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•NEUES THEMA07.02.2021, 13:00 Uhr
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• Artikel 14: Das Eigentum
"Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt."
Wenn unter uns - Linken, Antifaschisten, Kommunisten - über Grundrechte geredet wird, dann heißt es oft "unsere Grundrechte", gemeint sind Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit usw. Das Recht auf Eigentum wird da nicht mitgezählt.
Schauen wir doch mal genauer hin. Das bürgerliche Recht ist gleiches Recht für alle. Bezogen auf den Artikel 14 heißt das zum Beispiel: Jede Arbeiterin, jeder Krankenpfleger, jede Busfahrerin, jeder Erntehelfer hat das Recht, für ein paar Millionen oder auch Milliarden Euro ein Aktienpaket zu erwerben. Nur leider fehlen da in der Regel einige Euro, um dieses Recht in Anspruch zu nehmen.
Und damit haben wir auch schon die ganze Schwierigkeit des bürgerlichen Rechts vor Augen. Das bürgerliche Recht setzt die Gleichheit aller voraus. Zunächst ist das auch der äußere Schein. Wir leben in einer warenproduzierenden Gesellschaft, jeder kauft und verkauft Waren. Das bürgerliche Recht achtet auf die formale Gleichheit aller Warenverkäufer und -käufer. Auch Arbeiter und Kapitalist sind erstmal formal gleich, wenn sie einen Arbeitsvertrag aushandeln und unterschreiben. Erst in der Produktion hört es mit der Gleichheit auf: die Arbeiter produzieren viel mehr an Wert, als ihr Lohn ausmacht, der gerade mal zum Leben eines Arbeiters, einer Arbeiterfamilie reicht. Dieses mehr an Wert nennt man Mehrwert, der dem Kapitalisten gehört. Diesen Mehrwert haben die Arbeiter dem Kapitalisten unentgeltlich überlassen. Und weil das die "normale" tägliche, millionenfache Erscheinung ist, haben sich aus diesem Umstand schon vor mehr als zweihundert Jahren zwei Klassen gebildet - die Kapitalistenklasse und die Arbeiterklasse.
Das bürgerliche Recht kennt keine Klassen. Und die Kapitalisten sehen es auch gern, wenn auch wir keine Klassen kennen. Wir sollten uns der Existenz von Klassen bewusst sein, und wenn heute von Grundrechten gesprochen wird, davon ausgehen, dass alle Grundrechte für alle gelten, unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Klasse oder Schicht. Das ist so, auch wenn die Arbeiter in der Regel mit dem Recht auf Eigentum so gut wie gar nichts anfangen können. Es gibt also auch nicht "unsere Grundrechte", sondern sämtliche Grundrechte gelten auch für die Kapitalisten.
Die Kapitalisten brauchen die Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit usw. Sie brauchen sie, um ihre Meinungsverschiedenheiten untereinander auszutragen, und dazu brauchen sie uns, Menschen aus der Arbeiterklasse, aus dem Kleinbürgertum. Das Ganze nennt sich dann "Pluralismus". Da gibt es keine Klassen, sondern Gärtner, Direktoren, Feministen, Abstinenzler, Sportler, Briefmarkensammler, Hausfrauen, Nichtraucher, Soldaten, Mechatroniker, Bergsteiger, Gewerkschafter, Straßenmusikanten, Börsenmakler usw. usw. Eine Gemengelage, aus der wir uns möglichst keinen Reim machen sollen.
Wir haben in den letzten Monaten sehr deutlich gesehen, wie die Grundrechte im Interesse von Teilen des Kapitals genutzt bzw. eingefordert werden. Ungehindert ziehen unzufriedene Kleinbürger, Masken- und Impfgegner im Verein mit fahnenschwenkenden Nazis "für die Grundrechte" durch die Straßen, damit die Schornsteine des Kapitals wieder rauchen, ungestört von irgendwelchen seuchenpolitischen Maßnahmen, wie sinnig oder unsinnig die nun immer sein mögen. Aber da geht es nicht nur um freie Fahrt für freie Bürger, also weg mit allen Schutzmaßnahmen. Sondern da geht es auch um die Darstellung eines Massenpotentials für den Faschismus, das in dieser Zahl und Zusammensetzung bisher in der BRD so noch nicht zutage getreten ist. Den Monopolherren zeigen die Anführer dieser Bewegung, dass ein von Massen getragener Faschismus in den Bereich des Möglichen rücken kann. Und eben dazu brauchen die Monopolkapitalisten solche Aufmärsche, so wie sie den Terror gegen Antifaschisten brauchen, um abschätzen zu können, ob sie auf die bürgerliche Demokratie - die sie ja zur Zeit noch weidlich ausnutzen - notfalls auch verzichten können, um uns für kommende Kriege oder den kommenden Krieg reif zu machen. Wir müssen es deutlich sagen: Wir sind gegen die Inanspruchnahme des Versammlungsrechts mit diesen Inhalten. Wir müssen um die Grundrechte für uns kämpfen, nicht für das Nazipack!
Es gibt aber auch noch anders gelagerte Aktivitäten und Mobilisierungen von Menschenmassen, die durchaus von einem Teil des Kapitals mit Wohlwollen betrachtet werden, aber auch von uns unterstützt werden müssen, weil sie noch die bürgerliche Demokratie aufrechterhalten wollen, noch keinen Faschismus wollen. Ein Beispiel dafür war die Demonstration "Unteilbar" im Oktober 2018, an der 240.000 Menschen teilnahmen. Es ging gegen den Rassismus, Solidarität mit Menschen aus anderen Ländern und wegen ihrer Hautfarbe Verfolgten. Diese Demonstration war im Sinne der Teile des Kapitals, die Einwanderung wollen, um qualifizierte und/oder billige Arbeitskräfte zu bekommen. Immer wieder haben auch Kapitalisten gegen Abschiebungen protestiert, z.B. wenn ein Jungarbeiter, der gerade erfolgreich seine Lehre beendet hatte, von der Polizei abgeholt wurde. Ein anderer Teil der Kapitalisten meint, dass man lieber "die Fluchtursachen beseitigen" sollte. Gemeint ist hier, dass man imperialistische Projekte in den armen, von Kriegen gebeutelten Ländern verwirklichen will, die nicht im Sinne der dort lebenden Menschen sind. Wichtig ist bei solchen Streitigkeiten immer, dass wir, die Arbeiter, die Kommunisten, die Antifaschisten eine eigene Position finden. Die in diesem Fall nur lauten konnte: Die Unteilbar-Demo war ein Beitrag zum Erhalt der bürgerlichen Demokratie, sie war geeignet, die Rechtsentwicklung zu verlangsamen. Deshalb war sie trotz ihres bürgerlichen Charakters auch für die Ziele der Arbeiterbewegung günstig und zu unterstützen, indem wir unsere Inhalte dort hineintragen.1
Was fangen wir also mit diesen Grundrechten an, die für uns so wie für unsere Gegner, die Kapitalisten und ihre politische Anhängerschar, gelten? Das eine ist, dass wir sie wo möglich nutzen sollten, auch um, falls möglich, die Widersprüche der Monopolkapitalisten untereinander auszunutzen, um die Entwicklung in Richtung Faschismus zu stoppen. Zum anderen sollten wir das Prinzip - Grundrechte für alle und ausnahmslos alles - so nicht dulden. Bertolt Brecht hat mal den deutschen Künstlern und Schriftstellern einen Vorschlag geschickt, der sich allgemein auf Rechte und Freiheiten ausdehnen lässt:
"1. Völlige Freiheit des Buches, mit einer Einschränkung.
