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•NEUES THEMA23.09.2016, 19:13 Uhr
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Zendox | |
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• Reichskonferenz 1916 und Spaltung der SPD
Super Geschichtsartikel aus der jungen Welt zur Spaltung der dt. Arbeiterbewegung an der Frage Krieg und Frieden. Parallelen zu heute, insbesondere zur nationalen Süppchenkocherei im nationalsozialdemokratischen Flügel bspw der Linkspartei sind natürlich rein zufällig!
Vor die Tür gesetzt
Auf der Reichskonferenz der SPD im Jahr 1916 prallten die gegensätzlichen Standpunkte aufeinander. Die für den Kriegskurs stehende »Mehrheit« ging Âsiegreich aus der Auseinandersetzung hervor
Von Leo Schwarz
Die Spaltung der deutschen Sozialdemokratie interessiert, so scheint es, hundert Jahre später nicht einmal mehr die Historiker. Als sie 1916 Konturen annahm, fesselte der Vorgang die Aufmerksamkeit nicht nur der deutschen, sondern einer breiten europäischen Öffentlichkeit.
»Es stehen sich also gegenwärtig innerhalb der Partei zwei Parteien gegenüber. Die alte (Minderheit) mit den alten Parteigrundsätzen mit dem Ziele der Überwindung des Kapitalismus, die neue (Mehrheit) mit dem opportunistischen Prinzip des Reformismus und der Anpassung an den Kapitalismus. (…) Zwischen beiden Auffassungen und Lagern ist keine Verständigung und Überbrückung mehr möglich. Wozu diese Tatsache vertuschen, wozu die Augen vor ihr verschließen? (…) Man mag die Dinge drehen und betrachten, wie man will, es bleibt nur die Spaltung übrig, und ich halte dies für das konsequenteste, überhaupt das einzig mögliche Verfahren zur Beendigung des Konfliktes in der Partei.« Diese Sätze finden sich in einem Artikel des sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Otto Rühle, den das SPD-Zentralorgan Vorwärts am 12. Januar 1916 druckte. Rühles Analyse erregte damals erhebliches, keineswegs wohlwollendes Aufsehen. Die »Einheit der Partei« war ein Pfeiler des Selbstverständnisses der Sozialdemokratie, und die rechte Mehrheit des Parteivorstandes hatte den Kampf gegen die linken »Parteizerrütter« seit dem Beginn des Krieges im August 1914 unter ebendieser Losung geführt. Auch für die Sprecher des alten »Parteizentrums« wie Hugo Haase war und blieb die »Einheit« der Partei die Richtschnur schlechthin. Die radikale Linke teilte Rühles Standpunkt ebenfalls mehrheitlich nicht: Die Gruppe Internationale, deren Vertreter (darunter Rühle) sich Neujahr 1916 in der Kanzlei Karl Liebknechts in der Berliner Chausseestraße unter konspirativen Bedingungen getroffen und ausgesprochen hatten, propagierte unter dem Einfluss Rosa Luxemburgs die »Zurückeroberung der Partei von unten auf«, wie es Ende März 1916 in einem der mit »Spartacus« gezeichneten »politischen Briefe« der Gruppe hieß...
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Vor die Tür gesetzt
Auf der Reichskonferenz der SPD im Jahr 1916 prallten die gegensätzlichen Standpunkte aufeinander. Die für den Kriegskurs stehende »Mehrheit« ging Âsiegreich aus der Auseinandersetzung hervor
Von Leo Schwarz
Die Spaltung der deutschen Sozialdemokratie interessiert, so scheint es, hundert Jahre später nicht einmal mehr die Historiker. Als sie 1916 Konturen annahm, fesselte der Vorgang die Aufmerksamkeit nicht nur der deutschen, sondern einer breiten europäischen Öffentlichkeit.
