgenommen. Wenn es kaum Widerstand gegen seine Politik gibt – worauf bezieht sich dann die Unzufriedenheit?

Man muss unterscheiden: Netanjahus Popularität hat in der Tat stark abgenommen, schon zur Zeit des versuchten Staatsstreichs im vergangenen Jahr. Sie ist nach dem 7. Oktober noch weiter gesunken. Würden heute Wahlen stattfinden, würde Netanjahu nach meiner Einschätzung eine empfindliche Niederlage erleiden. Andererseits hält er aber seine Regierungs­koalition beisammen, und die wird sich nicht so schnell auflösen. Denn es handelt sich ja um eine mit Vorbedacht hergestellte Zweckgemeinschaft, die partikulare Interessen verfolgt und sich nicht sonderlich um das kollektive nationale Interesse schert. Erst Wahlen werden offenlegen, wie es um den Premier real bestellt ist. Als einer der gewieftesten israelischen Politiker hat er schon oft genug bewiesen, dass er wie ein Phönix aus der Asche aufzusteigen vermag.

Welche Rolle spielen die Medien in diesem Krieg? Inwieweit ist man über die Zustände in Gaza informiert? Ist der Mehrheit der Israelis die stark gesunkene Unterstützung im Ausland bewusst?

Die Medien haben in diesem Krieg weitgehend versagt, wenn man davon ausgeht, dass es ihre grundsätzliche Aufgabe ist, gleichsam als »Wachhund der Demokratie« eine kritische Instanz zu bilden. Es gibt zwar einige kritische Stimmen, vor allem in der Tageszeitung Haaretz und in gewissen linken sozialen Medien. Aber generell haben sich die Medien von Anbeginn »patriotisch« eingekleidet und sich eine Selbstzensur auferlegt. Das konnte unmittelbar nach dem 7. Oktober nachvollzogen werden; der Schock angesichts der Ausmaße des von der Hamas begangenen Pogroms war sehr groß. Aber als sich dann nach und nach die Dimensionen der Barbarei herausstellten, die die israelische Armee im Gazastreifen verursacht, hüllten sich die Medien mehr oder weniger in Schweigen. Das hatte damit zu tun, dass man sich angesichts der Hamas-Monstrosität am 7. Oktober in unhinterfragbarem Recht wähnte, aber auch damit, dass der israelische Militarismus schon immer ein fast geheiligtes Verhältnis zur Armee hegte. Unter allen Schuldigen am Desaster ist heute einzig die Armee rehabilitiert. Man muss auch bedenken, dass viele Zivilisten zum Reservedienst eingezogen wurden, so dass auch die Heimatfront ins Kampfgeschehen involviert war und ist. Das Schicksal der Palästinenser im Gazastreifen interessierte dabei die wenigsten in Israel. Die jahrelange Dehumanisierung der Gazabewohner hat nun ihre volle Wirkung gezeitigt.

Wie ist die Lage im Westjordanland? Obwohl man auch hier wenig darüber hört, dringt durch, dass der Landraub durch die Siedler weitergeht, dass die Kommunikationswege der Palästinenser immer mehr eingeschränkt werden. Was geschieht mit den Menschen, die jetzt dort ihr Land verlieren?

Ja, es ist so, wie Sie sagen. Die Siedler im Westjordanland, vor allem unter Smotrichs und Ben-Gvirs Ägide, wähnten sich gleich nach Beginn des Krieges von allen – wie immer spärlichen – Restriktionen befreit, um handeln und walten zu dürfen, wie es ihnen beliebt. Es hat viele tote Palästinenser in der Westbank gegeben und Aktionen der ethnischen Säuberung zwecks Landraubs. Unter der gegenwärtigen Regierungskoalition war nicht zu erwarten, dass politische Instanzen gegen diese Vorkommnisse ernsthaft einschreiten werden. Und unter dem Deckmantel des Krieges war ja ohnehin vieles erlaubt, was sonst unter – wie immer schwacher – Kontrolle gehalten wird. Die Palästinenser, die ihr Land verloren haben, dürfen auf keine Entschädigung hoffen. Man muss allerdings sagen, dass die Form des schleichenden Bevölkerungstransfers nicht neu ist. Das wird schon seit langem von den Siedlern praktiziert und von der Regierung, einschließlich der Justiz, fast immer stillschweigend hingenommen.

Was müsste auf internationaler ­Ebene geschehen, um die menschliche Katastrophe in Gaza und im Westjordanland zu beenden?

Was in Gang gesetzt werden müsste, ist genau das, was nicht in Gang gesetzt werden kann, weil sich Israel dem verweigert: eine politische Lösung, die nicht nur die menschliche Katastrophe in den von Israel besetzten palästinensischen Gebieten zu beenden trachtet, sondern den israelisch-palästinensischen Konflikt insgesamt. Was jahrelang dabei als Option gehandelt wurde, war die Zweistaatenlösung, also die Gründung eines souveränen palästinensischen Staates, der neben Israel in friedlichen Beziehungen existiert. Für die israelische Politik nahm sich diese Möglichkeit stets eher als Bedrohung denn als Lösung aus, weshalb sie unter nahezu allen israelischen Regierungen seit 1967 in verschiedenen Formen unterlaufen wurde. Der einzige israelische Premier, der eine friedliche Aussöhnung mit den Palästinensern angestrebt hat, ist bekanntlich von einem nationalreligiösen Juden ermordet worden. Unter Ariel Sharon hat das Siedlungswerk dann solche Ausmaße angenommen, dass man nicht mehr weiß, wie das Territorium, das für die Gründung eines palästinensischen Staates nötig wäre, den Palästinensern zur Verfügung gestellt werden kann. Rund 700.000 Siedler müssten sich aus dem Westjordanland zurückziehen und ihre Siedlungen abgebaut werden – eine Vision, die für die wenigsten jüdischen Israelis überhaupt vorstellbar ist. Und Netanjahu hat von vornherein eine Politik betrieben, die von der Lösung des Konflikts ganz absieht – ihm gilt es lediglich, den Konflikt zu verwalten. Was also US-Präsident Joe Biden mit der Zweistaatenlösung realiter meint, ist zumindest mir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht klar.

In Ihrem letzten, 2023 zusammen mit Moshe Zimmermann in Deutschland veröffentlichten Buch »Denk ich an Deutschland … Ein Dialog in Israel« beharren Sie darauf, dass Deutschland, um seiner Verantwortung bezüglich der Schoah nachzukommen, seine Beziehung zu Israel nicht binär, sondern als »Triade« begreifen, das heißt auch für eine gerechte Perspektive für die Palästinenser eintreten müsse. Was wäre jetzt erforderlich?

Es ist bislang nicht geschehen, und meines Erachtens wird es auch lange nicht geschehen, weil man diese von mir vertretene Sichtweise seit Jahrzehnten ausgeschlossen hat. Wenn Israels Sicherheit Teil der deutschen Staatsräson ist und Israel die Gründung eines palästinensischen Staates, also die Verwirklichung des Rechts der Palästinenser auf Selbstbestimmung, für eine Bedrohung seiner Sicherheit erachtet, dann erklärt es sich gleichsam von selbst, warum sich Deutschland nicht für die Rechte der Palästinenser einzusetzen vermag. Was Juden von Deutschen im 20. Jahrhundert angetan worden ist, wird ideologisch für die Wahrung der Interessen Israels vereinnahmt – Auschwitz wird also nicht nur als Mauer gegen jegliche Kritik an Israels Politik gegenüber den Palästinensern instrumentalisiert, sondern auch als Mittel der Verhinderung einer möglichen Beendigung des Konflikts eingesetzt. Deutschlands Politiker meinen dabei, ein Verantwortungsgefühl gegenüber Israel zu bezeugen, ohne sich Rechenschaft darüber abzulegen, dass sie nicht nur die palästinensische Leiderfahrung unter Israels Besatzungsstiefel objektiv außer acht lassen, sondern auch in letzter Rechnung gegen das wirkliche Interesse Israels handeln. Gerade der 7. Oktober sollte das in tragischer Weise gezeigt haben.


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NEUE ANTWORT03.03.2024, 00:24 Uhr
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Israel: faschistoide Regierung und Krieg >>>

Ich habe am Anfang dieses Threads folgendes geschrieben: "Es ist m.E. evident, daß es eine Lösung des Nahostkonflikts nur dann geben kann, wenn eine gleichgerichtete fortschrittliche Massenbewegung entsteht, die beide (!) nationalen Gemeinschaften im historischen Mandatsgebiet Palästina erfaßt."

Ich halte diese Auffassung mittlerweile für ziemlich naiv., auch wenn sie die (bessere) linke Mainstreamaufassung von "Beide-Arbeiterklassen-müssen-zusammen..." wiedergibt. Sie ist nicht deshalb, naiv weil die Möglichkeit dazu z.Z. in unendliche Ferne gerückt scheint, sondern weil die privilegierte Arbeiterklasse in solchen Konstellationen ganz selbstverständlich nur mit dem Ziel einer Nicht-Verschlechterung ihrer Lage handeln kann und wird. Solange die Privilegien einen Vorteil bieten, solange wird sie selbst keine objektive Veranlassung haben, diese selbst anzutasten. Etwas anderes wird es erst, wenn diese Privilegien keinen Vorteil mehr bieten, sprich: die privilegierte Arbeiterklasse nicht mehr in der alten Weise leben kann.

Ein Beispiel bietet mit hoher Wahrscheinlichkeit die aktuelle Lage in Nordirland. Ich habe zu den Streiks, die erheblichen Anteil an einer Sinn-Féin-geführten Regierungsbildung hatten, kürzlich das geschrieben: "Das kann u.U. das Ende der proletarischen Verankerung der DUP werden und damit der Beginn des Niedergangs des Unionismus überhaupt. Wenn man nämlich ohne "protestantische Rassenprivilegien" mehr verdienen könnte als mit! ... wir werden sehen."

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Moshe Zuckermann sagt im Interview: "Dass eine Weiterführung des Krieges ohne Geiselbefreiung beziehungsweise unter der möglichen Aufopferung der Entführten überhaupt zur Disposition steht, gilt vielen Israelis als ein fataler Bruch im nationalen Ethos des Zionismus. Denn wenn der Schutz aller Juden, besonders aber der jüdischen Bewohner des Landes, nicht mehr selbstverständlich ist, wenn also nicht alles, aber auch alles, getan wird, um Juden aus feindlicher Gefangenschaft zu befreien, dann ist nicht nur der Grundvertrag zwischen der Regierung und ihren Bürgern verraten worden, sondern in der Tat ein Grundpostulat des Zionismus." Das kann ein ähnlicher ideologischer Knackpunkt für die Herrschaftsideologie werden: Wenn der Zionismus als System das Leben von Juden - selbst im "eigenen Land" - nicht retten kann, hat er seine Legitimierung ebenso verspielt wie der Unionismus, wenn er er keine besseren Löhne mehr sichern kann. Eine solche letzte Krise des Zionismus kann über die Geiselfrage hinaus bei der allgemeinen Eskalation der Verhältnisse des Nahostkonflikts
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sehr schnell Massenwirklichkeit werden. Das wird dann kein Masada- und Eleasar-ben-Ja’ir-Getöne mehr aufhalten können!
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NEUE ANTWORT09.03.2024, 18:10 Uhr
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Israel: faschistoide Regierung und Krieg Eine Analyse von Shir Hever in der jW vom 6. März - wie weit sie richtig ist kann ich nicht sicher ermessen, sie ist aber interessant genug, um hier gespiegelt zu werden:

Politik des Glaubens

Wir oder sie: Israels festgefahrene politische Krise entlädt sich in Gaza. Rationale Stimmen an den Rand gedrängt

Von Shir Hever

Im Vorfeld des Ramadan am kommenden Wochenende plant die israelische Regierung eine Reihe von Provokationen, die das Recht der Muslime auf das Gebet in der Al-Aksa-Moschee einschränken. Die militärische und politische Krise, in der sich Israel befindet, könnte sich schnell zu einem Mehrfrontenkrieg ausweiten und den Zusammenbruch der Friedensabkommen mit den arabischen Nachbarländern zur Folge haben. Während Israel verspricht, den Vorgaben des Internationalen Gerichtshofs zu folgen, hat seine Armee am vergangenen Donnerstag mehr als 100 Menschen getötet und über 700 verletzt, als sie auf Nahrungsmittel warteten.

Für außenstehende Beobachter scheint es schwer zu erklären, wie irrational die israelische Regierung geworden ist. Während Katar eine entscheidende Rolle bei der Vermittlung des Gefangenenaustauschs zwischen Israel und der Hamas spielt, ergreift Israel Maßnahmen, um den in katarischem Besitz befindlichen Sender Al-Dschasira zu verbieten. Während Israel auf dem Schlachtfeld fast nichts gegen die Hamas erreicht, sondern statt dessen jeden Tag Dutzende unbewaffneter Zivilisten tötet, will es gegen den Rat seiner eigenen Generäle mit einem völkermörderischen Angriff auf Rafah beginnen. Während Israel unter beispiellosem internationalen politischen Druck steht, einen Waffenstillstand zu akzeptieren, und der Internationale Gerichtshof ein Verfahren wegen Völkermordes eingeleitet hat, werden Krankenhäuser angegriffen und dabei Patienten wie medizinisches Personal getötet. Der Minister für Kulturerbe von der ultrarechten Partei Otzma Jehudit (»Jüdische Stärke«), Amihai Eliyahu, hat die Irrationalität gut veranschaulicht, als er im November zum Abwurf einer Atombombe auf Gaza aufrief. Seine Aussage war illegal, doch obwohl die Existenz der israelischen Atomwaffen ein streng gehütetes Geheimnis ist, wurde Eliyahu nicht bestraft, sondern lediglich zwischenzeitlich suspendiert.