2. Völlige Freiheit des Theaters, mit einer Einschränkung.
3. Völlige Freiheit der bildenden Kunst, mit einer Einschränkung.
4. Völlige Freiheit der Musik, mit einer Einschränkung.
5. Völlige Freiheit des Films, mit einer Einschränkung.
Die Einschränkung: Keine Freiheit für Schriften und Kunstwerke, welche den Krieg verherrlichen oder als unvermeidbar hinstellen, und für solche, welche den Völkerhass fördern."2
(2) "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."
Wie soll das konkret aussehen? Was ist "Gebrauch" des Eigentums?
Gemeint ist hier nicht der Gebrauch deines Fahrrades, das dein persönliches Eigentum ist. Gemeint ist das ganz große Eigentum. Gemeint ist das Kapital. Wie gebraucht ein Kapitalist sein Kapital: Er kauft Produktionsmittel (Gebäude, Maschinen, Rohstoffe usw.) und Arbeitskraft. Das tut er, um Profit zu machen. Er tut es also zu seinem eigenen Wohl und nicht zum Wohl der Allgemeinheit. Die menschliche Produktion kann zum "Wohl der Allgemeinheit" (also zum Wohl aller Mitglieder einer Gesellschaft) dienen. Menschliche Produktion kann stattfinden ohne "Gebrauch des Eigentums" und überhaupt ohne Eigentum. Das Eigentum an Produktionsmitteln schadet sogar der Gesellschaft, weil der Zwang, unter dem der Kapitalist steht, Profit zu machen und seine Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen, nicht die Bedürfnisse der Menschen zum Ziel hat.
In der Verfassung der DDR von 1949[3] steht nach dem - wie beim Grundgesetz aus der Verfassung der Weimarer Republik übernommenen Satz "Eigentum verpflichtet" ein ganz anderer Satz als im Grundgesetz: "Sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen". Was für ein erfrischend nüchterner Satz im Vergleich zu dem peinlichen Sozialkitsch vom "Gebrauch des Eigentums für das Wohl der Allgemeinheit"! Das einzige, was man von den in der DDR noch verbliebenen Kapitalisten erwartete, war, dass sie wenigstens keinen größeren Schaden anrichten.
Im Grundgesetz wird der Absatz "Eigentum verpflichtet. ..." nicht weiter konkretisiert. In der Verfassung der DDR von 1949 finden wir dazu Ausführungen, die an Konkretheit und Deutlichkeit nichts zu wünschen übriglassen:
"(2) Der Mißbrauch des Eigentums durch Begründung wirtschaftlicher Machtstellung zum Schaden des Gemeinwohls hat die entschädigungslose Enteignung und überführung in das Eigentum des Volkes zur Folge.
(3) Die Betriebe der Kriegsverbrecher und aktiven Nationalsozialisten sind enteignet und gehen in Volkseigentum über. Das gleiche gilt für private Unternehmungen, die sich in den Dienst einer Kriegspolitik stellen.
(4) Alle privaten Monopolorganisationen, wie Kartelle, Syndikate, Konzerne, Trusts und ähnliche auf Gewinnsteigerung durch Produktions-, Preis- und Absatzregelung gerichtete private Organisationen sind aufgehoben und verboten.
(5) Der private Großgrundbesitz, der mehr als 100 Hektar umfaßt, ist aufgelöst und wird ohne Entschädigung aufgeteilt.
(6) Nach Durchführung dieser Bodenreform wird den Bauern das Privateigentum an ihrem Boden gewährleistet." (Art. 24)
Es handelt sich hier um die praktische Umsetzung des Potsdamer Abkommens 1945 zwischen den USA, Großbritannien und der Sowjetunion. Verbot von Monopolen, Bodenreform, Entnazifizierung, Entmilitarisierung - kurz, alles zu tun, damit der deutsche Imperialismus nicht mehr sein Haupt gegen andere Völker erheben kann, das war der Inhalt des Potsdamer Abkommens. Seine praktische Durchführung war die antifaschistisch-demokratische Umwälzung, deren inhaltlicher Kern in diesem Gesetzestext zusammengefasst ist.
Gleichzeitig war dies ein friedlicher Weg zum Sozialismus - eine einmalige historische Chance für die deutsche Arbeiterklasse, die es nicht vermocht hatte, den deutschen Faschismus zu verhindern oder zu stürzen. Diese Chance wurde durch das Potsdamer Abkommen gegeben, dessen Durchsetzung im Osten die Sowjetunion absicherte, während die imperialistischen Mächte USA und Großbritannien in Verein mit Frankreich das Potsdamer Abkommen über Bord warfen und den besiegten deutschen Imperialismus wieder von der Leine ließen.
Die Chance dieses friedlichen Weges hat einen Weltkrieg mit zig Millionen Toten gekostet. Dass mit der DDR diese Chance ergriffen werden konnte, hat dem deutschen Imperialismus 40 Jahre lang Grenzen gesetzt.
Die Möglichkeit dieses friedlichen Weges ist für uns nicht mehr gegeben. Uns schützt keine sozialistische Macht, und der deutsche Imperialismus liegt nicht am Boden wie nach dem Sieg der Anti-Hitler Koalition. Was wir aus dem Vergleich der beiden Verfassungen bezüglich der Eigentumsfrage entnehmen sollten ist: Eine der Hauptaufgaben des Grundgesetzes und der Gründung des Bonner Staates war, das Potsdamer Abkommen zu begraben, die antifaschistisch-demokratische Umwälzung in Westdeutschland endgültig unmöglich zu machen und den deutschen Imperialismus gegen die Sowjetunion in Stellung zu bringen. Das Grundgesetz ist eine anti-antifaschistische Verfassung. Das lässt sich am besten an dem erkennen, was nicht drinsteht - die oben zitierten Absätze, deren Inhalt schon im Verfassungsentwurf für eine Deutsche Demokratische Republik von der Oder bis zum Rhein vor der Formulierung des Grundgesetzes drinstand, und der Alptraum der deutschen Kriegsverbrecher war und ist. Es ist unsere Aufgabe, die wenigen demokratischen Rechte und Freiheiten im Grundgesetz gegen die Angriffe von Kapital und Reaktion zu verteidigen. Und es ist unsere Aufgabe, "die antifaschistischen, antimilitaristischen Traditionen, für die ab 1949 dann die DDR stand, zu verteidigen und zu praktischer Politik zu machen. Das heißt auch, in Westdeutschland gegen die pauschale Stigmatisierung der ostdeutschen Bevölkerung anlässlich rassistischer Pogrome, faschistischer Aufmärsche und antidemokratischen Wahlverhalten vorzugehen, die auch nur chauvinistisch ist und dem antifaschistischen Kampf schadet."4
(3) "Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen."
Dieser Absatz im Artikel 14 wird oft als so etwas wie eine öffnung zum Sozialismus missverstanden. In Wirklichkeit ist gerade dieses Grundrecht für die Kapitalisten unentbehrlich.