»Es stehen sich also gegenwärtig innerhalb der Partei zwei Parteien gegenüber. Die alte (Minderheit) mit den alten Parteigrundsätzen mit dem Ziele der Überwindung des Kapitalismus, die neue (Mehrheit) mit dem opportunistischen Prinzip des Reformismus und der Anpassung an den Kapitalismus. (…) Zwischen beiden Auffassungen und Lagern ist keine Verständigung und Überbrückung mehr möglich. Wozu diese Tatsache vertuschen, wozu die Augen vor ihr verschließen? (…) Man mag die Dinge drehen und betrachten, wie man will, es bleibt nur die Spaltung übrig, und ich halte dies für das konsequenteste, überhaupt das einzig mögliche Verfahren zur Beendigung des Konfliktes in der Partei.« Diese Sätze finden sich in einem Artikel des sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten Otto Rühle, den das SPD-Zentralorgan Vorwärts am 12. Januar 1916 druckte. Rühles Analyse erregte damals erhebliches, keineswegs wohlwollendes Aufsehen. Die »Einheit der Partei« war ein Pfeiler des Selbstverständnisses der Sozialdemokratie, und die rechte Mehrheit des Parteivorstandes hatte den Kampf gegen die linken »Parteizerrütter« seit dem Beginn des Krieges im August 1914 unter ebendieser Losung geführt. Auch für die Sprecher des alten »Parteizentrums« wie Hugo Haase war und blieb die »Einheit« der Partei die Richtschnur schlechthin. Die radikale Linke teilte Rühles Standpunkt ebenfalls mehrheitlich nicht: Die Gruppe Internationale, deren Vertreter (darunter Rühle) sich Neujahr 1916 in der Kanzlei Karl Liebknechts in der Berliner Chausseestraße unter konspirativen Bedingungen getroffen und ausgesprochen hatten, propagierte unter dem Einfluss Rosa Luxemburgs die »Zurückeroberung der Partei von unten auf«, wie es Ende März 1916 in einem der mit »Spartacus« gezeichneten »politischen Briefe« der Gruppe hieß...
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•NEUER BEITRAG24.09.2016, 00:30 Uhr
EDIT: FPeregrin
24.09.2016, 02:33 Uhr
24.09.2016, 02:33 Uhr
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FPeregrin | |
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Reichskonferenz 1916 und Spaltung der SPD
@Zendox: "Parallelen zu heute, insbesondere zur nationalen Süppchenkocherei im nationalsozialdemokratischen Flügel bspw der Linkspartei sind natürlich rein zufällig!"
Ironie hin oder her: Die Parallelen sind natürlich nicht zufällig! Und nicht die Parallelität ist ist für uns (organisierte & unorganisierte Kommunisten innerhalb und außerhalb der PdL) das Skandalon und der zu behandelnde Punkt, sondern welchen Erkenntnis- und Handlungsvorsprung uns diese - zu erwartende - Parallelität ermöglicht. Wir müssen es auf diese Schiene kriegen, wenn wir vom Balkon des Immer-schon-gewußt-habens (Für Muppet-Fans: Waldorf & Statler) runterkommen wollen: "Es gibt kein kommunistisches Wettbüro auf dem Balkon über der Geschichte!" (FP a.a.O.)
Ich bitte präventiv um Nachsicht, falls ich hier was unterstellt haben sollte! Es sind dünnhäutige Zeiten.
Ironie hin oder her: Die Parallelen sind natürlich nicht zufällig! Und nicht die Parallelität ist ist für uns (organisierte & unorganisierte Kommunisten innerhalb und außerhalb der PdL) das Skandalon und der zu behandelnde Punkt, sondern welchen Erkenntnis- und Handlungsvorsprung uns diese - zu erwartende - Parallelität ermöglicht. Wir müssen es auf diese Schiene kriegen, wenn wir vom Balkon des Immer-schon-gewußt-habens (Für Muppet-Fans: Waldorf & Statler) runterkommen wollen: "Es gibt kein kommunistisches Wettbüro auf dem Balkon über der Geschichte!" (FP a.a.O.)
Ich bitte präventiv um Nachsicht, falls ich hier was unterstellt haben sollte! Es sind dünnhäutige Zeiten.
•NEUER BEITRAG24.09.2016, 13:00 Uhr
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secarts | |
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Reichskonferenz 1916 und Spaltung der SPD
Für historisch Interessierte am Rande: nicht erwähnt (oder habe ich das etwa übersehen) wird in dem ansonsten sehr guten Artikel bspw. Johann Plenge, sozialdemokratischer Professor und späterer Doktorvater von Kurt Schuhmacher. Über letzteren und insb. Konrad Haenisch besteht eine Traditionslinie in der SPD (Seeheimer Kreis), die bis heute fortwirkt.