Dieses scheinbar irrationale Verhalten lässt sich verstehen, wenn man die jüngsten politischen Entwicklungen in Israel betrachtet, die die Irrationalität selbst zu einem Wert gemacht haben. Wie kann Gott Israel retten, wenn es nicht wie ein Wunder aussieht? Andernfalls könnte es so aussehen, als ob die Krise durch die Bemühungen der Menschen beendet worden wäre.

Die fünf politischen Blöcke in Israel sind (1) der traditionelle Arbeiterzionismus, der Israel zwischen 1948 und 1977 regierte und heute einen Großteil der zionistischen Opposition bildet. Er ist säkular, militaristisch, nationalistisch und war früher (für Juden) sozialistisch; (2) der nationalistische rechte Flügel, der liberale und neoliberale Wurzeln hat, sich aber in einen populistischen und offen rassistischen Trumpismus verwandelt hat; (3) ein ultraorthodoxer nichtzionistischer Block, der sich aus pragmatischen Gründen mit den Zionisten verbündet und sich zum Komplizen ihrer Verbrechen gemacht hat; (4) ein nationalreligiöser Block, der oft mit der Siedlerbewegung im Westjordanland in einen Topf geworfen wird, und schließlich (5) die diskriminierte und unterdrückte nichtzionistische Linke, die palästinensische Parteien mit einer Vielzahl von politischen Ansichten umfasst. Da die meisten Palästinenser unter israelischer Kontrolle staatenlos sind und kein Wahlrecht haben, war die fünfte Gruppe nie in der Lage, mehr als ein Sechstel der Sitze im Parlament zu kontrollieren.

Obwohl es die Arbeiterpartei war, die die ersten illegalen Siedlungen in den besetzten palästinensischen Gebieten errichtete, verschaffte ihnen die Likud-Partei politische Legitimität, indem sie die Idee eines palästinensischen Staates ablehnte und die jüdische Souveränität über das gesamte Gebiet Palästinas festschrieb. Den Siedlern wurde erlaubt, ohne Genehmigung Häuser zu bauen und palästinensisches Land mit Gewalt und unter dem Schutz des Militärs zu besetzen. Die israelische Historikerin Idith Zertal und der Politikwissenschaftler Akiva Eldar nannten sie in ihrem Buch über die Siedlungspolitik »die Herren des Landes«. Der Ausbau der Siedlungen geschah außerhalb der Gesetze, und die Regierungen drückten ein Auge zu.

1977 konnte der Rechtszionismus zum ersten Mal eine Regierung bilden. Mit wenigen Unterbrechungen – wie der Regierung Jitzchak Rabins, die Anfang der 90er Jahre die Osloer Abkommen unterzeichnete – dominiert dieser bis heute die politische Sphäre. Doch der rechte Zionismus der 70er und 80er Jahre ist nicht derselbe wie die populistische Bewegung von heute. In den 80er Jahren wurde die kahanistische Bewegung, die von Rabbi Meir Kahanes Lehre inspiriert war, alle Araber zu töten oder aus dem Land Israel zu vertreiben, von der rechtsgerichteten Likud-Partei verdrängt. Es war Benjamin Netanjahu, der derzeitige Vorsitzende derselben Likud-Partei, der die kahanistische Bewegung beschönigte und zuließ, dass Itamar Ben-Gvir, ein in Israel verurteilter Terrorist, Minister für Nationale Sicherheit werden konnte.

Da koloniale Gesellschaften immer zu einem Anspruchsdenken und einer Wir-oder-sie-Mentalität neigen, hat sich die Korruption in der israelischen Gesellschaft auf allen Ebenen ausgebreitet. Die fünf Blöcke politischer Parteien in der israelischen Politik haben die Fähigkeit verloren, sich gegenseitig zu tolerieren, und führten zwischen 2019 und 2022 in eine politische Krise mit fünf Wahlgängen in vier Jahren.

Netanjahus Populismus und sein Bündnis mit gefährlichen Elementen in der Siedlerbewegung, die offen für jüdische Vorherrschaft, »ethnische Säuberung« und sogar Völkermord eintreten, haben beim Arbeiterzionismus die Sorge ausgelöst, dass Netanjahu eine diplomatische und wirtschaftliche Katastrophe heraufbeschwören wird. Die Regierung des Liberalen Jair Lapid (Jesch Atid) und Naftali Bennett (Neue Rechte) zwischen 2021 und 2023 basierte auf einem verzweifelten Appell zu rationalem Handeln, strategischer Planung und Kompromissen, um einen Apartheidstaat zu erhalten, in dem Juden weiterhin Privilegien genossen, für die guten Beziehungen zum Westen aber der Schein der Demokratie gewahrt wurde. Es handelte sich um eine Koalition aus acht politischen Parteien (ein noch nie dagewesenes Phänomen), die auf einem brüchigen Kompromiss beruhte, der sie fast vollständig lähmte.

Im Jahr 2022 wurde Israel in vier Berichten von Menschenrechtsorganisationen beschuldigt, ein Apartheidstaat zu sein. Die Regierung Lapid-Bennett hatte keine Antwort auf diese Anschuldigung, trotzdem erhielt Israel weiterhin Unterstützung aus dem Westen, insbesondere aus den USA und aus Deutschland. Das ist der Grund, warum Netanjahu und seine nationalreligiösen Verbündeten bei den Wahlen im November 2022 so erfolgreich waren. Ihr Argument war einfach, dass ein Kompromiss unnötig sei. Der Westen unterstützt Israel weiterhin, auch wenn es offensichtlich ein Apartheidstaat ist. Mit der Übernahme von Schlüsselpositionen in der Regierung, im Ministerium für Nationale Sicherheit und im Finanzministerium durch ultrarechte Siedler, warum so tun, als sei man eine Demokratie?

Die Führer des nationalreligiösen Zionismus glauben nicht, dass es der zynische Imperialismus der US-Regierung oder der gierige Militarismus der deutschen Regierung (»Staatsräson«) war, der die fortgesetzte westliche Unterstützung für Israel trotz seiner Apartheidpolitik sicherstellte. Sie glauben immer noch, dass es in den von Israel kontrollierten Gebieten eine jüdische Mehrheit gibt, obwohl das nicht stimmt. Sie glauben, dass das Militär irgendwie einen Weg finden wird, die Hamas zu besiegen, wenn Israel keinen Waffenstillstand unterschreibt. Vor allem aber glauben sie, dass Gott den von ihnen kontrollierten Staat Israel zur Erlösung führt.

Der Verzicht auf den Anschein von Demokratie bedeutet auch, dass kritische Stimmen in Israel verstummen. Die Militärzensur bringt diese in den Medien zum Schweigen, das Parlament suspendiert seine Mitglieder aus den nichtzionistischen Parteien, die einen Waffenstillstand fordern, und selbst Soldaten werden daran gehindert, die Nachrichten zu hören.

Wo sind die rationalen Stimmen, die zionistischen Oppositionskräfte, die dem Wahnsinn Einhalt gebieten könnten? Eine mögliche Erklärung für ihre Ohnmacht ist der Völkermord. Israelis lernen von klein auf etwas über Genozid und wissen, dass Staaten, die in der Neuzeit Völkermord begehen, ob in Ruanda, Serbien oder Darfur, danach immer einen tiefgreifenden Regimewechsel erleben. Sie wissen, dass die zionistische Bewegung am Ende ist, und haben daher keinen Anreiz, dringend etwas zu unternehmen, um ihren Staat zu retten.


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NEUE ANTWORT05.06.2024, 23:07 Uhr
EDIT: FPeregrin
05.06.2024, 23:09 Uhr
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Israel: faschistoide Regierung und Krieg jW morgen:

Israelische Linke

»Repressionswelle von historischem Ausmaß«

Über koloniale Gewaltherrschaft in Palästina und dramatische Irrtümer der israelischen Linken. Ein Gespräch mit Jonathan Pollak

Von Anne Herbst, Tel Aviv

Hintergrund: Kampagne »Faz3a«

Im Westjordanland wird dringend Verstärkung für den zivilen Schutz der palästinensischen Bevölkerung gebraucht. Dafür hat eine Koalition aus langjährigen palästinensischen Aktivisten und Studenten vor einigen Monaten die Initiative »Faz3a« (Transliteration des arabischen Worts für Nothilfe) ins Leben gerufen. »Israel verfolgt in den verschiedenen Teilen Palästinas keine unterschiedlichen Ziele, sondern nur unterschiedliche Taktiken«, erklärt ihr Sprecher Mahmoud Zwahre gegenüber jW. »Ethnische Säuberung war schon immer das Endspiel der israelischen Politik, ihre Umsetzung ist nur eine Frage der Gelegenheit.« Zwahre verweist auf einen »exponentiellen Anstieg« der »staatlich geförderten Siedlergewalt« in der Westbank, die stets straffrei bleibe, während im Gazastreifen »Greueltaten« verübt würden. Eine »Intervention« sei zum jetzigen Zeitpunkt notwendiger denn je.

»Palästina ist kein Land der Opfer, sondern ein Land des Widerstands und des Kampfes gegen den Kolonialismus«, betont Zwahre. Daher diene die Faz3a-Kampagne nicht nur dazu, Angriffe abzuwehren, sondern perspektivisch auch geraubten Boden zurückzugewinnen, die Palästina-Solidaritätsbewegung im Ausland zu stärken »und auf internationaler Ebene eine Aktionsdynamik zu schaffen«.

Faz3a will organisiert durch lokale Koordinierungsgruppen mit Unterstützung von Aktivisten aus aller Welt umfangreiche Schutzmaßnahmen durchführen. »Es gibt nichts, was wir mehr brauchen als Menschen vor Ort«, sagt Zwahre. Freiwillige müssen sich zu einem Aufenthalt von mindestens zwei Wochen verpflichten und selbst für ihre Reisekosten aufkommen. Nach ihrer Ankunft erhalten sie eine zweitägige Intensivschulung unter anderem über die Grundsätze und Methoden der gewaltfreien Intervention und Deeskalation sowie Dokumentationsverfahren, ebenso eine Einweisung, wie die Bedürfnisse der palästinensischen Führung und der Bevölkerung zu berücksichtigen sind. Anschließend werden die Aktivisten in bedrohten Gemeinden eingesetzt – je nach Bedarf auch in Notfällen –, um den Bewohnern »ein grundlegendes Gefühl der Sicherheit zu vermitteln«.

Schützende Anwesenheit sei »keine großartige Idee«, sondern etwas, das die Palästinenser als völlig selbstverständlich ansehen würden, erläutert Zwahre. Es sei wichtig zu verstehen, dass sie nicht als »eine Art Wohltätigkeitsarbeit« betrachtet werde, sondern als Möglichkeit für die internationale Gemeinschaft, Palästina beizustehen, nicht es zu retten. Menschen, denen es nicht möglich ist, nach Palästina zu kommen, könnten Faz3a bei der Mobilisierung, Spendenakquise, Medien- und Aufklärungsarbeit unterstützen, so Zwahre. »Das Wichtigste ist, Wut und Frustration in Taten umzusetzen.« (ah)


Jonathan Pollak ist Aktivist der antizionistischen Bewegung, unter anderem des palästinensischen Netzwerks »Faz3a«. Er hat sechs Haftstrafen verbüßt und stand mehrfach unter Hausarrest. 2019 verübten mutmaßliche Faschisten eine Messerattacke auf ihn.

Die israelische Linke ist geschwächt und orientierungslos. Welcher ist ihr gravierendster Fehler?

Es ist wichtig, das Grundproblem zu verstehen. Die Linke und sogenannte Linke hierzulande ist seit jeher an die israelischen Interessen gebunden. Unter normalen Bedingungen ist das sinnvoll. Aber wir befinden uns in einer kolonialen Situation. Die Basis für eine wirklich linke Bewegung muss sein, sich auf die Seite der Kolonisierten zu stellen und auch den Kampf gegen den Kolonialismus zu führen – und zwar nicht innerhalb der politischen Sphäre der Kolonialisten, sondern vom Standpunkt der Kolonisierten aus.

Wie es in den 1960er Jahren marxistische weiße Linke in Südafrika getan haben?