Die Kapitalisten sind die größten Enteigner seit Menschengedenken. Ohne Enteignung hätte der Kapitalismus wohl kaum entstehen können:
"Die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals bereitete die Bedingungen für die Entstehung des Kapitalismus vor. Riesige Massen von Kleinproduzenten — Bauern und Handwerker — wurden der Produktionsmittel beraubt. Die großen Geldreichtümer, die in den Händen der großen Grundeigentümer, der Kaufleute und Wucherer5 konzentriert waren, waren durch die gewaltsame Verfügung der Bauern vom Grund und Boden, durch den Kolonialhandel, durch die Steuern und den Sklavenhandel geschaffen worden. So wurde die Herausbildung der Hauptklassen der kapitalistischen Gesellschaft beschleunigt: der Lohnarbeiter und der Kapitalisten."6
Und sie enteignen immer weiter. Sie ruinieren sich gegenseitig, sie ruinieren kleinbürgerliche Existenzen, sie vergreifen sich noch am kleinsten Sparer, sie vertreiben Menschen aus ihren Wohnungen, sie verschandeln die Städte. Mit Staatshilfe erreichen sie Enteignungen, wo es ihnen passt, weil sie Platz brauchen für Autobahnen oder sonst für ihre eigenen Belange.
Vergessen wir nicht die Enteignung der jüdischen Eigentümer unter der faschistischen Diktatur. Und mit der Annexion der DDR wurde ein ganzes Volksvermögen enteignet.
"Freie Handelswege und eine gesicherte Rohstoffversorgung"7 fordern die "Verteidigungspolitischen Richtlinien" der Bundeswehr - wie soll das ohne einen Enteignungs-Raubzug auf internationaler Ebene gehen. Und dem gehen viele, viele "friedliche" Enteignungen in aller Welt voraus.
Da der Imperialismus selbst in den besten Zeiten der Arbeiterbewegung immer das meiste an Territorium und die Mehrzahl der Menschen in seiner Gewalt hatte, ist davon auszugehen, dass der Kapitalismus bislang wesentlich mehr Enteignungen vorgenommen hat als der Sozialismus. Die Kapitalisten sind für Enteignungen. Außer sie werden selber enteignet - durch kapitalistische Konkurrenten oder durch die Arbeiterklasse bzw. den siegreichen Antifaschismus.
Wir erleben jetzt im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie geradezu eine Orgie von Enteignungen kleinbürgerlicher Existenzen, gesteuert vom Staat. Den Monopolen wird das Geld nur so hinterhergetragen. Währenddessen müssen z.B. Künstler und Kulturschaffende mit Demonstrationen darauf aufmerksam machen, dass ihnen gerade jede Grundlage genommen wird. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Sorgfalt, die die Verfassung der DDR von 1949 gerade dieser geistig und künstlerisch tätigen Schicht widmet (siehe die Tabelle, 3. Absatz von Artikel 22). Das beruht auf dem Wissen der Arbeiterbewegung, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern eben ein Mensch, ein kulturelles, ein sich geistig entwickelndes Wesen ist. Dafür interessiert sich die Bourgeoisie nicht so sehr.
Wie kann die Arbeiterklasse diesen und anderen kleinbürgerlichen Schichten helfen? Nicht, indem sie das kleinbürgerliche Eigentum verteidigt und stützt - das ist nicht unsere Zukunft und auch nicht die der gebeutelten Kleinbürger. Richtig wäre es, gegen die Verelendung der kleinbürgerlichen Schichten zu kämpfen, z.B. für Entschädigungen, die zum Leben reichen. Das allerdings geht nur dann, wenn die Arbeiterklasse viel mehr auch für sich selber kämpft und nicht ausgerechnet während der Pandemie die Segel streicht. Die Rückzugsgefechte gerade der IG-Metall-Führung treibt auch die Verelendung dieser Zwischenschichten voran und treibt sie in die Arme der reaktionären, von Nazis geführten und durchsetzten Demonstrationen.
Von Zeit zu Zeit münden demokratische Proteste von Volksmassen in spontane Enteignungsforderungen. Große Popularität erlangte zum Beispiel gegen Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Westdeutschland und Westberlin die Parole: "Enteignet Springer!" - um der blutigen Hetze von BILD und anderen Organen des Springer-Konzerns gegen die demokratische Jugendbewegung und gegen das vietnamesische Volk zu begegnen. Und heute unterstützen tausende in Berlin das Volksbegehren "Deutsche Wohnen und Co. enteignen!".8 Ein heiß diskutierter Punkt ist dabei die Entschädigung. Aber da bietet uns das Grundgesetz sogar eine Hilfestellung (wie es beim bürgerlichen Recht nun mal hin und wieder der Fall ist). Da heißt es: "Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen." Also wägen wir doch mal ab: Welchen Schaden haben diese Immobilienbesitzer denn angerichtet? Wie haben sie zur Verelendung beigetragen, deren finanzielle Konsequenzen die Staatskasse zu tragen hat? Wie viele Krankheiten, Selbsttötungen usw. haben sie zu verantworten? Wie oft haben sie bei Räumungen kostenlos den Service von Hundertschaften der Polizei in Anspruch genommen? Welchen Schaden haben sie mit der Entvölkerung der Innenstädte angerichtet? Usw. usw. Gerechte Abwägung heißt, all das gegen die verlangte Entschädigung aufzurechnen. Bleibt da überhaupt noch was übrig? Eine weitere Forderung, die in die Richtung Enteignung geht, ist die Rückführung der Krankenhäuser in öffentliches Eigentum. Sie ist jetzt dringender als je zuvor!
Einen interessanten Unterschied gibt es bei dem Enteignungs-Artikel zur Verfassung der DDR 1949: Da geht es nicht nur um Enteignung, sondern auch Beschränkung des Eigentums. Zu verstehen ist das als Hilfe, auch in kleineren Schritten dem (noch vorhandenen) Kapital die Stirn zu bieten. Daran hatte die Mehrheit der "Väter des Grundgesetzes" kein Interesse, da ging es um die Interessen der hauptsächlichen Enteigner, der Kapitalisten. Wir Arbeiter, Antifaschisten, Demokraten haben sehr wohl ein Interesse, das Eigentum beschränken zu können. Zum Beispiel, um Flüchtlinge in guten Hotels und leerstehenden Villen der Superreichen unterzubringen. Oder - und diese Zeilen werden kurz vor dem sogenannten zweiten Lockdown geschrieben - : um angesichts der ungehindert steigenden Corona-Infektionen die größten Virenschleudern des Landes, die Produktionsbetriebe, zu schließen und den Arbeitern den Lohn zu 100 Prozent zu ersetzen, so lange, bis die Seuche wieder unter Kontrolle ist. Aber die reaktionären Demonstrationen haben die Maskenpflicht und den Kampf dagegen auf die Tagesordnung gesetzt, die Regierung steigt drauf ein, und die Kapitalisten haben ihre Ruhe. Das Durcheinander, das angerichtet wurde, kann der Bourgeoisie wirklich gefallen: Ein einfaches Hausmittel, das einen gewissen Nutzen gegen Ansteckung hat, die Mund- und Nasenbedeckung, wird zum Politikum. Die Polizei ist ständig unterwegs, um uns zu kontrollieren. Aber nicht, um auch nur einmal in den großen Betrieben zu schauen, ob da wenigstens ein Minimum an Hygieneregeln eingehalten wird!
