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Für zweieinhalb Tage, zwischen dem 26. und 28. Oktober 2007, versammelten sich marxistische Wirtschaftswissenschaftler aus fünf Kontinenten in einem kleinen Fischerdorf an der rauen Westküste Japans. Die Weltassoziation für Politische Ökonomie, kurz WAPE, hatte zu ihrem 2. Forum nach Hamada geladen und rund 70 internationale Experten mit und ohne Parteizugehörigkeit sind dieser Einladung gefolgt. Unter ihnen auch ein Vertreter der DKP.

Die Weltassoziation für Politische Ökonomie wurde 2006 in Shanghai gegründet. Ihre jährlichen Foren dienen dem Austausch zwischen denjenigen Politökonomen, die ihre antikapitalistische Kritik weiterhin mit dem Kampf um eine sozialistische Alternative verbinden. Federführend bei der Durchführung der jährlich stattfindenden Foren ist eine kleine Gruppe von chinesischen Wissenschaftlern. An ihrer Spitze steht der international bekannte Professor Cheng Enfu.

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Prof. Cheng Enfu, Vorsitzender der WAPE
In seiner Funktion als Direktor der Pekinger Akademie für Marxismus und als Vorsitzender von WAPE eröffnete Prof. Cheng auch die diesjährige Konferenz mit einer programmatischen Rede. Als das Diskussionsthema des 2. Forums benannte er das heutige Verhältnis von Kapital und Arbeit in der Welt. Er betonte wie wichtig es für die marxistische Wissenschaft sei, sich immer wieder um eine aktuelle und korrekte Analyse des Verhältnisses von Kapital und Arbeit zu bemühen.

Nachdem Prof. Cheng einen kurzen Überblick über die Entwicklung der kapitalistischen Produktionsverhältnisse seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegeben hatte, benannte er auch einige Entwicklungen, die sich im Zuge der aktuellen kapitalistischen Globalisierung herausgebildet hätten. Besonders wies er auf den Widerspruch zwischen der sich verschärfenden kapitalistischen Ausbeutung und dem unzureichenden Klassenbewusstsein innerhalb der Arbeiterklasse hin.

Aus diesem Widerspruch zwischen Sein und Bewusstsein leitete Prof. Cheng am Ende seiner Rede dann die sich ergebende historische Verantwortung der marxistischen Wirtschaftswissenschaftler ab. Er forderte: "Als Gelehrte der modernen marxistischen politischen Ökonomie haben wir sowohl die Verantwortung wie auch die Möglichkeit, theoretische Unterstützung für die revolutionäre Sache der weltweiten Arbeiterklasse zu leisten."

Zu der gleichen Ansicht kam auch der stellvertretende Vorsitzende von WAPE, Prof. David Kotz, der seinen Konferenzbeitrag im unmittelbaren Anschluss an die Rede von Prof. Cheng vorstellte. Prof. Kotz von der Massachusetts Universität in den USA betonte, dass sich die marxistischen Wirtschaftswissenschaftler nicht auf die reine Analyse der kapitalistischen Gesellschaftsformation beschränken dürften, sondern vielmehr eine aktive Rolle in der sozialistischen Arbeiterbewegung spielen müssten.

Auch er forderte: "Wir sollten uns einbringen in den Kampf um die zukünftige Richtung der globalen politischen Ökonomie, wir sollten beisteuern zu der letztendlichen Überwindung des Kapitalismus durch den Sozialismus als dem einzigen System, das die menschlichen Bedürfnisse befriedigen kann." Starker Beifall, der diesen Worten aus dem Publikum folgte, bezeugte die breite Zustimmung durch die anwesenden marxistischen Wissenschaftler aus aller Welt.

Zu diesem internationalen Publikum zählte auch der den UZ-Lesern nicht unbekannte amerikanische Kommunist und Professor Erwin Marquit. Prof. Marquit, der sowohl Mitglied der ökonomischen Kommission wie auch der Internationalen Abteilung der KPUSA ist, pflegt seit vielen Jahren enge Kontakte zur DKP und hat schon des öfteren aktiv an Veranstaltungen der Marx-Engels-Stiftung in Wuppertal teilgenommen.

Aus den englischsprachigen Ländern dieser Welt kamen außerdem Prof. Donald Campbell (USA), Prof. Roger Seifert (UK) und David Matters (Australien). Lateinamerika war vertreten durch Prof. Luis Sandoval Ramírez (Mexiko) und Dr. Luis René Fernández-Tabío (Kuba). Dr. Fernández-Tabío, der als stellvertretender Direktor am Zentrum für USA-Studien in Havanna arbeitet, erläuterte in seinem Konferenzbeitrag die aktuelle Situation in seiner Heimat.

Er wies darauf hin, dass die kubanische Volkswirtschaft sich langsam aber sicher stabilisiere. Viele negative Entwicklungen, die sich durch die langjährige Blockadepolitik der USA-Regierungen ergeben hätten, könnten nun zunehmend rückgängig gemacht werden. Dass sich diese positive Wende auch auf ein zunehmendes Engagement der Volksrepublik China auf anderen Kontinenten, wie z. B. in Lateinamerika und Afrika, zurückführen lässt, wurde dann auch aus dem Konferenzbeitrag des Zentralafrikaners Dr. Jean-Claude Maswana ersichtlich.

Dr. Maswana (Kongo) berichtete ausführlich über die nicht immer spannungsfreien, aber insgesamt notwendigen ökonomischen Beziehungen zwischen der VR China und einigen afrikanischen Ländern. Sicherlich seien die chinesische Regierung und die chinesischen Unternehmen immer auch auf ihren eigenen Vorteil in diesen Beziehungen bedacht, mischten sich aber ansonsten nicht in die internen politischen Verhältnisse anderer Länder ein. Dies sei historisch gesehen eine neue und chancenreiche Entwicklung.

Auch von japanischer Seite gab es reges Interesse an diesem 2. Forum der Weltassoziation. Anwesend war unter anderem auch der international bekannte Prof. Kazuo Shibagaki, der als Vorsitzender der Japanischen Gesellschaft für Politische Ökonomie auf die starken marxistischen Strömungen (wie z.B. die so genannte "Uno-Schule") innerhalb der japanischen Wirtschaftswissenschaften hinwies. Zudem bemerkte man unter den japanischen Konferenzteilnehmern ein starkes Interesse an der wirtschaftlichen Entwicklung ihres sozialistischen Nachbarn China.

Abschließend muss man sagen, dass man das neue internationale Gewicht Chinas auch auf diesem 2. Forum von WAPE in Japan ablesen konnte. Mit über 40 Teilnehmern aus China wurde natürlich sehr deutlich, in welchem Land heute die meisten marxistischen Professoren an den Universitäten forschen und wo zudem die organisatorischen Ursprünge der Weltorganisation für Politische Ökonomie liegen.

Die so erfolgreiche Durchführung dieser internationalen Konferenz in Japan war daher auch der sozialistischen Entwicklung in China geschuldet, oder wie ein Konferenzteilnehmer ganz richtig bemerkte: "... ohne die Chinesen wäre das nicht möglich gewesen ..."

Daniel Blank
(der Autor ist Mitglied des Vorstandes der Weltassoziation für Politische Ökonomie)

 
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