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"Entscheidende Rolle in der Welt"
  ARTIKEL[1 pic] begonnen von GFP am 29.03.2017
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NEUES THEMA29.03.2017, 18:00 Uhr
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GFP
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"Entscheidende Rolle in der Welt" Mit der "ErklĂ€rung von Rom" hat die EU am Samstag das von Berlin geforderte Bekenntnis zu einer offensiven Weltpolitik inklusive einer verstĂ€rkten Militarisierung abgegeben. Die Union mĂŒsse in Zukunft "eine entscheidende Rolle in der Welt" spielen, heißt es in dem Dokument, das zudem fordert, offen fĂŒr die "StĂ€rkung" der "gemeinsamen Sicherheit und Verteidigung" Position zu beziehen. Parallel verlangen deutsche Regierungsberater energisch, die inzwischen gefĂ€llten MilitarisierungsbeschlĂŒsse nun rasch umzusetzen. So könnten Berlin und Paris ein gemeinsames 40-Milliarden-Euro-Programm fĂŒr neue Maßnahmen "in den Bereichen EinsĂ€tze, Beschaffung, FĂ€higkeiten und TerrorismusbekĂ€mpfung" verabschieden, heißt es in einem Papier der Deutschen Gesellschaft fĂŒr AuswĂ€rtige Politik (DGAP). Auch könne die Bundeswehr "eine Art Europa-Division" aufstellen, in die Truppenteile anderer EU-Staaten integriert wĂŒrden. Am Wochenende hat der ungarische Außenminister erklĂ€rt, sein Land unterstĂŒtze dies. In einer aktuellen Entschließung des Europaparlaments ist von Mehrausgaben fĂŒr das MilitĂ€r in einer Höhe von rund 100 Milliarden Euro bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts die Rede. Die "ErklĂ€rung von Rom" ĂŒbertĂŒncht dies mit den ĂŒblichen Propagandaphrasen: "Wir sind zu unserem GlĂŒck vereint."

Bekenntnis zum MilitÀr

Die "ErklĂ€rung von Rom", die am Samstag von den Staats- und Regierungschefs der EU-27 (ohne Großbritannien) und von den PrĂ€sidenten des EuropĂ€ischen Rats, des Europaparlaments und der EuropĂ€ischen Kommission unterzeichnet wurde, bekrĂ€ftigt wie erwartet die Absicht, in der Weltpolitik kĂŒnftig offensiver aufzutreten - dies auch mit militĂ€rischen Mitteln. "Einzeln wĂŒrden wir durch die globale Dynamik an den Rand gedrĂ€ngt", heißt es in dem Papier; deshalb werde man die EU binnen zehn Jahren so verĂ€ndern, dass sie "willens und in der Lage ist, eine entscheidende Rolle in der Welt zu spielen". Dazu gelte es nun insbesondere, "eine stĂ€rker wettbewerbsfĂ€hige und integrierte Verteidigungsindustrie zu schaffen" und sich offen "zur StĂ€rkung" der "gemeinsamen Sicherheit und Verteidigung" zu bekennen. Weil mehrere EU-Mitglieder - darunter Polen und die baltischen Staaten, aber auch die Niederlande - vor allem mit Blick auf die Berliner Dominanz in der EU weiterhin auch der NATO eine starke Bedeutung beimessen, ist das transatlantische KriegsbĂŒndnis explizit in die ErklĂ€rung aufgenommen worden, allerdings in einer einschrĂ€nkenden Formulierung: Demnach wolle man kĂŒnftig "auch" in "Zusammenarbeit und KomplementaritĂ€t mit der Nordatlantikvertrags-Organisation" vorgehen.1 Die PrioritĂ€t liegt bei der EU.