Aber was wird denn aus unserer Wirtschaft, wenn die Betriebe dichtgemacht werden? Das ist ja das Problem. Das ist nicht unsere Wirtschaft. Das ist eine Wirtschaft einer winzigen Minderheit, deren Eigentum durch dieses Grundgesetz, durch Polizei, Gerichte usw. geschützt wird. Und diese Minderheit kämpft auf vaterländische Weise statt mit geeigneten gesundheitspolitischen Maßnahmen gegen Corona, und wird weder damit noch mit ihrer Wirtschaftskrise fertig. Wir sollen wie in einem Weltkrieg mit unseren Kapitalisten zusammenhalten. Das hat uns noch nie gutgetan! Kämpfen wir für unsere Interessen, zusammen mit den Arbeitern der ganzen Welt, die auch unter Seuche und Kapital leiden. Wir müssen das Kapital einschränken, um überleben zu können. Und so können wir auch die Stärke gewinnen, dieses Elend, dass wir um Arbeit betteln müssen und für ihre Krisen und Kriege geradestehen müssen, zu beenden. Denn das Ziel ist: die Enteigner enteignen! Oder, in den Worten, die von klassenbewussten Arbeitern auf der ganzen Welt verstanden werden: Expropriation der Expropriateure!
Und so geht es weiter:
Im 2. Teil der Serie besichtigen wir den Artikel 2 - Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit, auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Wir werden uns diesen Artikel auf seine Kapitalismus-Tauglichkeit ansehen. Und wir werden seine scheinbaren Kollisionen mit anderen Grundrechten in Coronazeiten besichtigen und erkennen können, welche realen Kämpfe wirklich hinter diesen juristischen Widersprüchen stecken.
E.W.-P., Link ...jetzt anmelden!
Grundgesetz der BRDVerfassung der DDR von 1949(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.(1) Das Eigentum wird von der Verfassung gewährleistet. Sein Inhalt und seine Schranken ergeben sich aus den Gesetzen und den sozialen Pflichten gegenüber der Gemeinschaft.(2) Das Erbrecht wird nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts gewährleistet. Der Anteil des Staates am Erbe wird durch Gesetz bestimmt.(3) Die geistige Arbeit, das Recht der Urheber, der Erfinder und der Künstler genießen den Schutz, die Förderung und die Fürsorge der Republik. (Art. 22)(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.(1) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen.(2) Der Mißbrauch des Eigentums durch Begründung wirtschaftlicher Machtstellung zum Schaden des Gemeinwohls hat die entschädigungslose Enteignung und Überführung in das Eigentum des Volkes zur Folge.(3) Die Betriebe der Kriegsverbrecher und aktiven Nationalsozialisten sind enteignet und gehen in Volkseigentum über. Das gleiche gilt für private Unternehmungen, die sich in den Dienst einer Kriegspolitik stellen.(4) Alle privaten Monopolorganisationen, wie Kartelle, Syndikate, Konzerne, Trusts und ähnliche auf Gewinnsteigerung durch Produktions-, Preis- und Absatzregelung gerichtete private Organisationen sind aufgehoben und verboten.(5) Der private Großgrundbesitz, der mehr als 100 Hektar umfaßt, ist aufgelöst und wird ohne Entschädigung aufgeteilt.(6) Nach Durchführung dieser Bodenreform wird den Bauern das Privateigentum an ihrem Boden gewährleistet. (Art. 24)(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.(1) Beschränkungen des Eigentums und Enteignungen können nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden. Sie erfolgen gegen angemessene Entschädigung soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Wegen der Höhe der Entschädigung ist im Streitfall der Rechtsweg bei den ordentlichen Gerichten offenzuhalten, soweit ein Gesetz nichts anderes bestimmt. (Art. 23)(1) Private wirtschaftliche Unternehmungen, die für die Vergesellschaftung geeignet sind, können durch Gesetz nach den für die Enteignung geltenden Bestimmungen in Gemeineigentum überführt werden. (Art. 27)Inhaltliche Unterschiede zwischen beiden Verfassungen sind durch Fettschrift gekennzeichnet.
Quellen: www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html und www.documentarchiv.de/ddr/verfddr.html. Fehler, die offenbar beim Scannen der Verfassung der DDR 1949 entstanden sind, wurden korrigiert.
Anmerkungen:
1 Ein weiteres Beispiel dafür, dass Arbeiter zeitweise das gleiche Interesse wie Teile der Monopolbourgeoisie am Erhalt der bürgerlich-demokratischen Republik haben, ist der Generalstreik gegen den Kapp-Putsch 1920. Siehe KAZ Nr. 295, "über den Bürgerkrieg des Kapitals", Link ...jetzt anmelden!
2 Bertolt Brecht "Ein Lesebuch für unsere Zeit", Volksverlag Weimar, 1958, S. 516
3 Zur Vergleichbarkeit des Grundgesetzes mit der Verfassung der DDR von 1949 siehe Vorwort zu dieser Serie in dieser Ausgabe: "Die Verfassung von 1949 war vom Deutschen Volkskongress eigentlich vorgeschlagen als gesamtdeutsche Verfassung für eine Deutsche Demokratische Republik von der Oder bis zum Rhein. Sie fußte noch auf dem kapitalistischen Ausbeutersystem. Da aber gemäß dem Potsdamer Abkommen 1945 zwischen den USA, Großbritannien und der Sowjetunion die Monopole beseitigt, die Kriegsverbrecher enteignet waren, war es ein sehr geschwächter Kapitalismus mit einem großen staatlichen Sektor unter Kontrolle der Arbeiter und Antifaschisten - wobei die Durchführung des Potsdamer Abkommens eben nur im Osten durchgesetzt wurde. Dass es keine gesamtdeutsche DDR gab, dem kam die Gründung der BRD mit ihrer Vorbereitung durch den Parlamentarischen Rat zuvor."
4 Kommunique der XI. Konferenz "Der Hauptfeind steht im eigenen Land!", Juni 2019.
5 Das Wort "Wucher" heißt ursprünglich nichts weiter als Zinsgewinn. Ebenso wie das Wort "Ausbeutung" wurde die Bedeutung bis zu Unkenntlichkeit geschliffen. Ausbeutung geschieht überall, wo es Lohnarbeit gibt, mit Wucherer ist jeglicher Geldverleiher gemeint. Die Begriffswandlung entspricht den verqueren ökonomischen Anschauungen der herrschenden Klasse - nach deren Auffassungen gibt es nur in Ausnahmefällen Wucher und Ausbeutung.
6 Politische ökonomie, Lehrbuch I - Die bürgerliche Produktionsweise, Berlin 1955, S. 77.
7 Link ...jetzt anmelden!
8 Die Initiatoren des Volksbegehrens stützen sich nicht auf Artikel 14 sondern auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der aber in der Frage der Entschädigung auf den Artikel 14 verweist.
Wenn unter uns - Linken, Antifaschisten, Kommunisten - über Grundrechte geredet wird, dann heißt es oft "unsere Grundrechte", gemeint sind Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit, Meinungsfreiheit usw. Das Recht auf Eigentum wird da nicht mitgezählt.
