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•NEUES THEMA23.12.2022, 15:21 Uhr
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• Nord-IRL: Sprachpolitik
jW heute:
»Das ist auch ein Kampf gegen soziale Ungleichheit«
Nordirland: Erstmals ist irische Sprache offiziell anerkannt. Hoffnung auf Wiedervereinigung. Gespräch mit Feargal MacIonnrachtaigh
Interview: Dieter Reinisch
Feargal MacIonnrachtaigh ist Direktor des irischen Sprachvereins »Glór na Móna« in Westbelfast
Erstmals in der Geschichte Nordirlands hat die irische Sprache einen eigenen Rechtsstatus erhalten. Ein entsprechendes Gesetz passierte Anfang Dezember das Unterhaus in London. Welchen Stellenwert hat dieser Schritt?
Er ist wichtig, weil Irisch dadurch in Nordirland offiziell anerkannt wird. Das Gesetz beinhaltet aber nicht alles, was Sprachaktivisten gefordert hatten. Wir wollten eine rechtliche Stellung der Sprache, so wie sie in Wales mit dem »Welsh Language Act« existiert. Dort gibt es ein Recht auf die walisische Sprache. Dennoch gibt es nun wichtige Punkte: So muss die Regierung einen Beauftragten für die irische Sprache einsetzen und eine Strategie zu ihrer Förderung ausarbeiten.
Wie kam es zu diesem Gesetz?
Das war das Ergebnis einer echten Basisbewegung. 2006 wurde im Abkommen von St. Andrews bereits eine auf dem Vorbild von Wales basierende Gesetzgebung vorgesehen. Doch von 2007 bis 2017 verhinderte die Democratic Unionist Party, dass sich die Regierung damit befasst. In dieser Zeit bildete sich eine soziale Bewegung – am 20. Mai 2017 organisierten wir die erste Kundgebung. Viele Leute kamen, es war ein großer Erfolg. Wir übten so Druck auf die größte nationalistische Partei, Sinn Féin, aus. Sie musste von nun an die Umsetzung der Gesetzgebung zum zentralen Bestandteil ihrer Politik machen. Vor 2017 war das nicht der Fall gewesen.
In diesem Jahr demonstrierten wir gemeinsam mit 20.000 Menschen – das war die größte Kundgebung dieser politischen Bewegung seit Jahrzehnten. Wenige Tage später kündigte die Regierung an, das Gesetz ins Unterhaus zu bringen. Es ist zwar nur ein symbolischer Akt, aber er ist wichtig. Unsere Kampagne zeigt, dass die Unionisten es nicht akzeptieren können, die Macht zu teilen. Wir haben offengelegt, wo die Spaltung der Gesellschaft herrührt.
Was wird sich nun für die Menschen ändern?
Wir hoffen, dass es rasch zu einer Ausarbeitung und Umsetzung einer Sprachstrategie der Regierung kommt. Dadurch werden die Kommunen neue finanzielle Mittel bekommen, und wir können neue Projekte umsetzen. Dabei sind wir in engem Kontakt mit der irischen Seite in der Republik. Irisch wird auf der ganzen Insel überwiegend in den ärmsten und sozial benachteiligten Gebieten gesprochen. Eine Förderung dieser Sprache ist auch ein Kampf gegen soziale Ungleichheit in diesen Regionen.
Welchen Stellenwert hat die irische Sprache insgesamt in Nordirland?
Die Ergebnisse der Volkszählung von 2021 zeigen einen Anstieg der Zahl derjenigen, die Irisch sprechen. Derzeit gibt es in Nordirland 7.000 Schüler in 40 irischen Schulen. Sie alle liegen in armen Gegenden. Schulkinder bekommen dort nicht nur Bildung, sondern auch Sozialleistungen wie Mittagessen. Diese Einrichtungen entstanden alle aus einem 1969 von republikanischen Aktivisten gegründeten Projekt, dem »Shaw’s Road Gaeltacht« in Westbelfast. Nach den Hungerstreiks 1981 (mehrere IRA-Aktivisten wie Bobby Sands starben an den Folgen, jW) kamen andere dazu. Es ist eine Bewegung mit dem Ziel, einen anderen, demokratischen Schultyp aufzubauen. 2028 soll es 14.000 Schüler in irischen Schulen geben.
Lenkt der kulturelle Kampf für die irische Sprache nicht von dem Kampf für die Wiedervereinigung ab?
Der Sprachaktivismus ist verwurzelt in der Arbeiterklasse; er ist radikal, weil Irisch lange unterdrückt wurde. Für uns sind nationale Identität und soziale Frage Teile eines gemeinsamen Kampfes. In den letzten zehn Jahren wurde der Sprachaktivismus zur radikalsten republikanischen Basisbewegung mit Forderungen, die weitergehende Auswirkungen haben. Es geht um Fragen der Organisierung, um den Kampf gegen Diskriminierung und darum, was in Nordirland nicht funktioniert. Durch die Bewegung erkannten viele Leute, dass beide irischen Staaten gescheitert sind – denn Irisch wurde weder im Norden, noch in der Republik gefördert. Daher braucht es eine neue Staatsform und Verfassung.