Von der Rhetorik zur Praxis

WĂ€hrend die EU ihren Militarisierungswillen bekrĂ€ftigt, machen Berliner Regierungsberater weiter Druck, um die HochrĂŒstung der Union zu beschleunigen. So heißt es in einem Ende vergangener Woche publizierten Text der Deutschen Gesellschaft fĂŒr AuswĂ€rtige Politik (DGAP), zwar sei die jĂŒngste "Rhetorik" in puncto Ausbau der EU-MilitĂ€rpolitik "beeindruckend". Doch realisiere BrĂŒssel die angekĂŒndigten Schritte nicht schnell und nicht energisch genug: "Je mehr es um die Umsetzung der starken Verteidigungsrhetorik geht", umso mehr konzentriere sich die EU "auf die kleinsten vorhandenen StellrĂ€dchen".2 "Worte ĂŒber StĂ€rke und Verantwortung beeindrucken weder Moskau noch Washington", heißt es weiter bei der DGAP: Man mĂŒsse nun vielmehr umfassende praktische AktivitĂ€ten entfalten. Der Think-Tank plĂ€diert fĂŒr eine neue deutsch-französische Initiative zur Umsetzung der seit dem vergangenen Sommmer geplanten Maßnahmen3: "Zusammen machen Deutschland und Frankreich ca. 40% der KapazitĂ€ten in Verteidigung und RĂŒstung in der EU aus. Deshalb mĂŒssen beide nach den PrĂ€sidentschaftswahlen in Frankreich ein Zeichen setzen, dass es mit diesem Thema weitergeht in der EU - und wie."

Eine Europa-Division

Die DGAP prĂ€sentiert einen ersten konkreten Vorschlag und plĂ€diert dabei fĂŒr "ein gemeinsames Verteidigungsprogramm fĂŒr die nĂ€chste Dekade in den Bereichen EinsĂ€tze, Beschaffung, FĂ€higkeiten und TerrorismusbekĂ€mpfung".4 Es soll von Berlin und Paris "mit ca. 40 Mrd. Euro ausgestattet" werden; damit könne es "eine erhebliche Ausstrahlung" entfalten - "fĂŒr die EU und darĂŒber hinaus". FĂŒr die Bundesrepublik biete es sich zudem an, rĂ€t die DGAP, die bisherigen Initiativen der Bundeswehr zur Einbindung ganzer Truppenteile fremder Staaten fortzusetzen. Im Rahmen ihrer Kooperation mit den niederlĂ€ndischen StreitkrĂ€ften hat die Bundeswehr mittlerweile zwei Drittel von deren HeeresverbĂ€nden in eigene Einheiten integriert; zudem beginnt sie, jeweils eine tschechische und eine rumĂ€nische Brigade in deutsche Divisionen einzubinden (german-foreign-policy.com berichtete5). Deutschland könnte "den Aufbau einer europĂ€ischen Formation, einer Art Europa-Division, anstoßen", heißt es nun bei der DGAP: Es könne "eine weitere Division aufstellen, ca. 20.000 Soldaten, schrittweise bis 2020" - "und den europĂ€ischen Partnern anbieten, sich in diesen Verband einzubringen".

Verfechter einer europÀischen Armee

Zustimmung dazu hat am Wochenende der ungarische Außenminister PĂ©ter SzijjĂĄrtĂł geĂ€ußert. Er könne sich sehr gut vorstellen, "dass wir noch mehr multinationale Einheiten aufstellen", erklĂ€rt SzijjĂĄrtĂł. Voraussetzung sei allerdings, dass die Entscheidungsgewalt ĂŒber die EinsĂ€tze der neuen Truppen in letzter Instanz bei den Nationalstaaten verbleibe; außerdem mĂŒsse "die europĂ€ische Verteidigung im Rahmen der transatlantischen Strukturen" gestĂ€rkt werden.6 Halte man sich an diese Bedingungen, dann zĂ€hlt Ungarn seinem Außenminister zufolge "zu den entschiedensten Verfechtern einer gemeinsamen europĂ€ischen Armee".