Schauen wir doch mal genauer hin. Das bürgerliche Recht ist gleiches Recht für alle. Bezogen auf den Artikel 14 heißt das zum Beispiel: Jede Arbeiterin, jeder Krankenpfleger, jede Busfahrerin, jeder Erntehelfer hat das Recht, für ein paar Millionen oder auch Milliarden Euro ein Aktienpaket zu erwerben. Nur leider fehlen da in der Regel einige Euro, um dieses Recht in Anspruch zu nehmen.
Und damit haben wir auch schon die ganze Schwierigkeit des bürgerlichen Rechts vor Augen. Das bürgerliche Recht setzt die Gleichheit aller voraus. Zunächst ist das auch der äußere Schein. Wir leben in einer warenproduzierenden Gesellschaft, jeder kauft und verkauft Waren. Das bürgerliche Recht achtet auf die formale Gleichheit aller Warenverkäufer und -käufer. Auch Arbeiter und Kapitalist sind erstmal formal gleich, wenn sie einen Arbeitsvertrag aushandeln und unterschreiben. Erst in der Produktion hört es mit der Gleichheit auf: die Arbeiter produzieren viel mehr an Wert, als ihr Lohn ausmacht, der gerade mal zum Leben eines Arbeiters, einer Arbeiterfamilie reicht. Dieses mehr an Wert nennt man Mehrwert, der dem Kapitalisten gehört. Diesen Mehrwert haben die Arbeiter dem Kapitalisten unentgeltlich überlassen. Und weil das die "normale" tägliche, millionenfache Erscheinung ist, haben sich aus diesem Umstand schon vor mehr als zweihundert Jahren zwei Klassen gebildet - die Kapitalistenklasse und die Arbeiterklasse.
Das bürgerliche Recht kennt keine Klassen. Und die Kapitalisten sehen es auch gern, wenn auch wir keine Klassen kennen. Wir sollten uns der Existenz von Klassen bewusst sein, und wenn heute von Grundrechten gesprochen wird, davon ausgehen, dass alle Grundrechte für alle gelten, unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer Klasse oder Schicht. Das ist so, auch wenn die Arbeiter in der Regel mit dem Recht auf Eigentum so gut wie gar nichts anfangen können. Es gibt also auch nicht "unsere Grundrechte", sondern sämtliche Grundrechte gelten auch für die Kapitalisten.
Die Kapitalisten brauchen die Grundrechte wie Meinungsfreiheit, Versammlungsfreiheit, Pressefreiheit usw. Sie brauchen sie, um ihre Meinungsverschiedenheiten untereinander auszutragen, und dazu brauchen sie uns, Menschen aus der Arbeiterklasse, aus dem Kleinbürgertum. Das Ganze nennt sich dann "Pluralismus". Da gibt es keine Klassen, sondern Gärtner, Direktoren, Feministen, Abstinenzler, Sportler, Briefmarkensammler, Hausfrauen, Nichtraucher, Soldaten, Mechatroniker, Bergsteiger, Gewerkschafter, Straßenmusikanten, Börsenmakler usw. usw. Eine Gemengelage, aus der wir uns möglichst keinen Reim machen sollen.
Wir haben in den letzten Monaten sehr deutlich gesehen, wie die Grundrechte im Interesse von Teilen des Kapitals genutzt bzw. eingefordert werden. Ungehindert ziehen unzufriedene Kleinbürger, Masken- und Impfgegner im Verein mit fahnenschwenkenden Nazis "für die Grundrechte" durch die Straßen, damit die Schornsteine des Kapitals wieder rauchen, ungestört von irgendwelchen seuchenpolitischen Maßnahmen, wie sinnig oder unsinnig die nun immer sein mögen. Aber da geht es nicht nur um freie Fahrt für freie Bürger, also weg mit allen Schutzmaßnahmen. Sondern da geht es auch um die Darstellung eines Massenpotentials für den Faschismus, das in dieser Zahl und Zusammensetzung bisher in der BRD so noch nicht zutage getreten ist. Den Monopolherren zeigen die Anführer dieser Bewegung, dass ein von Massen getragener Faschismus in den Bereich des Möglichen rücken kann. Und eben dazu brauchen die Monopolkapitalisten solche Aufmärsche, so wie sie den Terror gegen Antifaschisten brauchen, um abschätzen zu können, ob sie auf die bürgerliche Demokratie - die sie ja zur Zeit noch weidlich ausnutzen - notfalls auch verzichten können, um uns für kommende Kriege oder den kommenden Krieg reif zu machen. Wir müssen es deutlich sagen: Wir sind gegen die Inanspruchnahme des Versammlungsrechts mit diesen Inhalten. Wir müssen um die Grundrechte für uns kämpfen, nicht für das Nazipack!
Es gibt aber auch noch anders gelagerte Aktivitäten und Mobilisierungen von Menschenmassen, die durchaus von einem Teil des Kapitals mit Wohlwollen betrachtet werden, aber auch von uns unterstützt werden müssen, weil sie noch die bürgerliche Demokratie aufrechterhalten wollen, noch keinen Faschismus wollen. Ein Beispiel dafür war die Demonstration "Unteilbar" im Oktober 2018, an der 240.000 Menschen teilnahmen. Es ging gegen den Rassismus, Solidarität mit Menschen aus anderen Ländern und wegen ihrer Hautfarbe Verfolgten. Diese Demonstration war im Sinne der Teile des Kapitals, die Einwanderung wollen, um qualifizierte und/oder billige Arbeitskräfte zu bekommen. Immer wieder haben auch Kapitalisten gegen Abschiebungen protestiert, z.B. wenn ein Jungarbeiter, der gerade erfolgreich seine Lehre beendet hatte, von der Polizei abgeholt wurde. Ein anderer Teil der Kapitalisten meint, dass man lieber "die Fluchtursachen beseitigen" sollte. Gemeint ist hier, dass man imperialistische Projekte in den armen, von Kriegen gebeutelten Ländern verwirklichen will, die nicht im Sinne der dort lebenden Menschen sind. Wichtig ist bei solchen Streitigkeiten immer, dass wir, die Arbeiter, die Kommunisten, die Antifaschisten eine eigene Position finden. Die in diesem Fall nur lauten konnte: Die Unteilbar-Demo war ein Beitrag zum Erhalt der bürgerlichen Demokratie, sie war geeignet, die Rechtsentwicklung zu verlangsamen. Deshalb war sie trotz ihres bürgerlichen Charakters auch für die Ziele der Arbeiterbewegung günstig und zu unterstützen, indem wir unsere Inhalte dort hineintragen.1
Was fangen wir also mit diesen Grundrechten an, die für uns so wie für unsere Gegner, die Kapitalisten und ihre politische Anhängerschar, gelten? Das eine ist, dass wir sie wo möglich nutzen sollten, auch um, falls möglich, die Widersprüche der Monopolkapitalisten untereinander auszunutzen, um die Entwicklung in Richtung Faschismus zu stoppen. Zum anderen sollten wir das Prinzip - Grundrechte für alle und ausnahmslos alles - so nicht dulden. Bertolt Brecht hat mal den deutschen Künstlern und Schriftstellern einen Vorschlag geschickt, der sich allgemein auf Rechte und Freiheiten ausdehnen lässt:
"1. Völlige Freiheit des Buches, mit einer Einschränkung.