Ja, das war eine vergleichbare Situation. Natürlich gab es auch damals Liberale, die die Apartheid reformieren wollten oder sich der Illusion hingaben, mit der Sprache der weißen Vorherrschaft die Massen erreichen und beeinflussen zu können. Aber da waren auch weiße Radikale, die der Apartheid ein Ende setzen wollten. Letztere bildeten nicht ihre eigenen kleinen weißen Gruppen. Sie standen auf und traten dem ANC (Afrikanischer Nationalkongress, jW) bei, was illegal und wofür ein hoher Preis zu zahlen war. Aber das war es, was weiße Radikale zu tun hatten. Sie kämpften als weiße Minderheit in einer von Schwarzen geführten Bewegung. Das historische Versagen der israelischen Linken besteht darin, dass sie sich nicht der palästinensischen Befreiungsbewegung angeschlossen hat.

Das war das einzige Versäumnis?

Nein, sie hat auch den Kampf für Demokratie nicht geführt. Israel ist sehr gut darin, sich als solche zu vermarkten. Zwar werden Mängel eingeräumt, aber Israel wird als Demokratie anerkannt und die Besatzung als Nebensache betrachtet. Die gegenwärtige Regierung ist wirklich faschistisch, die gefährlichste rechtsextreme Regierung, die wir bisher hatten – und das soll etwas heißen. Sie hat die demokratische Fassade der israelischen Gesellschaft angekratzt und das Justizsystem beschädigt. Das hatte in der Zeit vor dem 7. Oktober eine liberale zionistische Bewegung ausgelöst, die sich die Verteidigung der Demokratie auf die Fahnen schrieb, aber in Wahrheit nur die Justiz retten wollte. Natürlich sind nicht alle Zionisten gleich – es besteht ein Unterschied zwischen liberalen, konservativen und ultrarechten. Aber in Wirklichkeit ist eine Familienfehde ausgebrochen unter den jüdischen Suprematisten.

Die Palästinenser sind aus dem Kreis der Menschen, die Bürgerrechte genießen, grundsätzlich ausgeschlossen. Es ist kein Zufall, dass die israelische Nationalfahne Symbol der gegenwärtigen Demokratiebewegung ist: Die sogenannte zionistische Linke ist wahrscheinlich die einzige in der Geschichte linker Opposition, die von Generälen der Armee und Geheimpolizei angeführt wird. Israel war immer eine militarisierte Gesellschaft, aber in den vergangenen 20, 30 Jahren ist der Großteil immer weiter nach rechts abgedriftet. Seit Beginn des Krieges hat sich dieser Prozess beschleunigt.

Kann die zionistische Linke nicht wenigstens dazu ein Gegengewicht bilden?

Viele meinen, dass sie Israel wieder in die andere Richtung ziehen und sogar zur Beendigung der 1967er Besatzung bringen kann. Das ist ein falsches Verständnis der israelischen Politik. Denn sie kann nicht im Rahmen der westlichen Demokratien betrachtet werden, in denen es innere Kämpfe gibt. Wir haben es nicht einmal mit Neokolonialismus, sondern mit klassischem Kolonialismus zu tun: Im Westjordanland mit offen rassistischen Gesetzen und einer Militärdiktatur, im 1948 besetzten Gebiet mit eklatanter Diskriminierung und Apartheid, und in Gaza ist er zu einem regelrechten Völkermord übergegangen. Man kann den Kolonialismus nicht durch einen innerisraelischen demokratischen Prozess abmildern oder gar transformieren, sondern er muss abgeschafft werden.


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NEUE ANTWORT05.06.2024, 23:13 Uhr
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Israel: faschistoide Regierung und Krieg >>>

Was hat sich seit dem 7. Oktober bei der Ausübung der Besatzungsgewalt im Westjordanland geändert?

Sie wurde entgrenzt und ist drastisch angestiegen. Früher haben Siedler und Armee Hand in Hand gearbeitet. Jetzt dienen viele Siedler in den IDF – zum Teil sind sie die Armee. Mindestens 18 palästinensische Gemeinden wurden ethnisch gesäubert, am schlimmsten betroffen sind Dörfer in der Zone C, die unter vollständiger israelischer Verwaltung stehen. Und niemand wird für die vielen getöteten und verletzten Menschen zur Rechenschaft gezogen. Die Gewaltexzesse sind keineswegs sporadisch, auch nicht spontan. Kurz nach Kriegsbeginn hat Elhanan Gruner, ein sehr prominenter Siedler, auf seinem X-Kanal erklärt, dass es einen Plan gibt, sich an den Palästinensern zu rächen und sie aus der Westbank zu fegen. Genau diesen Plan setzen sie jetzt mit Unterstützung des israelischen Staates um.

Findet auch eine Entgrenzung der Repression statt, zum Beispiel in dem berüchtigten Gefängnis Sde Teiman in der Negev?

Es ist ein schrecklicher Euphemismus, diesen Ort Gefängnis zu nennen – es ist eine Foltereinrichtung. Sie ist die größte, aber längst nicht die einzige solcher Einrichtungen. Die Armee gibt die Namen der Menschen, die in ihnen festgehalten werden, nicht bekannt, auch nicht die Zahl der Getöteten, man erfährt auch nicht, was dort geschieht. Ein Palästinenser hat ausgesagt, dass ihm mit einer Nagelpistole ins Knie geschossen und der Nagel erst nach 24 Stunden entfernt wurde. So etwas wissen wir nur, weil er später wegen fehlender Beweise freigelassen wurde. Im Shifa-Hospital in Gaza-Stadt wurden Dutzende von gefesselten Leichen gefunden – im Grunde waren das Hinrichtungen.

Gilt das ebenso für die Westbank?

Israel testet permanent auch dort sowie in Ostjerusalem die Grenzen aus, wie weit es gehen kann: Seit Kriegsbeginn wurden mehr als 5.000 Palästinenser verhaftet, etwa die Hälfte sind Administrativhäftlinge, also Menschen, die ohne Indiz für ein Vergehen, ohne Anklage und ohne Prozess festgehalten werden. Die Verwaltungshaft soll nicht länger als sechs Monate dauern, sie kann aber auf Anordnung des Militärs für unbestimmte Zeit verlängert werden. Die Lage in den Gefängnissen ist so katastrophal wie nie zuvor – nicht einmal während der beiden Intifadas gab es Vergleichbares. Das Erschreckendste für mich ist, dass alle Inhaftierten, die wieder freigekommen sind, das Gleiche erlebt haben: Es gibt kein fließendes Wasser und – bis auf eine sehr kurze Zeit am Tag – keinen Strom in den Zellen. Die Gefangenen bekommen nicht genug zu essen, nur eine halbe Schüssel Reis mit Ei und etwas Käse pro Tag. Ein Freund von mir war in Ramla im Gefängnis und erzählte, dass die Wachen den Transport und Zwischenaufenthalte nutzen, um Häftlinge zu verprügeln – manchmal eine ganze Nacht. Auf dem Weg zum Verhör musste er, die Hände auf den Rücken gefesselt, vorgebeugt gehen. Durch ein Türfenster sah er eine Blutlache, und da wusste er genau, was ihn erwartet: Die Wärter haben ihn zu Boden gedrückt und zusammengeschlagen, er schrie, bis jemand kam und sie stoppte. Er blutete aus Mund und Nase und hatte blaue Flecke. Mindestens 60 Häftlinge sind seit Kriegsbeginn gestorben.

Auch im israelischen Kernland?

Hier erleben wir eine Repressionswelle von historischem Ausmaß – wie nie zuvor, seit dem Ende der Militärherrschaft über die Palästinenser 1966. Es wurden Hunderte verhaftet, darunter ein Mann dafür, dass er gepostet hat: »Mein Herz ist mit den Kindern von Gaza.«

Welche Rolle spielt die Ideologie des Kahanismus als zionistischer Erscheinungsform des Faschismus?

Das Bedrohlichste an der israelischen Regierung ist, dass ihre kahanistischen Elemente längst repräsentativ sind für die israelische Politik. Sie stehen nicht mehr am Rand, sie sind ein vulgärer Ausdruck des wirklichen Wesens und der wahren Gefühle des Mainstreams.

Und dieser kennt kein Erbarmen mit den Palästinensern …

Die jüdische Geschichte ist geprägt von der Erfahrung, einem faschistischen Regime geopfert zu werden. Ebenso davon, dass eine Bevölkerung es unterstützt oder wegschaut, weil sie Angst hat zu handeln. Das genau geschieht jetzt im Gazakrieg. Der Internationale Gerichtshof hat den Vorwurf des Genozids als plausibel befunden, und es gibt eine Anordnung, dass Israel Hunger nicht als Waffe einsetzen darf etc. Aber nichts passiert. Das ist ein verheerendes Signal für die Zukunft, weil es beweist, dass ein Völkermord stattfinden kann, ohne dass die internationale Gemeinschaft eingreift. Wir sind in einer sehr deprimierenden und gefährlichen Situation.


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NEUER BEITRAG11.07.2024, 17:01 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Ein paar Fußnoten:

a) Mir ist vor ein paar Tagen ein sehr lesenswertes Buch in die Hände gefallen, daß die Rechtsentwicklung Israel (Niedergang des Links-Zionismus, Etablierung eines dominanten Neo-Zionismus aus den Strukturen des Rechts-Zionismus) ab der zweiten Intifada hermeneutisch-ideologiekritisch nachgezeichnet wird. Wenn man meint, man wisse alles schon, könnte es sein, daß man sich wundert, da im wesentlichen an hebräischen Quellen gearbeitet wird, die den meisten mangels Sprachkenntnissen verschlossen sein dürften. - Tamar Amar-Dahl: Der Siegeszug des Neozionismus. Israel im neuen Millennium. Wien (Promedia) 2023.

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NEUE ANTWORT11.07.2024, 17:17 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung >>>

b) In der Unabhängigkeitserklärung von 1948, die ja für ein Land ohne geschriebene Verfassung notwendig ein bedeutendes Rechtsdokument darstellt, hieß es u.a. noch: "Der Staat Israel wird der jüdischen Einwanderung und der Sammlung der Juden im Exil offenstehen. Er wird sich der Entwicklung des Landes zum Wohle aller seiner Bewohner widmen. Er wird auf Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden im Sinne der Visionen der Propheten Israels gestutzt sein. Er wird all seinen Bürgern ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht, soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen. Er wird Glaubens- und Gewissensfreiheit, Freiheit der Sprache, Erziehung und Kultur gewährleisten, die Heiligen Stätten unter seinen Schutz nehmen und den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen treu bleiben. [...] Wir wenden uns - selbst inmitten mörderischer Angriffe, denen wir seit Monaten ausgesetzt sind - an die in Israel lebenden Araber mit dem Aufrufe, den Frieden zu wahren und sich aufgrund voller bürgerlicher Gleichberechtigung und entsprechender Vertretung in allen provisorischen und permanenten Organen des Staates an seinem Aufbau zu beteiligen. / Wir bieten allen unseren Nachbarstaaten und ihren Völkern die Hand zum Frieden den und guter Nachbarschaft und rufen zur Zusammenarbeit und gegenseitigen Hilfe mit dem selbständigen jüdischen Volk in seiner Heimat auf. Der Staat Israel ist bereit, seinen Beitrag bei gemeinsamen Bemühungen um den Fortschritt des gesamten Nahen Ostens zu leisten."

Angesichts eines auch damals bereits asymmetrischen Krieges, von Flucht, Vertreibung und Landraub kann man das für Naivität oder Heuchelei halten, es war aber mehr als Makulatur, denn es beinhaltete für die zionistischen Eliten eine Selbstverpflichtung, anders zu handeln, als es in der Wirklichkeit geschah. Man konnte auf diesen Text verweisen.

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• PDF-Datei Die Unabhängigkeitserklärung vom 14....
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NEUE ANTWORT11.07.2024, 17:43 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung >>>

c) Im 2018 in der Knesset beschlossene und 2021 höchstrichterlich bestätigten Nationastaatsgesetzes heißt es nun u.a.: "The Land of Israel is the historical homeland of the Jewish People, in which the State of Israel was established. / The State of Israel is the nation state of the Jewish People in which it realizes its natural, cultural, religious and historical right to self-determination. / The realization of the right to national self-determination in the State of Israel is exclusive to the Jewish People. [...] The complete and united Jerusalem is the capital of Israel. [...] The State views the development of Jewish settlement as a national value, and shall act to encourage and promote its establishment and consolidation."

Das ist schon ein ziemlicher Kontrast zu den Aussagen der Unabhängkeitserklärung, was die anzustrebende innere Verfaßtheit Israels angeht, und auch eine ziemlich deutliche Ansage, was man den von einer "Zwei-Staaten-Lösung" und friedlichem Ausgleich mit den Nachbarn hält, wenn der Siedlungsbau selbst Staatsziel ist.

Man darf diese Entwicklung gern mal zur Kenntnis nehmen, auch oder gerade wenn einem das blauweiße Trikot viel bedeutet ...
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NEUER BEITRAG24.07.2024, 18:28 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung #KriseDesZionismus
#Israel
#Palaestina

Ein Kommentar anläßlich des US-Kongreß-Auftritts von "Bibi" heute auf Middle East Minitor:

Netanyahu: The last prime minister of Israel

July 24, 2024 at 8:00 am

by Ismaeel El-Khateeb

Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu is scheduled to speak to Congress in Washington DC tomorrow. This may be the last time an Israeli prime minister addresses the house – at least according to Avigdor Leiberman. In a recent interview, long time Israeli politician Leiberman said that “Israel will not exist in 2026 under the Netanyahu government.”

