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•NEUER BEITRAG02.06.2025, 22:54 Uhr
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Russische Nukleardoktrin vom November 2024
Im November 2024 verschärfte Russland seine Nukleardoktrin [https://www.armscontrol.org/act/2024-12/news/russia-revises-
-nuclear-use-doctrine] mit einer entscheidenden Neuerung: Ein nuklearer Gegenschlag wird nun auch bei "massiven konventionellen Angriffen" als Option festgeschrieben. Diese scheinbar technische Anpassung gewinnt angesichts der Operation "Spinnennetz" dramatische Relevanz, da sie erstmals konkrete Kriterien für den Übergang zur nuklearen Eskalation definiert.
Die ursprüngliche russische Nukleardoktrin sah den Einsatz von Atomwaffen nur bei existenzieller Bedrohung des Staates oder bei einem nuklearen Erstschlag vor. Die Novellierung erweitert diese Schwelle erheblich: Auch konventionelle Angriffe können nun nuklearen Vergeltungsschlag rechtfertigen, sofern sie als "massiv" eingestuft werden. Entscheidend ist dabei nicht nur die Anzahl oder Sprengkraft der Waffen, sondern die strategische Bedeutung der getroffenen Ziele.
Der Angriff auf die strategische Bomberflotte erfüllt möglicherweise diese neuen Kriterien. Auch wenn nur konventionelle Drohnen eingesetzt wurden, trafen sie das Herzstück der nuklearen Triade. Aus russischer Sicht könnte dies als Angriff auf die "kritische staatliche oder militärische Infrastruktur" gewertet werden, die in der neuen Doktrin ausdrücklich erwähnt wird.
Die geografische Dimension verstärkt diese Einschätzung. Angriffe auf Ziele über 4.000 Kilometer von der Ukraine entfernt, bis hinein in die sibirische Tiefe, demonstrieren eine Bedrohungsreichweite, die weit über regionale Konflikte hinausgeht. Die neue Doktrin berücksichtigt explizit solche "weitreichenden Präzisionswaffen" als potenzielle Auslöser nuklearer Vergeltung.
Besonders relevant ist die Rolle "nicht-nuklearer Staaten". Die Doktrin stellt klar, dass Angriffe nicht-nuklearer Staaten, die von Nuklearmächten "unterstützt oder ermöglicht" werden, als Angriff der unterstützenden Nuklearmacht gewertet werden können. Falls Russland amerikanische Beteiligung an Operation "Spider Web" vermutet, könnte dies die Ukraine-USA-Konstellation unter diese Bestimmung fallen lassen.
Die zeitliche Komponente ist ebenfalls bedeutsam. Die Doktrin wurde nur wenige Monate vor dem Angriff verabschiedet - möglicherweise in Antizipation genau solcher asymmetrischer Bedrohungen. Die systematischen Angriffe auf Frühwarnradare und nun auf strategische Bomber könnten als kumulative "massive Angriffe" interpretiert werden, die gemeinsam die nukleare Schwelle überschreiten.
Die beiden Szenarien der Operation führen zu unterschiedlichen Bewertungen: Zehn zerstörte Bomber könnten noch unter der kritischen Schwelle bleiben - ein schmerzhafter, aber nicht existenzieller Verlust. Vierzig zerstörte Bomber würden jedoch ein Drittel bis die Hälfte der strategischen Bomberflotte auslöschen und damit eindeutig die Kriterien "massiver konventioneller Angriffe" erfüllen.
Strategiewechsel möglich – vom zurückhaltenden Krieg zur Eskalation
Russland führt den Ukraine-Krieg seit über drei Jahren mit bemerkenswerter Zurückhaltung. Moskau vermeidet großangelegte Offensiven, operiert methodisch und verfolgt erklärtermaßen das Ziel, sowohl eigene als auch gegnerische Zivil-Verluste zu minimieren. Diese kontrollierte Kriegsführung basierte auf einer fundamentalen Annahme: Zeit arbeitet für Russland. Der Ukraine-Konflikt stellte bisher keine existenzielle Bedrohung dar.