2. Völlige Freiheit des Theaters, mit einer Einschränkung.
3. Völlige Freiheit der bildenden Kunst, mit einer Einschränkung.
4. Völlige Freiheit der Musik, mit einer Einschränkung.
5. Völlige Freiheit des Films, mit einer Einschränkung.
Die Einschränkung: Keine Freiheit für Schriften und Kunstwerke, welche den Krieg verherrlichen oder als unvermeidbar hinstellen, und für solche, welche den Völkerhass fördern."2
(2) "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen."
Wie soll das konkret aussehen? Was ist "Gebrauch" des Eigentums?
Gemeint ist hier nicht der Gebrauch deines Fahrrades, das dein persönliches Eigentum ist. Gemeint ist das ganz große Eigentum. Gemeint ist das Kapital. Wie gebraucht ein Kapitalist sein Kapital: Er kauft Produktionsmittel (Gebäude, Maschinen, Rohstoffe usw.) und Arbeitskraft. Das tut er, um Profit zu machen. Er tut es also zu seinem eigenen Wohl und nicht zum Wohl der Allgemeinheit. Die menschliche Produktion kann zum "Wohl der Allgemeinheit" (also zum Wohl aller Mitglieder einer Gesellschaft) dienen. Menschliche Produktion kann stattfinden ohne "Gebrauch des Eigentums" und überhaupt ohne Eigentum. Das Eigentum an Produktionsmitteln schadet sogar der Gesellschaft, weil der Zwang, unter dem der Kapitalist steht, Profit zu machen und seine Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen, nicht die Bedürfnisse der Menschen zum Ziel hat.
In der Verfassung der DDR von 1949[3] steht nach dem - wie beim Grundgesetz aus der Verfassung der Weimarer Republik übernommenen Satz "Eigentum verpflichtet" ein ganz anderer Satz als im Grundgesetz: "Sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen". Was für ein erfrischend nüchterner Satz im Vergleich zu dem peinlichen Sozialkitsch vom "Gebrauch des Eigentums für das Wohl der Allgemeinheit"! Das einzige, was man von den in der DDR noch verbliebenen Kapitalisten erwartete, war, dass sie wenigstens keinen größeren Schaden anrichten.
Im Grundgesetz wird der Absatz "Eigentum verpflichtet. ..." nicht weiter konkretisiert. In der Verfassung der DDR von 1949 finden wir dazu Ausführungen, die an Konkretheit und Deutlichkeit nichts zu wünschen übriglassen:
"(2) Der Mißbrauch des Eigentums durch Begründung wirtschaftlicher Machtstellung zum Schaden des Gemeinwohls hat die entschädigungslose Enteignung und überführung in das Eigentum des Volkes zur Folge.
(3) Die Betriebe der Kriegsverbrecher und aktiven Nationalsozialisten sind enteignet und gehen in Volkseigentum über. Das gleiche gilt für private Unternehmungen, die sich in den Dienst einer Kriegspolitik stellen.
(4) Alle privaten Monopolorganisationen, wie Kartelle, Syndikate, Konzerne, Trusts und ähnliche auf Gewinnsteigerung durch Produktions-, Preis- und Absatzregelung gerichtete private Organisationen sind aufgehoben und verboten.
(5) Der private Großgrundbesitz, der mehr als 100 Hektar umfaßt, ist aufgelöst und wird ohne Entschädigung aufgeteilt.
(6) Nach Durchführung dieser Bodenreform wird den Bauern das Privateigentum an ihrem Boden gewährleistet." (Art. 24)
Es handelt sich hier um die praktische Umsetzung des Potsdamer Abkommens 1945 zwischen den USA, Großbritannien und der Sowjetunion. Verbot von Monopolen, Bodenreform, Entnazifizierung, Entmilitarisierung - kurz, alles zu tun, damit der deutsche Imperialismus nicht mehr sein Haupt gegen andere Völker erheben kann, das war der Inhalt des Potsdamer Abkommens. Seine praktische Durchführung war die antifaschistisch-demokratische Umwälzung, deren inhaltlicher Kern in diesem Gesetzestext zusammengefasst ist.
Gleichzeitig war dies ein friedlicher Weg zum Sozialismus - eine einmalige historische Chance für die deutsche Arbeiterklasse, die es nicht vermocht hatte, den deutschen Faschismus zu verhindern oder zu stürzen. Diese Chance wurde durch das Potsdamer Abkommen gegeben, dessen Durchsetzung im Osten die Sowjetunion absicherte, während die imperialistischen Mächte USA und Großbritannien in Verein mit Frankreich das Potsdamer Abkommen über Bord warfen und den besiegten deutschen Imperialismus wieder von der Leine ließen.
Die Chance dieses friedlichen Weges hat einen Weltkrieg mit zig Millionen Toten gekostet. Dass mit der DDR diese Chance ergriffen werden konnte, hat dem deutschen Imperialismus 40 Jahre lang Grenzen gesetzt.
Die Möglichkeit dieses friedlichen Weges ist für uns nicht mehr gegeben. Uns schützt keine sozialistische Macht, und der deutsche Imperialismus liegt nicht am Boden wie nach dem Sieg der Anti-Hitler Koalition. Was wir aus dem Vergleich der beiden Verfassungen bezüglich der Eigentumsfrage entnehmen sollten ist: Eine der Hauptaufgaben des Grundgesetzes und der Gründung des Bonner Staates war, das Potsdamer Abkommen zu begraben, die antifaschistisch-demokratische Umwälzung in Westdeutschland endgültig unmöglich zu machen und den deutschen Imperialismus gegen die Sowjetunion in Stellung zu bringen. Das Grundgesetz ist eine anti-antifaschistische Verfassung. Das lässt sich am besten an dem erkennen, was nicht drinsteht - die oben zitierten Absätze, deren Inhalt schon im Verfassungsentwurf für eine Deutsche Demokratische Republik von der Oder bis zum Rhein vor der Formulierung des Grundgesetzes drinstand, und der Alptraum der deutschen Kriegsverbrecher war und ist. Es ist unsere Aufgabe, die wenigen demokratischen Rechte und Freiheiten im Grundgesetz gegen die Angriffe von Kapital und Reaktion zu verteidigen. Und es ist unsere Aufgabe, "die antifaschistischen, antimilitaristischen Traditionen, für die ab 1949 dann die DDR stand, zu verteidigen und zu praktischer Politik zu machen. Das heißt auch, in Westdeutschland gegen die pauschale Stigmatisierung der ostdeutschen Bevölkerung anlässlich rassistischer Pogrome, faschistischer Aufmärsche und antidemokratischen Wahlverhalten vorzugehen, die auch nur chauvinistisch ist und dem antifaschistischen Kampf schadet."4
(3) "Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen."
Dieser Absatz im Artikel 14 wird oft als so etwas wie eine öffnung zum Sozialismus missverstanden. In Wirklichkeit ist gerade dieses Grundrecht für die Kapitalisten unentbehrlich.