In Israel, support for Natenyahu was already low prior to the war with 52 per cent of the country having an unfavourable view of the embattled prime minister. Prior to 7 October, the country witnessed over 30 consecutive weeks of protests against his judicial reform plans.

The 7 October and the nearly ten months long genocide in Gaza that followed did nothing to help his reputation or political durability. Netanyahu has faced internal and external pressure to put an end to the war. The sentiment expressed by Leiberman is something shared by both Zionists and anti-Zionists alike. Many around the world feel that this past year marks the “beginning of the end” of Israel’s settler occupation state. Just this week, Israel opened a third front in the war with an air strike on Yemen following the Houthi’s drone strike on Tel Aviv that evaded Israel’s Iron Dome defence systems. Now more than ever, Israel is seemingly at its weakest point in decades politically and militarily. The many decades of widespread international support seems to be crumbling as widespread protests and boycotts gain momentum and calls for divestment ring across universities and other institutions around the world. 2024 saw some of the most widespread university protests in the United States since the Vietnam War, spreading even to campuses across Europe and Asia. Netanyahu’s stubbornness to continue the war despite objections to bring it to an end even at the behest of his staunchest ally – the United States – indicates that he is only trying to save himself, even at the cost of the demise of the Israeli state. Netanyahu’s far-right policies have caused many in the west to pursue an anti-Netanyahu narrative. This is when they call for Netanyahu and his government to step down and blame his government for Israel’s racist and colonial policies. However this approach is troublesome as it isolates Netanyahu from Israel and attempts to sanitise Israel from its own problematic history, its policies and society.

A poll in February showed that 72 per cent of Israelis believed that no aid should be allowed in to Gaza. A poll taken a month after the start of the war showed that 94 per cent of Israelis believed that the Isaeli army was using proportionate firepower or not enough firepower against Gaza’s civilian population. Less than two per cent believed it was using too much firepower.

Israel consistently touts itself as the only democracy in the Middle East, yet when someone representative of Israeli public sentiment is committing a genocide for the world to see, many are quick to say that Netanyahu is an outlier that does not represent Israeli society. This is who the Israeli public voted for, and many polls have shown that the views held by Israelis on Gaza are consistent with the policies enacted by Netanyahu’s government.

This is Netanyahu’s third stint as prime minister, making him the longest serving prime minister in the nation’s history. How can he be an outlier in a so-called democracy that elected him multiple times to their highest office? The eight months of protest against Netanyahu prior to the war were largely against his judicial reforms which would strip the Supreme Court of its ability to block any laws or policies it deems “unreasonable”.

Despite Netanyahu’s previous campaigns against Gaza which killed thousands and the expansion of settlements under his leadership – these issues and much more did not mobilise the Israeli public against him. It was only when Netanyahu’s policies began affecting public life in Israel that Israelis began to take a stand against him. The same Supreme Court that has been green lighting the development of settlements across the West Bank and Jerusalem since the 1970s, in contravention of international law.

What we are seeing in Netanyahu is not an anomaly, but rather an accentuation of a growing trend of extremism and racism in Israel in recent years. It is precisely this unhinged tide of violence and extremism that Zionists fear, and anti-Zionists hope is the beginning of the end of Israel as we know it. The major security lapse on 7 October exposed the image of Israeli invincibility. The following months saw an exodus of a staggering seven per cent of Israel’s population with the majority not planning to return.

The ICC has sent requests for arrest warrants to be issued against Netanyahu and other senior leaders in the Israeli government. The ICJ has stated what many have known already – that the occupation of Palestinian territories and creation of settlements are unlawful. This comes following mounting public pressure around the globe. Most notably is the fact that the BDS movement – both uppercase and lowercase – has gained more steam in these past nine months. Starbucks recently reported a $11 billion loss in market share while McDonald’s admitted that its revenue was suffering in the Middle East market due to the war.

Israel has lost billions due to the war and the war will likely also cost Israel $400 billion economically over the next decade. Israel recently shut down its Eilat seaport due to inactivity after months of disruption of key shipping lanes by the Houthis in the Red Sea. Drops in tourism and foreign investments have also impacted its economy.

Most importantly, Israel’s sanitised image to the world has now been exposed. With extremist politicians calling for genocide and annexation of Gaza, Israeli occupation soldiers filming themselves destroying homes and schools, countless gruesome images we have seen of Palestinians killed from snipers and bombs, and images of Palestinians rounded up in camps reminiscent of the extermination camps during World War II.

Israel is grappling with its own survival in the face of sustained boycotts, armed resistance, and public pressure – even while neighbouring Arab states have done virtually nothing to aid the Palestinians in Gaza. Israel’s political and social institutions are crumbling and infighting and disunity in the country is greater than ever. Protests in Israel are some of the largest we have seen and Israel will now begin forcing ultra-Orthodox Jews to serve in the army as it struggles to fill its ranks against sustained and growing resistance on multiple fronts.

Israel’s war cabinet has dissipated following resignations and public pressure from the US and other allies to agree to a ceasefire has left Netanyahu and Tel Aviv more isolated as the war rages on. Even if the war were to end today, Israel can never correct its course to the privileges it enjoyed before.

The world is finally waking up and coming to a realisation many of us have always known – that Israel is an apartheid state, committing genocide against the Palestinians and causing wider instability in the region for decades. So while a war criminal like Netanyahu should not be welcomed in Congress, we may be witnessing history today. As Leiberman has predicted, Netanyahu may be speaking to Congress as the last prime minister of Israel.


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NEUE ANTWORT27.07.2024, 01:14 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Nur als FN zu Netanjahus Kongreßrede: Axios, 24. Juli:

Updated Jul 24, 2024
Politics & Policy

Around half of Congress' Democrats skip Netanyahu speech

Andrew Solender

Roughly half of House and Senate Democrats skipped Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu's address to a joint session of Congress on Wednesday, according to an Axios headcount.

Why it matters: Many lawmakers, particularly progressive Israel critics, made clear they were explicitly boycotting the event in protest of Netanyahu's prosecution of the war in Gaza.

> Among the boycotters are former House Speaker Nancy Pelosi (D-Calif.), former House Majority Whip Jim Clyburn (D-S.C.) and Rep. Alexandria Ocasio-Cortez (D-N.Y.).

> Isolationist Rep. Thomas Massie (R-Ky.) made clear he was explicitly boycotting the speech as well, saying he didn't want to be a "prop" for Netanyahu.

By the numbers: Roughly 100 House Democrats and 28 Senate Democrats were present in the chamber for the Israeli prime minister's speech, meaning around half of both caucuses were absent.

> Most of the lawmakers who did attend the speech are on the more moderate, pro-Israel side of the party, including many swing-district lawmakers.

By the numbers: Wednesday's boycott was significantly larger than the 58 Democrats who skipped Netanyahu's 2015 speech to Congress.

> That speech was controversial because it was seen as a snub of then-President Obama and gave Netanyahu a platform to castigate him over the Iran nuclear deal.

> But relations between Netanyahu and Democrats have become even more strained during the Israel-Hamas war, with many pro-Israel Democrats growing increasingly critical of the humanitarian cost of the conflict.

The intrigue: A handful of Netanyahu critics did show up, including progressive Jewish Reps. Jamie Raskin (D-Md.) and Jerry Nadler (D-N.Y.), who was holding, and at times reading, a book titled "The Netanyahu Years."

> Rep. Rashida Tlaib (D-Mich.), the only Palestinian-American in Congress and a strident critic of both Netanyahu and Israel, attended wearing a keffiyeh — a symbol of Palestinian nationalism.

> Further into the speech, Tlaib began holding up a sign that said "guilty of genocide" on one side and "war criminal" on the other.


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"Netanyahu: The last prime minister of Israel" - Bedenkt man die strukturelle Anhängigkeit des zionistischen Projekts von imperialistischen Extraprofiten (zur Schaffung und ufrechterhaltung eine privilegierten proletarischen Segments analog zur imp. Arbeiteraristokratie), dann kann das möglicherweise sogar hinkommen. Der dt. Imp.
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wird die Lücke eines evtl. ausfallenden US-Imp. nicht füllen können.

#ImperialistischerHegemonieverlust
#ZwischenimperialistischeKonkurrenz
#KriseDesZionismus
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NEUER BEITRAG27.10.2024, 12:58 Uhr
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FPeregrin

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung ZdA gestern:

Netanjahus rechtsextreme Regierung will Chadasch verbieten

By Redaktion 26. Oktober 2024

Die israelische Regierung will politische Gegner illegalisieren. Neben Parteien der arabischen Minderheit hat man es insbesondere auf das von der Kommunistischen Partei Israels gegründete Linksbündnis Chadasch abgesehen, das vier Knesset-Abgeordnete stellt.

Tel Aviv. Die rechtsextreme israelische Regierung arbeitet systematisch daran, arabische und linke Abgeordnete aus der Knesset auszuschließen, um sich eine dauerhafte Mehrheit zu sichern. Sie versucht, öffentlichen und parlamentarischen Dissens gegen die Okkupation der palästinensischen Gebiete und den endlosen Krieg in Gaza und im Libanon zu verhindern.

Netanjahus Koalition hat beschlossen, das Linksbündnis Chadash zu verbieten, und es ist noch unklar, mit welchem Gesetz die islamische Ra’am-Partei verboten werden soll. Dies geschieht unter der falschen Anschuldigung der „Unterstützung des Terrorismus“. Wie die politische Korrespondentin Daphna Liel von Channel 12 berichtete, soll ein Gesetzesentwurf des Vorsitzenden der Koalition, Ofir Katz (Likud), in den Gesetzgebungsausschuss eingebracht werden, der den Ausschluss von Listen und arabischen Mitgliedern der Knesset ermöglicht.

Die Quintessenz des Gesetzentwurfs ist, dass der Nachweis von „massenhaften Manifestationen der Unterstützung des Terrorismus“ nicht mehr erforderlich sein wird und dass es möglich sein wird, in Einzelfällen einen Kandidaten und eine Liste zu disqualifizieren. Die rechtsextreme Regierung weiß, dass die Gesetzgebung nicht einfach sein wird, und sie könnte einknicken, wenn tatsächlich Druck gegen dieses antidemokratische Ziel ausgeübt wird.

Im Februar dieses Jahres scheiterte ein beispielloses Amtsenthebungsverfahren gegen den Abgeordneten Ofer Cassif (Chadash) im Plenum der Knesset. Nur 85 der erforderlichen 90 Abgeordneten des 120 Sitze umfassenden Gremiums stimmten für den Ausschluss des kommunistischen Abgeordneten. Nahezu alle Mitglieder der Knesset-Koalition aus den rechten Parteien – Likud, Religiöse Zionistische Partei und Otzma Yehudit – unterstützten das Amtsenthebungsverfahren. Die rechtsextreme Partei Yisrael Beytenu, ein Mitglied der vorherigen Regierung und derzeitige Oppositionspartei, die jedoch in Fragen der nationalen Sicherheit dem rechten Flügel angehört, stimmte debenfalls einstimmig zu. Auch die Mitglieder der ultraorthodoxen Parteien votierten für den Antrag.

Quelle: IDCommunism


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NEUE ANTWORT28.10.2024, 17:00 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Man gut, daß dafür 3/4 der Stimmen notwendig waren, bei 2/3 hätte es locker gereicht.
Aber es zeigt
a) wohin die Reise geht und
b) wie die Kräfteverhältnisse schon jetzt aussehen - egal ob zionistisch- faschistisch (oder zumindest faschistoid) oder klerikal-faschistisch, DA sind sie sich alle EINIG.

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NEUER BEITRAG08.11.2024, 21:35 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW morgen:

Israel beschließt kollektive Bestrafung

Tel Aviv. Das israelische Parlament hat am Donnerstag ein Gesetz verabschiedet, das es der Regierung erlaubt, Angehörige angeblicher palästinensischer »Terroristen« in den Gazastreifen oder an andere Orte auszuweisen, auch wenn diese die israelische Staatsbürgerschaft besitzen. Das von der extrem rechten Regierungskoalition eingebrachte Gesetz erlaubt die Abschiebung, wenn ein Familienmitglied von einem geplanten »terroristischen Akt« gewusst, diesen unterstützt oder gefördert hat, auch wenn die Tat nicht ausgeführt wurde. (Xinhua/jW)


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a) Staatsbürgerschaft 1. und letzter Klasse: Ich spare mir Polemik über die "einzige Demokratie im Nahen Osten" ...

b) Abschiebung in den Gaza-Streifen: Das ist z.Z. etwa so ähnlich wie das Aussetzen in einem steuer- und antriebslosen Boot auf offener See mit einem viertel Liter Limo und zwei Scheiben Knäckebrot.
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NEUE ANTWORT09.11.2024, 21:52 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Dem ist nichts mehr hinzuzufügen!
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NEUE ANTWORT14.11.2024, 20:04 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW morgen:

Die Knesset knebelt

Israelisches Parlament beschließt antipalästinensische Gesetze am laufenden Band

Von Knut Mellenthin

Zu Beginn ihrer Winterperiode hat die Knesset mehrere Gesetze beschlossen, die sich gegen die palästinensische Bevölkerung der besetzten Gebiete und die arabischen Staatsbürger Israels richten. Gleich in der Eröffnungssitzung am 28. Oktober wurden ohne große Debatte zwei schwerwiegende Gesetze verabschiedet, die international ausnahmslos auf Widerspruch stießen, aber schon seit Monaten erwarten wurden. Das erste Gesetz, das mit 92 gegen zehn Stimmen angenommen wurde, verbietet in Israel und im 1980 offiziell annektierten Ostjerusalem jede Tätigkeit der Hilfsorganisation der Vereinten Nationen für die Palästinenser, UNRWA.