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»Das ist auch ein Kampf gegen soziale Ungleichheit«
Nordirland: Erstmals ist irische Sprache offiziell anerkannt. Hoffnung auf Wiedervereinigung. Gespräch mit Feargal MacIonnrachtaigh
Interview: Dieter Reinisch
Feargal MacIonnrachtaigh ist Direktor des irischen Sprachvereins »Glór na Móna« in Westbelfast
Erstmals in der Geschichte Nordirlands hat die irische Sprache einen eigenen Rechtsstatus erhalten. Ein entsprechendes Gesetz passierte Anfang Dezember das Unterhaus in London. Welchen Stellenwert hat dieser Schritt?
Er ist wichtig, weil Irisch dadurch in Nordirland offiziell anerkannt wird. Das Gesetz beinhaltet aber nicht alles, was Sprachaktivisten gefordert hatten. Wir wollten eine rechtliche Stellung der Sprache, so wie sie in Wales mit dem »Welsh Language Act« existiert. Dort gibt es ein Recht auf die walisische Sprache. Dennoch gibt es nun wichtige Punkte: So muss die Regierung einen Beauftragten für die irische Sprache einsetzen und eine Strategie zu ihrer Förderung ausarbeiten.
Wie kam es zu diesem Gesetz?
Das war das Ergebnis einer echten Basisbewegung. 2006 wurde im Abkommen von St. Andrews bereits eine auf dem Vorbild von Wales basierende Gesetzgebung vorgesehen. Doch von 2007 bis 2017 verhinderte die Democratic Unionist Party, dass sich die Regierung damit befasst. In dieser Zeit bildete sich eine soziale Bewegung – am 20. Mai 2017 organisierten wir die erste Kundgebung. Viele Leute kamen, es war ein großer Erfolg. Wir übten so Druck auf die größte nationalistische Partei, Sinn Féin, aus. Sie musste von nun an die Umsetzung der Gesetzgebung zum zentralen Bestandteil ihrer Politik machen. Vor 2017 war das nicht der Fall gewesen.
In diesem Jahr demonstrierten wir gemeinsam mit 20.000 Menschen – das war die größte Kundgebung dieser politischen Bewegung seit Jahrzehnten. Wenige Tage später kündigte die Regierung an, das Gesetz ins Unterhaus zu bringen. Es ist zwar nur ein symbolischer Akt, aber er ist wichtig. Unsere Kampagne zeigt, dass die Unionisten es nicht akzeptieren können, die Macht zu teilen. Wir haben offengelegt, wo die Spaltung der Gesellschaft herrührt.
Was wird sich nun für die Menschen ändern?
Wir hoffen, dass es rasch zu einer Ausarbeitung und Umsetzung einer Sprachstrategie der Regierung kommt. Dadurch werden die Kommunen neue finanzielle Mittel bekommen, und wir können neue Projekte umsetzen. Dabei sind wir in engem Kontakt mit der irischen Seite in der Republik. Irisch wird auf der ganzen Insel überwiegend in den ärmsten und sozial benachteiligten Gebieten gesprochen. Eine Förderung dieser Sprache ist auch ein Kampf gegen soziale Ungleichheit in diesen Regionen.
Welchen Stellenwert hat die irische Sprache insgesamt in Nordirland?
Die Ergebnisse der Volkszählung von 2021 zeigen einen Anstieg der Zahl derjenigen, die Irisch sprechen. Derzeit gibt es in Nordirland 7.000 Schüler in 40 irischen Schulen. Sie alle liegen in armen Gegenden. Schulkinder bekommen dort nicht nur Bildung, sondern auch Sozialleistungen wie Mittagessen. Diese Einrichtungen entstanden alle aus einem 1969 von republikanischen Aktivisten gegründeten Projekt, dem »Shaw’s Road Gaeltacht« in Westbelfast. Nach den Hungerstreiks 1981 (mehrere IRA-Aktivisten wie Bobby Sands starben an den Folgen, jW) kamen andere dazu. Es ist eine Bewegung mit dem Ziel, einen anderen, demokratischen Schultyp aufzubauen. 2028 soll es 14.000 Schüler in irischen Schulen geben.
Lenkt der kulturelle Kampf für die irische Sprache nicht von dem Kampf für die Wiedervereinigung ab?
Der Sprachaktivismus ist verwurzelt in der Arbeiterklasse; er ist radikal, weil Irisch lange unterdrückt wurde. Für uns sind nationale Identität und soziale Frage Teile eines gemeinsamen Kampfes. In den letzten zehn Jahren wurde der Sprachaktivismus zur radikalsten republikanischen Basisbewegung mit Forderungen, die weitergehende Auswirkungen haben. Es geht um Fragen der Organisierung, um den Kampf gegen Diskriminierung und darum, was in Nordirland nicht funktioniert. Durch die Bewegung erkannten viele Leute, dass beide irischen Staaten gescheitert sind – denn Irisch wurde weder im Norden, noch in der Republik gefördert. Daher braucht es eine neue Staatsform und Verfassung.
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•NEUER BEITRAG27.12.2022, 21:20 Uhr
Nutzer / in | |
arktika | |
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Erschreckend finde ich allerdings, daß die Lage auch in der Republik Irland nicht viel anders aussieht: Denn, wie der Dieter Reinisch schreibt, "Irisch wurde weder im Norden, noch in der Republik gefördert."
• Hier gibt's was extra: mehr Debatten aus den www.secarts.org-Foren
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