Die Kapitalisten sind die größten Enteigner seit Menschengedenken. Ohne Enteignung hätte der Kapitalismus wohl kaum entstehen können:
"Die ursprüngliche Akkumulation des Kapitals bereitete die Bedingungen für die Entstehung des Kapitalismus vor. Riesige Massen von Kleinproduzenten — Bauern und Handwerker — wurden der Produktionsmittel beraubt. Die großen Geldreichtümer, die in den Händen der großen Grundeigentümer, der Kaufleute und Wucherer5 konzentriert waren, waren durch die gewaltsame Verfügung der Bauern vom Grund und Boden, durch den Kolonialhandel, durch die Steuern und den Sklavenhandel geschaffen worden. So wurde die Herausbildung der Hauptklassen der kapitalistischen Gesellschaft beschleunigt: der Lohnarbeiter und der Kapitalisten."6
Und sie enteignen immer weiter. Sie ruinieren sich gegenseitig, sie ruinieren kleinbürgerliche Existenzen, sie vergreifen sich noch am kleinsten Sparer, sie vertreiben Menschen aus ihren Wohnungen, sie verschandeln die Städte. Mit Staatshilfe erreichen sie Enteignungen, wo es ihnen passt, weil sie Platz brauchen für Autobahnen oder sonst für ihre eigenen Belange.
Vergessen wir nicht die Enteignung der jüdischen Eigentümer unter der faschistischen Diktatur. Und mit der Annexion der DDR wurde ein ganzes Volksvermögen enteignet.
"Freie Handelswege und eine gesicherte Rohstoffversorgung"7 fordern die "Verteidigungspolitischen Richtlinien" der Bundeswehr - wie soll das ohne einen Enteignungs-Raubzug auf internationaler Ebene gehen. Und dem gehen viele, viele "friedliche" Enteignungen in aller Welt voraus.
Da der Imperialismus selbst in den besten Zeiten der Arbeiterbewegung immer das meiste an Territorium und die Mehrzahl der Menschen in seiner Gewalt hatte, ist davon auszugehen, dass der Kapitalismus bislang wesentlich mehr Enteignungen vorgenommen hat als der Sozialismus. Die Kapitalisten sind für Enteignungen. Außer sie werden selber enteignet - durch kapitalistische Konkurrenten oder durch die Arbeiterklasse bzw. den siegreichen Antifaschismus.
Wir erleben jetzt im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie geradezu eine Orgie von Enteignungen kleinbürgerlicher Existenzen, gesteuert vom Staat. Den Monopolen wird das Geld nur so hinterhergetragen. Währenddessen müssen z.B. Künstler und Kulturschaffende mit Demonstrationen darauf aufmerksam machen, dass ihnen gerade jede Grundlage genommen wird. Interessant ist in diesem Zusammenhang die Sorgfalt, die die Verfassung der DDR von 1949 gerade dieser geistig und künstlerisch tätigen Schicht widmet (siehe die Tabelle, 3. Absatz von Artikel 22). Das beruht auf dem Wissen der Arbeiterbewegung, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt, sondern eben ein Mensch, ein kulturelles, ein sich geistig entwickelndes Wesen ist. Dafür interessiert sich die Bourgeoisie nicht so sehr.
Wie kann die Arbeiterklasse diesen und anderen kleinbürgerlichen Schichten helfen? Nicht, indem sie das kleinbürgerliche Eigentum verteidigt und stützt - das ist nicht unsere Zukunft und auch nicht die der gebeutelten Kleinbürger. Richtig wäre es, gegen die Verelendung der kleinbürgerlichen Schichten zu kämpfen, z.B. für Entschädigungen, die zum Leben reichen. Das allerdings geht nur dann, wenn die Arbeiterklasse viel mehr auch für sich selber kämpft und nicht ausgerechnet während der Pandemie die Segel streicht. Die Rückzugsgefechte gerade der IG-Metall-Führung treibt auch die Verelendung dieser Zwischenschichten voran und treibt sie in die Arme der reaktionären, von Nazis geführten und durchsetzten Demonstrationen.
Von Zeit zu Zeit münden demokratische Proteste von Volksmassen in spontane Enteignungsforderungen. Große Popularität erlangte zum Beispiel gegen Ende der sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in Westdeutschland und Westberlin die Parole: "Enteignet Springer!" - um der blutigen Hetze von BILD und anderen Organen des Springer-Konzerns gegen die demokratische Jugendbewegung und gegen das vietnamesische Volk zu begegnen. Und heute unterstützen tausende in Berlin das Volksbegehren "Deutsche Wohnen und Co. enteignen!".8 Ein heiß diskutierter Punkt ist dabei die Entschädigung. Aber da bietet uns das Grundgesetz sogar eine Hilfestellung (wie es beim bürgerlichen Recht nun mal hin und wieder der Fall ist). Da heißt es: "Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen." Also wägen wir doch mal ab: Welchen Schaden haben diese Immobilienbesitzer denn angerichtet? Wie haben sie zur Verelendung beigetragen, deren finanzielle Konsequenzen die Staatskasse zu tragen hat? Wie viele Krankheiten, Selbsttötungen usw. haben sie zu verantworten? Wie oft haben sie bei Räumungen kostenlos den Service von Hundertschaften der Polizei in Anspruch genommen? Welchen Schaden haben sie mit der Entvölkerung der Innenstädte angerichtet? Usw. usw. Gerechte Abwägung heißt, all das gegen die verlangte Entschädigung aufzurechnen. Bleibt da überhaupt noch was übrig? Eine weitere Forderung, die in die Richtung Enteignung geht, ist die Rückführung der Krankenhäuser in öffentliches Eigentum. Sie ist jetzt dringender als je zuvor!
Einen interessanten Unterschied gibt es bei dem Enteignungs-Artikel zur Verfassung der DDR 1949: Da geht es nicht nur um Enteignung, sondern auch Beschränkung des Eigentums. Zu verstehen ist das als Hilfe, auch in kleineren Schritten dem (noch vorhandenen) Kapital die Stirn zu bieten. Daran hatte die Mehrheit der "Väter des Grundgesetzes" kein Interesse, da ging es um die Interessen der hauptsächlichen Enteigner, der Kapitalisten. Wir Arbeiter, Antifaschisten, Demokraten haben sehr wohl ein Interesse, das Eigentum beschränken zu können. Zum Beispiel, um Flüchtlinge in guten Hotels und leerstehenden Villen der Superreichen unterzubringen. Oder - und diese Zeilen werden kurz vor dem sogenannten zweiten Lockdown geschrieben - : um angesichts der ungehindert steigenden Corona-Infektionen die größten Virenschleudern des Landes, die Produktionsbetriebe, zu schließen und den Arbeitern den Lohn zu 100 Prozent zu ersetzen, so lange, bis die Seuche wieder unter Kontrolle ist. Aber die reaktionären Demonstrationen haben die Maskenpflicht und den Kampf dagegen auf die Tagesordnung gesetzt, die Regierung steigt drauf ein, und die Kapitalisten haben ihre Ruhe. Das Durcheinander, das angerichtet wurde, kann der Bourgeoisie wirklich gefallen: Ein einfaches Hausmittel, das einen gewissen Nutzen gegen Ansteckung hat, die Mund- und Nasenbedeckung, wird zum Politikum. Die Polizei ist ständig unterwegs, um uns zu kontrollieren. Aber nicht, um auch nur einmal in den großen Betrieben zu schauen, ob da wenigstens ein Minimum an Hygieneregeln eingehalten wird!