Das zweite Gesetz macht deren Tätigkeit im Gazastreifen und im seit 1967 besetzten Westjordanland praktisch unmöglich, indem es allen Israelis jede Form des Kontakts zur UNRWA untersagt. Dadurch ist ausgeschlossen, dass Hilfslieferungen der UN-Organisation durch die vollständig von den israelischen Streitkräften kontrollierten Grenzübergänge in den Gazastreifen gelangen. Dieses Gesetz passierte die Abstimmung mit 87 gegen neun Stimmen. Der Knesset gehören 120 Abgeordnete an. Die Gegenstimmen kamen offenbar ausschließlich von den zehn Vertretern der arabischen Parteien.

Am 30. Oktober billigte eine Mehrheit von 61 gegen 35 Abgeordneten in einer Probeabstimmung ein Gesetz, das den Wahlausschluss einzelner Kandidaten und ganzer Parteien erlaubt, denen Unterstützung von Terroristen vorgeworfen wird. Grundsätzlich ist das auch bisher schon möglich, aber nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichts nur dann, wenn es sich um ein kompaktes Verhalten in einem längeren Zeitraum handelt. Nach der neuen Fassung ist die Disqualifizierung auch bei einer einzigen Äußerung oder Handlung möglich, die zeitlich lange zurückliegen kann. Als Terrorunterstützung gilt zum Beispiel schon der Besuch bei der Familie eines Verdächtigten. Die bisherige Kontrollfunktion des Obersten Gerichts soll weitgehend beseitigt werden. Um Gesetzeskraft zu erlangen, muss der Entwurf jetzt noch den zuständigen Ausschuss passieren und in drei Lesungen angenommen werden.

In diesen Zusammenhang passt, dass die Knesset den Abgeordneten Ofer Cassif am Montag für sechs Monate von den Sitzungen ausgeschlossen hat, weil er die Genozidklage Südafrikas gegen Israel beim Internationalen Strafgerichtshof unterstützt. Cassif ist der einzige jüdische Abgeordnete des mehrheitlich arabischen Bündnisses Chadasch-Taal, an dem auch die KP beteiligt ist.

Am 5. November stimmte die Knesset mit einer Mehrheit von 55 gegen 45 Stimmen einem Gesetz zu, das den Generaldirektor des Erziehungsministeriums ermächtigt, ohne vorherige Verwarnung Lehrer zu entlassen, die »Sympathie für eine Terrororganisation gezeigt« oder sich »lobend, unterstützend oder ermutigend« zu »Terrorakten« geäußert haben. Hintergrund ist, dass gegenwärtig in Israel alle palästinensischen Organisationen, einschließlich der Autonomiebehörde in Ramalah, als terroristisch gelten. Das neue Gesetz sieht außerdem vor, dass Schulen, »an denen es zu Äußerungen der Sympathie für Terrorakte kommt oder wo diese zugelassen werden«, die staatliche Finanzierung entzogen werden kann.

Am 6. November verabschiedete das Parlament mit 61 gegen 41 Stimmen ein Gesetz, das die Abschiebung der Verwandten von »Terroristen« in den Gazastreifen oder andere Orte gestattet, wenn sie von deren Plänen gewusst haben, ohne sie anzuzeigen. Für israelische Staatsbürger liegt die Verbannungszeit zwischen sieben und 15 Jahren, für Nichtbürger zwischen zehn und 20 Jahren.

Am selben Tag stimmte die Knesset mit 55 gegen 33 Abgeordneten einer Verordnung zu, die es erlaubt, Jugendliche unter 14 Jahren einzusperren, wenn sie wegen Mordes bei Terrorakten verurteilt wurden. Die Strafmündigkeit liegt in Israel bei zwölf Jahren, aber Haftstrafen sind erst ab 14 Jahren zulässig. Die jetzt beschlossene Verordnung gilt zunächst für fünf Jahre.


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NEUER BEITRAG25.11.2024, 22:01 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung jW morgen - un ich erinnere nebenbei an den ersten Post dieses Threads -:

»Netanjahu ist Feind Nummer eins der Israelis«

Israels Kriegsverbrechen gegen die Palästinenser und die Beseitigung demokratischer Rechte. Ein Gespräch mit Ofer Cassif

Von Jakob Reimann und Juliana Rivas

Hintergrund: Chadasch

Die sozialistische Chadasch bildet mit fünf von 120 Sitzen den linken Flügel in der israelischen Knesset. Chadasch wurde 1977 als Zusammenschluss arabischer und jüdischer Kommunisten und den Black Panthers gegründet und ist seitdem in verschiedenen Konstellationen Teil linker Wahllisten. Ihre Wurzeln liegen im anhaltenden Kampf der palästinensischen Bürger Israels, die etwa 20 Prozent der Bevölkerung ausmachen, jedoch oft systematischer Diskriminierung, wirtschaftlicher Marginalisierung und eingeschränkter politischer Vertretung ausgesetzt sind. Chadasch kämpft für die Rechte der arabischen Bevölkerung und gegen die Hegemonie der rechten bis extrem rechten Vertreter im israelischen Parteienspektrum.

Neben innenpolitischen Forderungen rund um soziale Gerechtigkeit positioniert sich die Partei als starke Verfechterin einer progressiven Besteuerung, von Arbeiterrechten und ökologischer Nachhaltigkeit. Vor allem der Ruf nach einem Ende der israelischen Besatzung der palästinensischen Gebiete, die Unterstützung einer Zweistaatenlösung sowie der Versuch, die arabisch-jüdische Kluft zu überbrücken und den extremen Rassismus im Land zu bekämpfen, verschaffen der Partei eine Plattform für den Aufbau von Koalitionen mit anderen progressiven Kräften in Israel. Trotz des geringen Stimmanteils, der gewöhnlich bei wenigen Prozent liegt, bildet Chadasch im öffentlichen Diskurs weiterhin einen wichtigen Gegenpol zu den dominanten Narrativen von Nationalismus, Besatzung, Segregation und gegen Konzepte von nationaler Sicherheit, die auf extremer Gewalt und Unterdrückung gründen. (jr/jur)


Ofer Cassif ist Abgeordneter der sozialistischen Chadasch in der israelischen Knesset

Vergangene Woche hat der Ethikausschuss der Knesset einstimmig beschlossen, Sie für sechs Monate aus dem Parlament auszuschließen. Können Sie die Schritte erläutern, die zu dieser Entscheidung geführt haben?


Zunächst einmal besteht das Komitee aus vier Knesset-Mitgliedern, die alle dem rechten politischen Spektrum angehören. Die Botschaft ist klar: Wer sich gegen den Völkermord im Gazastreifen, die ethnischen Säuberungen, die Kriegsverbrechen und Gräueltaten ausspricht oder sich für die Freilassung der Geiseln einsetzt, wird politisch verfolgt. Und das macht auch vor uns Abgeordneten nicht halt. Zusätzlich habe ich eine Petition unterschrieben, die die Klage Südafrikas vor dem Internationalen Gerichtshof unterstützt. Aber das ist nur ein Vorwand. Wir sollen mundtot gemacht werden. So sieht Faschismus aus.

Die Entscheidung des Ausschusses ist also politisch motiviert und ein klarer Versuch, friedensbewegte, propalästinensische und linke Stimmen zum Schweigen zu bringen. Wie würden Sie diesen immer weiter schrumpfenden demokratischen Raum beschreiben?

Israel war nie eine echte Demokratie, weil es von Tag eins an im politischen Sinne die jüdische Vorherrschaft betrieben hat. Ich spreche hier nicht nur von rassistischen Aspekten, auch wenn der Rassismus auf dem Vormarsch ist und zunehmend die Gesellschaft dominiert. Es stimmt, dass die politische Verfolgung, insbesondere gegen palästinensische Bürger Israels, deutlich zunimmt – oft sogar gewaltsam. Beispiele dafür gibt es reichlich: Schauen Sie sich nur die geplanten und die bereits verabschiedeten Gesetze an, die die Bürgerrechte aller, insbesondere jedoch die der Palästinenser und der Linken, drastisch einschränken. Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Demonstrationsfreiheit werden mit Füßen getreten und brutal unterdrückt. Menschen wurden verhaftet, nicht weil sie die Hamas unterstützten, sondern weil sie Mitgefühl für die Kinder in Gaza äußerten oder sich gegen die anhaltenden Angriffe aussprachen. Doch auch das ist nur die Spitze des Eisbergs. Menschen haben ihre Arbeit oder ihren Studienplatz an der Universität verloren und wurden grundlos inhaftiert. Erst im November wurden weitere Gesetze verabschiedet, die klar diktatorischer Natur sind. Besonders besorgniserregend ist die Absicht der Knesset – unterstützt von Teilen der Opposition –, uns von den nächsten Wahlen auszuschließen.

Wie will man Sie an der Teilnahme der Wahlen hindern?

Schon 1985 hat die Knesset ein Gesetz verabschiedet, mit dem Wahllisten, die den Staat Israel nicht als Staat des jüdischen Volkes anerkennen oder Terror, Terrorismus oder Gewalt gegen Israel unterstützen, von den Wahlen ausgeschlossen werden können. Seitdem gab es bei jeder einzelnen Wahl Versuche der Rechten, bestimmte Listen oder Kandidaten auszuschließen. Als ich 2019 erstmals kandidierte, entschied der Wahlausschuss, dass ich nicht teilnehmen dürfe, weil ich die Definition des Staates als jüdisch ablehnte und angeblich Terror unterstützte – eine blanke Lüge. Der Oberste Gerichtshof hob diese Entscheidung damals auf. Doch jetzt soll die Regelung verschärft werden. Das Ziel ist klar: Sie wollen Chadasch, eine jüdisch-arabische Partei, und auch die anderen arabischen Parteien verbieten. Das ist der nächste Schritt. Wir befinden uns tief im faschistischen Abgrund.

Kürzlich bezeichneten Sie Netanjahu gegenüber The New Arab als »Psychopathen, Faschisten und Diktator«. Wohin steuert diese Regierung, und was ist ihre Vision für den israelischen Staat?

Alles, was ich gesagt habe, ist korrekt. Die Regierung und insbesondere Netanjahu selbst kümmern sich nicht um andere. Sie zeigen weder Mitgefühl noch Reue – es ist ihnen schlicht egal. Das gilt für das Leben der Palästinenser, die zu Tausenden abgeschlachtet werden, doch auch für das Leben der Israelis. Sie schicken Soldaten ohne Grund als Kanonenfutter nach Gaza und in den Libanon, nur um als Regierung zu überleben und ihren kriminellen Plan zur Annexion der besetzten palästinensischen Gebiete fortzusetzen. Die Geiseln lassen sie seit mehr als 400 Tagen im Stich.

Diese Regierung verhält sich wie ein Psychopath, weil sie aus messianischen Fanatikern, Faschisten und Rassisten besteht. Diese Faschisten haben mich als antiisraelisch und sogar als »Autoantisemiten« bezeichnet, was natürlich völliger Blödsinn ist. Solche Begriffe werden von Diktatoren benutzt, um Widerstand oder Opposition zu delegitimieren. Sie schreiben ihren Feinden solche Attribute zu, was mich in dem Sinne fast schon etwas stolz macht. Ich bin jedoch nicht antiisraelisch, geschweige denn antisemitisch. Im Gegenteil, denn gemeinsam mit meinen Kameradinnen und Kameraden dient unser Kampf den tatsächlichen Interessen der israelischen Gesellschaft. Es geht um Gerechtigkeit, und die ist universell. Netanjahus Regierung handelt nicht im Interesse des israelischen Volkes. Sie ist der Feind Nummer eins der Israelis und führt die Gesellschaft in die totale Zerstörung. Dies zu sagen bedeutet, proisraelisch zu sein, nicht antiisraelisch.


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NEUE ANTWORT25.11.2024, 22:04 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung >>>

Ein UN-Sonderbericht kam kürzlich zu dem Schluss, dass die israelischen Praktiken im Gazastreifen »Merkmale eines Völkermords« aufweisen. Wie sehen Sie das?