Operation "Spinnennetz" zerstört diese strategische Geduld. Aus russischer Sicht handelt es sich längst nicht mehr um einen ukrainischen, sondern um einen amerikanischen Proxy-Krieg gegen Russland. Der systematische Angriff auf die nukleare Triade – erst die Frühwarnradare, nun die Bomberflotte - kann in Moskau als koordinierte US-Kampagne zur Vorbereitung eines nuklearen Erstschlags interpretiert werden.
Das Problem: Wenn die russische Führung davon ausgeht, dass Washington systematisch ihre Zweitschlagfähigkeit unterminiert, schrumpft das Zeitfenster für wirksame Gegenmaßnahmen dramatisch. Je länger Russland wartet, desto verwundbarer wird seine nukleare Abschreckung durch weitere Drohnenangriffe.
Besonders verheerend ist die psychologische Wirkung: Wenn 4.000 Kilometer entfernte Luftwaffenstützpunkte erreichbar sind, ist praktisch jedes Ziel angreifbar - einschließlich Regierungsgebäude, Führungseinrichtungen und anderer kritischer Infrastruktur. Die Kombination aus systematischen Angriffen auf die nukleare Infrastruktur und gleichzeitiger amerikanischer Friedensrhetorik kann in Moskau die Befürchtung stärken, dass diplomatische Gespräche nur der Ablenkung dienen.
Im Szenario A, bei zehn zerstörten Bombern, wäre der materielle Schaden zwar begrenzt, doch die strategischen Implikationen bleiben verheerend. Die russische Führung kann den Angriff unmöglich als isolierten Vorfall bewerten – sie muss davon ausgehen, dass solche Angriffe zunehmen werden. Kostengünstige Drohnenangriffe sind skalierbar und wiederholbar. Selbst bei "nur" zehn Verlusten würde Russland daher wahrscheinlich eine beschleunigte Kriegsführung einleiten - nicht weil der aktuelle Schaden existenzbedrohend wäre, sondern aus Angst vor weiteren systematischen Angriffen auf die nukleare Infrastruktur.
Szenario B mit vierzig zerstörten Bombern würde diese Zeitnot-Dynamik dramatisch verstärken. Die nukleare Triade wäre dauerhaft geschwächt, und Russland stünde vor der Wahl: entweder die systematische Demontage der eigenen Abschreckung hinnehmen oder drastisch eskalieren, bevor weitere Schäden entstehen. Aus dieser existenziellen Bedrohung heraus könnte sich in Moskau die Überzeugung durchsetzen, dass nur eine sofortige maximale Antwort die Zerstörung der strategischen Position stoppen kann.
Der Charakter des Konflikts würde sich fundamental wandeln: Statt kontrollierter Zermürbung stünde die Notwendigkeit im Raum, schnell und entscheidend zu handeln. Dies könnte eine Generalmobilmachung, massive Offensiven oder sogar den Einsatz taktischer Nuklearwaffen zur Folge haben - nicht aus Stärke, sondern aus der Verzweiflung einer sich verschlechternden strategischen Lage.
Gleichzeitig kann sich der Konflikt von einem ukrainisch-russischen Krieg zu einer direkten US-russischen Konfrontation verschieben. Die mögliche und aus russischer Sicht wahrscheinliche westliche Beteiligung an Aufklärung und Planung kann Washington aus Moskauer Sicht zur kriegsführenden Partei machen und eröffnet die Option, amerikanische oder NATO-Ziele als legitime Vergeltungsziele zu betrachten.
Die "Operation Spinnennetz" könnte damit eine rote Linie überschritten haben. Die Spannbreite der Optionen liegt weit auseinander. Russland könnte an den Verhandlungstisch gezwungen werden. Der Schlag könnteauch den Wendepunkt darstellen, an dem Russlands kontrollierte Kriegsführung in einen totalen Krieg eskaliert – mit unkalkulierbaren Folgen für die globale Sicherheit.