Aber was wird denn aus unserer Wirtschaft, wenn die Betriebe dichtgemacht werden? Das ist ja das Problem. Das ist nicht unsere Wirtschaft. Das ist eine Wirtschaft einer winzigen Minderheit, deren Eigentum durch dieses Grundgesetz, durch Polizei, Gerichte usw. geschützt wird. Und diese Minderheit kämpft auf vaterländische Weise statt mit geeigneten gesundheitspolitischen Maßnahmen gegen Corona, und wird weder damit noch mit ihrer Wirtschaftskrise fertig. Wir sollen wie in einem Weltkrieg mit unseren Kapitalisten zusammenhalten. Das hat uns noch nie gutgetan! Kämpfen wir für unsere Interessen, zusammen mit den Arbeitern der ganzen Welt, die auch unter Seuche und Kapital leiden. Wir müssen das Kapital einschränken, um überleben zu können. Und so können wir auch die Stärke gewinnen, dieses Elend, dass wir um Arbeit betteln müssen und für ihre Krisen und Kriege geradestehen müssen, zu beenden. Denn das Ziel ist: die Enteigner enteignen! Oder, in den Worten, die von klassenbewussten Arbeitern auf der ganzen Welt verstanden werden: Expropriation der Expropriateure!
Und so geht es weiter:
Im 2. Teil der Serie besichtigen wir den Artikel 2 - Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit, auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Wir werden uns diesen Artikel auf seine Kapitalismus-Tauglichkeit ansehen. Und wir werden seine scheinbaren Kollisionen mit anderen Grundrechten in Coronazeiten besichtigen und erkennen können, welche realen Kämpfe wirklich hinter diesen juristischen Widersprüchen stecken.
E.W.-P., Link ...jetzt anmelden!
Grundgesetz der BRDVerfassung der DDR von 1949(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.(1) Das Eigentum wird von der Verfassung gewährleistet. Sein Inhalt und seine Schranken ergeben sich aus den Gesetzen und den sozialen Pflichten gegenüber der Gemeinschaft.(2) Das Erbrecht wird nach Maßgabe des bürgerlichen Rechts gewährleistet. Der Anteil des Staates am Erbe wird durch Gesetz bestimmt.(3) Die geistige Arbeit, das Recht der Urheber, der Erfinder und der Künstler genießen den Schutz, die Förderung und die Fürsorge der Republik. (Art. 22)(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.(1) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen.(2) Der Mißbrauch des Eigentums durch Begründung wirtschaftlicher Machtstellung zum Schaden des Gemeinwohls hat die entschädigungslose Enteignung und Überführung in das Eigentum des Volkes zur Folge.(3) Die Betriebe der Kriegsverbrecher und aktiven Nationalsozialisten sind enteignet und gehen in Volkseigentum über. Das gleiche gilt für private Unternehmungen, die sich in den Dienst einer Kriegspolitik stellen.(4) Alle privaten Monopolorganisationen, wie Kartelle, Syndikate, Konzerne, Trusts und ähnliche auf Gewinnsteigerung durch Produktions-, Preis- und Absatzregelung gerichtete private Organisationen sind aufgehoben und verboten.(5) Der private Großgrundbesitz, der mehr als 100 Hektar umfaßt, ist aufgelöst und wird ohne Entschädigung aufgeteilt.(6) Nach Durchführung dieser Bodenreform wird den Bauern das Privateigentum an ihrem Boden gewährleistet. (Art. 24)(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.(1) Beschränkungen des Eigentums und Enteignungen können nur zum Wohle der Allgemeinheit und auf gesetzlicher Grundlage vorgenommen werden. Sie erfolgen gegen angemessene Entschädigung soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt. Wegen der Höhe der Entschädigung ist im Streitfall der Rechtsweg bei den ordentlichen Gerichten offenzuhalten, soweit ein Gesetz nichts anderes bestimmt. (Art. 23)(1) Private wirtschaftliche Unternehmungen, die für die Vergesellschaftung geeignet sind, können durch Gesetz nach den für die Enteignung geltenden Bestimmungen in Gemeineigentum überführt werden. (Art. 27)Inhaltliche Unterschiede zwischen beiden Verfassungen sind durch Fettschrift gekennzeichnet.
Quellen: www.gesetze-im-internet.de/gg/BJNR000010949.html und www.documentarchiv.de/ddr/verfddr.html. Fehler, die offenbar beim Scannen der Verfassung der DDR 1949 entstanden sind, wurden korrigiert.
Anmerkungen:
1 Ein weiteres Beispiel dafür, dass Arbeiter zeitweise das gleiche Interesse wie Teile der Monopolbourgeoisie am Erhalt der bürgerlich-demokratischen Republik haben, ist der Generalstreik gegen den Kapp-Putsch 1920. Siehe KAZ Nr. 295, "über den Bürgerkrieg des Kapitals", Link ...jetzt anmelden!
2 Bertolt Brecht "Ein Lesebuch für unsere Zeit", Volksverlag Weimar, 1958, S. 516
3 Zur Vergleichbarkeit des Grundgesetzes mit der Verfassung der DDR von 1949 siehe Vorwort zu dieser Serie in dieser Ausgabe: "Die Verfassung von 1949 war vom Deutschen Volkskongress eigentlich vorgeschlagen als gesamtdeutsche Verfassung für eine Deutsche Demokratische Republik von der Oder bis zum Rhein. Sie fußte noch auf dem kapitalistischen Ausbeutersystem. Da aber gemäß dem Potsdamer Abkommen 1945 zwischen den USA, Großbritannien und der Sowjetunion die Monopole beseitigt, die Kriegsverbrecher enteignet waren, war es ein sehr geschwächter Kapitalismus mit einem großen staatlichen Sektor unter Kontrolle der Arbeiter und Antifaschisten - wobei die Durchführung des Potsdamer Abkommens eben nur im Osten durchgesetzt wurde. Dass es keine gesamtdeutsche DDR gab, dem kam die Gründung der BRD mit ihrer Vorbereitung durch den Parlamentarischen Rat zuvor."
4 Kommunique der XI. Konferenz "Der Hauptfeind steht im eigenen Land!", Juni 2019.
5 Das Wort "Wucher" heißt ursprünglich nichts weiter als Zinsgewinn. Ebenso wie das Wort "Ausbeutung" wurde die Bedeutung bis zu Unkenntlichkeit geschliffen. Ausbeutung geschieht überall, wo es Lohnarbeit gibt, mit Wucherer ist jeglicher Geldverleiher gemeint. Die Begriffswandlung entspricht den verqueren ökonomischen Anschauungen der herrschenden Klasse - nach deren Auffassungen gibt es nur in Ausnahmefällen Wucher und Ausbeutung.
6 Politische ökonomie, Lehrbuch I - Die bürgerliche Produktionsweise, Berlin 1955, S. 77.
7 Link ...jetzt anmelden!
8 Die Initiatoren des Volksbegehrens stützen sich nicht auf Artikel 14 sondern auf Artikel 15 des Grundgesetzes, der aber in der Frage der Entschädigung auf den Artikel 14 verweist.
•NEUER BEITRAG07.02.2021, 15:08 Uhr
Nutzer / in | ||
Schmoeller | ||
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Artikel 14: Das Eigentum
Sehr guter Artikel. Auf den Punkt gebracht!
•NEUER BEITRAG07.02.2021, 18:05 Uhr
Nutzer / in | |
rotarmist | |
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Artikel 14: Das Eigentum
Danke für die ausgezeichnete Argumentationshilfe genossen!
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