Ich habe in der Vergangenheit mehrfach gesagt, dass die israelische Regierung für einen Völkermord verantwortlich ist – das ist einer der Hauptgründe für meine Suspendierung. Diese Regierung und ein großer Teil der Opposition sind illegitim. Lügen sind die Grundlage für die derzeitige Situation in der israelischen Politik und Gesellschaft. Wer lügt und die Gräueltaten der israelischen Regierung ignoriert, kann offen und frei seine Meinung äußern. Wer aber die Wahrheit aufdecken will, um ein Ende dieser Gräuel und Missstände herbeizuführen, wird suspendiert und verfolgt.

Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, dass im Gazastreifen ein Genozid stattfindet. Ich sage dies nicht, um die israelische Regierung zu diskreditieren, sondern weil es entscheidend ist, die Situation klar zu benennen – wie ein Arzt, der nur mit einer korrekten Diagnose die richtige Behandlung finden kann. Und die Diagnose ist eindeutig: Es handelt sich um Völkermord. Vor einigen Monaten haben 45 Ärzte und Pflegekräfte aus den USA, die in Gaza tätig waren, einen Brief an Präsident Biden geschickt. Darin schrieben sie über die vielen Leichen von Kindern, die von Scharfschützen durch Kopfschüsse oder Schüsse in die Brust getötet worden waren. Menschen werden in Zelten und Notunterkünften angegriffen, humanitäre Hilfe blockiert. Auch wenn sie uns wieder und wieder sanktionieren und verfolgen – dazu dürfen wir nicht schweigen.

Wie reagieren die israelische Politik und die politische Klasse des Landes auf Vorwürfe des Völkermordes, wie sie beispielsweise von der UNO oder NGOs wie Amnesty International erhoben werden?

Es gibt in Israel Hunderttausende Menschen, die sich gegen die anhaltenden Greueltaten und den Genozid aussprechen, die Freilassung der Geiseln fordern und sich gegen die Regierung und deren Politik stellen. Doch wenn man den hegemonialen öffentlichen Diskurs betrachtet, zeigt sich eine Kombination aus Selbstmitleid und Einschüchterung. Einerseits prägt das Gejammer den Diskurs: »Wir sind Opfer, wir waren immer Opfer, wir sind die Leidtragenden, die Verfolgten.« Natürlich stimmt es, dass am 7. Oktober 2023 ein schreckliches Massaker durch die Hamas stattfand – ein krimineller und verabscheuungswürdiger Akt, den wir klar verurteilen. Aber nach über einem Jahr, nach mehr als 50.000 Toten, von denen die überwiegende Mehrheit Zivilisten sind, nach der totalen Zerstörung von Krankenhäusern, Schulen und Unterkünften, nach einer Hungerkatastrophe und der unfassbaren Zahl toter Kinder und Frauen, kann man sich nicht weiterhin als Opfer darstellen. Andererseits gibt es viele, die stolz auf diese Zerstörung und die Totenzahlen sind. Einige Soldaten veröffentlichen Fotos und Videos ihrer Kriegsverbrechen auf Plattformen wie Tiktok. Diese krankhafte Kombination aus Einschüchterung, Töten und Selbstviktimisierung muss aufhören. Und viele Regierungen unterstützen dieses Massaker sogar indirekt, wobei allen klar sein muss: Wer die israelische Regierung unterstützt, unterstützt nicht die Israelis – ganz im Gegenteil: Die israelische Regierung ist der größte Feind der Israelis.

Die einzige Institution, die der Bevölkerung in Gaza umfassend Hilfe leisten könnte, ist die UNRWA. Doch die Knesset hat wiederholt versucht, diese UN-Organisation als terroristisch einzustufen. Kürzlich wurden zwei Gesetze verabschiedet, die die künftige Arbeit der UNRWA de facto unmöglich machen. Was wird das für die Menschen in Gaza bedeuten?

Das wäre eine absolute Katastrophe! Neben den fortgesetzten Greueltaten und Massakern in Gaza sowie der tödlichen ethnischen Säuberung im Westjordanland würde das Ende der UNRWA die Situation der Palästinenser noch weiter verschärfen. Doch erneut schweigt die Welt, schaut tatenlos zu und unternimmt nichts.

Was würden Sie der deutschen Regierung, Annalena Baerbock und Olaf Scholz, angesichts ihrer Verantwortung und Verstrickung in all diese Verbrechen gern sagen?

Wenn Sie den Israelis und der israelischen Gesellschaft wirklich helfen wollen, müssen Sie alles tun, um gegen die israelische Regierung vorzugehen. Diese Regierung ist der Feind der israelischen Bevölkerung, nicht »nur« der Palästinenser. Sie hat Israel in eine faschistische Diktatur verwandelt, und das liegt gewiss nicht im Interesse der Israelis. Wenn Sie diese Regierung unterstützen, unterstützen Sie ein faschistisches Regime – und damit schaden Sie dem israelischen Volk, anstatt ihm zu helfen.


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NEUER BEITRAG21.04.2025, 11:29 Uhr
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arktika

Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Mittlerweile scheint 's in Israel nicht nur den PalästinenserInnen (und den Israelis, die gegen die Apartheid - inkl. Völkermord - sind) an den Kragen zu gehen, sondern allem, was nicht explizit "jüdisch" ist, wie auch immer dieses "jüdisch" definiert wird. Schluß mit dem Zusammen- bzw. Nebeneinanderleben verschiedener Religionen, was bisher zumindest noch einigermaßen ging ... - jetzt trifft 's auch christlich religiöse Menschen:

Der 35. »Brief aus Jerusalem« von Helga Baumgarten, emeritierte Professorin für Politik der Universität Birzeit:

Ostern inmitten des Krieges

Brief aus Jerusalem Zeit, in der Juden, Muslime und Christen in Frieden feierten, sind vorbei


In diesem Jahr feiern alle zusammen in Jerusalem: eine Art religiöses Schaltjahr, lokal wird es »Sine Kabiseh« genannt. Die Muslime feierten Eid Al-Fitr am Ende des Fastenmonats Ramadan. Direkt danach begannen die Juden mit dem Pessach-Fest. Für die Christen ist am Sonnabend das eigentliche Osterfest: Sabt Al-Nur, der Sonnabend des Lichtes. Viele Jerusalemer erinnern sich an die guten, alten Zeiten, als einheimische Muslime, Christen und Juden miteinander und nebeneinander in friedlicher Eintracht und in gegenseitigem Respekt gefeiert haben.

Seit der Gründung Israels 1948, für die Palästinenser das Jahr der Nakba, sind Jerusalem und das ganze Land geteilt. 1967 hat Israel eine neue, schlimmere Teilung geschaffen: zwischen den Herren des Landes und den Kolonisierten, den Palästinensern, Muslimen wie Christen. »Oslo« hat nicht den erwarteten Frieden, sondern eine immer stärkere Einzementierung des Siedlerkolonialismus gebracht. Der Gazastreifen wie das Westjordanland wurden durch immer schwieriger zu überwindende Armeesperren, Zäune und Mauern abgetrennt. Seit Oktober 2023 schließlich, unter der ultrarechten Regierung Netanjahu, ist für Palästinenser alles abgeriegelt, unzugänglich und verboten.

Am Ostersamstag darf kaum noch einer in die »Auferstehungskirche«: Für die Christen in Palästina, für alle orthodoxen Christen – anders als für westliche Christen mit ihrem Schwerpunkt auf Grab und Tod – geht es zuerst und vor allem um die Auferstehung, um das Leben. Für die Menschen in der Region, vor allem für die Palästinenser geht es um das Leben, um die Liebe zum Leben, um das Festhalten am Recht auf Leben. Der Dichter Mahmud Darwisch hat es so formuliert: »Wir aber lieben das Leben.« Und die Menschen bestehen auf ihrer Einheit. Auch in diesem Jahr dürfen die Christen aus Gaza nicht nach Jerusalem kommen. Das gilt ebenso für die Christen aus der besetzten Westbank, also aus Bethlehem im Süden und Ramallah im Norden und nicht zuletzt aus der Unistadt Birzeit. Nur ganz wenige werden so privilegiert sein und eine Einreisegenehmigung nach Jerusalem erhalten.

Was genau ist Sabt Al-Nur? An diesem Tag versammeln sich die Gläubigen aller christlicher Konfessionen, die Mehrzahl griechisch-orthodox, aber auch Kopten, armenische Christen und Katholiken in der Auferstehungskirche. Alle warten mit Kerzen auf das Licht. Dann geht der griechisch-orthodoxe Patriarch in das Grab und dort geschieht »das Wunder«, das sich jährlich wiederholt: Die beiden Kerzen, die er trägt, entzünden sich an dem blauen Licht, das vom Stein, auf dem der Leichnam von Jesus gelegen haben soll, aufsteigt, und er bringt es nach außen. Anschließend ruft er in die Menge: »Al Masih Qam!« Christus ist auferstanden! Und die Menge antwortet wie aus einem Mund: »Haqqan Qam!« Er ist wahrhaft auferstanden!

Ein einzigartiges Schauspiel. Die Auferstehung wird so jährlich neu inszeniert und mit überschwänglicher Freude gefeiert: wohl seit dem vierten Jahrhundert. Das Licht wird von einem zum anderen gereicht, bis die gesamte Kirche mit Hunderten von Kerzen erstrahlt. Danach wird es nach außen getragen: in die anderen Kirchen der Altstadt sowie überall in der Westbank (und bis 2023 auch im Gazastreifen). Mit dem Flugzeug wird das »heilige Licht« sogar nach Ägypten, Jordanien, Syrien, in den Libanon, nach Zypern, Griechenland, Bulgarien, Rumänien, in die Ukraine und bis nach Russland gebracht.

Auch in diesem Jahr errichtet die israelische Grenzpolizei in Jerusalem Sperren, wo immer sie kann, um den Zugang selbst für die Christen in der Stadt so beschwerlich wie möglich zu machen. Parallel dazu stürmen extremistische jüdische Siedler, aufgestachelt vom rassistischen »Sicherheitsminister« Itamar Ben Gvir, den Haram Al-Scharif, den Heiligen Bezirk, um dort mit ihren Gebeten zu provozieren. Damit brechen sie den Status quo, der seit 1967 von allen israelischen Regierungen aufrechterhalten wurde: Der Haram ist für Juden nicht zugänglich. Sie haben die Klagemauer für sich. Doch Ben Gvir ist dabei, das zu ändern.


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NEUE ANTWORT21.04.2025, 13:34 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Ein bißchen religiösen Nachhilfeunterricht braucht Helga Baumgarten aber doch: "Für die Christen in Palästina, für alle orthodoxen Christen – anders als für westliche Christen mit ihrem Schwerpunkt auf Grab und Tod – geht es zuerst und vor allem um die Auferstehung, um das Leben." Die Verschiebung des höchsten Festes von Ostern auf Karfreitag ist keine "westliche", sondern eine explizit protestantische Angelegenheit, deren theologische Begründung ich Euch hier erspare, liebe Schwestern und Brüder. Vielleicht ist Helga Baumgarten deshalb nicht aufgefallen, weil sie aus dem protestantischen Stuttgart stammt. Daß aber bei Sabt Al-Nur auch "westliche" Katholiken teilnehmen, hätte ihr zu denken geben können.

Ändert aber an der Gesamtlage nichts: Die herrschaftliche Spaltung der Gesellschaft in Palästina läuft nicht an Linien zwischen Religionen, sondern zwischen - ethnisch-national aufgefaßten - 'Juden' und 'Nicht-Juden'. Das ist zionistische Tradition seit Herzls Zeiten.
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NEUER BEITRAG21.05.2025, 22:03 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung RedGlobe heute:

Demonstrationen in Jaffa und Haifa für die Anerkennung des Staates Palästina

Übernommen von der Kommunistischen Partei Israels:

Die Hadash-Zweigstellen in Tel Aviv und Jaffa laden die Öffentlichkeit ein, an der Mahnwache zur weltweiten Anerkennung des Staates Palästina teilzunehmen, die am kommenden Freitag, den 23. Mai, um 14:00 Uhr in der Toulouse Street 1 in Jaffa vor der Residenz des französischen Botschafters in Israel stattfinden wird. „Wir werden den französischen Präsidenten Macron auffordern, sein Wort zu halten und den Staat Palästina sofort anzuerkennen, als Teil einer globalen Anstrengung, den brutalen und mörderischen Krieg zu beenden, ein Abkommen über die Freilassung aller Geiseln und Gefangenen auszuhandeln und einen Prozess für einen umfassenden und nachhaltigen Frieden in der gesamten Region einzuleiten.“

Der französische Außenminister Jean-Noël Barrot sagte am Dienstag, den 20. Mai auf France Inter, dass Frankreich eine Überprüfung des Assoziierungsabkommens der Europäischen Union als Teil der weiteren Maßnahmen unterstützt, die von Großbritannien, Frankreich und Kanada wegen Israels verbrecherischem Krieg in Gaza erwogen werden.