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Russische Nukleardoktrin vom November 2024
Im November 2024 verschärfte Russland seine Nukleardoktrin [https://www.armscontrol.org/act/2024-12/news/russia-revises-
-nuclear-use-doctrine] mit einer entscheidenden Neuerung: Ein nuklearer Gegenschlag wird nun auch bei "massiven konventionellen Angriffen" als Option festgeschrieben. Diese scheinbar technische Anpassung gewinnt angesichts der Operation "Spinnennetz" dramatische Relevanz, da sie erstmals konkrete Kriterien für den Übergang zur nuklearen Eskalation definiert.
Die ursprüngliche russische Nukleardoktrin sah den Einsatz von Atomwaffen nur bei existenzieller Bedrohung des Staates oder bei einem nuklearen Erstschlag vor. Die Novellierung erweitert diese Schwelle erheblich: Auch konventionelle Angriffe können nun nuklearen Vergeltungsschlag rechtfertigen, sofern sie als "massiv" eingestuft werden. Entscheidend ist dabei nicht nur die Anzahl oder Sprengkraft der Waffen, sondern die strategische Bedeutung der getroffenen Ziele.
Der Angriff auf die strategische Bomberflotte erfüllt möglicherweise diese neuen Kriterien. Auch wenn nur konventionelle Drohnen eingesetzt wurden, trafen sie das Herzstück der nuklearen Triade. Aus russischer Sicht könnte dies als Angriff auf die "kritische staatliche oder militärische Infrastruktur" gewertet werden, die in der neuen Doktrin ausdrücklich erwähnt wird.
Die geografische Dimension verstärkt diese Einschätzung. Angriffe auf Ziele über 4.000 Kilometer von der Ukraine entfernt, bis hinein in die sibirische Tiefe, demonstrieren eine Bedrohungsreichweite, die weit über regionale Konflikte hinausgeht. Die neue Doktrin berücksichtigt explizit solche "weitreichenden Präzisionswaffen" als potenzielle Auslöser nuklearer Vergeltung.
Besonders relevant ist die Rolle "nicht-nuklearer Staaten". Die Doktrin stellt klar, dass Angriffe nicht-nuklearer Staaten, die von Nuklearmächten "unterstützt oder ermöglicht" werden, als Angriff der unterstützenden Nuklearmacht gewertet werden können. Falls Russland amerikanische Beteiligung an Operation "Spider Web" vermutet, könnte dies die Ukraine-USA-Konstellation unter diese Bestimmung fallen lassen.
Die zeitliche Komponente ist ebenfalls bedeutsam. Die Doktrin wurde nur wenige Monate vor dem Angriff verabschiedet - möglicherweise in Antizipation genau solcher asymmetrischer Bedrohungen. Die systematischen Angriffe auf Frühwarnradare und nun auf strategische Bomber könnten als kumulative "massive Angriffe" interpretiert werden, die gemeinsam die nukleare Schwelle überschreiten.
Die beiden Szenarien der Operation führen zu unterschiedlichen Bewertungen: Zehn zerstörte Bomber könnten noch unter der kritischen Schwelle bleiben - ein schmerzhafter, aber nicht existenzieller Verlust. Vierzig zerstörte Bomber würden jedoch ein Drittel bis die Hälfte der strategischen Bomberflotte auslöschen und damit eindeutig die Kriterien "massiver konventioneller Angriffe" erfüllen.
Strategiewechsel möglich – vom zurückhaltenden Krieg zur Eskalation
Russland führt den Ukraine-Krieg seit über drei Jahren mit bemerkenswerter Zurückhaltung. Moskau vermeidet großangelegte Offensiven, operiert methodisch und verfolgt erklärtermaßen das Ziel, sowohl eigene als auch gegnerische Zivil-Verluste zu minimieren. Diese kontrollierte Kriegsführung basierte auf einer fundamentalen Annahme: Zeit arbeitet für Russland. Der Ukraine-Konflikt stellte bisher keine existenzielle Bedrohung dar.