Kriegsfinanzierung aus BrĂŒssel

Druck, weitere TruppenbeitrĂ€ge zu leisten, kommt nicht nur aus Berlin, sondern zunehmend auch aus dem Europaparlament. Dort ist am 16. MĂ€rz - mit Blick auf den EU-JubilĂ€umsgipfel vom Samstag - eine Resolution zur Außen- und MilitĂ€rpolitik verabschiedet worden, die unter anderem fordert, im militĂ€rischen Bereich "weitere multinationale europĂ€ische Strukturen" aufzubauen.7 Um die Bereitschaft dazu zu fördern, plĂ€diert das Parlament dafĂŒr, die Union solle "sĂ€mtliche Kosten der EU-GefechtsverbĂ€nde tragen ..., die in der Vorbereitungsphase, der Bereitschaftsphase und der Nachbereitungsphase entstehen". ErgĂ€nzend spricht es sich nicht nur dafĂŒr aus, "eine Ratsformation der Verteidigungsminister" unter dem Vorsitz der EU-Außenbeauftragten, Federica Mogherini, zu etablieren, um die gemeinsame Außen- und MilitĂ€rpolitik "zu koordinieren und sie effizienter zu gestalten". Zudem sei "die Erhöhung der nationalen Verteidigungsausgaben auf 2% des BIP der EU ... unerlĂ€sslich", heißt es weiter in der Entschließung; dies bedeute, "dass bis zum Ende des nĂ€chsten Jahrzehnts zusĂ€tzliche Ausgaben in Höhe von fast 100 Mrd. EUR fĂŒr Verteidigungszwecke getĂ€tigt werden".8 Man "freue" sich nun "auf konkrete VorschlĂ€ge" fĂŒr die Umsetzung der Vorhaben, Ă€ußert der Ko-Berichterstatter des Europaparlaments zu der Resolution, Michael Gahler (CDU).9

"Zu unserem GlĂŒck"

WĂ€hrend Berlin und BrĂŒssel auf die konkrete Realisierung der PlĂ€ne zum Aufbau "europĂ€ischer" StreitkrĂ€fte dringen, hat die "ErklĂ€rung von Rom" am Samstag die ĂŒblichen Propagandaphrasen, mit denen die Militarisierung der Union abgefedert wird, wiederholt. Darin ist von einer "Gemeinschaft des Friedens, der Freiheit, der Demokratie" und "der Menschenrechte" die Rede. Schon ein kurzer Blick etwa auf die in der EU grassierende Armut10, auf die militĂ€rische Abschottung der EU-Außengrenzen oder eben auf die Militarisierung der Union wĂŒrde offenlegen, was sich tatsĂ€chlich hinter den WorthĂŒlsen der "ErklĂ€rung von Rom" verbirgt. "Wir versprechen, unseren BĂŒrgerinnen und BĂŒrgern zuzuhören, wenn sie ihre Anliegen zum Ausdruck bringen, und auf diese Anliegen einzugehen", heißt es hingegen in dem Dokument: "Wir sind zu unserem GlĂŒck vereint. Europa ist unsere gemeinsame Zukunft."11


Anmerkungen:
1 ErklÀrung von Rom. 25. MÀrz 2017.
2 Christian Mölling: Europa - wo sind deine Legionen? Gut gemeinte Rhetorik reicht in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht aus. DGAPstandpunkt Nr. 4, MÀrz 2017.
3 S. dazu Die EuropÀische Kriegsunion Link ...jetzt anmelden!' target='blank und Die EuropÀische Kriegsunion (II) Link ...jetzt anmelden!' target='blank.
4 Christian Mölling: Europa - wo sind deine Legionen? Gut gemeinte Rhetorik reicht in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik nicht aus. DGAPstandpunkt Nr. 4, MÀrz 2017.
5 S. dazu Unter deutschem Kommando Link ...jetzt anmelden!' target='blank.
6 Ungarn fĂŒr europĂ€ische Armee. Link ...jetzt anmelden! 26.03.2017.
7, 8 Entschließung des EuropĂ€ischen Parlaments vom 16. MĂ€rz 2017 zu dem Thema "VerfassungsmĂ€ĂŸige, rechtliche und institutionelle Auswirkungen einer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik: Möglichkeiten aufgrund des Vertrags von Lissabon" (2015/2343(INI)).
9 Verteidigung: Parlament fordert Mitgliedsstaaten auf, ihre KrĂ€fte zu bĂŒndeln. Link ...jetzt anmelden! 16.03.2017.
10 S. dazu EuropÀische Zwillinge Link ...jetzt anmelden!' target='blank.
11 ErklÀrung von Rom. 25. MÀrz 2017.



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