Am Montag gaben der britische Premierminister Keir Starmer, der französische Präsident Emmanuel Macron und der kanadische Premierminister Mark Carney eine gemeinsame Erklärung ab, in der sie Israels Umgang mit der humanitären Situation im Gazastreifen verurteilten und dazu aufriefen, die Militäraktionen in der Enklave sofort einzustellen und mehr Hilfslieferungen zuzulassen, und drohten mit „weiteren konkreten Maßnahmen“, sollte sich die rechtsextreme Regierung weigern. Sie betonten, dass „permanente Zwangsvertreibung eine Verletzung des humanitären Völkerrechts ist“

Das Vereinigte Königreich, Frankreich und Kanada lehnten am Montag die Aussicht auf eine „permanente Zwangsumsiedlung“ der Zivilbevölkerung des Gazastreifens ab und rügten Mitglieder der israelischen Regierung für ihre „abscheuliche Sprache, mit der sie drohen, dass die Zivilbevölkerung in ihrer Verzweiflung über die Zerstörung des Gazastreifens mit der Umsiedlung beginnen wird“ Die Erklärung wurde auch von den Außenministern Australiens, Kanadas, Dänemarks, Estlands, Finnlands, Islands, Irlands, Italiens, Japans, Lettlands, Litauens, Luxemburgs, der Niederlande, Neuseelands, Norwegens, Portugals, Sloweniens, Spaniens und Schwedens unterzeichnet.“

Außerdem wird am Freitag, 31. Mai, ein weiterer gemeinsamer jüdisch-arabischer Protest in Haifa unter dem Slogan: „Genug des Krieges – Ja zum Frieden! Palästinensischer Staat jetzt!“ stattfinden.

In dem Hadash-Kommuniqué heißt es: „Im Jahr 2025, nach 77 Jahren Nakba und 58 Jahren Besatzung, sehen wir alle, auf welch extremes Niveau von Faschismus, Kriegsverbrechen und ethnischer Säuberung die israelische Gesellschaft durch die Verweigerung der palästinensischen Freiheit und Unabhängigkeit herabgesunken ist. Wir werden gemeinsam marschieren und die ganze Welt auffordern, das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung anzuerkennen, einen echten Friedensprozess zu fordern, der sowohl den Palästinensern als auch den Israelis eine Zukunft garantiert, und klar zu sagen: „Stoppt den Krieg in Gaza und Israel! Stoppt sofort den Krieg in Gaza und im besetzten Westjordanland! Sagen Sie Ja zu einem Abkommen, das alle nach Hause bringt – Palästinenser und Israelis gleichermaßen – und stoppen Sie die steigende Flut des Faschismus in Israel.“

Quelle: Kommunistische Partei Israels


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NEUER BEITRAG04.06.2025, 02:56 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung Nicht, weil es eine antifaschistisch-demokratische Stoßrichtung explizieren würde, sondern weil es auf erhellende Weise sehr viel von dem berührt, was am Anfang des Threads kontrovers war, insbesondere die Frage der #Apartheid - das Interview mit Ilan Pappe im Jacobin vom 28. Mai:

»Palästinenser in Israel sind die einzigen, die eine Brücke schlagen können«

Der Historiker Ilan Pappe widmet sich in seinem neuen Buch den »vergessenen« Palästinensern in Israel. Wie sich die staatliche Politik ihnen gegenüber seit 1948 verändert hat und warum sie eine Schlüsselrolle für eine gerechtere Zukunft spielen, erklärt er im Gespräch.


Interview mit Ilan Pappe geführt von Magdalena Berger

Palästinenser in Israel haben eine komplexe Beziehung zu dem Staat, in dem sie leben. Seit mehr als sechzig Jahren sind sie zwar Staatsbürger des Landes – aber keine vollwertigen Bürgerinnen und Bürger, wie der israelische Historiker Ilan Pappe in seinem Buch Die vergessenen Palästinenser nachzeichnet. Sie navigieren eine prekäre Position zwischen jüdischen Israelis und Palästinensern in den besetzten Gebieten. Ihre Erfahrungen stehen jedoch selten im Mittelpunkt.

Im Interview mit Jacobin spricht Pappe über diese besondere Rolle. Er diskutiert palästinensische Geschichte und Diskriminierung innerhalb des israelischen Staatsgebiets, was sich seit der Erstveröffentlichung des Buches 2011 verändert hat – und warum gerade Palästinenser in Israel eine zentrale Rolle bei Friedensbestrebungen einnehmen könnten.


Zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer existieren im Prinzip drei unterschiedliche Gruppen von Palästinenserinnen und Palästinensern: Jene, die im Westjordanland und Gaza unter Besatzung leben; jene in Ost-Jerusalem und jene, die Staatsbürger Israels sind. Kannst Du erklären, wo sich die Situation der palästinensischen Staatsbürger Israels am deutlichsten von den anderen abhebt? Und warum sie »vergessen« werden, wie es im Titel Deines Buches heißt?

Die Palästinenser innerhalb Israels sind jene Palästinenser, die nicht während der Nakba, der Katastrophe von 1948, vertrieben wurden. Sie haben eine ganz andere Geschichte als andere palästinensische Gruppen, denn sie waren von Anfang an Teil des jüdischen Staates. Die anderen Palästinenser waren entweder Flüchtlinge innerhalb oder außerhalb des historischen Palästinas; sie kamen 1967 unter ägyptische Herrschaft im Gazastreifen oder unter jordanische Herrschaft im Westjordanland. Genau in dieser Zeit – zwischen 1948 und 1967 – wurden die Palästinenser in Israel unter Militärherrschaft gestellt.

Kann man sich die Militärherrschaft von damals in etwa so vorstellen wie die Besatzung des Westjordanlands heute?

Ja, Militärherrschaft ist den meisten Leuten heute ein Begriff, wenn wir vom Westjordanland und dem Gazastreifen reden. Es ist dieselbe Herrschaft, die auf den gleichen britischen Kolonialvorschriften ruht. Sie lässt der Armee vollkommen freie Hand bei der Regelung des Lebens der besetzten Bevölkerung. Die Armee kann Leute ohne Verhandlung ins Gefängnis stecken, sie kann Häuser zerstören und Menschen – in einigen Fällen – auch einfach erschießen. Das war die Realität der Palästinenser in Israel bis 1966.

Während die Palästinenser in Gaza und dem Westjordanland erst 1967 unter israelische Herrschaft kamen, wurde die Situation für Palästinenser in Israel ab diesem Zeitpunkt besser – sie wurden Staatsbürger. Ich würde nicht sagen, dass sie vollwertige Bürger des Landes wurden, aber zumindest lebten sie nicht mehr unter Militärbesatzung.

Aber sie waren trotzdem etwas subtileren Formen von Segregation und Diskriminierung ausgesetzt. Der Großteil dieser Diskriminierung war aber noch nicht gesetzlich verankert. Vor den 2000er Jahren haben die meisten israelischen Politiker versucht – zumindest theoretisch – keine Gesetzesvorhaben zu forcieren, die Menschen diskriminierten, weil sie Araber und keine Juden waren.

In den letzten 25 Jahren hat sich das politische System Israels stark nach rechts verschoben. Ich schätze, dass das das Leben von Palästinensern innerhalb Israels stark verändert hat.

Genau. Im Jahr 2000 begannen israelische Politiker damit, Gesetze gegen Palästinenser in Israel zu erlassen. Praktiken, die vorher inoffiziell waren, wurden plötzlich gesetzlich verankert. Palästinenser hatten beispielsweise immer einen sehr beschränkten Zugang zu Land, sie konnten ihre Gebiete nicht vergrößern – und plötzlich wurde es illegal für sie, das zu machen. Es war ihnen auch nicht mehr erlaubt, über die Nakba zu sprechen.

Das ist alles im Nationalstaatsgesetz von 2018 kumuliert, wo offiziell festgelegt wurde, dass Palästinenser zwar individuelle Staatsbürger Israels sein können, aber sie dürfen nicht Teil einer nationalen Gemeinschaft sein. Das bezieht sich nicht nur auf das Gebiet von 1948 – zwischen dem Fluss und dem Meer, so sagt es das Gesetz, gibt es nur eine Nation und das ist die jüdische Nation.

Die Diskriminierung von Palästinensern innerhalb Israels ist nicht so dramatisch wie im Westjordanland, von Gaza ganz zu schweigen. Aber wenn man sie mit jüdischen Staatsbürgern vergleicht, sind sie Bürger zweiter, wenn nicht sogar dritter Klasse. Sie haben schon vor den gesetzlichen Änderungen der 2000er Jahre lebten sie in einem Apartheid-ähnlichen Zustand. Manche sagen auch, es sei schon damals ein vollständiger Apartheidstaat gewesen. Palästinenser wurden die ganze Zeit diskriminiert – nicht wegen dem, was sie taten, sondern weil sie Palästinenser sind.


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NEUE ANTWORT04.06.2025, 03:01 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung >>>

Du beschreibst in Deinem Buch auch, wie wenig genuine Interaktion es zwischen Palästinensern und Israelis gibt. An einer Stelle sprichst Du davon, dass es so wenige Ehen zwischen den beiden Gruppen gibt, dass man dieses Phänomen nicht einmal wissenschaftlich untersuchen kann.

Ja, wir machen darüber immer Witze. Ein Soziologe aus Haifa sagte einmal, es brauche keine Stichprobe, weil er alle davon persönlich kenne. Der Zionismus ist eine kolonialistische Bewegung, die Palästina in den letzten 120 Jahren kolonisiert hat. Aber er ist eine der wenigen kolonialen Bewegungen, wo die Sprache der Kolonisierten nie gelernt wurde und sich keine romantischen Beziehungen entwickelt haben.

Es gab sogar in Apartheid-Südafrika mehr Beziehungen zwischen Weißen und Afrikanern als in Palästina. Aber das ist die Natur des Zionismus, er ist eine jüdische Überlegenheits- und Exklusivitätsideologie. Darum ist der Druck auf mixed Paaren sehr groß. Die meisten von ihnen gehen irgendwann ins Ausland.

Aber wie gehen Israelis und Palästinenser im täglichen Leben miteinander um? Welche Form des Kontaktes gibt es hier?

Es gibt eine sehr starke Segregation, besonders im Bildungsbereich. Aber die Universitäten und die Geschäftswelt sind durchmischt. Auch der öffentliche Verkehr ist nicht segregiert. Ein Wissenschaftler argumentierte einmal: Das ist nicht diese Form von Apartheid, wo Toiletten, Bänke oder Busse getrennt werden. Die Segregation ist viel versteckter.

Darum gibt es natürlich Begegnungsorte, aber ich gebe Dir ein Beispiel, um meinen Punkt zu erklären: Israel hat im Norden des Landes mehrere Städte geschaffen. Die Idee war, dass diese ausschließlich jüdisch sein sollten, um ihre Zahl in Galiläa zu erhöhen – weil Israel befürchtete, dass es zu viele Araber in der Region gibt. Dieses Projekt nannte sich »Judaisierung Galiläas«.

In den palästinensischen Dörfern im Umkreis dieser Städte gab es aber kaum wirtschaftliche Möglichkeiten. Darum sind jene Palästinenser aus der Gegend, die etwas mehr finanzielle Mittel hatten, bereit gewesen, die doppelte oder dreifache Miete zu zahlen, um in die neu geschaffenen Städte zu ziehen. Diese vermeintlich jüdischen Städte sind heute also viel durchmischter als früher – manchmal ist das Leben einfach stärker als staatliche Ideologie. Es gibt also ständig Interaktionen zwischen den beiden Gruppen. Besonders in Haifa, wo ich aufgewachsen bin.

Das Problem ist aber, dass das politische System, Kultur und Bildung – sie alle versuchen diese Interaktion und genuine Koexistenz zu zerstören. Es gibt eine große Anstrengung von oben, die sicherstellt, dass sich kein Zusammenleben entwickeln kann. Würde man es den Leuten selbst überlassen, glaube ich schon, dass sich das entwickeln würde. Aber wenn es sich entwickelt, würde das die Idee des exklusiv jüdischen Staats zerstören. Und das wollen die Mitglieder der israelischen politischen Elite natürlich nicht.

Im Westen ist ein Argument gegen Apartheid auf israelischem Staatsgebiet oft, dass einige Palästinenserinnen und Palästinenser große Erfolge erzielt haben. Man findet sie als Ärzte, Staatsbeamte und sogar als Profisportler. Einige wurden in die Knesset gewählt oder zu Richtern am Obersten Gerichtshof ernannt. Stellt dieses Hervorheben von Einzelerfolgen das größere Gesamtbild infrage, wenn es um die Vorwürfe der Apartheid geht?

Das ist, als würde man sagen, dass die Situation von Frauen in Indien vollkommen in Ordnung ist, nur weil Indien einmal eine Premierministerin hatte. Solche symbolischen Erfolge sind natürlich wichtig, aber sie spiegeln die tatsächliche Realität vor Ort nicht wider.

Die meisten Menschen, die in Israel unter der Armutsgrenze leben, sind Palästinenser. Sie werden konstant diskriminiert – durch die Polizei, die Justiz, überall. Wenn sie ihre palästinensische Identität individuell oder kollektiv ausdrücken, laufen sie Gefahr, in ihrer eigenen Heimat inhaftiert zu werden.