Operation "Spinnennetz" zerstört diese strategische Geduld. Aus russischer Sicht handelt es sich längst nicht mehr um einen ukrainischen, sondern um einen amerikanischen Proxy-Krieg gegen Russland. Der systematische Angriff auf die nukleare Triade – erst die Frühwarnradare, nun die Bomberflotte - kann in Moskau als koordinierte US-Kampagne zur Vorbereitung eines nuklearen Erstschlags interpretiert werden.
Das Problem: Wenn die russische Führung davon ausgeht, dass Washington systematisch ihre Zweitschlagfähigkeit unterminiert, schrumpft das Zeitfenster für wirksame Gegenmaßnahmen dramatisch. Je länger Russland wartet, desto verwundbarer wird seine nukleare Abschreckung durch weitere Drohnenangriffe.
Besonders verheerend ist die psychologische Wirkung: Wenn 4.000 Kilometer entfernte Luftwaffenstützpunkte erreichbar sind, ist praktisch jedes Ziel angreifbar - einschließlich Regierungsgebäude, Führungseinrichtungen und anderer kritischer Infrastruktur. Die Kombination aus systematischen Angriffen auf die nukleare Infrastruktur und gleichzeitiger amerikanischer Friedensrhetorik kann in Moskau die Befürchtung stärken, dass diplomatische Gespräche nur der Ablenkung dienen.
Im Szenario A, bei zehn zerstörten Bombern, wäre der materielle Schaden zwar begrenzt, doch die strategischen Implikationen bleiben verheerend. Die russische Führung kann den Angriff unmöglich als isolierten Vorfall bewerten – sie muss davon ausgehen, dass solche Angriffe zunehmen werden. Kostengünstige Drohnenangriffe sind skalierbar und wiederholbar. Selbst bei "nur" zehn Verlusten würde Russland daher wahrscheinlich eine beschleunigte Kriegsführung einleiten - nicht weil der aktuelle Schaden existenzbedrohend wäre, sondern aus Angst vor weiteren systematischen Angriffen auf die nukleare Infrastruktur.
Szenario B mit vierzig zerstörten Bombern würde diese Zeitnot-Dynamik dramatisch verstärken. Die nukleare Triade wäre dauerhaft geschwächt, und Russland stünde vor der Wahl: entweder die systematische Demontage der eigenen Abschreckung hinnehmen oder drastisch eskalieren, bevor weitere Schäden entstehen. Aus dieser existenziellen Bedrohung heraus könnte sich in Moskau die Überzeugung durchsetzen, dass nur eine sofortige maximale Antwort die Zerstörung der strategischen Position stoppen kann.
Der Charakter des Konflikts würde sich fundamental wandeln: Statt kontrollierter Zermürbung stünde die Notwendigkeit im Raum, schnell und entscheidend zu handeln. Dies könnte eine Generalmobilmachung, massive Offensiven oder sogar den Einsatz taktischer Nuklearwaffen zur Folge haben - nicht aus Stärke, sondern aus der Verzweiflung einer sich verschlechternden strategischen Lage.
Gleichzeitig kann sich der Konflikt von einem ukrainisch-russischen Krieg zu einer direkten US-russischen Konfrontation verschieben. Die mögliche und aus russischer Sicht wahrscheinliche westliche Beteiligung an Aufklärung und Planung kann Washington aus Moskauer Sicht zur kriegsführenden Partei machen und eröffnet die Option, amerikanische oder NATO-Ziele als legitime Vergeltungsziele zu betrachten.
Die "Operation Spinnennetz" könnte damit eine rote Linie überschritten haben. Die Spannbreite der Optionen liegt weit auseinander. Russland könnte an den Verhandlungstisch gezwungen werden. Der Schlag könnteauch den Wendepunkt darstellen, an dem Russlands kontrollierte Kriegsführung in einen totalen Krieg eskaliert – mit unkalkulierbaren Folgen für die globale Sicherheit.
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