Intellektueller "Mastermind" der Strömung war im übrigen in erster Linie die obskure Figur Parvus (Helphand), die nicht nur bei Lenins Reise mit dem probierten Waggon ihre Rolle spielte (Lenin hat Parvus allerdings nie getraut, sein Ruf war obendrein durch eine Veruntreuungsaffäre nachhaltig zerrüttet - er hatte Autorengelder von Maxim Gorki unterschlagen...), sondern auch im Dickicht der kaiserlich-deutschen Geheimdienste ihr Süppchen kochte. Später avancierte er dann zum Chefberater der sogenannten Jungtürken. Eine vielgereiste Gestalt im Auftrag des deutschen Kapitals. Dass das auch mal nach hinten losgehen konnte, zeigt Lenins Rückkehr nach Russland.
...Die Lage in der Linkspartei ist m. E. nicht grundsätzlich gleichzusetzen, wenn man von dem eher allgemeinen Phänomen der Anbiederei an die Herrschenden absieht, das in Zeiten der Zuspitzung natürlich einen besonderen Sog entwickelt. Damals ging es um die Überführung der bis dahin grundsätzlich klassenkämpferischen SPD in einen Siegfriedenspakt mit dem Kapital, also um die (erstmalige!) Einbindung der Arbeiteraristokratie als soziale Hauptstütze. Heute ist das - in nichtkriegerischen wie nichtrevolutionären Zeiten - Realität, und es ist immer noch die SPD (und die Gewerkschaften, die wiederum durch die SPD kontrolliert werden), nicht aber Die Linke, die ihren maßgeblichen organisatorischen Rahmen darstellt. Der Ost-West-Widerspruch, der die Politik der Linkspartei stets überlagert, ist außerdem eine völlig neue Qualität.
Die damals gestellten Weichen wirken nach, deshalb betrifft uns das alles weiterhin. Auch das Muster, nach dem die opportunistische, marxistisch verbrämte Indienststellung der Arbeiterbewegung für das Kapital funktioniert, ist 1914/16 erfunden worden, ihre Wiedergänger sind daher keinesfalls originell. "Verteidigungskrieg gegen..." funktioniert eben universell, ob gegen Russland oder die USA. Seit die Arbeiteraristokratie als soziale Hauptstütze fungiert, ist die Hauptfeindfrage in der Arbeiterbewegung ein wesentlicher, oft sogar der Hauptwiderspruch.
Intellektueller "Mastermind" der Strömung war im übrigen in erster Linie die obskure Figur Parvus (Helphand), die nicht nur bei Lenins Reise mit dem probierten Waggon ihre Rolle spielte (Lenin hat Parvus allerdings nie getraut, sein Ruf war obendrein durch eine Veruntreuungsaffäre nachhaltig zerrüttet - er hatte Autorengelder von Maxim Gorki unterschlagen...), sondern auch im Dickicht der kaiserlich-deutschen Geheimdienste ihr Süppchen kochte. Später avancierte er dann zum Chefberater der sogenannten Jungtürken. Eine vielgereiste Gestalt im Auftrag des deutschen Kapitals. Dass das auch mal nach hinten losgehen konnte, zeigt Lenins Rückkehr nach Russland.
...Die Lage in der Linkspartei ist m. E. nicht grundsätzlich gleichzusetzen, wenn man von dem eher allgemeinen Phänomen der Anbiederei an die Herrschenden absieht, das in Zeiten der Zuspitzung natürlich einen besonderen Sog entwickelt. Damals ging es um die Überführung der bis dahin grundsätzlich klassenkämpferischen SPD in einen Siegfriedenspakt mit dem Kapital, also um die (erstmalige!) Einbindung der Arbeiteraristokratie als soziale Hauptstütze. Heute ist das - in nichtkriegerischen wie nichtrevolutionären Zeiten - Realität, und es ist immer noch die SPD (und die Gewerkschaften, die wiederum durch die SPD kontrolliert werden), nicht aber Die Linke, die ihren maßgeblichen organisatorischen Rahmen darstellt. Der Ost-West-Widerspruch, der die Politik der Linkspartei stets überlagert, ist außerdem eine völlig neue Qualität.
Die damals gestellten Weichen wirken nach, deshalb betrifft uns das alles weiterhin. Auch das Muster, nach dem die opportunistische, marxistisch verbrämte Indienststellung der Arbeiterbewegung für das Kapital funktioniert, ist 1914/16 erfunden worden, ihre Wiedergänger sind daher keinesfalls originell. "Verteidigungskrieg gegen..." funktioniert eben universell, ob gegen Russland oder die USA. Seit die Arbeiteraristokratie als soziale Hauptstütze fungiert, ist die Hauptfeindfrage in der Arbeiterbewegung ein wesentlicher, oft sogar der Hauptwiderspruch.
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