Nehmen wir zum Beispiel das Gesundheitssystem: Viele israelische Ärzte sind ausgewandert, und ein Teil dieser Stellen wurde von Palästinensern aus Israel übernommen. Normalerweise ist es sehr schwierig, in israelische Gesundheitseinrichtungen zu gelangen, da es dort Quoten gibt. Zu der Zeit, als die Kommunistische Partei in Israel relativ stark war, konnten Palästinenser ihr Medizinstudium im Ostblock absolvieren. Heute tun sie das in Italien und Rumänien. Es ist dasselbe wie in den gemischten Städten: Manchmal ist die Realität stärker als die Ideologie. Aber sobald ein palästinensischer Arzt heute Mitgefühl mit den Kindern in Gaza zeigt – sei es durch einen menschlichen Beitrag auf Facebook oder einer anderen Plattform –, droht ihm die Suspendierung.


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NEUE ANTWORT04.06.2025, 03:05 Uhr
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Du hast die Kommunistische Partei schon kurz erwähnt. Warum war sie früher so mächtig und populär in Israel, besonders unter den vielen Palästinensern, die die Partei unterstützten?

Als Israel gegründet wurde – zumindest bis 1967/1968 –, war das Land darum bemüht, gute Beziehungen sowohl zur Sowjetunion als auch zu den Vereinigten Staaten zu pflegen. Man hoffte außerdem, dass Juden aus der Sowjetunion irgendwann nach Israel auswandern würden. Aus diesem Grund wurde der Kommunistischen Partei erlaubt, zu existieren und zu arbeiten – während beispielsweise jeder Versuch von Palästinensern innerhalb Israels, eine rein nationale Partei zu gründen, unterbunden wurde.

Einige Palästinenser fühlten sich vielleicht tatsächlich von sozialistischer oder marxistischer Ideologie angezogen, aber für viele war die Kommunistische Partei schlicht die einzige politische Option, die ihnen erlaubte, Palästinenser zu sein. Es war auch die einzige Partei, in der Araber und Juden gleichberechtigt behandelt wurden.

Es gab zwar Palästinenser in anderen Parteien, aber sie waren selten mehr als symbolische Vertreter – auf jeden Fall keine gleichgestellten Mitglieder. In der Kommunistischen Partei hingegen arbeiteten Palästinenser und Juden Seite an Seite, auf Augenhöhe, mit gegenseitigem Respekt und Gleichbehandlung. Wahrscheinlich bot die Partei das beste Modell dafür, wie ein gemeinsames Leben hätte aussehen können.

Wie so viele andere linke Bewegungen spielt sie heute kaum noch eine Rolle. Warum ist das so?

Als Israel seine Beziehung zur Sowjetunion aufgab – vor allem, als deutlich wurde, dass die Sowjetunion sich auf die Seite der palästinensischen Befreiungsbewegung stellte – wurde Israels Haltung gegenüber der Kommunistischen Partei zunehmend ablehnend.

Und wie überall in der arabischen Welt hat auch die Linke schlicht nicht geliefert. Sie hat weder die Befreiung Palästinas erreicht, noch soziale Gerechtigkeit, Demokratie oder Rechte gebracht. Deshalb wandten sich viele Menschen anderen ideologischen Richtungen zu.

In Israel fühlten sich viele Palästinenser zunehmend von einer klareren nationalen Identität angezogen – einer, die nicht durch kommunistische Ideologie überdeckt werden musste – sowie von Strömungen des politischen Islams.

Wenn man sich die unterschiedlichen politischen Fraktionen der Palästinenser ansieht, wird sehr schnell deutlich, dass die meisten militanten Gruppen im Exil entstanden. Ihre Basis war vor allem in den Flüchtlingslagern im Libanon, Syrien oder Jordanien stark. Gab es auch unter den Palästinensern in Israel militante Organisationen?

Nein, das gab es nicht – aus zwei Gründen: Erstens beschloss die PLO in den 1970er-Jahren, dass jede palästinensische Gruppe entsprechend den Umständen, in denen sie sich befindet, für die Befreiung Palästinas kämpfen sollte. Es gab keinen Druck auf die Palästinenser in Israel, sich dem Guerillakampf anzuschließen, wie ihn andere palästinensische Gruppen in den besetzten Gebieten oder aus den Flüchtlingslagern führten.

Zweitens traf die palästinensische politische und intellektuelle Führung in Israel die strategische Entscheidung, keinen Guerillakampf einzusetzen, um ihre Rechte zu sichern und zur palästinensischen Sache beizutragen.

Das war eine sehr bewusste Entscheidung. Und es bestand natürlich immer die Angst vor einer möglichen israelischen Reaktion. Wie wir heute in Gaza sehen können, wäre eine solche Reaktion mit hoher Wahrscheinlichkeit völkermörderisch gewesen.


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NEUE ANTWORT04.06.2025, 03:10 Uhr
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Israel: antifa.-dem. Stoßrichtung >>>

Dein Buch wurde auf Englisch erstmals im Jahr 2011 veröffentlicht. Seither hat sich viel verändert. Du hast das Nationalstaatsgesetz erwähnt und natürlich können wir heute nicht über Israel und Palästina sprechen, ohne dass der Krieg in Gaza über allem schwebt. Wie hat sich die Zeit nach dem 7. Oktober auf das tägliche Leben der Palästinenser innerhalb Israels ausgewirkt?

Wie ich bereits gesagt habe: Schon seit dem Jahr 2000, und besonders seit der Wahl der rechtsgerichteten Regierung im November 2022, wurde die Politik der israelischen Regierung und des Parlaments gegenüber Palästinensern sehr hart – sowohl durch Gesetze als auch durch die Praxis vor Ort. Und das war alles noch vor dem 7. Oktober.

Ein weiterer Punkt, der nichts mit dem 7. Oktober zu tun hat, ist die Art und Weise, wie Israel kriminellen Banden erlaubt, in palästinensischen Dörfern und Gebieten weitgehend ungehindert zu operieren. Das sind Banden junger Männer, die schwer bewaffnet sind – und niemand versucht, sie zu entwaffnen. Weder die Polizei noch der Geheimdienst oder das Militär. Sie dürfen sich völlig frei bewegen.

Zwar bekämpfen sie sich in erster Linie gegenseitig im Kampf um Territorium und Einfluss, aber wie immer trifft es auch viele Unschuldige. Fast täglich kommt es zu Morden – darunter auch an Kindern. Es ist offensichtlich, dass einige dieser Bandenmitglieder früher mit dem israelischen Geheimdienst zusammengearbeitet haben, vor allem vor dem Oslo-Abkommen, und aus den besetzten Gebieten rekrutiert wurden. Die israelische Regierung glaubt von diesem, wie sie es nennen, »Araber töten Araber« zu profitieren. Deshalb kümmert sie sich nicht darum, wenn Menschen in palästinensischen Dörfern terrorisiert werden.

Der 7. Oktober wurde als Vorwand genutzt, um selbst die wenigen verbliebenen Freiheiten des Ausdrucks und Protests, die Palästinenser in Israel noch hatten, zu beseitigen. Israel tut so, als wäre das, was die Hamas getan hat, von den Palästinensern in Israel ausgeführt worden. Deshalb ist es ihnen nicht einmal erlaubt, Mitgefühl mit den getöteten palästinensischen Babys in Gaza zu zeigen – das wird als Unterstützung von Terrorismus gewertet. Menschen werden dafür verhaftet, ohne Gerichtsverfahren.

Viele haben Angst, sich zu äußern – sie fürchten, ihren Arbeitsplatz zu verlieren oder verhaftet zu werden. Einer der Anführer der palästinensischen Gemeinschaft in Israel sagte kürzlich, dass die Situation heute sogar schlimmer sei als während der Militärherrschaft zwischen 1948 und 1966. Es ist aktuell wirklich ein schwieriger und gefährlicher Moment für Palästinenser in Israel.

Mit Bezug auf das Kafr-Qasim-Massaker von 1956, bei dem israelische Grenzpolizisten 48 palästinensische Staatsbürger Israels töteten, weil diese unwissentlich eine Ausgangssperre verletzt hatten, schreibst Du, dass es in Israel immer »irgendeiner Katastrophe« bedarf, damit sich etwas ändert. Die Lage in Gaza ist vielleicht die größte vorstellbare Katastrophe. Wie wird diese Situation die Zukunft Israels und insbesondere die der Palästinenser in Israel verändern?

Wir hatten gehofft, dass nach dem anfänglichen Schock und Trauma diejenigen, die sich in Israel noch als Liberale sehen, erkennen würden, dass der einzige Weg, Israel zu verändern, über die Bildung einer starken Allianz zwischen palästinensischen und progressiven jüdischen Staatsbürgern führt. Aber das passiert nicht.

Was der 7. Oktober bewirkt hat, ist, dass diejenigen, die sich als liberale Zionisten betrachteten, zu radikaleren rechten Zionisten wurden. Liberale zionistische politische Kräfte gibt es praktisch nicht mehr. Das bedeutet, dass die palästinensische Gemeinschaft in Israel weiter isoliert wird. Das ist die kurzfristige Perspektive. Langfristig denke ich, dass der 7. Oktober ein Weckruf war: Die Art und Weise, wie der jüdische Staat entwickelt wurde – als rassistischer Staat, der auf Unterdrückung, Besatzung und ethnischer Säuberung basiert – funktioniert nicht.

Ja, Israel ist weiterhin mächtig, hat starke Verbündete, und die Palästinenser sind schwach und können sich nicht selbst befreien oder ihre Unterdrückung beenden. Aber sie werden ihren Kampf fortsetzen. Und die Welt beginnt zu verstehen, dass sie die Opfer sind – und nicht Israel. Diese Prozesse werden weitergehen.

Wir sehen bereits jetzt, dass diejenigen Israelis, die ein normales, demokratisches, liberales Leben führen wollen, es in Israel nicht finden – sie gehen nach Deutschland oder anderswohin. Und diejenigen, die zurückbleiben, scheinen nicht fähig zu sein, einen Staat zu führen.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Vereinigten Staaten immer da sein werden, um Israels Ausgaben zu finanzieren. Wir sehen auch, dass die internationale Gemeinschaft – zumindest die Zivilgesellschaft – genug davon hat. Ja, das hat sich bisher noch nicht auf die Politik ausgewirkt, aber auch das wird noch passieren.

Ich denke, dass ironischerweise gerade die Palästinenser in Israel die einzigen sind, die eine Brücke schlagen können – von der unerträglichen Realität von Apartheid, Völkermord und ethnischer Säuberung hin zu einem echten Zusammenleben, wie es vor der Ankunft des Zionismus in Palästina existierte.

Du schreibst in Deinem Buch, sie sind die einzigen, die Israelis nicht nur als Siedler oder Soldaten kennen.

Ja, genau. Und eines Tages, wenn es Versöhnung gibt und eine andere Realität zwischen dem Fluss und dem Meer, dann sind es gerade diese Palästinenser, die eine Win-Win-Situation für beide Seiten schaffen können. Denn wenn nicht, folgt statt Wiedergutmachung Rache – und das ist ein schrecklicher Gedanke.

Deshalb ist die palästinensische Gemeinschaft in Israel so wichtig. Und anstatt zu verstehen, dass ihre Zukunft in hohem Maße in den Händen genau dieser Gruppe von Palästinensern liegt, versuchen die Israelis, sie zu zerstören.


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In einem anderen Thread hatte ich mal (12. Februar) geschrieben: "Ein zufällig [...] gefundener Kommentar illustriert sehr schön, wie nervös die Ratten bereits sind". Der Kommentar stellte damals folgendes ...mehr FPeregrin 17.02.2025
FPeregrin 01.02.2025
FPeregrin 26.01.2025
NEU Syrien: Aktuelle politische Situation + ihre Hintergründe
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Zur Situation in Syrien und dem historischen und internationalen Kontext der Entwicklung findet sich ein interessanter Text von Dima Alnajar, einer syrischen Kommunistin, auf der Schwerpunktseite der jW von heute: ...mehr FPeregrin NEU 09.06.2025
FPeregrin NEU 02.06.2025
arktika NEU 26.05.2025
NEU USA: Vor Faschismus und Bürgerkrieg?
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So, jetzt mache ich mal diesen Thread hier auf, den ich mir seit Monaten verkneife. Aber es scheint mir genau so zu sein, daß die USA unmittelbar auf der Klippe zu einer faschistischen Diktatur und/oder eines Bürg...mehr FPeregrin NEU 10.06.2025
FPeregrin NEU 08.06.2025
FPeregrin 05.04.2025
The Flood Will Sweep the Whole Region!
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Partei des Volkswillens leitartikel The Flood Will Sweep the Whole Region! The heroic battle of the “Jerusalem Flood”, launched by the Palestinian resistance against the “Israeli” occupation, has continue...mehr arktika 13.02.2025
arktika 13.02.2025
FPeregrin 19.01.2025
Über Die Ukraine hinaus
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Hier ist der Leitartikel von der Partei des Volkswillens-Syrian (Kommunistisch) eine Analyse zur Situation über Ukraine.. In Deutschland wird m.E von linken viel diskutiert, ob Russland ist oder wird in der Zukun...mehr FPeregrin 19.11.2024
arktika 03.11.2024
arktika 03.11.2024